Trocken in Corona Zeiten

  • Hallo zusammen,
    im Vorstellungsbereich, habe ich schon kurz von mir geschrieben. Leider findet meine SHG und meine Einzeltherapie derzeit nicht statt. Im Homeoffice muss ich mich nun täglich in der Umgebung zurecht finden, in der ich lange heimlich getrunken habe. Ich finde es schwieriger, je länger diese Situation anhält. Konsequent keinen Alkohol im Haus zu haben und mir ständig zu sagen, wieder 24 h nichts getrunken, hilft. Ich gehe davon aus, es geht vielen Betroffenen so. Der Gedanke an Alkohol ist präsenter, aber es entsteht noch kein Suchtdruck. Mir fehlt der Austausch mit Menschen, denen man Gedanken und Gefühle der Alkoholsucht nicht erklären muss. Liebe Grüsse.

  • Hallo Andreas,

    schön, dass Du direkt hier nach der Freischaltung geschrieben hast. Klar ist es vor allem dann ungewohnt, zu Corona-Zeiten, wenn man sonst regelmäßige Termine hat. Zusätzlich arbeitest Du auch noch von zu Hause aus, hab ich das richtig in Erinnerung?

    Ich selbst bin ganz froh, dass ich ganz normal arbeiten kann. Mir würde so eine große Veränderung auch nicht gefallen. Ob ich dadurch allerdings Suchtdruck bekommen würde? Ich glaube eher nicht. Aber ich habe seit dem
    Abschluss meiner ambulanten Therapie auch keine Termine mehr. Im Forum lese ich aber jeden Tag. Mir hilft das sehr.

  • Hallo Andreas,

    die Situation allein zu Hause und dann auch noch isoliert, ist auch für mich gefährlich. Ich bin erst seit zwei Monaten nüchtern; habe also kurz vor den ganzen Einschränkungen durch Corona aufgehört und kann dadurch auch weder zur Suchthilfe noch zu SHGs. Super, dass Du Dich hier angemeldet hast. Ich schreibe und lese hier jeden Tag und wenn ich mal schwierige Momente habe, halte ich mich auch hier im Forum auf. Das hilft mir total. Denn so ganz allein wäre es mir, glaube ich, nicht möglich, trocken zu werden und auch zu bleiben.

    LG
    Carmen

  • Hallo zusamen,
    seit 7 Wochen arbeite ich von zu Hause. Es ist nicht die Veränderung, sondern das stetige Aufhalten in der Umgebung, in der ich mich früher an vielen Verstecken bedient habe. Suchtdruck habe ich nicht wirklich. Seit meinem Entzug vor ca. 1 1/2 Jahren, besuche ich regelmässig bei uns eine AA Gruppe und habe wöchentlich Einzelgespräche. Diese zu finden war Gold wert. Leider können diese aktuell nich stattfinden. Es hat sehr lane gedauert zuzugeben, dass ich ein Alkoholiker bin, dieses zu akzeptieren und etwas dafür zu tun, trocken zu werden und zu bleiben. Ich möchte hier Worte zitieren "Es ist keine Schande krank zu sein, aber eine, nichts dagegen zu tun'. Jetzt hoffe ich hier auf einen Plan B. Liebe Grüsse.

  • Hallo!

    Es gibt m.E. weder einen Plan A, noch einen Plan B. Wo soll der Plan herkommen? Es gibt hier eine Art grundsätzliche Anleitung der Grundbausteine, die schon vielen geholfen haben. Das ist doch schon mal eine Orientierung.

    Hast Du denn von den AA -ich war dort noch nie und kenne sie aus persönlicher Anschaung nicht- keine Telefonnummern der übrigen Teilnehmer, um mit denen zu kommunizieren? Oder aber per I-net?

    Die jetztige Zeit der drastischen Beschränkung unserer Sozialkontakte nervt mich auch, aber sie bringt mich -hoffentlich- nicht an die Flasche zurück.

    Lenk dich doch einfach ab: Versuche es mal mit Spazieren, Joggen, Radfahren, Heimwerken, Malen ..... Hauptsache eine Tätigkeit, die dich fordert und halbwegs ausfüllt. Grab alte Englisch-Vokabeln aus und wiederhole und vertiefe sie, das mache ich seit letzten Herbst mit großer Freude.. Lies Texte auf englisch, und übersetze sie. Es darf auch eine andere Sprache sein.

    Treib etwas Sport, Dehungsübungen, Liegestütze, Hanteltraining und anschließend 2 Stunden raus an die Luft.

