Noch lange nicht trocken.

  • Hallo Pellebär,

    ich bin momentan etwas überfordert mit der Gesamtsituation und meinem nüchternen Zustand. Es ist ja nicht "nur" die Alkoholkrankheit bei mir.
    Habe noch andere Süchte und Diagnosen, die ich angehen muss. Das geht aber mit Sicherheit vielen hier so.

    An erster Stelle steht aber die Abstinenz! Das habe ich in diesem Forum erkannt. Alles Schritt für Schritt.

    Auch dir wünsche ich ein schönes Wochenende!

    Lg
    Carmen

  • Guten Morgen,

    seit einigen Tagen bemerke ich bei mir eine schlechte Entwicklung. Ich ziehe mich innerlich wieder mehr zurück, möchte die Dinge wieder nur mit mir allein ausmachen und andere nicht mit meinen Problemen ( die Mitglieder dieses Forums mit inbegriffen) belasten. Mir fällt es generell schwer nach Hilfe zu fragen und diese dann auch wirklich anzunehmen.Darum schreibe ich jetzt und erhoffe mir dadurch diesen Kreislauf zu durchbrechen.

    Es ist für mich immer noch sehr ungewohnt und teilweise beängstigend mit klarem Kopf und ohne Filter durchs Leben zu gehen.
    Beängstigend deshalb, weil ich garnicht weiß, wer ich wirklich bin. Die ausgelebte Sucht war ja auch ein Teil meiner Identität.
    Klingt vielleicht seltsam, fühlt sich aber für mich so an.

    Morgens und abends ist meine Stimmung in Ordnung, aber tagsüber weiß ich kaum was mit mir anzufangen, obwohl ich ganz viele Dinge machen könnte. Ich muss mich dann richtig zwingen etwas tun, habe aber keine Freude daran.

    Oft setzte ich mich dann einfach aufs Sofa und lese hier im Forum. Mein nüchternes Leben fühlt sich noch sehr fremd und unsicher an. Ungewissheit und Selbstzweifel plagen mich. Selbstliebe ist auch nicht vorhanden. Alles sehr negativ. Ich weiß.

    Wollte das einfach mal kurz niederschreiben.

    Lg
    Carmen

  • Hallo!

    Vielleicht hilft es, deinen Tag klar zu strukturieren. Aufstehen zu einer bestimmten Zeit, ggf. zur Arbeit, anstehende Erledigungen, Hausarbeit; feste Pausen, sportliche Betätigung, Öesen im Forum oder Fachliteratur....

    Das schafft wenigstens Abwechselung und könnte einem Gedankenkarussel entgegenwirken.

    Einfach so in den Tag hineinleben dürfte in der Anfangszeit nicht so ein guter Rat sein.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo Carmen,

    ich finde das, was Carl-Friedrich schreibt, sehr gut! Selbst wenn Du zu Hause bist, kannst Du einen Tagesablauf und Struktur festlegen. Keine Ahnung, ich arbeite, aber wenn ich Urlaub habe oder Wochenende, würde ich versuchen, mit nen Plan aufzustellen.

    Morgens in Ruhe Kaffee trinken und dann erstmal RAUS, joggen oder spazieren gehen. Dann auf jeden Fall noch ne Sache im Haushalt und Mittag machen. Nach dem Essen würde ich Mittagspause machen und lesen und für Nachmittags würde ich mir noch eine zweite Runde spazieren gehen oder Fahrrad fahren vornehmen. Dieses zwei Mal am Tag raus müssen, ist ne Beschäftigung und tut der Seele außerdem gut.

    Hast Du eigentlich im geschützten Bereich schon ein „Tagebuch“ eröffnet? Ich habe nichts gefunden, nur Deine Vorstellung bei „wer bin ich“.

  • Hallo Cadda, hallo Carl Friedrich,

    mit der Tagesstruktur habt ihr vollkommen recht; diese habe ich auch, stehe früh auf, mache den Haushalt, gehe danach zwei Stunden mit meinem Hund spazieren, danach einkaufen, Mittagessen, nachmittags normalerweise Sport ( schaffe aber momentan einfach nicht mich aufzuraffen und hänge stattdessen auf dem Sofa) , gegen 18 Uhr wieder eine Stunde mit dem Hund spazieren, dann kochen und Abendessen und ab ca 20 Uhr 30 lesen, Internet, Fernsehen oder Klavierspielen.

