Rock Oma möchte sich vorstellen

  • Meine Vorstellung in Kurzform:

    geboren 1955, seit 27 Jahren lebe ich an der Costa del Sol, heute bin ich seit einem Jahr, 7 Monaten und einer Woche trocken.

    Die lange Version:

    so lange ich zurückdenken kann, habe ich Bier getrunken. Als vor 5 Jahren mein Mann starb, habe ich auf Cuba Libre umgestellt. Nicht weil ich so deprimiert war, sondern weil ich mein freies Leben genossen habe, dazu gehörte Ausgehen und Rock-Konzerte besuchen. Von Bier muss man ständig aufs Klo, und wer die spanischen Klos - besonders bei Musikveranstaltungen - kennt ......

    Zurück Zuhause angekommen war ich so aufgekratzt, dass ich noch weiter Musik hören musste und weiter getrunken habe. Ein ganzer Liter Rum pro Nacht wurde zur Regel.

    Am 27.12.2019 bin ich nachts in meinem Badezimmer ins Koma gefallen und lag einige Stunden auf dem Fußboden, halb auf der Kante der Dusche, halb auf dem Katzenklo. Zwischendurch bin ich mal wach geworden und wollte aufstehen, aber ich war zu schwach. Also bin ich liegen geblieben. Gegen Mittag war ich in der Lage einen Notarzt anzurufen. Man brachte mich in ein Krankenhaus, wo ich eine ganze Woche lang nur geschlafen habe, danach habe ich eine weitere Woche Zuhause nur verschlafen.

    Der Schock war so groß, dass ich nie wieder einen Tropfen Alk angefasst habe. Meinen Rumvorrat von 7 Flaschen habe ich verschenkt und in meinen Stammrestaurants und Lieblingsbars habe ich meine Geschichte erzählt, damit sie mir keinen Alk anbieten und sich nicht wundern, dass ich plötzlich Tomatensaft trinke.

    Da ich in einem Touristenort wohne, gibt es hier mehr Bars als Einwohner. Die Touristen trinken im Urlaub wesentlich mehr als Zuhause und man kann keinen Meter gehen, ohne Bier, Wein oder Cocktails auf den Tischen zu sehen. So kam mir der Corona-Lockdown mit der strengen Ausgangssperre ab Mitte März 2020 sehr gelegen.

    Mittlerweile kann ich sogar wieder auf Konzerte gehen, ohne Angst zu haben, dass mich in der Rock-Atmosphäre die Versuchung übermannt und ich rückfällig werden könnte.

  • Guten Morgen Rock-Oma,

    "volles" Programm...kenne ich auch.

    Hast Du das allein bewältigt bzw. ohne professionelle Entgiftung und anschließender Nachsorge.

    Im Krankenhaus sicher mit Unterstützung von Medikamenten und dann die nächste Woche...nur geschlafen?

    Nur mit AC-DC & Co hätte es bei mir nicht zu einer stabilen Abstinenz gereicht.

    Beste Grüße

    Topema

  • Hallo Topema,

    im Krankenhaus hat sich niemand um mein Alk-Problem gekümmert. Sie haben mich nur von Kopf bis Fuß geröntgt und gescannt, da ich nach dem Sturz ins Koma aussah, als hätten mich die Klitschko Brüder verprügelt. Die rechte Körperseite voller Hämatome und dicke Beulen am Kopf. Die Ärzte - und auch ich - waren froh, dass ich mir nichts gebrochen und mein Kopf keine inneren Blutungen hatte. Bei der Einlieferung hatte man mich zwar gefragt, ob und wieviel ich trinke, was ich auch wahrheitsgemäß beantwortet habe, aber spezielle Medikamente oder Behandlungen bekam ich nicht.

    AC/DC ist zwar meine Lieblingsband, hat mir aber beim Entzug nicht geholfen. Das war komischerweise Ozzy Osbourne, der Sänger von Black Sabbath. Immer wenn ich mich abends nach einem Drink sehnte, dann habe ich mir sein Musikvideo "Under the Graveyard" angeschaut. Da ist mir immer die Lust auf Alk vergangen. Obendrein habe ich mir täglich gesagt: wenn Ozzy jetzt schon über 5 Jahre trocken ist - dann schaffe ich das auch!!!

    saludos, Rock-Oma

  • im Krankenhaus hat sich niemand um mein Alk-Problem gekümmert

    Wouw... bei dem Pensum müssen doch höllische Entzugserscheinungen aufgetreten sein.

    Neben möglichen, lebensgefährlichen Krampfanfällen, Bluthochdruck etc. war anfangs bei mir schon essen mit Messer und Gabel lebensgefährlich.