    Oder gehörst Du zu den Zeitgenossen, die gerne duch andere wie in einem AI-Hotel rund um die Uhr bespaßt werden müssen/wollen? Also Herrschaften, die unbedingt und permanent andere um sich herum haben müssen? Die haben es momentan in der Tat schieriger, aber zu denen gehöre ich nicht, da ich schon immer in der Lage war, mich sinnvoll zu beschäftigen.

    Daher besinne dich, was dir wirklich Freude machen kann und probier es einfach aus. Nur rumhängen bringt dich nicht weiter, sondern verschlechtert deine Gemütslage. Sei aktiv und nicht passiv. :wink:

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Moin Andreas,

    den ersten Schritt von Plan B hast du gemacht, indem du dich hier angemeldet hast. Herzlich willkommen.

    Das Forum ist meine SHG. Sie hat den Vorteil, dass sie immer geöffnet ist, ich hier zu jeder Tages- und Nachtzeit bei andere lesen kann, aus den Erfahrungen anderer lernen kann und mir von der Seele schreiben kann, was immer mich gerade beschäftigt. So funktioniert Austausch hier.

    Teile dich mit, sortiere dich dabei, vielleicht hilft es dir mit deiner Situation besser klar zu kommen.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Hallo zusammen, in meinen Schilderungen meinte ich nicht meine Freizeitgestaltung. Ich meine die Zeit während meiner Arbeit von zu Hause. Ich bin der der Meinung, dass man immer einen Plan haben muss, sollten die Gedanken an Alkohol aufteten. Anregungen und immer einen gute Rat, habe ich von Beginn an, in meiner SHG erhalten. Welche SHG zu einem passt, mus man selbst erfahren und kann man nur durch probieren erleben. Ich mache persönlich zusätzlich sehr gute Erfahrung mit Achtsamkeitsübungen. Ich sehe es auch so, dass es wertvoll ist, von den Erfahrungen anderer zu lesen. Vieleicht kann es durchaus soweit gehen, anderen mit seinen eigenen Erfahrungen auch zu helfen. Ich bin auf jeden Fall froh, im Moment ganz gut durch dise Zeit zu kommen. Ich weiss aber genauso, dass ich dafür viel unternehme und darf ruhig stolz darauf sein, nicht wieder zu trinken. Es muss einem aber immer bewusst sein, dass der Alkohol ständig in einem Versteck lauert und nur darauf wartet wieder zuzuschlagen. Andreas


  • Es muss einem aber immer bewusst sein, dass der Alkohol ständig in einem Versteck lauert und nur darauf wartet wieder zuzuschlagen.

    Hallo!

    Der Alkohol lauert nirgends. Der Alkohol ist völlig inaktiv. Damit er uns gefährlich wird, müssen wir aktiv auf ihn zugehen und ihn konsumieren. Dein Vergleich ist daher ungenau.

    Was Du meinst, ist das sog. Suchtgedächtnis, das einem vorgaukeln möchte, wie schön es doch wäre, etwas zu trinken. Bei mir hat es sich gemeldet, als ich in Situationen kam, in denen ich früher getrunken habe.

    Im Hirn gibt es bei frisch Abstinenten noch die Verknüpfung zwischen einer bestimmten räumlichen, sachlichen oder persönlichen Situation auf der einen Seite und dem Griff zum Glas auf der anderen Seite.

    Diese Verknüpfung zwischen Situation und dem Gedanken an den Stoff gilt es aufzulösen. Das Suchtgedächtnis funktioniert ähnlich einer Software, die sich nicht ganz deinstallieren, sondern nur überschreiben lässt. Ab- und an sticht es dennoch gerne mal hervor.

    Das klingt zwar etwas abstrakt, trifft die Situation jedoch genau, zumindest bei mir.

