Lara Luft - Bin Angehörige eines Nicht-Krankheitseinsichtigen und wünsche mir Austausch/Rat beim Grenzen finden

  • Hallo zusammen,

    Ich vermute bei meinem Partner eine Alkoholabhängigkeit (das schreibe ich so, weil er nicht krankheitseinsichtig ist, also nie etwas diagnostiziert wurde – die Beratungsstellen, die ich alleine allerdings aufgesucht habe, gehen beide anhand meiner Schilderungen von einer Abhängigkeit aus).

    Wir sind seit 8 Jahren zusammen, ich vermute, er hat bereits seit langem Alkoholmissbrauch betrieben, ich habe es nur lange nicht so wahrhaben wollen, habe mich beschwichtigen lasen, habe versucht zu kontrollieren,… Hat natürlich alles nichts gebracht. Nicht mehr zu ignorieren war die Abhängigkeit mit Beginn meiner Schwangerschaft – ab diesem Moment (bis eigentlich heute, unser Kind ist nun 2 Jahre alt) habe ich selbst gar nichts mehr getrunken. Sein Konsum war mir dadurch noch so viel präsenter, mit allem was damit einhergeht (verbale Agressivität, Stimmungshochs und -tiefs, fehlende Empathie, Unzuverlässigkeit, fehlende Erinnerung,…).

    In kleinen Schritten habe ich mich dem Problem für mich genähert, nach einer akuten Überlastungssituation (beruflich und vor allem privat bedingt), habe ich eine dreiwöchige Krankschreibung vergangenes Jahr genutzt, um einige Veränderungen für mich einzuleiten. Ich habe mich in dieser Zeit beraten lassen, u.a. von Suchtberatungsstellen und habe aktiv Veränderungen in unserer Beziehung begonnen, die (für mich spürbar) den Druck von mir wegnehmen (in dem ich Aufgaben abgebe, mich für seine Aufgaben/Probleme nicht mehr verantwortlich fühle) und ganz allgemein gesprochen den Druck bei ihm hoffentlich etwas erhöhe.

    Gemeinsam haben wir eine Paartherapie begonnen, bei der ich den Alkoholkonsum thematisiert habe.

    Das hat mir einerseits wieder etwas Freiraum bzw. Stabilität verschafft, gleichzeitig wird unsere gemeinsame Zeit durch die Grenzen die ich setze immer weniger. Ich merke auch, wie ich mich durch die regelmäßigen Abstürze / Eskalationen emotional immer weiter von ihm entferne. Ein Gespräch über uns bzw. den Alkoholkonsum findet quasi nicht statt (weil er emotionale Gespräche eigentlich nur unter Alkoholeinfluss führen kann, ich diesen Kontakt im betrunkenen Zustand aber nicht mehr möchte).

    Der Umstand, dass ich etwas wahrnehme, was er nicht erkennen kann, ist für mich sehr schwer zu ertragen. Ihn bei Krankheitseinsicht durch eine sicherlich auch sehr anstrengende Therapie zu begleiten, auf Rückfälle vorbereitet sein,… könne ich alles mit ihm durchstehen. Aber so stehen für mich immer öfter Trennungsgedanken im Raum. Gleichzeitig haben wir daneben auch immer wieder schöne Momente und selten auch Momente, in denen ein kleines Bewusstsein für sein Alkoholproblem erkennbar wird (nach einer Eskalation vergangenes Jahr hat er beispielsweise alle Weinflaschen entsorgt, alle Weingläser weggeschmissen und war 6 Wochen abstinent), zwischen all meiner Wut auf die Sucht habe ich also auch noch ein kleines bisschen Hoffnung für uns als Paar und Familie.

    Hier im Forum erhoffe ich mir Hilfe und Rat, um diesen Zwiespalt Gehen / Bleiben besser auszuloten und hier für mich noch klarer herauszufinden, wo meine Grenzen liegen. Darüber hinaus hoffe ich auch, durch den Austausch etwas „Durchhaltevermögen“ zu bekommen, ich habe einfach das Gefühl, noch nicht alles versucht zu haben, damit er sehen kann, was ich wahrnehme.

    Auf den Austausch freue ich mich!

  • Hallo Lara,

    herzlich willkommen in unserer Onlineselbsthilfegruppe.

    Darüber hinaus hoffe ich auch, durch den Austausch etwas „Durchhaltevermögen“ zu bekommen, ich habe einfach das Gefühl, noch nicht alles versucht zu haben, damit er sehen kann, was ich wahrnehme.

    Du bist 8 Jahre mit ihm zusammen, das hat bestimmt einiges an Durchhaltevermögen gekostet. Ich bin mir ganz sicher, das du sehr vieles probiert hast.

