Ein neues trockenes Leben aufbauen - ein harter Weg

  • Moin allerseits! So, Zeitumstellung auch bei mir vollzogen, wieder mal Probleme mit der Küchenuhr, eine Funkuhr. Die sollte sich ja eigentlich von selbst umstellen. Hat sie natürlich wieder mal nicht

    Obwohl wieder eine miese Nacht mit Schlafapnoe, Unterzuckerung usw bin ich zwar müde, aber ungewöhnlich gut Frau. Es ist auch strahlender Sonnenschein. Ich habe beschlossen, meinen besten Freund zu fragen, ob er mich in eine Gemeinde im Umland fährt, dort tritt meine Tochter mit ihrer Theatertruppe auf. Meine Exfrau kommt auch, sie wohnt allerdings auch dort in der Nähe. Das Theaterstück hat meine Tochter geschrieben, etwas modernes, Thema wieder schwere Kost, Mobbing, Suizid, Aufarbeitung Ihrer Erlebnisse (der Trennung).

    Meine Tochter, das muss ich dazu sagen, hat kaum mitbekommen, WIE ich getrunken habe. Die Flaschen waren für sie nicht sichtbar. Allerdings war sie 10/11, als wir uns trennten und es gab vorher, wenn wir dachten, sie schläft, Rabatz und Schreierei, wegen der Trinkerei. Wobei meine Frau natürlich Co war, ihr ging es dann beim Streit nicht mal um das Trinken an sich, sondern um das Geld, was dafür drauf geht inklusive der "Ideen",die ich unter Alk hatte, zum Beispiel Unmengen richtig teurer Delikatessen kaufen, von denen die Hälfte im Müll landete.

    Leider hat unsere Tochter nach der Trennung, als ich mich eine zeitlang aufgegeben hatte, dann die Trinkerei mitbekommen. Sie hat mich in übelsten Situationen vorgefunden, bewusstlos im Erbrochenen liegend am Boden. Sie kam mich einmal in der Entgiftung besuchen, da hatte sie niemand gewarnt, dass ich ein komplettes Delirium Tremens hatte.

    Das ist alles eine Sache, die ich mir niemals verzeihen kann. Unsere Tochter ist seit Jahren wegen all dem in Therapie.

    Als ich noch getrunken habe, sah ich mich im Recht, erwartete, dass mich alle verstehen, Rücksicht nehmen. Ich hatte nicht im Geringsten auch nur eine Minute an mein Umfeld gedacht, außer, wie ich Diskussionen über meinen nächsten Schluck vermeide.

    Es belastet mich nach wie vor sehr, was ich meinem Kind angetan habe. Dabei hatte ich mir auf Grund meiner eigenen beschissenen Kindheit geschworen, dass es mein Kind besser haben soll.

    Sie freut sich, dass ich heute komme, mein Kumpel fährt mich, obwohl er etwas mit seiner Familie vorhatte. Er war der einzige, der mich während der ganzen Zeit stets begleitet hat, er hat sich viel gefallen lassen, vor allem, weil ich nass unfair war und absolut unzuverlässig, da ich meine Meinung alle fünf Minuten geändert habe.

    Ich kann den Angehörigen von Alkoholikerin nur raten, solange der Betroffene nass ist, sich selbst zu schützen und Distanz aufzubauen. Wenn man aber erkennt, dass der Betroffene wirklich einsichtig ist und Hilfe sucht, dann ist ein stabiles soziales Umfeld wichtig. Ohne das schafft man es nicht. Und wenn es nur ein oder zwei Leute sind.

    Bei mir hat mein besagter Kumpel geholfen, mein Vater, was ich ihm trotz den Misshandlungen usw. früher hoch anrechne, vor allem, weil er das erste mal wirklich vernünftig geblieben ist, und eben meine Tochter und meine Exfrau mit letzterer habe ich heute ein gutes freundschaftliches Verhältnis. Aber zusammen leben, das können wir nicht. Das funktioniert nicht.

  • Moin Freddy,

    vielen Dank, dass du das alles hier so schonungslos aufschreibst. Ich kann davon viel für mich "mitnehmen", so unterschiedlich unsere Situationen auch sind. Die Sucht und die daraus entstehenden Gefühle sind ja doch ähnlich.

    Wenn du heute das Theaterstück deine Tochter ansiehst, bedeutet ihr das bestimmt viel. Die Vergangenheit kannst du nicht mehr ändern. Ich hab auch immer noch mit Schuldgefühlen und Scham zu tun, obwohl ich ja weiß, dass viel von dem, wie ich mich verhalten habe, durch meine Suchterkrankung so war, und ich deshalb nicht "schuldig" bin, sondern krank. Aber dennoch war vieles schlimm und hat anderen Menschen Leid zugefügt. Und das darf mir auch sehr leid tun.

    Ich finde das ganz und gar nicht leicht, für mich zu klären, wofür ich mich verantwortlich halte und wofür ich aufgrund der Suchterkrankung gar nicht verantwortlich sein kann. Daran arbeite ich auch nach wie vor.

    Klar ist mir nur, dass ich die Krankheit gestoppt habe und daher für mein Handeln heute die Verantwortung trage und auch tragen kann. Auch meinen Mitmenschen, meinem Kind gegenüber. Was ich heute tue, zählt. Die Vergangenheit kann ich nicht mehr ändern.

    Einen schönen Tag dir heute!

    Thalia

  • Hallo Thalia, hallo alle zusammen!

    Das Theaterstück war sehr gut, aber schwere Kost, meine Tochter hat entgegen meiner Annahme nicht mitgespielt, sondern das Stück geschrieben und leitet die Gruppe von Schülern. Ich bin sehr stolz und auch froh, dass sie, was Phobien und Ängste sowie mangelndes Selbstwertgefühl angeht, nichts von mir hat, sondern mehr nach meiner Frau kommt. Sie ist gerne unter Menschen, kommt überall gut klar, redet mit dem Bürgermeister, irgendwelchen Journalisten, beim Regional-TV usw., das mir schwindelig wird. Fast bin ich neidisch geworden. Also trotz allem war die Erziehung doch in dem Punkt ganz gut. Allerdings am Thema des Stücks kann ich erahnen, wie sehr sie damals die Streitereien, bei denen sie nie wusste, worum es geht, und die plötzliche Trennung schwer getroffen.