    Nach über 10 Jahren Abstinenz und in dem Glauben, jetzt schaffe ich das allein, hat mich mein Suchtgedächtnis dann doch wieder eingeholt.

    Hatte die Nachsorge vernachlässigt.

    Wie schön, sich hier im Forum rund um die Uhr austauschen zu können.

    Beste Grüße

    Topema

  • An Entzugserscheinungen kann ich mich nicht erinnern, habe ja nur geschlafen. Ich kann mich sowieso an kaum etwas erinnern, was vor und nach dem Koma passierte. Hohen Blutdruck hatte ich schon seit vielen Jahren und nahm regelmäßig Betablocker. Erst einige Monate nach dem Zusammenbruch habe ich im Internet etwas über Alkoholismus gelesen und dort erfahren, dass ich wohl einen sogenannten kalten Entzug durchgemacht hatte und dass dies nicht ratsam sei und es sogar zu Todesfällen kommen könnte.

    Wow, 10 Jahre trocken! Glückwunsch! Nachsorge???

  • war anfangs bei mir schon essen mit Messer und Gabel lebensgefährlich.

    Wie meinst du das? Hast du so stark gezittert?

    Extrem gezittert habe ich auch. Mir ist alles von der Gabel gefallen und die Suppe vom Löffel geschwappt. Das war in den Restaurants schon etwas peinlich. Aber noch schlimmer fand ich es, dass ich mich nicht mehr richtig schminken konnte. Nach der Benutzung von schwarzen Kajalstiften sah ich immer aus wie Alice Cooper. 8)

  • Hallo Rock-Oma,

    willkommen hier im Vorstellungsbereich in unserem Forum und danke für deine Vorstellung. Da du schon eine lange Zeit trocken bist, kannst du dich für den weiteren Austausch im offenen Bereich bewerben. Ich schalte dich dann frei.

    Wenn du deine Vorstellung -Thread auch in den zuständigen Bereich verschoben haben möchtest, sage mir kurz Bescheid.

    Hier der Link Bewerbung

    Bewerbung - Alkoholiker Forum (alkoholiker-forum.de)

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hohen Blutdruck hatte ich schon seit vielen Jahren und nahm regelmäßig Betablocker

    Musste erst mal googeln was Betablocker im Körper veranstalten. Dachte bisher ich kenne so ziemlich alle Themen rund um die Alkoholsucht.

    Habe dann mehrere Stunden, bei offenem Mund, mit lesen verbracht. Wer und warum immer mehr Menschen Betablocker nehmen.

    Betablocker werden unter anderem bei Entzugs-Therapien verabreicht.

    Sehr wahrscheinlich hat es dir die schlimmsten Entzugserscheinungen genommen und dich schlafen lassen.

    Undenkbar, dass ich nach Tag 2 - 5 in ein Restaurant hätte gehen können. Glaube meine Haftpflichtversicherung hätte die Renovierung nach dem Genuss von Spaghetti Bolognese nicht übernommen.

  • Nachsorge???

    Ja, mein Thema und der Grund warum ich mich hier im Forum angemeldet habe.

    Nachdem eine vertraute Person (Arzt) 2016 verstorben ist und weitere "abhanden" gekommen sind, habe ich die Nachsorge vernachlässigt.

    Möchte dich nicht erschrecken, zumal Du ja schon durch die Anmeldung hier, für die Nachsorge sorgst.

    Das Thema Alkoholismus wird mich/uns begleiten....für immer.

    Beste Grüße

    Topema

  • Oh, da hatte ich mich wohl unverständlich ausgedrückt. Extrem gezittert habe ich nicht nach meinem Zusammenbruch, sondern als ich noch gesoffen habe. Also morgens und tagsüber gezittert. Nach dem Abendessen, nach dem zweiten Cuba Libre war das Zittern weg.

    Möchte dich nicht erschrecken,

    Ne ne, keine Angst, mich kann man so leicht nicht erschrecken. Bin kein Weichei, kein Warmduscher und beleidigen kann man mich auch nicht. Ich teile manchmal gerne aus - also kann ich auch einstecken.

  • Die letzten Tage habe ich hier im Forum kreuz und quer gelesen und bin auf zwei Sachen gestoßen mit denen ich nichts anfangen kann.

    Hartmut sprach in einem Beitrag von "irreparablen Schäden nach einem kalten Entzug". Im Netz konnte ich dazu nichts finden. Was ist damit gemeint?

