Stefan 1 Dann stelle ich mich mal vor...

  • Heute war wohl mein erster Heiligabend ohne Alkohol seit über 20 Jahren. Auch wenn es eigentlich bei mir im Kreis der Familie nie ausgeartet ist, stand doch immer Alkohol irgendwo zur Verfügung. Diesmal wurde mir nichts angeboten und nicht nachgefragt, warum ich nichts trinke. Hatte auch kein Verlangen und bin jetzt ein bisschen stolz...

  • Und wieder ein Update. Diesmal sehr unschön und ich muss mir das von der Seele schreiben.

    Nachdem heilig Abend und 1. Weihnachtsfeiertag sehr gut verlaufen sind, kam es am 2. Weihnachtsfeiertag zum dieser Situation:

    Wir waren nachmittags ab Kaffee und Kuchen bei meinem Vater eingeladen. Alle waren Pünktlich nur mein (Problem)-Bruder nicht. Irgendwann kam von seiner Exfrau die Nachricht, dass er gerade erst seinen Sohn bei ihr abgeholt hätte und ziemlich nach Alkohol stinkt. Wohlgemerkt hat er wohl bis 14:00 Uhr geschlafen, bis er von ihr geweckt wurde. Als er bei uns aufschlug war schon wieder drauf. Von was genau weiß ich nicht. Mittlerweile waren wir aber auch schon fast mit dem Abendessen fertig. Mein anderer Bruder hat es natürlich auch sofort bemerkt (wirklich jeder hat es bemerkt!) und hat seinen Sohn dann heim gefahren. Mein dritter Bruder (ihr merkt schon, ich habe haufenweise davon...) hat mit seiner Frau und Kleinkind die Flucht ergriffen und ist direkt nach dem Abendessen abgehauen. Ich ein paar Minuten später.

    Irgendwie fühle ich mich sehr schäbig, da ich meinen Vater in der Situation alleine gelassen habe und man merkt, dass es an ihm nagt. Und schäbig fühle ich mich auch, weil ich in meiner Situation auch nicht ein Urteil über meinen Bruder fällen möchte...

    Auf alle Fälle hat mich das gestern leider wieder von meinem Höhenflug heruntergeholt.

  • Hallo Stefan

    mal in meinen Worten. Nur, weil du aufgehört hast zu saufen, macht es die Welt um dich herum nicht trockener. Die nasse Welt bleibt und war sicherlich auch zu deiner aktiven Zeit nicht anders. Deine Sicht ist eine andere geworden.

    Dass du nun Gewissensbisse hast, ist normal, gerade, weil es im Grunde genommen um deinen Vater geht. Unabhängig davon, dass ich deinem Vater unterstelle, dass er genau weiß, wie jeder seiner Söhne tickt, würde ich mal mit ihm reden, warum und wieso du gegangen bist. Es geht um deine Stabilität, deine Trockenheit .

    Aber jetzt zu der Frage, was mich hier hertreibt. Hast du Saufgedanken?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Aber jetzt zu der Frage, was mich hier hertreibt. Hast du Saufgedanken?

    Hallo Hartmut,

    nein. Ich habe keine Saufgedanken und gestern hatte ich sogar Ekel vor Alkohol. Ich würde aber Lügen, wenn ich behaupten würde, ich habe nie den Gedanken an Alkohol. Und auch Lust darauf. Aber wir wissen ja alle, wohin das führt. Ich denke, das werde ich auch noch ne Weile haben, vlt wird es ja irgendwann besser.

    (Oder sind das schon Saufgedanken?)

  • l. Ich würde aber Lügen, wenn ich behaupten würde, ich habe nie den Gedanken an Alkohol.

    Es würde mich eher wundern, wenn es Alkoholiker gibt, die es nicht haben. In der Anfangszeit war es eher belastend für mich und musste mit den üblichen Notfalltechniken dagegenhalten. Heute nach über 15 Jahren bin ich froh, wenn sie ab und zu mal auftauchen. Das erinnert mich immer daran, das zu bleiben, was ich bin. Ein Alkoholiker.

    Aber wir wissen ja alle, wohin das führt.

    Wenn das alle wissen, warum gibt es dann Rückfälle ;) Ich weiß zwar wie du es meinst, aber ich bin da ein Egoist. Es geht da nur um mich. Was macht es mit mir, wo führt es mich hin!

    Oder sind das schon Saufgedanken?

    Alle Gedanken an Alkohol sind bei Alkoholiker Saufgedanken, heißt aber nicht, dass es Saufdruck ist. Saufdruck ist für mich ganz einfach. Ich habe den unwiderstehlichen Drang, jetzt saufen zu müssen. Mir Gedanken mache, woher bekomme ich den Stoff, wie setze ich es um.

    Nun hatte ich mal eine längere Diskussion, ob man diese Gedanken auch in einer Scala, ähnlich dem Schmerzprinzip in Stufen 1–10 unterteilen kann. Was natürlich Humbug ist. Der eine empfindet den Schmerz erst ab Stufe 5 für schlimm, ein anderer geht schon bei Stufe 3 durch die Decke.