    Mir mangelt es auch nicht an Interessen, nur ist momentan alles ziemlich mühselig und bereitet mir wenig Freude. Vielleicht eine mittelschwere Depression. Mein Dopaminhaushalt ist wahrscheinlich noch ziemlich durcheinander.

    Ich brauche dringend wieder Sozialkontakte, sobald das wieder möglich ist. Diese Isolation seit einigen Jahren tut mir nicht mehr gut.

    Cadda : Ein Tagebuch habe ich noch nicht eröffnet, werde ich aber die Tage machen.
    Werde später auch mal bei dir reinschauen.

    Danke für eure Antworten! :)

  • Guten Morgen,

    vor ein paar Tagen hatte ich mal wieder riesigen familiären Stress. Mein Vater, auch Alkoholiker, hat mich zwei Tage am Stück völlig dicht mit Nachrichten und Anrufen bombardiert. Bis vor kurzem habe ich immer sofort reagiert und bin auf sein Flehen hin sofort zu ihm gefahren. Meistens endete es dann so, dass mich das Ganze so fertig gemacht hatte, dass ich selbst wieder an der Flasche hing; im schlimmsten Fall haben wir dann tagelang zusammen gesoffen und gemeinsam uns und unser Leben bemitleidet. Einfach nur erbärmlich.

    Dieses Mal habe ich ihn ignoriert und wurde daraufhin beleidigt und bedroht. Das war unglaublich schwer, aber ich habe es dank der Unterstützung und den Erfahrungsberichten anderer Betroffener dieses Forums zum ersten Mal nach etlichen Jahren geschafft.

    Schuldgefühle, dass ich meinen Vater im Stich lasse, Mitleid und die Angst, dass er sich etwas antut ( 2 Selbstmordversuche hatte er schon) kommen natürlich immer mal wieder hoch, aber ich lerne langsam besser damit umzugehen.Ich darf den Kontakt nicht mehr zulassen. Mein Vater triggert mich zu sehr und ich schaffe es nur trocken zu werden, wenn ich mich von ihm distanziere.

    So wie mir keiner aus meiner Sucht helfen kann, kann ich ihm auch nicht aus seiner Sucht helfen. Theoretisch weiß ich das alles, aber mein Herz hat sich mir immer wieder in den Weg gestellt. Das darf ich nicht mehr zulassen. Ich möchte es dieses Mal wirklich anders machen.

  • Hallo Carmen,

    Du hast hier einen sehr wichtigen und sehr gesunden Entschluss gefasst. Ich kann nur erahnen, welche seelischen Kämpfe dem Ganzen vorausgegangen sind. Du machst genau das Richtige. Heraus aus der Sucht kommt jeder einzelnen Alkoholiker nur ganz allein aus ganz eigener Einsicht.

    Vielleicht gelingt Dir in Zukunft ein Weg, auf dem Du Deinen Vater nicht mehr ignorierst, sondern ab und zu ein nettes Telefonat führen kannst. Du kannst ihm ja ganz zu Beginn sagen, dass Du bei Beleidigungen oder Drohungen sofort auflegst und einen Monat nicht mehr anrufst. Okay ... es ist schwierig einen Rat zu geben. Vor allem steckst ja Du in dieser Situation und nicht ich.

    Zusammengefasst wünsche ich Dir einen guten stabilen weiteren Weg und bleib gesund
    Viele Grüße
    Correns

  • Hallo Correns,

    danke für deine mitfühlenden und aufbauenden Zeilen. Das tut gut.


    Vielleicht gelingt Dir in Zukunft ein Weg, auf dem Du Deinen Vater nicht mehr ignorierst, sondern ab und zu ein nettes Telefonat führen kannst

    Ja, vielleicht wird das irgendwann möglich sein. Aber das braucht Zeit, viel Zeit...