    Auch das "Sucht-Gedächtnis" ist mir fremd. Ich habe wohl eher ein Schock-Gedächtnis, denn jedes Mal, wenn ich mein Badezimmer betrete, muss ich daran denken, wie ich nachts stundenlang im Koma auf dem Boden gelegen bin.

    Dann ist mir noch aufgefallen, dass ich 39 Jahre lang Co-Abhängig von meinem Gatten war. Dieser Ausdruck war mir bisher auch fremd.

    Es hatte mich auch nie gestört, dass er viel Bier getrunken hatte. War ja nur Bier. :roll: Wir tranken auch nie tagsüber, erst nach dem Abendessen, haben nie die Arbeit vernachlässigt und wurden auch nie aggressiv - im Gegenteil - wir waren immer lustig und gut drauf. Erst als er aufhörte täglich Bier zu trinken, längere Pausen einlegte um danach dreifach loszusaufen, wurde er aggressiv und unausstehlich.

  • Irreparablen Schaden durch einen kalten Entzug ist unter anderen ein behaltener Tremor. Es kann zu bleibende Sprach -Seh und Empfindungsstörungen kommen. Suchtgedächtnis ist der Teil des Hirns, was dir signalisiert Saufen zu können, obwohl du es nicht mehr kannst. Das nur mal die Kurzform.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Dann ist mir noch aufgefallen, dass ich 39 Jahre lang Co-Abhängig von meinem Gatten war. Dieser Ausdruck war mir bisher auch fremd.

    Es hatte mich auch nie gestört, dass er viel Bier getrunken hatte. War ja nur Bier. :roll: Wir tranken auch nie tagsüber, erst nach dem Abendessen, haben nie die Arbeit vernachlässigt und wurden auch nie aggressiv - im Gegenteil - wir waren immer lustig und gut drauf. Erst als er aufhörte täglich Bier zu trinken, längere Pausen einlegte um danach dreifach loszusaufen, wurde er aggressiv und unausstehlich.

    Co abhängig ist nicht jeder der mit einem Alkoholiker zusammen lebt.

    Schaue mal hier haben wir einen Artikel verfasst

    Erste Schritte aus der Co-Abhängigkeit - Alkoholiker Forum (alkoholiker-forum.de)

    Gruß Hartmut

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  • Vielen Dank Hartmut für den Artikel. O.K., dann war ich doch nicht co abhängig. :oops: Gut zu wissen.

    Aber auch ohne diese ehemalige Abhängigkeit sehe ich noch einen langen Weg vor mir.

    Ich glaube, das Beste was ich gemacht habe ist, dass ich allen, wirklich allen von meinem Komazusammenbruch und meiner darauf folgenden Abstinenz erzählt habe. Freunden, Bekannten, und sogar in meinem Tierforum und Reiseforum hab ich davon berichtet. Ich habe nur positive Reaktionen erhalten und man hat mich für den Mut mich zu outen beglückwünscht.

    Zwei Bekannte sind meinem Beispiel gefolgt und haben Alk aus ihren Wohnungen verbannt, trinken nur noch in Gesellschaft bei besonderen Anlässen.

    Sogar mein Freund - edit - , der eine Cubanische Cocktailbar besitzt, findet es toll, dass ich schon so lange trocken bin. Er mixt mir jetzt immer eine alkfreie Bloody Mary.

    Ich weiß dass es jetzt Proteste hageln wird, weil man als trockener Alkoholiker Bars meiden soll. Aber ich wohne nun mal in einem Touristenort mit buntem Nachtleben und wenn ich nicht mehr ausgehen dürfte - dann könnte ich mich auch in ein Grab legen. Wenn ich es nicht ertragen könnte, dass am Nebentisch gesoffen wird - dann würde das nur meine Schwäche zeigen. Und mein Motto lautet: ich bin kein Weichei.

    Einmal editiert, zuletzt von Linde66 (9. August 2021 um 23:10) aus folgendem Grund: realer Name entfernt

  • Guten Morgen Rock-Oma,

    bin etwas irritiert auf Grund deiner Angaben/Ausführungen/Fragen.

    Vielleicht nicht kreuz und quer durch die Themen lesen.

    Das Forum hier, sowie das WWW ist voll mit dem Thema: Suchtgedächtnis. Medizinisch oder auch leicht verständlich erklärt.

    Fakt ist, dass dein Hypothalamus die jahrzehntelange Nerven-Giftaufnahme nicht mehr vergisst. Es bedarf oft nur einiger weniger Zusammenhänge, sei es aus Trauer, Glück oder Ausgelassenheit und der Griff zum Gift geschieht ohne lange zu überlegen.