    Es war für mich das erste mal seit über drei Jahren, dass ich bei so einer Veranstaltung war, normalerweise bin ich nur daheim, bei Ärzten, im Krankenhaus oder im Supermarkt. Es war in gewisser Weise Stress, die Sozialphobie...., das Stigma Alkoholismus, auch wenn es ja dort keiner wusste, dann die lange Zeit der Isolation, denn auch die Jahre davor, als ich getrunken habe, war ich meistens daheim. Dann dass ich mit Rollator gehen muss, das extreme Übergewicht. Um das alles zu umschiffen suche ich nach einer psychologischen Ergotherapie. Ich hatte eine, aber die Dame erging sich in auswendig gelernten Plattitüden, das brachte mir nichts.

    Heute ist dafür ein Tag, den ich unter der Kategorie "abgehakt" vergesse. Es ist nach einer kalten Nacht schlagartig so warm, ich hasse diese Extreme. Es hat derzeit 20 Grad, mein Kreislauf ist platt wie Blattgold und ich bin seit der Umstellung gestern noch müder als sonst. Ich fühle, dass eine depressive Episode im Anmarsch ist. Das bedeutet, unter Umständen kann ich ein paar Tage gar nicht raus, mache nichts, aber seit der Umstellung 2015 auf ein Antidepressivum, das ich ganz gut vertrage, geht es, die Episoden dauern nicht lange. Früher waren mal locker 2 Monate komplett verloren.

    Allerdings fällt mir in diesen Phasen etwas auf: wenn ich so platt und depressiv bin habe ich auch kein TV oder Musik angestellt. Dann fällt mir ein Luxus auf, den ich mir immer gewünscht hätte, der mir einfach nicht gegönnt war: absolute Ruhe. Obwohl ich ziemlich zentral lebe, ist hier in den Nebenstraßen wenig Autoverkehr. Das Haus ist Altbau, wirklich dicke Wände und gute neue Fenster. Ich habe weder daheim bei den Eltern, noch in der Studenten-WG und schon gar nicht mit Frau und Kind Ruhe gehabt. Auch auf der Arbeit war immer Stress, Lärm, Hektik und da wir in der City arbeiteten, war auch von draußen immer Lärm.

    Das ist etwas, was ich genieße: diese herrliche Ruhe. Ich habe extremen Nachholbedarf, was das angeht.

    Bis demnächst, LG vom Freddy

  • Grüß Gott, alle zusammen,

    gleich steht mal wieder ein Arztbesuch an. Nächste Woche wird dann hammerhart, da wir im Krankenhaus was rausgeschnitten. Näher kann ich mich im offenen Bereich dazu nicht auslassen, für den geschlossenen fehlt mir mit der EU Rente schlicht die Kohle.

    Ansonsten alles im grünen Bereich, bis auf Heuschnupfen, der sich rasant einstellte, denn in den letzten Tagen kam es zu einer regelrechten Explosion der Flora. Übrigens 4 Wochen früher als noch in den 80ern. Mein Vater hat, sozusagen als einziges Hobby, das Wetter bei uns seit 1968 archiviert. Ich habe die Aufzeichnungen gestern mal ausgiebig durchgeschaut.

    So, ab zum Arzt, jetzt muss ich mich sputen.

    Euer Freddy

  • Ich grüße das Forum und hoffe, es geht Euch gut!?

    Bei mir gibt es grundsätzlich nichts Neues. Meine Abstinenz sehe ich derzeit nicht gefährdet, ich komme zurecht. Ich schreibe bewusst Abstinenz, weil ich mir grundsätzlich nicht mehr vorstellen kann, außerhalb ärztlich verordneten Medikamente irgendwelchen Substanzmißbrauch zu betreiben. Selbst bei Kaffee bin ich moderat. Während ich früher 1 Liter Kaffee getrunken habe, in Phasen der Entgiftung literweise, trinke ich morgens die erste Tasse Kaffee zügig zum Essen und die zweite und letzte der Tages nach dem Frühstück in Ruhe und mit Genuss. Mehr würde ich nicht vertragen, aber ich habe nach der zweiten Tasse auch kein Bedürfnis mehr nach einem weiteren Kaffee.

    Auch wenn ich nun ein Gegner von Alkohol und Co bin, heißt das natürlich nicht (!), dass ich nun gegen einen Rückfall immun bin. Für diejenigen, die hier lesen und sich über ihre eigene Situation nicht sicher sind: wenn man erstmal psychisch und vor allem körperlich abhängig ist, schlummert auch bei Trockenheit die Sucht für immer und ewig in einem.

    Daher bleibt ich wachsam und durch harte Arbeit, nämlich Therapie und Selbstreflektion, erkenne ich immer mehr, warum und wann ich getrunken habe. So kann ich gegen Entwicklungen, die brenzlig werden und mich überfordern, gegen steuern.

    Das hört sich jetzt alles so einfach an. Aber es ist ganz hartes Brot und ich profitiere VIN meinen psychologischen Kenntnissen, denn ich komme aus diesem Bereich, näher mocht me ich hier nicht darauf eingehen.

    Das macht es aber auch nicht einfacher, denn oft frage ich mich, wieso ich anderen helfen konnte und selbst Jahrzehnte lang blind war, was mich betraf? Zudem ist es unglaublich hart, zu erkennen, was für eine erbärmliche Kindheit man hatte, wie man zu dem gemacht wurde, was man nun ist. Ich habe lange Zeit vieles ins Unterbewusstsein verdrängt und benebelt vom Alkohol falsche Schlüsse gezogen.

    Und das, was ich erkannte, ist erst die Spitze des berühmten Eisberges. Die Frage ist natürlich, wie weit ich bei der Aufarbeitung gehen kann, wie ich die Erkenntnis verkrafte, denn so etwas kann auch nach hinten losgehen. Deswegen ist es wichtig, dass man sich die Unterstützung eines fähigen Therapeuten holt, dem man vertraut und dem man sich öffnet.

