Erkenntnis Alkoholiker 2.0

  • Hallo zusammen,

    Erkenntnis Alkoholiker hatten wir sicherlich schon mal aber nun mal die Diskussion aus meiner Sichtweise.

    Aus meiner Erfahrung heraus kann die Erkenntnis Alkoholiker zu sein nur von einem selbst kommen.

    Das Herantragen, sei es der Arzt, Freunde, Bekannte, Familie oder die SHG waren zwar eine Überlegung wert, habe ich jedoch schnell in die Tonne getreten, weil ich eben noch nicht soweit war. Auch die ganzen Bücher und Hilfsmaßnahmen was da so einen an den Kopf geschmissen wird sind nebensächlich gewesen. Besonders die „Hobby Psychologen mit ausgeprägten "Helfer Syndrom“ auf beiden Seiten der Medaille hatte ich besonders geliebt. Nein das war nichts.

    Meine Überzeugung. Es kann keine Erkenntnis reingedrückt werden. Die Erkenntnis kam kurz vor dem Anmelden.

    Wer meldet sich schon freiwillig in einem Alkoholiker Forum an, wenn er keine Erkenntnis hat? Ich hätte auch so aufhören können, funktionierte aber nicht. Ab diesen Zeitpunkt ging es mir doch nur noch ums wahrhaben wollen und „Wie komme ich jetzt aus dieser Nummer raus“

    Was ich schnell feststellen konnte war, dass es zwischen „nassen und trockenen“ Alkoholiker ein gleiches Verhaltensmuster gibt. Es gab auf beide Seiten diejenigen, die nicht nur vehement ihre „Hilfe“ überstülpen wollten, sondern auch überzeugen wollten das ich entweder kein oder doch Alkoholiker bin. Das hatte alles nichts mit mir zu tun. Ich musste mir doch klar werden in der Birne.

    Hilfestellung ersetzt nicht eigen Selbsthilfe. Ich glaube das ist der Schlüssel für einen guten Weg

    Über weitere „eigene Erfahrungen" würde ich mich freuen. Es soll kein wissenschaftliches fundiertes oder eine angelesene Diskussion werden.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Moin

    Die Erkenntnis, dass mit meinem Trinkverhalten etwas nicht stimmt hatte ich sehr früh. Da kam nichts von außen, es was ausschließlich meins. Die Einsicht dass ich weder mit noch ohne Alkohol leben konnte, kam zum Schluss. Da konnte ich aufhören. Auch das ohne, dass etwas von außen kam. Das Begreifen, wie frei ich ohne Alkohol war, ließ mich zufrieden trocken werden und bleiben. Nur meine Einsicht zählt. Hätte man von außen versucht, mich vom trinken abzuhalten, ich würde wohl noch trinken oder schon tot sein.

    PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Hallo zusammen,

    es wurde ja bereits im Eröffnungstext geschrieben:

    „Wer meldet sich schon freiwillig in einem Alkoholikerforum an, wenn er keine Erkenntnis hat?“

    Genau das ist meiner Meinung nach ein wichtiger Punkt. Die Erkenntnis wird also irgendwo da sein. Vielleicht gerät sie ins Wanken, man redet sich etwas schön oder denkt, es ist vielleicht doch nicht so schlimm. Deshalb ja auch oft Rückfälle.
    Aber: Die Erkenntnis muss da sein. Sonst würde man sich hier nicht anmelden und aufhören zu trinken.

    Ich glaube, dass eine Erkenntnis hier aber noch reifen kann und sich festigen kann. Sei es durch Bücher, Erfahrungsberichte usw. Da muss sie sein. Aber davon gehe ich aus, denn wie oben schon geschrieben, hätte man sich hier sonst nicht angemeldet und aufgehört zu trinken.

    Cadda

  • Hallo Cadda,

    mich würde mal interessieren wie es bei dir persönlich war. Wenn es dir hier zu öffentlich ist dann gerne im erweiterten Bereich.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Bei mir persönlich war es so, wie ich es oben beschrieben habe. Ich habe mich vor etlichen Jahren hier angemeldet, weil ich die Erkenntnis hatte, dass ich alkoholabhängig bin. Seit dem lese ich hier mit, obwohl ich noch nicht aufhörte zu saufen. Ich wusste aber schon sehr lange, dass ich irgendwann aufhören werde. Ich habe also nicht direkt nach der Erkenntnis mit dem Saufen aufgehört und mir auch phasenweise gesagt „dann ist es eben so, ich will/kann noch nicht aufhören“.