    Lg
    Carmen

  • Hallo,

    ich habe mich in der vergangenen Woche intensiv mit meiner Vergangenheit und meinem Suchtverlauf auseinandergesetzt. Fünf Tage habe ich gebraucht um meine ganze Lebensgeschichte aufzuschreiben.
    Das war nicht angenehm, da viele verdrängte Erinnerungen hochkamen und mir richtig bewusst wurde, wieviel Schaden ich durch meine Sucht bereits angerichtet und wie oft ich mich und andere im Suff in Gefahr gebracht habe. Das muss erst mal verarbeitet werden.

    Allerdings wurde ich im geschlossenen Bereich durch die Rückmeldungen der Mitglieder sehr gut aufgefangen. Ohne diese Unterstützung hätte ich es nicht geschafft, meine Vergangenheitsreise zu Ende zu bringen ; ich würde es auch keinem ohne Begleitung empfehlen, es sein denn, man ist schon stabil genug.

    Sucht bedeutet ja auch Flucht vor sich selbst. Ich möchte nicht mehr davonlaufen. Die tägliche Konfrontation mit meiner Krankheit fühlt sich oft nicht gut an und manchmal würde ich gerne wieder die Flucht ergreifen. Da kommen dann natürlich auch ab und an Suchtgedanken auf. Aber das gehört dazu und ich halte diese schlechten Gefühle dann einfach aus - und irgendwann sind sie auch wieder verschwunden. Bis vor kurzem habe ich in solchen Situationen direkt zur Flasche gegriffen und am nächsten Tag fühlte ich mich noch elender.

    Ich sage mir jeden Tag: Heute trinke ich nicht. Mit der Endgültigkeit nie wieder Alkohol trinken zu können , komme ich noch nicht zurecht. Es wäre schön, wenn sich das noch ändern würde. Mal sehen, wie sich alles weiterentwickelt. Ich bin auf jeden Fall gespannt.

  • Meinst du mit Krankheit den Alkohol oder noch was anderes?

    Mir geht es mit der Endgültigkeit auch so wie dir. Damit komme ich auch nicht klar.
    Ich habe mir 100 Tage vorgenommen.
    Und ich denke, bis dahin weiss ich, was ich mache... Mir hilft diese längere Frist, nicht täglich neu entscheiden zu müssen, heute trinke ich nicht.
    Aber auch nicht heute schon entscheiden zu müssen, nie mehr.

    Aber wenn es bei dir klappt mit täglich entscheiden ist es ja gut!

  • Hallo Carmen,

    der Satz "nie mehr Alkohol trinken zu können" verändert sich im Kopf im Laufe der Zeit, wenn Dein Gehirn mit dem positiven Gefühl des Nüchtern-Seins gefüllt wird.

    Ich halte NULL davon, Wörter im Mund umzudrehen, denn man könnte ja jetzt entgegnen, dass Du Alkohol trinken kannst, es aber ja bewusst nicht willst. Das habe ich hier im Forum schon öfter gelesen und mich hat es immer ein wenig wahnsinnig gemacht. Zum Einem, weil es zwar stimmt, wenn man es genau nimmt, aber zum Anderen weiß man ja genau, wie es gemeint ist. Man KANN halt nichts trinken, ohne nicht wieder an dem Punkt zu gelangen, zu dem man eben nicht hin will. Also kann ich eben streng genommen nicht so, wie man am Anfang gern noch würde.

    Ich schreibe bewusst "am Anfang". Denn ich möchte Dir (und vielleicht da auch anderen) ein wenig Hoffnung machen:

    Zurück zum ersten Satz... Der Satz "nie mehr Alkohol trinken zu können" wird sich, wenn man diese Nüchternheit wirklich richtig LEBT und die positiven Seiten bewusst zulässt, dahingehend verändern, dass man irgendwann GLÜCKLICH ist, nicht mehr trinken zu MÜSSEN. Es wandelt sich von einem Verzicht zu einem GEWINN. Dafür muss aber die Festplatte im Kopf erst einmal neu überspielt werden mit den positiven Dingen des Nüchtern-Seins. Das kann bei Einigen halt länger dauern, als bei Anderen.


    Das sind meine Gedanken dazu. Vielleicht helfen sie dabei, ein wenig Geduld zu haben bzw. sich öfter BEWUSST zu machen, wie positiv es ist, nicht zu trinken.