    Ich habe gestern darüber nachgedacht, weil sich ein ehemaliger Kollege an mich gewandt hst, was mich sehr überraschte, denn wir waren keine Freunde, im Gegenteil. Er hat wohl auch ein massives Alkoholproblem entwickelt und sein Leben geht gerade in die Brüche. Er wollte einige Dinge von mir erfragen. Ich bin kein Therapeut und ich werde mich hüten, jemandem einen Universalrat zu geben. Ich habe ihm gesagt, er soll mit seinem Arzt als erste Anlaufstelle sprechen und sich, wenn er überzeugt davon ist, ein Problem zu haben, an einen sozialpsychiatrischen Dienst oder eine Beratungsstelle wenden. Wir haben in meiner Heimatstadt genug davon.

    Aber mir wurde beim Nachdenken noch einmal folgendes klar, was ich den Unentschlossenen in diesem Forum empfehlen kann: klar, wenn man den Alkoholismus akut behandelt muss erstmal der Körper (und somit der Geist) weg von dem Gift. Je länger man ohne Alk ist, desto mehr verändert sich das Denken und Fühlen, denn der Alkohol verändert vieles negativ. Und erst wenn man länger weg ist und sich Nerven, Emotionen, Interessen und Körper regenerieren, dann kann man dem Grund für den alkoholismus aufarbeiten. Solange man noch in den Nachwehen des Giftes liegt hat es keinen richtigen Sinn, denn die Wahrnehmung ist zum Teil gestört.

    Aber eines gilt von Anfang an: es gibt genug Hilfsangebote und Therapien. Ihr müsst euch nicht für den erstbesten Hansel entscheiden. Wichtig ist, dass Ihr mit dem Therapeuten, Sozialarbeiter oder was auch immer kooperiert. Der kann euch nämlich auch nur vor den Kopf schauen. Ihr müsst euch absolut ohne Geheimnisse öffnen, das geht nur, wenn man sich vertraut und sich sympathisch ist.

    Ich habe diese Erfahrungen auch erst machen müssen. Ich hatte mal eine ambulante Langzeittherapie und bin über Monate mit der Therapeutin nicht klar gekommen. Ich habe Dinge verheimlicht, wurde rückfallig und habe es verheimlicht, und das lief lange, bis es dann krachte.

    Genauso kann es passieren, dass man stationär entgiftet hns mit den Bedingungen im Krankenhaus oder in der Psychiatrie nicht klar kommt. Sehr zu, dass ihr zum Beispiel eine ambulante Betreuung oder eine psychiatrische Pflege bekommt, ihr habt dann für solche Fälle jemanden an eurer Seite, der euch beistehen kann, denn unser Problem, das von fast allen Alkis, ist es, dass wir kein Selbstwertgefühl haben, dass wir wie geprügelte Hunde dastehen und dann gefrustet sind. Dann kommt er wieder, der Drang das mit Alkohol zu behandeln, wo man dann wieder sozusagen groß, mutig und stark wird. Und in Wahrheit überschätzt man sich einfach nur.

    Ich habe auch heute noch eine Sozialarbeiterin an meiner Seite. Ich kann nur noch, auch wegen meiner Krankheiten, wenig machen, brauche ständig Auszeiten, weil Körper und Geist ihren Tribut fordern. Es geht nicht mehr wie früher. ABER: früher ging es eigentlich objektiv auch nicht, ich war nur durch den Alkohol immer am Rotieren, künstlich überdreht. Na ja, und dann bin ich eben schon Mitte 50.

    Die Hürden um Hilfe zu beantragen sind teilweise, wie auch bei anderen Ämtern wie Jobcenter, sind oft schikanös und hoch. Auch deshalb gebt nicht auf und holt euch Hilfe. Am Anfang haben mein Vater und meine Exfrau geholfen, das war gut, denn sonst hätte ich oft aufgegeben.

    Es ist wichtig, dass ihr auslotet, welche Hilfen ihr beantragen könnt, welche Formen von Hilfe es überhaupt gibt. Ihr findet genügend Hilfestellungen hier im Forum, könnt googlen oder einfach zu einem sozialpsychiatrischen Dienst gehen.

    Auf jeden Fall habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Stellen, die helfen, auch sehen wollen, dass man ernsthaft trocken werden will und nicht nur solange, bis es neues Geld gibt oder MSN wieder so fit ist, um sich wieder zwei Monate die Kante zu geben.

    Ob ich mich nächste Woche melde, weiß ich noch nicht, Dienstag habe ich eine Vorbesprechung beim Arzt und Donnerstag einen Eingriff, der ambulant geplant ist, aber schnell stationär werden könnte, da ich Blutgerinnungsstörungen habe, die Komplikationen verursachen könnten.

    Drückt mir bitte die Daumen, bis dann sagt
    der Freddy

  • Hallo Freddy,

    da unsere "Forendaumen" sehr gut sind drücke ich dir meine Daumen für Donnerstag.

    LG Martin

  • Lieber Freddy,

    vielen Dank für diesen ehrlichen und sehr deutlichen und damit hilfreichen Beitrag!

    Ich drück dir auch die Daumen.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Freddy,
    ich verfolge Deinen Thread mit Interesse. Auch ich habe eine Folgeerkrankung durch meine Alkoholkrankheit.

    Ich kann mich in vielen Deiner Ausführungen durchaus anschließen.
    Aber einiges habe ich auch anders erlebt. Das möchte ich hier einfach mal anmerken, wenn ich darf?

    Ich möchte dazu einige Punkte mal herauspicken :wink: :

    Zitat

    Daher bleibe ich wachsam und durch harte Arbeit, nämlich Therapie und Selbstreflektion, erkenne ich immer mehr, warum und wann ich getrunken habe. So kann ich gegen Entwicklungen, die brenzlig werden und mich überfordern, gegen steuern.

    Ja sicher ist es auch Arbeit an sich selbst, wenn man trocken werden will. Aber als so unglaublich hart habe ich es selbst gar nicht empfunden, muss ich sagen.
    Natürlich musste ich auch anfangs viel an meinem Leben ändern, da kommt ja wohl kaum jemand drum herum.
    Aber ich bin diesen Weg auch irgendwie GERN gegangen (und gehe ihn ja auch noch :wink: ), weil es dabei viel an mir selbst zu entdecken gab und ich viel über mich lernte.
    Und mit den Jahren wurde es immer leichter für mich, ein trockenes Leben zu führen.
    Der Weg wurde immer "breiter und schöner", wie ich hier mal las, und so empfand ich es auch.
    Heute ist mein trockenes Leben für mich völlig selbstverständlich geworden, ich bin knapp 15 Jahre trocken.
    Es geht mir gut, ich vermisse nichts und führe ein Leben, in dem ich mich sehr wohl fühle und zufrieden bin.
    Die Selbstreflektion, die Du erwähnst, betreibe ich immer noch regelmäßig, aber auch das ist wie ein Automatismus geworden mit den Jahren.
    So kommt es mir jedenfalls vor.