    Irgendwann wurde die Schlinge um meinen Hals immer enger, ich rutschte immer weiter rein in die Sucht und ich wusste, dass es nun mal soweit ist, dass ich aufhöre. Dann kam ein Tiefpunkt-Moment, mein Ex-Mann knallte mir (zum wiederholten Male, nur diesmal war ich bereit, Taten folgen zu lassen) die heftige Wahrheit ins Gesicht und das war’s. Ich hörte auf zu saufen. Setzte das, was ich in der Theorie hier im Forum durch das Lesen über Jahre gelernt hatte, in die Praxis um.

  • Hallo,

    bei mir kam "nichts" von außen - ich hatte nach außen hin eine gute Fassade aufrecht erhalten, so gut wie nur zu Hause getrunken (und das meistens auch alleine).
    Die Erkenntnis, Alkoholikerin zu sein, hatte ich schon eine ganze Weile vor meiner Anmeldung hier. Die Erkenntnis hat sich bei mir nach und nach entwickelt, könnte man sagen. Zuerst die "Vermutung", dass mein Trinkverhalten nicht "normal" ist. Aber immer wieder abwechselnd mit "nicht wahrhaben wollen" und damit verbunden dann mit Verharmlosung (andere trinken ja viel mehr, meinen Job und Führerschein habe ich ja noch, etc).
    Irgendwann hab ich angefangen, im Internet zu stöbern und bin dann hier auf das Forum gestoßen. Hab eine Zeitlang immer mal wieder hier gelesen und auch dann hat sich "ich habe ein Alkoholproblem" mit "so schlimm wie bei vielen hier im Forum ist es bei mir ja noch nicht" abgewechselt.
    Bei mir hat auch Scham eine sehr große Rolle gespielt. Die Scham, "anders" zu sein. Die Scham, zu "denen" zu gehören. Alkoholiker*innen waren für mich ganz klischeehaft die Menschen, die unter der Brücke oder auf der Parkbank schlafen oder mit der Bierflasche in der Hand am Bahnhof "rumlungern"....
    Es hat wirklich eine ganze Weile gedauert, bis ich von den Vermutungen, dem Gedankenkarussell und dem unguten Bauchgefühl definitiv zu der Erkenntnis kommen konnte Alkoholikerin zu sein. Also es mir selbst auch einzugestehen und es zu akzeptieren.
    Als ich mich dann angemeldet hab, war ich bereit etwas dagegen zu tun - auch wenn ich mir damals noch nicht vorstellen konnte, wie das funktioniert und ob ich das schaffe.
    Ich habe es geschafft.... (Hauptsächlich durch meine Anmeldung hier und die Unterstützung, die ich von vielen Forumsmitgliedern erfahren durfte!)

    lg Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Hallo,

    die Erkenntnis Alkoholiker zu sein hatte ich ca. 10 Jahre bevor ich hier zum Forum kam.

    Mit dieser Erkenntnis verband ich sofort das nie mehr trinken „dürfen“. Das wiederum provozierte extreme Verlustängste. Meine gewonnene Erkenntnis brachte mich dazu 10 Jahre weiter im Glauben an ein kontrolliertes Trinken weitermachen zu können. Dieses NIE MEHR trinken können schwebte wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Ja ich war gefangen in meinem Alkoholisierten Dasein. Erst als ich die Einsicht hatte als Alkoholiker nicht kontrolliert trinken zu können, wollte ich aus dieser vernichtenden Spirale ausbrechen. Ich habe nur ein Leben und den Rest wollte ich dieser Geißel nicht weiter opfern.
    Heute bereue ich das Erkenntnis und Einsicht so weit auseinanderlagen.
    Das Leben ist oft zu schön um es dem Alkohol zu opfern.

    Lieben Gruß
    Nobby

  • Hallo Hartmut,

    Zitat

    Es kann keine Erkenntnis reingedrückt werden.