    Was ich damit sagen möchte. Jeder Gedanke an Alkohol ist es wert hinzuschauen. Viel wichtiger ist es, ihn mitzuteilen. Dafür ist so eine Selbsthilfegruppe natürlich am besten geeignet.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Irgendwie fühle ich mich sehr schäbig,

    Hallo Stefan,

    ist unnötig. Auch, wenn es schwerfällt. Du hast alles richtig gemacht. Absolut richtig gehandelt.

    Natürlich könntest Du, wenn Du das willst oder es möglich ist, mit Deinem Vater darüber reden. Aus welchem Grund Du Dich abgesetzt hast.

    Die Handlug an sich finde ich sehr gut. Habe mich, vor nicht langer Zeit, mal sehr über mich selbst aufgeregt, weil ich dachte, ich müsste so eine Situation "aushalten". Da bist Du schon einen Schritt weiter.

    VG Alex

  • ... die Flucht ergriffen und ist direkt nach dem Abendessen abgehauen. Ich ein paar Minuten später.

    Irgendwie fühle ich mich sehr schäbig, da ich meinen Vater in der Situation alleine gelassen habe und man merkt, dass es an ihm nagt. Und schäbig fühle ich mich auch, weil ich in meiner Situation auch nicht ein Urteil über meinen Bruder fällen möchte...

    Sprich' mir deinem Vater, redet miteinander, damit er es versteht und du dir nicht schäbig vorkommst.

    Deine und die Reaktion deines Bruders sind völlig normal, ich wäre auch geflohen, bevor irgendwelche Diskussionen aufgekommen wären.

  • Hallo Stefan, Wie geht's dir? Wie war dein Silvester?

    Gruß LoA

    Hallo LoA,

    mein Silvester war sehr unspektakulär, da ich krank daheim lag. Eigentlich war ich bei Freunden eingeladen, die schon über meine Alkoholsucht Bescheid wissen, bzw. über meine Abstinenz. Deshalb hätte ich mich dort in sicheren Händen geglaubt. So verbrachte ich den Abend/Nacht mit schlechten Netfix Serien und noch schlechteren Filmen. Also geht es mir gut, ich behaupte mal (in meinem grenzenlosen Hochmut), ich bin mittlerweile so gefestigt, dass ich jetzt auch mal andere Baustellen angreifen kann.

  • Was verstehst du andere Baustellen?

    ich denke, ich habe auch etwas Probleme mit Depressionen, zumindest gibt es dafür Symptome. Wie ich gelesen habe, geht das ja auch oft mit Alkoholismus Hand in Hand und das eine führt zum anderen. Nun ist es in letzter Zeit wesentlich besser geworden, aber ich denke, es muss auf alle Fälle aufgearbeitet werden.

  • ich denke, ich habe auch etwas Probleme mit Depressionen, zumindest gibt es dafür Symptome. Wie ich gelesen habe, geht das ja auch oft mit Alkoholismus Hand in Hand und das eine führt zum anderen.

    Ist das so? Es geht Hand in Hand? Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?

    Ich schaue mir sowas immer getrennt, unabhängig voneinander an. Ich verknüpfe nichts mehr, was mit dem saufen zu tun hat. Natürlich hat da auch der Alkohol immer als Lösungsmittel herhalten müssen.

    Wenn es mir mal schlecht ging, schrie die Sucht aus mir. „Hau dir die Birne voll, das hilft“. Nur schrie sie das auch bei allen anderen Emotionen, Gelegenheiten und Situation geschrien.

    Gut finde ich, dass du es angehst.

    Gruß Hartmut

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  • Leider hilft Alkohol kurzfristig bei Depressionen und schenkt vorerst Erlösung. Alkohol ändert aber auch die Hirnstrukturen und so kann eine Depression entstehen. Ich finde es auch super, dass er sich damit auseinandersetzt.

    LG Gwin

    Einmal editiert, zuletzt von Gwin (6. Januar 2023 um 11:51)

  • Ist das so? Es geht Hand in Hand? Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?

    Ich schaue mir sowas immer getrennt, unabhängig voneinander an. Ich verknüpfe nichts mehr, was mit dem saufen zu tun hat. Natürlich hat da auch der Alkohol immer als Lösungsmittel herhalten müssen.

    Wenn es mir mal schlecht ging, schrie die Sucht aus mir. „Hau dir die Birne voll, das hilft“. Nur schrie sie das auch bei allen anderen Emotionen, Gelegenheiten und Situation geschrien.

    Gut finde ich, dass du es angehst.

    Hallo Hartmut,

    aber gerade mit dem Vergleich Huhn und Ei verknüpfst du es dann doch?!

    Aber mir ist es vollkommen Wurst, ob es "Hand in Hand" geht oder nicht. Ich bin zu wenig Mediziner/Psychologe/oder sonst aus ner Fachrichtung um mir dazu eine fundierte Meinung zu erlauben.

    Wichtig ist es die Probleme anzugehen und in diesem Forum habe ich eben oft gehört erst das Huhn, äh sorry, den Alkoholismus, dann die Depression...

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