    Zitat

    Deswegen ist es wichtig, dass man sich die Unterstützung eines fähigen Therapeuten holt, dem man vertraut und dem man sich öffnet.

    Ich denke, hier muss jeder seinen eigenen Weg für sich finden, wie viel und welche Hilfe er/sie persönlich benötigt.
    Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, das nicht jeder zwingend eine Therapie braucht.
    Ich hatte beispielsweise keine Therapie. Und so einige hier im Forum sind auch ohne Therapie seit Jahren erfolgreich trocken.
    Das kann man also nicht einfach so über einen Kamm scheren.
    Ich hatte eine professionelle Entgiftung im KH. Danach war ich lange in regelmäßiger ärztlicher Betreuung
    und ich hatte die Unterstützung meiner Familie.
    In dieses Forum fand ich erst, als ich schon 4 Jahre trocken war.
    In einer realen SHG war ich später auch mal ne Weile lang. So ungefähr war mein Weg...

    Zitat

    Seht zu, dass ihr zum Beispiel eine ambulante Betreuung oder eine psychiatrische Pflege bekommt, ihr habt dann für solche Fälle jemanden an eurer Seite, der euch beistehen kann, denn unser Problem, das von fast allen Alkis, ist es, dass wir kein Selbstwertgefühl haben, dass wir wie geprügelte Hunde dastehen und dann gefrustet sind

    Auch das mag ich nicht so verallgemeinernd stehen lassen.
    Ich hatte kein mangelndes Selbstwertgefühl, das war eigentlich immer recht gesund, und ich hatte auch keine unglückliche Kindheit.
    Ich bin trotzdem Alkoholikerin geworden. Bin da rein gerutscht, immer tiefer und tiefer.
    Habe aus Stress gesoffen, vor Einsamkeit, war überfordert als Mutter mit Vollzeitberuf etc., bis ich irgendwann schwer abhängig gesoffen habe.
    Das ist nicht gerade untypisch für Alkoholikerinnen, Stichwort "Mothers little helper".
    In der Alkoholkrankheit selbst wurde dann mein Selbstwertgefühl schwer angeschlagen.
    Ich fühlte mich am Ende sehr wertlos und unfähig, weil ich meine Alkoholsucht nicht allein stoppen konnte.
    So zerstörerisch kann Alkohol sein, selbst wenn man nicht grundsätzlich an mangelnden Selbstwertgefühl litt.

    Zitat

    Auch deshalb gebt nicht auf und holt euch Hilfe.

    Diesen Worten kann ich mich ganz widerspruchslos anschließen ! :wink:
    Ich musste das auch erst begreifen, das ich es NICHT ohne Hilfe schaffen kann, meine Alkoholkrankheit zu stoppen.
    Ich benötigte ganz dringend ärztliche Hilfe, dazu kam die Unterstützung meiner Familie und auch eine betriebliche Beratungstelle stand mir zur Verfügung.
    Ich musste lernen, diese Hilfe anzunehmen, was mir nicht leicht fiel. Aber anders geht es nicht !

    Was ich aber nicht mag, das ist, wenn jemand sagt, das es NUR so und so geht und nicht anders.
    Auch wenn wir uns in der Sucht sehr gleichen in unserem Verhalten ("Lügen, Kaufen Saufen", wie das hier mal ein geschätztes Forunmitglied nannte), können die Wege aus der Sucht unterschiedlich sein.
    Der eine braucht tatsächliche eine Therapie und sehr viel weitere intensive Betreuung, wähend ein anderer "nur" mit Hilfe einer SHG trocken werden kann.
    Es ist egal, wie man trocken wird, es gibt kein besser oder schlechter trocken.

    Was ich persönlich noch als sehr wichtig ansehe beim Weg in ein trockenes Leben, das ist die "Risikominimierung", also das Leben nach unseren "Grundbausteinen" hier.
    Die sind durch die wertvollen Erfahrungen Betroffener entstanden und ich richte mich noch heute größtenteils danach,
    wenn auch mit einigen leichten persönlichen Abwandlungen.
    Ich weiß ja mittlerweile, was für mich risikobehaftet ist oder sein könnte und was nicht.
    Aber erstmal ist es wichtig, sich eine stabile Trockenheit aufzubauen und das dauert eben seine Zeit.
    Und dabei können die Grundbausteine ein wertvolles und sehr wirkungsvolles Werkzeug sein, auf das man nicht verzichten sollte aus "Besserwisserei".
    Denn wir wissen "nix besser", wenn wir ganz am Anfang der Abstinenz stehen, und darüber sollte man sich am besten auch ganz klar sein oder werden.

    Ich wünsche Dir, lieber Freddy, alles Gute für den bevorstehenden Eingriff. Meine Daumen sind gedrückt, das alle komplikationslos vonstatten geht und Du Dich hier bald wieder melden kannst.

    LG Sunshine

  • Hallo Sunshine, hallo Aurora, hallo Martin, hallo allen im Forum,

    danke für Eure Postings und fürs Daumendrücken.

    Sunshine, ich bin Dir dankbar für Deine Anmerkungen, denn so konnte ich über meinen Text noch mal nachdenken und eventuelle Missverständnisse, die bei den Unentschlossenen oder denen, die am Anfang stehen, auszuräumen.

    Meine Geschichte ist natürlich meine ganz persönliche Sichtweise. Es gibt zwar, je nach Trinkertyp, Gemeinsamkeiten, bis vielen (nicht bei allen natürlich!) gibt es ein verringertes Selbstwertgefühl, aber jede Geschichte ist individuell.

    Die Grundbausteine, die hier im Forum dargestellt sind, halte ich für richtig und sie bilden eine gute Richtschnur, wenn man trocken werden und vor allem bleiben will.

    Dabei fällt mir ein, dass ich die Risikominimierung vergessen habe. Deswegen möchte ich darauf hier noch mal eingehen.