  • Moin Carmen,

    auch im 12. trockenen Jahr sage ich nicht, ich trinke nie wieder, auch nicht, ich trinke heute nicht. Am Anfang habe ich gesagt, ich will nicht, dann ich muss nicht, dann ich brauche nicht und irgendwann, ich trinke nicht, fertig.

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Hallo Jessica,

    ja, mit der Krankheit meine ich den Alkohol. Ich habe zwar noch andere Süchte und Diagnosen, aber mein Alkoholismus hat den größten Schaden angerichtet. Darum steht dieser Punkt an erster Stelle. Denn nur nüchtern kann ich die anderen Baustellen angehen.

    Ich finde gut, dass du dich trotz deiner Unsicherheit, ob du abhängig bist oder nicht, hier angemeldet hast. Du kannst ja mal schaun, was dann nach 100 Tagen ist.

    Hallo Cadda,

    schön, dass du verstanden hast, wie ich das mit dem nicht trinken dürfen meinte. Ich habe bewusst "dürfen" gewählt, weil ich noch nicht dieses Freiheitsgefühl empfinde, wovon man hier ja oft liest. Ich fühle mich noch nicht frei. Es wäre gelogen, das zu behaupten. Viel zu sehr plagen mich noch "nasse" Gedanken, die ich zwar mittlerweile schneller erkennen und verwerfen kann, die aber immer noch täglich präsent sind. Seit einigen Tagen bin ich auch wieder etwas unausgeglichener und unzufriedener. Ich versuche garnicht zu analysieren, woran das liegt, da ich denke, dass das zu meinem Prozess gehört. Außerdem hatte ich ja auch noch diesen Stress mit meinem Vater; das zieht mich auch runter.

    Das war jetzt alles sehr negativ und ich habe auch hin und- herüberlegt, ob ich diese Gedanken und Gefühle hier reinschreiben soll. Ich möchte hier niemanden runterziehen, aber ich gehöre halt nicht zu denjenigen, die mit Anfangseuphorie ihren Weg in die Trockenheit starten. Ich freue mich für jeden, bei dem das so ist, denn wir haben alle schon genug durch unsere Krankheit gelitten.

    Mir ist es aber immer wieder eine Freude von dir zu lesen, da du so positiv und motivierend bist. Auch dein Eintrag heute morgen in deinem Thread hat mir sehr gut gefallen. Das holt mich immer etwas aus meinem Grübler-Denkermodus raus. Ich hoffe, dass war jetzt alles nicht zu negativ. :roll:

    Hallo Pellebär,

    es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich doch die Methoden sind. Wir hatten darüber schon mal vor ein paar Wochen geschrieben und durch dich und Carl Friedrich bin ich dann zu der Erkenntnis gekommen, dass ich mit der 24Stunden-Taktik besser fahre. Seitdem bin ich auch nicht mehr so angespannt.

    Ab morgen möchte ich etwas in meinem Alltag ändern. Ich möchte mit Meditation beginnen - 10 Minuten sollen anfangs reichen.
    Ich kann nämlich überhaupt nicht abschalten, die Gedanken rasen ständig und ich muss mich immer mit irgendetwas beschäftigen. Ich habe verlernt, ohne Alkohol abzuschalten.Das macht keinen Spaß mehr und kann gefährlich werden, wenn ich da nicht gegensteuere. Yoga wäre auch noch gut - habe ich eine zeitlang jeden Tag gemacht. Mal sehen, ob ich das morgen endlich in Angriff nehme. Nein! Nicht mal sehen. Ich mache das ab morgen! :wink:

    LG
    Carmen

  • Weißt Du Carmen, ich möchte auch keinen falschen Eindruck hinterlassen. So nach dem Motto „Bei mir ist immer alles soooo schöööön und das Leben ist ja soooo toll“. Ja, grundsätzlich finde ich das wirklich und deshalb gelingt es mir immer wieder, mich auf die Sonnenseite des Lebens zu konzentrieren.

    Aber ich habe im Moment auch eine tolle Lebensphase erwischt. Trocken, zwei Jungs, die zur Zeit beide recht entspannt sind (das geht auch anders), einen Mann in meinem Leben, der super zu mir passt (und auch DAS ging bisher immer anders) :)
    Meine Arbeit macht mir Spaß, also alles gut.