    Ist das Zeugs in der Nähe, bedarf es nur weniger Augenblicke.

    Mit dem Alkoholfreien Lieblingsgetränk in deiner Lieblings-Bar stehst Du quasi wieder zum Kopfsprung bereit in den "Swimming-Pool"

    Sei es aus Versehen, ein vertauschtes Getränk....oder, oder......der Geruch.

    Das hat wenig bis garnichts damit zu tun, dass wir Alkoholiker Charakterschwach oder Weicheier sind.


    Auch wenn nach einem Fehltritt nicht sofort eine Bombe explodieren "muss" führt es nur weiter in die nächste Runde, nach dem Motto: Och, geht doch. Was quatschen die denn alle. Es dauert Tage eventuell Wochen und Du bist bei dem alten Quantum.

    Nein ich/die quatschen nicht. Es sind Erkenntnisse aus eigener Erfahrung, da auch ich dachte, ich bin schlauer, stärker....habe schon so viel mit Willenskraft geschafft. ----Back to the: Highway to Hell

    Das "outen" ist selbstverständlich ein wichtiger Weg, erzeugt aber auch eine trügerische Selbstsicherheit, die Fachleute unter dem Begriff: Trockenrausch zusammen fassen. Du glaubst, es könnte dir nie wieder passieren. Die schrecklichen Momente noch gut in Erinnerung.

    Mit den Jahren verblasst die Erinnerung in unserem Bewusstsein, so ist der Mensch gestrickt.

    Im Unterbewusstsein/Suchtgedächtnis schläft aber das "Monster" nur, als maximales Ziel. Mehr ist nicht zu erreichen.

    Beste Grüße

    Topema

  • Hallo Rock-Oma, ich glaube das es super ist das Du hier schreibst! Ich glaube das man nicht immer am Anfang dem Problem wo. Namen geben kann- wenn man denn überhaupt muss! Wichtig ist das du hier angekommen bist und dich austauscht! Ich kann das das Problem des Südens mit den Bars total verstehen! Wenn du magst schreib mir mal. Ich wünsch dir ganz viel Kraft!!

  • Guten Morgen Rock-Oma,

    erst einmal ist es toll, dass Du hier bist und dass Du es angehst :)

    Ich muss allerdings sagen, dass ich es keinesfalls als Schwäche ansehe, sich selbst zu schützen. Im Gegenteil. Ich empfinde es als große Stärke. Ich empfinde keinen als Weichei, der seine Trockenheit als oberste Priorität setzt und dafür ggf. auch Besuche in einer Bar hinten anstellt.

    Verstehe mich nicht falsch, mir geht es nicht darum, ob jemand auf Veranstaltungen verzichtet oder nicht. Ich selbst habe nicht auf alle diese Dinge verzichtet. Es geht mir lediglich um die Einstellung. Obwohl ich mich selbst am Anfang noch solchen Dingen ausgesetzt habe, kam ich mir dabei nicht sonderlich stark vor. Im Gegenteil.

    Ich finde es dennoch gut, dass Du Dich hier austauscht. Das bringt ja auch andere Sichtweisen mit sich.

    LG Cadda

  • Das bringt ja auch andere Sichtweisen mit sich.

    So war es gemeint.

    Aus den Erfahrungen der "Spezialisten" hier im Forum lernen bzw. eigene Erkenntnisse vervollständigen und einsortieren.

    Die teilweise bitteren Erkenntnisse möchten viele, sowie ich auch, nicht wahr haben.

    Bei mir war das anders, bei mir waren andere Umstände etc.

    Die schlimmsten Erinnerungen in der Entgiftung: Ein Mann saß im Rollstuhl, da der Alkohol schon die Nerven so sehr angegriffen hatte, dass er nicht mal allein stehen konnte. Er sprach von ca. 150 Entgiftungen und wusste schon das er in zwei bis vier Wochen wieder da ist.

    Hat es mich vor einem Rückfall geschützt?....Nein, bei mir war ja alles anders...Pustekuchen, hier bin ich sagte das Suchtgedächtnis.

    Rückfall nach fast 10 Jahren Abstinenz. In 14 Tagen feiere ich meinen ersten Geburtstag. Ich hoffe es endlich kapiert zu haben.

    Beste Grüße

    Thomas

  • Hallo Thomas,

    mir gefallen Deine Beiträge! Du bist ehrlich Dir selbst gegenüber. Beste Voraussetzungen.

    Übrigens: Du kannst trotz des Rückfalls stolz auf die Zeit sein. Du fängst nicht von vorne an, denn die Zeit und Erfahrungen kann Dir keiner nehmen.

    LG Cadda

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