    Ich bin der Meinung, dass man dann am ehesten trocken bleiben kann, wenn man sein Umfeld einmal durchleuchtet und ggfl. "ausmistet". Die Umstände sind aber auch individuell unterschiedlich. Beispiel: der eine trinkt stets in Gesellschaft, hat ein Umfeld, das mittrinkt. Ich beispielsweise habe fast ausschließlich von Anfang an allein getrunken. Zwar spielte Alkohol seit meinem 17. Lebensjahr eine zentrale Rolle auch im Freundeskreis, aber den habe ich zum Teil deswegen danach ausgesucht. Ich habe später, als ich bereits körperlich abhängig war, bei Entgiftungen mich mit Leuten angefreundet, die ich nur betrunken ertragen konnte. Im nüchternen Zustand hätte ich mich mit diesen Menschen niemals zusammen gesetzt. Der einzige gemeinsame Nenner war der Alkohol. Sonst nichts. Einige haben mich bestohlen, einem habe ich welche vor den Latz gehauen, irgendwann lagen wir alle wieder im Krankenhaus.

    Für mich war es wichtig, dass ich die Leute mit offensichtlichen nassen Alkoholproblemen meide, und zwar konsequent. Von den anderen Freunden sind drei geblieben, die ich von Kindheit an kenne, sie haben geringen bis gelegentlichen Alkoholkonsum. Keiner von diesen Dreien würde auf die Idee kommen, in meiner Gegenwart trinken zu wollen oder betrunken zu kommen. Ich habe Glück, dass alle drei Nichtraucher sind, denn, das muss ich leider zugeben, während aus Gründen, die ich nicht mal beschreiben oder fassen kann, seit über drei Jahren kein Suchtdruck auf Alkohol bestanden hat, habe ich in Bezug auf Zigaretten immer wieder mal kurzfristig Druck. In diesen Situationen muss ich mich wirklich zusammen nehmen. Das darf nicht passieren, denn ich leide durch die Qualmerei an COPD Gold 4, bin erheblich geschädigt und dadurch auch körperlich schwer eingeschränkt. Außerdem wäre es für die Alkoholabstinenz schädlich, denn ich sage mir, wenn man erst einmal die eine Sucht zulässt, dann ist die andere nicht mehr weit.

    Mein familiäres Umfeld ist problematisch, hat sich aber auch therapeutisch beraten lassen, denn es hatte mit meinen Problemen direkt zu tun. Positiv ist, dass man auch hier ohne Probleme auf Alkohol verzichtet. Meine Eltern, so grauenhaft meine Kindheit auch war, lebten immer schon ziemlich abstinent. Bei meinen Geschwistern sah das anders aus, ist aber auch kein Problem.

    Des Weiteren habe ich nun noch einen Vorteil, der aus meiner psychischen Erkrankung, der Sozialphobie, herrührt: dadurch, dass ich nicht weggehe, komme ich auch nicht in Versuchung. Also ich war nur ein Kneipengänger. Wenn ich an Biergärten im Sommer vorbei gehe, ist das bislang kein Problem gewesen.

    Aber, wie gesagt: das ist spezifisch meine Situation. Ich kann natürlich nicht sagen, wie es wäre, wenn ich jünger und gesund wäre, ich denke, das könnte problematisch werden. Deswegen kann ich nur raten, dass man sich seine täglichen Gewohnheiten und sein Umfeld kritisch anschaut und dann, ggfl. mit Hilfe, umbaut.

    Auch bei mir gibt es viele Situationen, in denen ich früher getrunken habe. Auch ohne Kneipe und Parties. Ich habe alle Gewohnheiten und Tätigkeiten, in denen ich getrunken habe, gelassen. Ich habe früher Kochsessions gemacht, bei denen ich extrem scharfe exotische Sachen gebruzzelt habe und mich dabei in Form getrunken. Ich esse heute auch krankheitsbedingt nur Essen, was wie km Krankenhaus oder im Altenheim gewürzt ist.

    Jch habe einen strukturierten Tagesablauf, den hatte ich früher nicht. Selbst als jch noch berufstätig war, hatte ich auf Grund meiner spezialisierten Stellung Narrenfreiheit und konnte ohne Struktur walten. Für mich persönlich gibt es einen Indikator, der mir anzeigt, wann eine Krise kommen kann, was auch wegen meiner Depressionen wichtig ist: wenn mir anfängt, die Struktur auf die Nerven zu gehen und ich das Bedürfnis verspüre, mich zurück zu ziehen und nichts mehr zu machen, das ist eine Zeit, in der ich überfordert oder depressiv werde. Beides in Verbindung mit Angst und Unsicherheit, das waren die Haupttriebfedern, zu trinken.

    Ob man ein Umfeld hat, was einem hilft, oder Therapeuten usw., ist egal. Wichtig ist, dass man Unterstützung hat, denn man kann nicht alles allein mit sich ausmachen.

    So, wie das diese Woche mit Eingriff etc. wird, weiß ich noch nicht, ich habe seit Freitag mal wieder Probleme mit sehr schmerzhaftem Herpes, im Volksmund wird diese Form auch Gürtelrose genannt. Nur dass ich den Mist diesmal im Gesicht habe :( Ich werde es morgen sehen, was der Arzt sagt.

    Ich habe an das Forum noch eine Frage: ich habe meiner Sozialarbeiterin immer vertraut. Sie weiß, dass ich alles meide, was mich an frühere Zeiten erinnert. Wenn ich im Supermarkt einkaufe nehme ich heutzutage den Alk in Regalen und Kästen überhaupt nicht wahr. Bis Freitag. Da hat sie mich gefahren, im Auto geraucht, was ich angesichts der Tatsache, dass ich Cortisonaerosole inhalieren muss, weil ich keine Luft bekomme, eine Sauerei ist. Aber es ist ihr Auto.... Dann im Laden, sie nutzt solche Fahrten um für sich einzukaufen, ist mir das erste mal die Regalwand mit dem Fusel aufgefallen, weil sie dort ausgiebig Liköre und Brandy angeschaut hat. Sie kaufte dann zwei Flaschen und eine große Packung Pralinen mit Schluck. Ich habe erst mal nichts gesagt, das ist meine scheiß Erziehung. Ich kann das nicht, ich habe Angst, dass sie nicht mehr für mich da ist, denn sie ist die einzige, die mich - bisher immer zuverlässig - unterstützt. Ich wurde als Kind so von meiner Mutter traktiert, dass sie nicht mehr meine Mutter ist, mich nicht mehr mag usw. Vielleicht ahnen einige von euch, was ich meine. Verlustängste.