    Er wird aber erst etwas ändern, wenn er eine Krankheitseinsicht bekommt. Du hast da definitiv keinen Einfluß drauf, du bist auch nicht schuld dass er trinkt.

    Dein Augenmerk sollte aber auf dir und deinem Kind liegen. Denn auch schon kleine Kinder bekommen eine Menge mit.

    Wenn du dich hier austauschen möchtest, lasse ich dir die Bewerbung für den offenen Bereich hier. Einfach auf den Link klicken

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Lara,

    Auf jeden Fall hast Du schon mal sehr viel richtig gemacht.

    Du hast Dir Hilfe gesucht. Du hast Dich informiert. Du hast sogar geschafft, bei Deinem Partner einen Hauch Bewusstsein für das sein Alkoholproblem zu wecken. Und Du setzt den Schutz Deines Kindes und Dir an erste Stelle. Auch wenn das die Trennung bedeuten sollte. Respekt.

    Trotzdem wird er sein Verhalten natürlich erst ändern, wenn ihm schmerzhaft oder besser emotional bewusst wird, wie sehr die Sucht sein und Euer Leben zerstört.

    Da sind Deine Einflussmöglichkeiten begrenzt, das muß aus ihm selber kommen.

    Ich konnte übrigens Deinen Ausführungen nicht entnehmen, ob er jemals fachliche Hilfe in Anspruch genommen hat. Du schriebst von einer 6-wöchigen Trinkpause. Das klingt für mich gefährlich nach Entzug. Und das ist etwas, wo immer ein Arzt mit eingebunden werden sollte. Da spreche ich aus leidvoller Erfahrung.

    Aber bevor ich mich hier verzettele... Ich möchte Dich auf jeden Fall im Forum willkommen heißen und würde mich freuen, gerne mehr von Dir zu lesen.

  • Hallo Morgenrot, Hallo Rollo

    Danke für eure Rückmeldungen.

    Gerne bewerbe ich mich fürs offene Forum.

    Kurz als Ergänzung:

    Mein Partner hat bisher keine fachliche Hilfe in Anspruch genommen. Er hat seinen Alkoholkonsum gegenüber seinem Hausarzt kommuniziert, aber natürlich nur in der Art, in der er ihn wahrnimmt (Ich habe meine Vermutungen aber kürzlich bei seinem Hausarzt deponiert, sein nächster Termin dort folgt in einigen Wochen). Bei einer Suchberatung war er ebenfalls noch nicht. Und ja, die 6-wöchige Trinkpause war tatsächlich ohne ärztliche Begleitung. Danke für deinen Hinweis dazu.

    Ich freue mich auf die Horizonterweiterungen hier.

    LG - Lara

  • Liebe Lara,

    es hat mich fast ein bisschen gegruselt deine Geschichte zu lesen. Denn sie könnte meine sein. Und jetzt sage ich dir etwas, was du vielleicht nicht unbedingt hören möchtest, aber meiner Meinung nach der unausweichliche nächste Schritt ist. Die Trennung. Und zwar je früher, desto besser. Euer Kind ist noch so klein und eine Trennung zum späteren Zeitpunkt (der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kommen wird), ist sehr viel schwieriger als jetzt.

    Die Erfahrung ist einfach: es wird nicht besser, nur schlimmer. Mir geht und den Kindern geht es seit der Trennung vor einem Jahr so viel besser. Ich will nie mehr zurück! Die Trennung hat für ihn gar nichts bewirkt. Dafür aber für mich. Ich bin frei und die Unbeschwertheit kommt zurück. Eine Trennung ist nicht schön und mit Kindern sowieso nicht. Aber sie hat ein Ende. Wobei die Sucht meist nur eins kennt.

    Das mag sehr dramatisch und voreingenommen klingen. Du bist auch nicht ich. Aber Suchtfamilien und die Dynamiken, die sind nicht individuell. Sie sind erschreckend ähnlich. Da muss der Verstand voraus gehen. Das Herz wird folgen.

    LG,

    Kintsugi

    PS: toll was du schon alles für dich in die Wege geleitet hast. Alles andere schaffst du auch noch.

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Hallo Lara,

    herzlich willkommen hier in der SHG.

    Auch mich erinnert vieles deiner Geschichte an meine eigene.

    Ich kann dir von mir erzählen, dass ich auf ungefähr 1 Mio Arten versucht habe meinen Exmann zu erreichen - im Guten, im Bösen, verzweifelt, mit Ich-Botschaften, Du-Botschaften, wütend, unter Tränen, mit Vorwürfen, mit Verständnis und weiß der Kuckuck, was noch alles. Ich habe mir mein Hirn zermartert und hatte wirklich die allerbesten Argumente. Es war alles zwecklos. Er wollte nicht und er will es bis heute nicht sehen.

