Hallo ihr Lieben, ich möchte mich und meine Geschichte hier vorstellen, in der Hoffnung auf Austausch und vielleicht neue Perspektiven durch Gleichgesinnte zu treffen. Ich bin 34 Jahre alt und die älteste Tochter eines Alkoholikers (59 Jahre alt), ich habe noch vier Brüder. Mein Vater trinkt soweit ich mich zurück erinnern kann, mal mehr und mal weniger. Das Problem bzw. seine "Feierlaune" bestand bereits als meine Eltern sich kennenlernten, er vertröstete meine Mutter immer damit, mit dem Trinken aufzuhören "wenn Kinder da sind", "sobald wir verheiratet sind" etc. Seit 5 Jahren ist es mit ihm steil bergab gegangen (Jobverlust, Aufgabe der nebenerwerblichen Landwirtschaft da meine Mutter dies allein nicht mehr schaffte, mehrere Führerscheinentzüge und auch bereits frühere erfolglose - da nicht freiwillige - Entzugsversuche). Meine Eltern sind leider nicht getrennt und leben am Hof, wo mein Vater aufgewachsen ist zusammen mit seiner Mutter, meiner Großmutter und teils noch meinen Geschwistern.
Das Problem, obwohl immer offensichtlicher, wurde nie thematisiert und wird unter den Tisch gekehrt, offiziell ist mein Vater ja nicht suchtkrank, sondern trinkt nur gerne ein Bier in Gesellschaft (und die anderen 10+ Flaschen zwischendurch heimlich) und nach außen muss (vor allem auf drängen meiner Großmutter) heile Familie gespielt werden.
Mir macht die Situation sehr zu schaffen. Seit ich selbst Mutter eines kleinen Babys bin, merke ich wie mich die Situation noch mehr belastet und ich diesen Menschen eigentlich nicht mehr sehen will. Einfach auch weil mir bewusst wurde, wie sehr er meine und die Kindheit meiner Geschwister im Negativen geprägt hat.
Mein Vater war immer schon eine sehr unsichere Persönlichkeit und stark eifersüchtig auf meine Mutter. Also auch ohne Alkohol stellt er einen schwierigen Charakter dar, der sich immer nur in der Opferrolle sieht und sich vor jeglicher Verantwortung drückt. Mittlerweile ist meine Mutter zur Zielscheibe und persönlichem Feindbild für ihn geworden und er gibt ihr an allem die Schuld. Wenn wir Kinder mit ihm diskutieren, hätte meine Mutter uns auf ihn aufgehetzt, sie sei der Grund aller seiner Probleme, etc. Er macht sie vor und bei anderen schlecht, erfindet Lügen und verdreht Tatsachen, damit er gut dasteht. Ich hatte noch nie ein gutes Verhältnis zu ihm und empfinde mittlerweile nur noch Wut und Hass ihm gegenüber, nicht zuletzt weil er auch für uns nie mehr als der bloße Erzeuger war und nicht mehr getan hat, als sich in seiner Opferrolle zu suhlen. Entgegen mancher Alkoholiker ist er also nicht physisch gewalttätig oder stark aggressiv, sondern verfällt in Selbstmitleid, manipuliert und reimt sich Geschichten zusammen, warum er so arm ist und wir restlichen Familienmitglieder undankbar, böse, etc. Ich bin zu meinem Ehemann 300km entfernt weggezogen und der Abstand zu ihm tut mir sehr gut, der Abstand zur restlichen Familie tut mir allerdings sehr weh. Und da komme ich zum Kern meines Problems: Ich weiß, dass es mir viel besser gehen würde, wenn ich diesen Menschen völlig aus meinem Leben streichen könnte, ein völliger Kontaktabbruch kommt jedoch nicht infrage da die restliche Familie immer noch mit ihm verbandelt ist und ich ein tolles und enges Verhältnis zu meinen Geschwistern, ihren Partnern (wohnen alle am selben Fleck bzw. teilweise noch zuhause) und vor allem zu meiner Mutter habe. Meine Mutter kann sich zwar räumlich etwas von ihm distanzieren, macht allerdings immer noch gute Miene zum bösen Spiel, da sie eine Scheidung nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren könnte, seine betagte Mutter schonen möchte (die von ihm als "Mustersohn" stark manipuliert wird), gewissermaßen von ihm abhängig ist sowie Haus und Hof nicht ihm und damit dem Verfall überlassen möchte.
Ihm geht es gesundheitlich zwar immer schlechter, aber ich dachte mir auch schon vor Jahren, dass er nun bestimmt bald an seinem Tiefpunkt angelangt ist und entweder die Kehrtwende schafft oder sein Ende bald da ist. Deshalb will ich gar keine Schätzung mehr abgeben, wie lange ich in dieser "Pattstellung" verharren muss...
Die Beziehung zu ihm ist es aus meiner Sicht nicht mehr wert zu retten und das will ich auch nicht, da wir auch nie eine wirkliche Vater-Tochter Beziehung hatten. Mir geht es rein darum, ihn bestmöglich aus meinem Leben zu verbannen, dabei aber die Beziehung zur restlichen Familie weiter aufrecht zu erhalten. Vielleicht hat jemand Tipps oder Ähnliches? Danke und ich freue mich auf einen Austausch! Liebe Grüße, "Madeleine"