    Deshalb meine Frage: wie würdet Ihr damit umgehen? Ich empfand es als respektlos, in meiner Gegenwart Fusel in den gemeinsamen Einkaufswagen zu geben. Bewerte ich das über? Ich meine, sie hätte sich den Dreck ja auch nach Feierabend kaufen können? Bin ich zu empfindlich?

    Danke im voraus,
    Euer Freddy

  • Hallo Freddy,

    Zitat

    Ich muss sagen, dass ich sehr dankbar bin, dass meine Sozialarbeiterin mir teilweise mehr als es mit ihrem Arbeitgeber vereinbart wurde zur Seite steht. Auch mal so, zum Reden.

    Zitat

    sie hätte sich den Dreck ja auch nach Feierabend kaufen können? Bin ich zu empfindlich?

    ich unterstelle ihr mal dass sie in dem Moment evtl. nicht daran gedacht hat.

    Wer weiss was sie an dem Tag alles im Kopf hatte ?

    Meinst du du könntest mit ihr darüber reden, sie ist doch auch nur ein Mensch.

    LG Martin

  • Hallo Martin,

    Danke für die Antwort. Ja, ich werde sie darauf ansprechen. Ich weiß, dass sie wohl ab und zu mal reinhaut, also man sieht es auch ein wenig. Das ist aber zunächst einmal ihre Privatangelegenheit. Für mich ist es dadurch, wie ich aufgewachsen bin in dieser unsagbar instabilen Beziehung zur Mutter oft sehr schwer, die Dinge adäquat einzuordnen. Ich kenne oft nur schwarz oder weiß. Und durch die Depressionen schwankt der Stimmung oft extrem. Hängt auch mit dem Blutzucker zusammen.

    Fällt übrigens einigen Angehörigen negativ auf, dass jetzt meine Stimmungen sowie schwanken und ich mich "verändert" habe, früher wäre ich "verträglicher" gewesen. Es ist gut, dass Veränderungen bemerkt werden, es ist Pech für manche aus meinem Umfeld, dass sie nicht nicht verändern oder nun feststellen, dass wir auseinander driften. Damit muss man leben. Ich habe auch Mitpatienten gehabt, da ist der Partner mit dem trockenen Menschen nicht klar gekommen und die Beziehung ging in die Brüche. Das passiert oft. Die Leute merken eines nicht: früher war ich vielleicht für sie einfacher, weil meine Krisen und Schwankungen vom Alkohol zugedeckt waren. Deswegen habe ich wohl Spiegel getrunken, so war ich immer in der gleichen Stimmung. Es sei denn, es hat nicht mehr gewirkt.

    Jedenfalls werde ich sie fragen, ob ihr das bewusst war, dass mich diese Situation hätte belasten können? Ich weiß, dass in diesen Berufen wir auch in Pflegeberufen und bei Medizinern teilweise mit Alkohol kompensiert wird, aber ich würde es dennoch begrüßen, wenn ich Konsum und Kauf nicht mit ansehen müsste. Ich habe, abgesehen von meiner Geschichte, viel Leid bin Betroffenen, aber noch mehr von Angehörigen, Partnern und Kindern erlebt. Wirklich viel Leid und auch Gewalt. Deswegen lehne ich heute jede Art von Droge ab. Ich bin auch gegen Legalisierung von Drogen etc.

    Und sie sieht doch auch da Leid jeden Tag im Job.

    Wie gesagt, ich lehne das komplett ab.

    Ich halte euch auf dem Laufenden, was nun weiter wird wegen der Eingriffe usw.
    Bis dahin eine angenehme Woche für alle!

  • Guten Abend,

    ich hatte vorhin einen Cousin zu Besuch, wir haben uns Jahre nicht gesehen. Er wußte, was mit mir ist, wohnt nun in der Nähe und wir haben darüber gesprochen, wie ich die letzten drei Jahre trocken blieb.

    Ich habe ja einiges bereits geschrieben, das möchte ich noch ein wenig ergänzen, aber wie gesagt, es handelt sich um meine individuellen Erfahrungen.

    Ich hatte ja beschrieben, dass ich möglichst alle alten Gewohnheiten und Verhaltensweisen meide. Das gilt auch für die Ernährung. Mal abgesehen davon, dass ich viele Lebensmittel nicht oder nur schlecht vertrage, habe ich bereits damals im Krankenhaus festgestellt, dass ich meine Ernährung Jahre lang an das Trinken angepasst hatte. Da ich abends immer eine Kombi aus Wodka und Bier zum Essen konsumierte, aber auf das Bier nicht immer Durst hatte, habe ich grundsätzlich extrem scharf und sehr salzig und fettig/ölig gegessen. Eine Zeit lang habe ich auch fast alles frittiert, Zucchini, Pilze, einfach alles. Ich habe immer drauf geachtet, dass das Essen abends durstig macht und zum Bier passt. Dazu habe ich mit reichlich Knoblauch gegessen, teilweise habe ich Knoblauch roh und pur konsumiert. Ziel war, dass ich am nächsten Morgen eine Knoblauchfahne habe, die den Restalkohol überdeckt.

    Da meine Bauchspeicheldrüsene kaputt und krank ist, kann ich ohne Substitution mit Enzymen kein Fett mehr verdauen, mit Substitution auch nur bedingt, scharfe Speisen und Knoblauch sowie Zwiebeln, Paprika, Tomaten usw. usw. gehen gar nicht mehr. Jetzt esse ich Speisen, die früher nicht auf dem Speiseplan standen, weil sie nicht zum Bier passten. Jetzt esse ich also gerne Quarkspeisen, Fruchtjoghurts, Pudding.

    Mein Cousin wollte wissen, wie ich es mit alkoholhaltigen Speisen halte? Nun, früher, als ich noch nach zwei Tagen ohne Alkohol glaubte, ich wäre Superman, war mir egal, ob Speisen Alkohol enthalten oder nicht.