    Du kannst für ihn nichts tun. Die beste Hilfe ist keine Hilfe leisten.

    Was du aber machen kannst, ist dir und deinem Kind zu helfen. Die wichtigste Frage, die mich begleitet, seit ich hier im Forum angekommen bin, lautet: Was will ich?

    LG, Saphira

  • Liebe Kintsugi

    Danke für deine Nachricht!

    Und jetzt sage ich dir etwas, was du vielleicht nicht unbedingt hören möchtest, aber meiner Meinung nach der unausweichliche nächste Schritt ist. Die Trennung.

    Danke für deine Direktheit. Die erste Suchtberaterin, bei der ich wahr, hat mir das gleiche gesagt... Und im ersten Moment war ich verblüfft, wie gut sie meinen Partner und mich analysiert hatte, obwohl ich nur wenig erzählt hatte -- und hatte dann eben auch den Eindruck: diese Suchtgeschichten sind eben doch alle in ihrer Dynamik sehr ähnlich. Deshalb: nein, ich finde nicht, dass du voreingenommen klingst.

    Ich weiß ja selbst, dass es auf eine Trennung hinausläuft, wenn bei ihm keine Krankheitseinsicht erfolgt - ich bin nur noch nicht ganz sicher wie viel Zeit ich ihm und uns noch gebe.

    Wie habt ihr die Sorgearbeit/Kindererziehung nach der Trennung gelöst? Kann sich dein Ex-Partner zeitweise um die Kinder kümmern bzw. willst du das überhaupt? Tatsächlich spiele ich im Kopf schon auch immer mal durch, wie es wäre, würden wir uns trennen. Die Rahmenbedingungen sind für mich günstig (Wohnung gehört mir, ich verdiene gut, Eltern leben in der Nähe), gleichzeitig arbeite ich fast Vollzeit und brauche also an mehreren Tagen eine gute Anschlussbetreuung an die Kita. Momentan macht das mein Partner.

  • Liebe Saphira

    Danke für deine Nachricht!

    Ich kann dir von mir erzählen, dass ich auf ungefähr 1 Mio Arten versucht habe meinen Exmann zu erreichen - im Guten, im Bösen, verzweifelt, mit Ich-Botschaften, Du-Botschaften, wütend, unter Tränen, mit Vorwürfen, mit Verständnis und weiß der Kuckuck, was noch alles. Ich habe mir mein Hirn zermartert und hatte wirklich die allerbesten Argumente. Es war alles zwecklos. Er wollte nicht und er will es bis heute nicht sehen.

    Du kannst für ihn nichts tun. Die beste Hilfe ist keine Hilfe leisten.

    Okay, das erinnert mich wiederum sehr an mich ;) Meine letzte Hoffnung klammert sich gerade auch an Impulse von außen (Hausarzt und Paarberaterin).

    Du schreibst, das beste sei "keine Hilfe zu leisten". Das versuche ich seit einigen Monaten. Bzw. leiste Hilfe nur noch zu meinen Konditionen (bspw. unterstütze ich ihn beim Ausformulieren von längeren Texten im beruflichen Kontext, er ist kein deutscher Muttersprachler; Ich lektoriere schriftliche Arbeiten in seinem Job. Früher habe ich das nach meinem Arbeitstag, nach Kind-kümmern und ins-Bett-bringen, wenn er schon total betrunken war, gemacht - jetzt nur noch am Wochenende, wenn er sich parallel um unser Kind kümmert und nüchtern ist). Aus vielem halte ich mich mittlerweile auch einfach raus.

  • LIebe Kintsugi

    Und jetzt sage ich dir etwas, was du vielleicht nicht unbedingt hören möchtest, aber meiner Meinung nach der unausweichliche nächste Schritt ist. Die Trennung.

    Und noch etwas ist mir dazu eingefallen: Ich weiß, dass meinem Kind und mir eine Trennung gut tun würde, dass es mich aktuell entspannen würde, vieles in meinem Alltag sogar leichter machen würde - es wäre ein erster Schritt dahin, dass sich nicht mehr fast alles um ihn dreht/sich nach ihm ausrichtet (es ist absurd, welche Gedanken ich mir zu ihm/seiner Sucht schon ihn Veränderungslogbüchern, Tagebüchern, Notizbüchern,... gemacht habe; wie oft ich nachts grübelnd das Internet hoch- und runter gelesen habe, mich dann nicht auf meine eigentliche Arbeit konzentrieren kann...).
    Gleichzeitig habe ich so ein schlechtes Gewissen, den Menschen hinter der Sucht (den es ja auch gibt und in den ich mich mal verliebt habe) fallen zu lassen. Denn so würde sich eine Trennung für mich eben auch anfühlen.

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