    Aber da gab es auch andere Zeiten und da fiel es mir deutlich schwerer, positiv zu denken. Liebeskummer gehörte ständig dazu. Furchtbar.

    Aber auch jetzt, wo alles gut ist, geht’s mal blöd. Nachdem ich gestern so viel über meine Mutter geschrieben habe, wie es damals war, konnte ich den ganzen Tag an nichts anderes mehr denken. Ich musste heulen beim Auto fahren und bin dann abends noch ans Grab in den Ruheforst gefahren. Aber hinterher ging’s besser. Ausgeheult hab ich mir hinterher gesagt, dass ich es trotz allem gerade gut habe. Heute Morgen war ich wieder motiviert. Aber auch da ist es nicht lange her, dass ich es als Aufraffen empfunden habe, etwas zu tun, wie laufen. Ich hab nur Süßkram in mich reingestopft und war genervt von mir selbst.

    Also wie gesagt, etwas Glück, dass ich gerade eine gute Phase habe, weil das Drumherum auch gut läuft, ist auch dabei :)

  • Könnte spazieren gehen etwas für Dich sein? Ich hab das für mich entdeckt, seit dem ich nicht mehr trinke. Kein Aufraffen, weil es ja nicht direkt Sport ist. Aber Bewegung an der frischen Luft. Macht den Kopf sehr frei.

  • Liebe Cadda,

    danke für deine ehrlichen Worte. Ich wollte jetzt auch bloß keinen Druck aufbauen, dass du hier immer positiv und gut gelaunt sein musst.Ganz im Gegenteil. Hier können wir uns gegenseitig unterstützen und aufbauen. Ich freue mich sehr für Dich, dass du mit deinem Leben zufrieden bist. Das hast du Dir hart erarbeitet. Mir gefällt Deine Grundeinstellung.

    Ja! Ich gehe sehr gerne mit meinem Hund zweimal täglich spazieren. Das tut mir immer gut. Aber danke für den Vorschlag. :)

    LG
    Carmen

  • Hallo Carmen,

    Gerade weil du keine Anfangseuphorie empfinden kannst ist es besonders lobenswert dass du dich so diszipliniert durch die Trockenheit kämpfst.
    Ich glaube es ist schon wesentlich leichter wenn man am Anfang solche euphorischen Gefühle hat so ist es auch bei mir allerdings kommen auch dann wieder andere Phasen und dann wird es umso schwieriger durchzuhalten weil einem die Euphorie abgeht und man diese dann plötzlich schwer vermisst.
    Das kann auch schnell zu einem Rückfall führen deshalb stelle ich mir die Frage ob es so positiv ist mit dieser Euphorie in die Nüchternheit zu starten.
    Ich weiß es nicht.
    Bei mir ist es jetzt nach fast 3 Wochen immer noch so dass ich jeden morgen total glücklich und dankbar aufwache und auch so den ganzen Tag begehen kann.

    Ich bin aber vorbereitet dass dieses Gefühl nachlassen wird und muss dann besonders aufpassen.

    Mein Ziel wäre es allerdings irgendwann mal nach so langer auch so positiv berichten zu können wie es bei Cadda der Fall ist.

    Ich finde du bist auf einem sehr sehr guten Weg.

    LG..Lia

  • Hallo Lia,

    danke für Deine Worte. Ich kenne diese Anfangseuphorie von früheren Versuchen. Als diese dann abflachte, kam ich damit nicht zurecht und habe genau das getan, was man eben nicht sollte. Wieder getrunken.
    Ich hatte mich einfach nicht gut genug auf diese schlechten Phasen vorbereitet und mich selbst zu wenig beobachtet. Wenn man das aber macht, ist man mit Sicherheit besser in der Lage, diese schlechten Phasen zu händeln.

    Ich denke, in der Gesamtsumme macht es keinen großen Unterschied, ob man euphorisch oder leicht deprimiert den Weg in die Trockenheit startet. Wichtig ist, dass wir uns mit unserer Alkoholkrankheit auseinandersetzen und nicht nach ein paar Monaten wieder leichtsinnig werden. Auch das ist mir schon passiert.