    Das sehe ich nun komplett anders: ich habe mir überlegt, dass der Verzehr von Speisen, die Alkohol enthalten, im Kopf etwas verändert, man denkt, ach das Bisschen schadet nicht... Dann kommt der Gedanke, der Pudding mit Weinbrand hat nicht geschadet, also macht es auch nichts, wenn ich ein Bier trinke... Und so setzt sich die Spirale in Gang

    Ich denke, jch brauche keine Speisen, die Alkohol enthalten, es gibt genug Alternativen. Würde ich nämlich durch solche Sorglosigkeit rückfallig, könnte mich bereits der erste Rückfall das Leben kosten, auch durch die gleichzeitige Einnahme all der Medikamente. Ich verzichte daher auch an den Festtagen auf Marzipan da ist oft Alkohol als Aroma enthalten, der nicht deklariert ist), gefüllte Schokoladen usw.

    Des Weiteren meide ich Familienfeiern, Abitreffen und andere Veranstaltungen. Mein Umfeld versteht das, es isoliert mich aber natürlich noch weiter. Auf der anderen Seite schäme ich mich aber auch, nun Leuten von früher gehandicapt, gelähmt, von Atemnot geplagt und schwer adipös gegenüber zu treten.

    Aber auf Dauer geht der Rückzug in die Einsamkeit nicht. Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht, wie es sich anfühlen wird, eine Feier mit zu erleben, auf der Alkohol konsumiert wird. Das sage ich ganz offen. Also habe ich die knapp 3 1/2 Jahre geschafft auch deswegen, weil ich sowieso nicht weggehe, außer zum Einkaufen, zum Arzt, spazieren.

    Auf der anderen Seite habe ich früher auf Feiern nicht oder nur wenig getrunken, damit kein Verdacht aufkommt. Dafür war ich dann immer ganz mies gelaunt und habe meine kleine Familie genötigt, dass wir nach zwei Stunden heim fahren.

    Ich hoffe, dass der eine oder andere was mit meinen Erfahrungen anfangen kann. Und wenn es nur ist, dass ich alles falsch gemacht habe.

    So, ich gehe für meine Verhältnisse früh schlafen, muss ja morgen früh zum Arzt.

    Bis dann sagt der müde Freddy

  • Hallo Freddy,

    alles Gute für morgen!

    Die Sozialarbeitern würde ich wohl darauf ansprechen, dass dich ihr Verhalten gestört hat. Aber ich glaube dir, dass das nicht ganz einfach ist.

    Viele Grüße
    Thalia

  • Hallo Freddy,

    Zitat

    Ich hoffe, dass der eine oder andere was mit meinen Erfahrungen anfangen kann. Und wenn es nur ist, dass ich alles falsch gemacht habe.

    ich denke du bist zu hart zu dir selbst, wenn du alles falsch gemacht hättest würdest du heute noch saufen.

    Meine Entgiftung verlief auch nicht ganz nach Plan und ich habe seit dem einen Tremor in den Händen

    und eine Nervenschädigung in den Beinen.

    Das ist nichts im Vergleich zu dem was du zu bewältigen hast, aber deshalb kann ich dich verstehen.

    Zitat

    Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht, wie es sich anfühlen wird, eine Feier mit zu erleben, auf der Alkohol konsumiert wird.

    Ich habe mir lange Zeit gelassen bis ich auf eine Feier bin auf der kaum Alkohol getrunken wurde.

    Auch heute, nach über 13 Jahren, gehe ich auf keine Party wo nach 1 Stunde der/die 1. unterm Tisch liegt.

    LG Martin

  • Hallo Thalia, hallo Martin, hallo alle im Forum,

    danke für Eure Antworten. Bevor ich berichte erst einmal zu Martin: ich danke dir für deine Meinung zu Feiern. Im Moment, wo ich das hier schreibe, läuft auf RTL Stern TV ein Bericht über einen Alkoholiker, der sein Leben mit einer Kamera dokumentierte. Ein Gast im Studio leitet eine Tagesklinik. Der sagte, Rückfälle bzw die Motivation zu trinken hat such viel mit Gefühlen, mit denen man nicht umgehen kann zu tun.

    Ich denke, generell werde ich Feiern meiden, erst einmal, weil besonders bei Familienfesten,aber auch mit alten Schulfreunden immer viel getrunken wurde. Ich lebe nicht abstinent, dass ich mir dann das dämliche Gequatsche anhören muss, wenn die Leute nach einer Stunde bereits Ausfallerscheinungen haben.

    Aber ich werde das alles auch wegen meiner sozialen Phobie meiden, denn ich bin so nervös und unsicher in diesen Situationen, dass ich das in der Vergangenheit ohne Alkohol oder alternativ Benzos nicht überstehen konnte. Und genau durch diese Phobie kann ich mit Ablehnung und Rückschlägen nicht umgehen, ordne Verhalten anderer Leute oft falsch ein, weil ich mich angegriffen fühle.

    Es macht Sinn, in der Therapie mein Selbstwertgefühl erst wieder so aufzubauen, dass ich sicher bin.

    Mit der Sozialarbeiterin habe ich vernünftig gesprochen, sie hat zur Zeit Stress und fühlt sich angegriffen. Ich kann das momentan nicht ändern, ich habe genug Probleme, die gelöst werden müssen.

    Tja, am Dienstag bin ich extra zeitig aufgestanden, habe unter Schmerzen in Hektik geduscht, schnell gefrühstückt und war fertig um loszugehen. Da dachte ich mir so, es ist ja verwunderlich, dass die Alarmfunktion meiner Kalenderapp nicht eine Stunde vorher anspringt, wie das sonst war. Ich gucke, stellte fest, dass der Termin eingetragen war. Für den 05.04.. Dumm nur, dass es der 04. war. Keine Ahnung, wie mir das passiert ist. Also war heute noch mal das Procedere.

    Jch möchte nicht ins Detail gehen, das Ergebnis von Labor und Untersuchung ist nicht gut. Überhaupt nicht gut, es müsste operiert werden. Ich werde erst eine Zweitmeinung einholen. Die OP ist nicht ganz ohne.

    Und morgen, das ist diesmal richtig, morgen ist Donnerstag, geht es früh morgens zur Uniklinik, es muss eine Biopsie vorgenommen werden. Kann sein, dass wir den ganzen Tag dort mit Warten verbringen.

    Bis die Tage, eine trockene Zeit wünscht euch Freddy.

  • Ein herzliches Hallo in die Runde,

    bei mir dümpelt das Leben derzeit so vor sich hin. Mir geht es zur Zeit sowohl von der Gesundheit als auch psychisch gar nicht gut. Ich habe jetzt die beiden Wochen um Ostern keine Termine und werde mich auch auf gar nichts einlassen.