    Darin lag für mich die Krux.
    Einerseits haben sehr wohl äußere Einflüsse den Impuls dafür gesetzt, dass ich nass über mein Trinkverhalten nachdachte und aufhörte. Andere hatten wohl erkannt, dass bei mir "etwas" nicht stimmt. Andererseits gab es nach meinem Aufhören Äußerungen dahingehend, dass ich doch keine "echte" Alkoholikerin sein würde, die mich zum Glück nicht in das Bockshorn jagten, dass ich doch irgendwie mit Alkohol umgehen könnte. Diese Leute haben offenbar erkannt, dass ich keine echte Alkoholikerin bin.
    Es waren beides fremde Erkenntnisse.
    Ich muss sagen, so ganz ohne äußere Einflüsse kam ich nie zu irgendeiner Erkenntnis. Manche Reaktionen auf meine Fragen oder Äußerungen hier im Forum und anderswo brachten mir Anworten und eigene Erkenntnisse. Als ich begriffen hatte, dass ich nur trocken werden kann, wenn ich erkenne, dass ich eine waschechte Alkoholikerin bin (weil ich es erst ab da ernst nehmen werde), waren die weiteren Schritte für mich unausweichlich und recht klar.
    Hätten mir in meinen frühen Anfangstagen wichtige Menschen gesagt, dass mein Trinkverhalten "normal" war, hätte ich vielleicht tatsächlich wieder getrunken. Das ist für mich ein Indiz dafür, dass sich meine eigene Erkenntnis Alkoholikerin zu sein, erst nach meinem Trinkstopp entwickelte. Der Zeitpunkt ist mir heute nicht wichtig, denn sie kam zum Glück irgendwann.

    Viele Grüße, Penta

  • Das ich Alkoholiker bin wusste ich schon die letzten 5-6 Jahre, vor der Entgiftung. Aber ich brauchte Druck von außen, von mir selbst aus wäre ich den Weg in die Trockenheit nicht Gegangen. Ziemlich Zeit nah, bekam ich Druck von meinen Arbeitgeber, Ehe Frau und Hausarzt.
    Mein erster Weg führte mich in die Suchtberatung, nach vier Sitzungen hieß es Langzeittherapie oder Beendigung der Beratung.
    Ein erster anstoß, denn mir wurde klar das meine Sucht größer ist als ich dachte. In der Orienttierungsgruppe waren Trinker die schon schwer abgestürzt sind. Zur Entgiftung zu gehen war dann meine Entscheidung, von Anfang galt ich als Suizidal und hatte keinen Ausgang. Musste in der Klinik bleiben bis zum Termin in der Entwöhnungsklinik. In der Langzeit ist mir klar geworden, "ich will dauerhaft trocken werden und werde alles dafür machen". Es war für mich ein langer Weg von der Erkenntnis zum Ziel der absoluten Abstinenz. Unterstützung bekam ich von meiner Familie, echte Freunde, meinen Arbeitgeber und der Blau Kreuz Gruppe.
    In dem Dorf wo ich lebe und aufgewachsen bin, wissen alle von meiner Sucht und Niemand hat deswegen beleidigt.
    Natürlich will ich mein Gesicht im Dorf/ Gemeinde verlieren. Das ist ein wichtiger Baustein für meine Trockenheit.

    Liebe Grüße,
    woko

  • Hallo, ich bin jetzt 64 und trinke seit fast einem halben Jahrhundert. Mein Hausarzt hat trotz regelmäßigen Blutuntersuchungen noch nichts davon mitbekommen - er war überrascht als ich ihm das vor 14 Tagen gesagt habe.
    Ich weiß schon lange, daß ich Alkoholiker bin. Mindestens seit ich heimlich im Keller oder 1 kleine Flasche oder Dose in der Supermarkttoilette trinke. Meine Frau hat mich auch schon vor 3 Jahren darauf angesprochen. Und ich habe weiter getrunken, weil damit keine Probleme verbunden waren. Ich kann es mir finanziell leisten und in der Firma trinken viele in der Mittagspause.
    Meine Enkelin kommt nächstes Jahr in die Schule und meine Tochter (Sie hat es vor 3 Wochen so richtig mitbekommen) hat mir gesagt sie würde ihre Tochter nicht in den Ferien zu mir lassen wenn ich weiter trinke.
    Erst jetzt hat es klick gemacht und ich bin seit 2 Wochen trocken. Ich besuche eine Selbsthilfegruppe und strebe eine REHA an.

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