    LG
    Carmen

  • Am Dienstag starte ich in meine 11. nüchterne Woche. Nasse Gedanken bestimmen immer noch meinen Alltag. Das empfinde ich als sehr anstrengend und auch oft frustrierend. Allerdings erkenne ich diese Suchtgedanken mittlerweile und kann sie von meinem gesunden Denken unterscheiden.

    Das war mir früher nicht möglich ; ich dachte, dass diese kranken Gedanken mein eigener Wille wären und habe somit schnell nachgegeben und wieder getrunken. Der Kampf dagegen war mir zu anstrengend. Jetzt lasse ich diese Gedanken zu, akzeptiere , dass sie da und ein Teil meiner Krankheit sind, schaue sie an und lasse sie vorüberziehen. Zu erkennen, dass nicht mein gesunder Anteil, sondern die Sucht diese kranken Gedanken erschafft, hilft mir ungemein.

    Hier ein paar Beispiele meiner nassen Gedanken: ,, Du musst endlich mal wieder richtig abschalten, nur einmal trinken, danach kannst du dich wieder mit deiner Krankheit beschäftigen, das hast du dir nach all dem Stress verdient, das Leben ist ja nüchtern garnicht zu ertragen, da kann man ja nur trinken, nur dieses eine Mal, dieses Mal wird es schon nicht ausarten, du hast es in der Vergangenheit nicht geschafft trocken zu werden, also wirst du es auch dieses Mal nicht schaffen, dein " Kampf" bringt eh nichts, irgendwann trinkst du sowieso wieder, quäle dich doch nicht so, das ist ja nicht auszuhalten, schau mal, was du durch deine Sucht alles angerichtet hast und wo du heute stehst, das kannst du garnicht mehr gutmachen, bringt doch alles nichts, du bist ein hoffnungsloser Fall." Und so weiter und sofort. Allein beim Aufschreiben habe ich gemerkt, wie trügerisch und unwahr und perfide diese Gedanken sind.

    Diese Erkenntnis habe ich diesem Forum zu verdanken. Ich lese und schreibe hier täglich. Zur Suchthilfe oder Selbsthilfegruppen kann ich wegen Corona leider immer noch nicht gehen, allerdings habe ich nächsten Donnerstag meinen ersten Termin bei einem Therapeuten. Ich habe in der Vergangenheit schon einige Therapien abgebrochen, weil es mir zu unangenehm wurde, möchte es dieses Mal aber ernsthaft angehen und durchziehen.

    LG
    Carmen

  • Hallo Carmen!

    In den ersten Monaten grüßte mich mein Suchtgedächtnis regelmäßig mit irgendwelchen Versuchen, mich wieder an die Flasche zu bringen. Mal charmant und einschmeichelnd, wie nett doch 1-2 Weißbiere wäre, mal rabiat und brutal, ähnlich wie bei deinen Schilderungen. Die brachiale Methode war und ist für mich viel gefährlicher.

    Der charmanten Methode habe ich innerlich erwidert: "Ach Du schon wieder, lebst Du auch noch? Du hast keine Chance bei mir." Das wirkte rasc h und zeitnah.

    Die Abstände, in denen sich das Suchtgedächtnis meldet, werden immer größer. Später liegen Wochen und Momnate dazwischen. Meinen letzten heftigen Suchtdruck hatte ich vor 1 1/2 Jahren in der Adventszeit.

    Bleib am Ball, Du bist in der Lage, dem Druck zu trotzen.

    Der gute Dante schrieb mir bei meinem ersten richtig heftigen Anfall nach ca. 3 Monaten Abstinenz (sinngemäß): "Jede Trigger-Abwehr macht dich für die Zukunft stärker." Ja, das stimmt. Du merkst, der Druck dauert nicht ewig und ist letztlich auszuhalten. Wenn er erst mal abgeklungen ist, fühlte ich mich gleich, als hätte ich ein wichtiges Match gewonnen. Das waren dann Glücksormone pur und unverfälscht, nicht durch eine bio-chemische Substanz bewirkt.

    Weiter so.

    Gruß
    Carl Friedrich

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