    Ich fühle, ich brauche die Zeit ausschließlich für mich, will Musik hören und lesen. Alles ohne Zwang und diesem "Man Muss", was mir von klein auf im wahrsten Sinne des Wortes eingeprügelt wurde. Genau das ist nämlich einer der Gründe damals für mein Trinken gewesen. Dass ich immer glaubte, funktionieren zu müssen.

    Das läuft so nicht mehr und ich lasse sm kommenden Wochenende auch Ostern ausfallen. Egal, was meine Exfrau, meine Geschwister, meine Eltern dazu meinen. Und auch, was mein erwachsenes Kind dazu meint ist mir egal. Sie meldet sich normalerweise schon lange nicht, und nur an einem Feiertag, weil "sich das so gehört" - ich bitte Euch :)

    Ich habe mir mal so durch den Kopf gehen lassen, welche Menschen ich durch Alkohol und die Folgen verloren habe und wie sie so in Bezug auf das Funktionieren und Konventionen waren. Bei vielen war es genauso. Nicht bei allen von ihnen, aber bei vielen.

    Ich habe mich entschieden, nach Jahren der Kochabstinenz, etwas für meine Gesundheit insofern zu tun, als dass ich die Mangelernährung trotz Übergewicht abstellen möchte.

    Auf der anderen Seite überfordert mich die Kocherei, das Kochen, Abschütten, Braten, Fettspritzerei, Unordnung usw. Das alles erinnert mich zu sehr an die alten Trinkzeiten.

    Also habe ich mir einen sogenannten Slow Cooker besorgt. Ich werde erst einmal in Ruhe Rezepte studieren und dann mal schauen, ob ich damit ohne Stress zu Recht komme. Mir kommt das Schmoren und langsame Garen in einem Topf recht, denn ich vertrage keine scharf angebratenen Sachen mehr. Und auch schon beim Gedanken an Röstaromen dreht sich mir der Magen um. Wie gesagt, ich vertrage nur noch Essen in der Intensität von Krankenhausessen.

    Ich habe schon überlegt, ob ich Essen auf Rädern bestelle, was die Senioren bekommen. Das ist aber richtig teuer.

    Jedenfalls ist der Slow Cooker was für die Faulen und Gemütlichen. Alles zurecht schnippeln, in das Teil, Deckel drauf, auf Low oder High, es gibt nur diese Einstellungen und nen halben Tag laufen lassen. Man muss dann irgendwann nur noch essen. Und man muss nicht Pfannen, Töpfe, Herd usw. reinigen, sondern nur den Innentopf ....

    OK, Ihr Lieben, denn sage ich mal bis die Tage. Eine Entscheidung wegen OP usw. habe ich erst einmal verschoben, bzw das hat die Sozialarbeiterin gemacht, da mir das zu viel wurde.

  • Hi Freddy, darf ich fragen was die Biopsie ergeben hat ? Und um welche OP wird es gehen ? Interessiert mich sehr weil ich einen ähnlichen Krankheitsverlauf hatte. Kopf hoch, Du schaffst mehr als Du Dir zutraust !
    Klaren Gruß sendet Dir Güni

    Wir können mehr als wir uns zutrauen !

  • Hurra und guten Abend ins Forum!

    Lange habe ich mich nicht gemeldet. Zum einen ging es mir erst nicht gut um Ostern herum. Dann waren einige Untersuchungen nicht erfreulich. Es wurde eine Muskelbiopsie vorgenommen, weil permanent Muskelzellen zerstört werden, als ob ich Hochleistungssport machen würde. Niemand weiß die Ursache, wenn das so weiter geht, ende ich im Rollstuhl. Das war alles sehr schmerzhaft.

    Die Leber wird immer kleiner und zerstörter. Also alles nicht so toll.

    Durch das alles hatte ich viel um die Ohren. Da ich durch das alles und die ganzen Medikamente sowieso immer müde und schlaff bin, fand ich erst nicht mehr die Kraft, hier was Sinnvolles zu posten. Ja und dann konnte ich mich plötzlich nicht mehr anmelden. Jetzt hat's nach erneutem Passwortwechsel plötzlich mit einem anderen Browser geklappt.

    Es geht mir den Umständen entsprechend. Es stehen viele Untersuchungen in und ganz ehrlich kotzt mich das an. Die Hausärztin schreibt zig Überweisungen und das war es. Um alles muss ich mich nun kümmern, Termine, Transport weil ich ja gehbehindert bin. Und meine Phobien und Zwänge verhindern, dass ich jeden Tag locker irgendwo anrufen kann.

    Ich lebe weiter abstinent - übrigens mittlerweile gerne. Ich führe mir manchmal vor Augen, wir frei ich trotz allem bin, weil alles was ich mache freiwillig ist. Als ich noch nass war war ich ein Sklave den Flasche. Wenn man trinken muss, hat man keine Wahl, das ganze Leben wird vom Kampf gegen Entzugssymptome bestimmt.

    Was mir halt Probleme macht sind die Depressionen, die Phobien und die Zwänge. Neulich sass beim Arzt im Wartezimmer eine Frau, die war am Husten und Röcheln, ich habe Angst vor Infektionskrankheiten. Ich musste mir Papiertücher vors Gesicht halten, dann habe ich mich so geekelt dass ich im Treppenhaus gewartet habe.

    Das soll es erstmal gewesen sein, ich wollte im wesentlichen ein Lebenszeichen von mir geben.

    Bis die Tage sagt der Freddy

  • Zitat von FatFreddy


    Neulich sass beim Arzt im Wartezimmer eine Frau, die war am Husten und Röcheln, ich habe Angst vor Infektionskrankheiten. Ich musste mir Papiertücher vors Gesicht halten, dann habe ich mich so geekelt dass ich im Treppenhaus gewartet.

    Hallo Freddy,
    angesichts deines gesundheitlichen Zustands war das doch die beste Reaktion, die du machen könntest. Ich sehe da keine Phobie, sondern ein reales Schutzbedürfnis, das du hast.

    Ich wünsche dir, dass du deine Sachen weiter angehen kannst. Schön, dass du mal wieder ein Lebenszeichen dagelassen hast.

    Viele Grüsse, B.Nyborg

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