    Auf die Ratschläge von Karsten nehme ich Bezug. Ablenkung ist m.E. ein ganz wichtiger Schritt, dem Suchtgedächtnis erfolgreich zu begegnen.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo und Willkommen Andreas,
    Ich bin auch etwa so lange wie du abstinent. Ich habe zuhause getrunken, im Wohnzimmer und auch im Schlafzimmer, welcher auch mein Arbeitsort, Sportraum ist ... sind die Orte wo ich mich am meisten auch jetzt aufhalte. Ich arbeite auch viel von zuhause aus. Oder verbringe meine Zeit da. Nur das ich jetzt Wasser, Kaffee und Tee trinke. Im Haus habe ich kein Alkohol. Gedanken an Alkohol können kommen und gehen, ich kann sie beobachten, aber sie tun mir nichts... sind nur Gedanken. Der Alkohol war ja mein Begleiter lange Zeit, wie ein „Freund“, somit finde ich es nicht überraschend, wenn er ab und an in meiner Erinnerung auftaucht, wie in einem Film. Denke da ist normal, da ich noch nicht so ewig lange abstinent bin. Trinkdruck habe ich nicht und du ja auch nicht. Hauptsache ist, ich trinke heute nicht. Das steht fest, da gibt es keine Zweifel. Wenn ich Trinkdruck haben sollte - ist sehr selten gewesen- erinnere ich mich, wie es war zu trinken, wie schlecht es mir ging, erinnere mich an diverse Abstürze ... und weiss, da will ich nicht nochmal hin. Ich kann nicht normal trinken, kein einziges Glas... denn daraus wird eine Flasche. Also weg mit dem Gedanken an ein Glas.
    Und dann gehe ich laufen, mache Sport, gehe in die Badewanne, schreibe auf was mich quält, bedrückt, telefoniere, rede mit jemand darüber. Überlege wo ich oder etwas nicht rund läuft... wo zu viel Druck auf mich lastet oder ob ich etwas kontrollieren, verändern will, was nicht zu mir gehört, was nicht meine Angelegenheit ist. Meist kommt Trinkdruck oder das alte Verlangen daher. Löse ich das Problem oder gebe es ab, auch ungelöst, dem Universum ... fühle ich mich besser, leichter und das Verlangen lässt nach.

    Wünsche dir einen schönen, entspannten Abend

  • Hallo, auch ich weiss ich muss das erste Glas stehen lassen. Mal ein bisschen trinken, kann ich nicht. Ich kenne genug Schilderungen, das nach kurzer Zeit, wieder das alte Pensum erreicht wird. Das werde ich nicht riskieren und ich will auch nicht an dem Zeug krepieren. Mit Demut muss ich mich meiner Sucht stellen. Auch wir haben keinen Alkohol im Haus. Ich habe heute veranlasst, dass ich morgen ein Telefonat mit meiner Therapeutin führen werde. Diese Gespräche habe ich sehr schätzen gelernt und sind ein fester Baustein meiner Trockenheit. Mit dem Begriff "lauern" schrieb ich bildlich, klar muss man selber wieder aktiv wieder zu Flasche greifen und ich möchte trotzdem bei dieser Formulierung bleiben. Hiermit soll bewusst werden, dass der Alkohol uns das gesamte Leben begleitet. Ich erlaube mir den Hinweis, dass ich sehr genau weiss was das Suchtgedächtnis ist und was im Kopf passiert ist, als ich noch getrunken habe. Ich trinke schon seit längerem überwiegend zuckerfreie Getränke......geht gut. So.....jetzt mache ich mal eine Auszeit und mache etwas, was mir Freude bereitet. Andres

  • Mit Demut muss ich

    Hallo!

    Noch so ein Ausdruck, den ich auch mal für mich verwendet habe, den ich aber mittlerweile nicht mehr gebrauche.

    Demut klingt für mich mittlerweile zu unterwürfig. Ich habe ihn durch "Respekt " ersetzt.

    Aber nichts für ungut. Du arbeitest an dir, das ist doch schon mal hervorragend. Du wirst mit zunehmender Abstinenz wahrscheinlich auch gewisse Dinge im Nachhinein etwas anders sehen. Der Standpunkt verschiebt sich halt etwas. Und es sind ja nur Begrifflichkeiten.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo, ich hatte endlich mal wieder ein sehr gut tuendes Gespräch, mit meiner Therapeuitin. Leider nur telefonsch. Ich hoffe, dass wir uns bald mal wieder treffen können. Ihre Begleitung erfahre ich seit meiner Trockenheit. Mir tut es echt gut, mit Ihr über viele Dinge zu sprechen, die mich beschäftigen. In unserer gemeinsamen Zeit, har Sie mich echt schon gut kennen gelernt. Sie regte schon öfter an, dass ich durchaus mal stolz darauf sein kann, dass ich nicht wieder angefangen habe zu Trinken und wie ich damit umgehe. Na ja, ich arbeite daran. Ich bin total froh, dass man jetzt langsam wieder mehr Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bekommt. Es ist allerdings wohl absehbar, dass die Situation mit meinem Homeoffice noch länger andauert. Ich möchte erwähnen, dass ich mehr als froh bin nicht mehr das Teufelszeug zu trinken. Das Leben ist doch echt wieder lebenswert geworden. Ich muss gerade daran denken, dass ich gar nicht beziffern könnte, wie oft ich früher gedacht habe: Ab morgen trinke ich weniger, oder gar nicht. Ich weiss, dass es anderen auch so gegangen ist. Die Zeit in der ich getrunken habe, kann ich nicht rückgängig machen. Es ist ein Teil von meinem Leben und akzeptiere es. Grüsse. Andreas

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!