Hallo ihr...
Ich möchte euch bitten, mir vielleicht einen Rat zu geben. Vielleicht hilft es auch einfach, mir meine Sorgen von der Seele zu schreiben.
Ich bin seit ca. 2 Jahren mit meinem Freund zusammen. Bevor wir die Beziehung eingegangen sind, hat er mich über seine Sucht informiert und ich habe durch meine vorherige Beziehung zumindest inetwa gewusst, was es bedeutet wenn der Partner viel trinkt und gewissermaßen abhängig ist. Mein vorheriger Partner jedoch konnte es nie zugeben und war durch seine Familie in seinem Verhalten vollkommen gestützt, da sie alle gemeinsam ein Alkoholproblem haben und in einem Umfeld leben, in dem es selbstverständlich zu sein scheint sich jedes Wochenende die Kante zu geben.
Mein jetziger Partner jedoch war als wir uns kennenlernten bereits seit mehreren Jahren in Therapie und sehr reflektiert, was seine Sucht anbelangt. Zu seiner Alkoholsucht kommen noch diverse andere psychische Erkrankungen hinzu.
Aufgrund seiner reflektierten Art und Weise und auch seiner eigenen Urteilsfähigkeit habe ich bei ihm zunächst das Gefühl gehabt, er hat das ganze auf andere Art und Weise "im Griff". Das soll nicht bedeuten, dass ich daran gedacht habe, man könne mit dieser Sucht bis ans Ende unserer Tage leben, sondern eher habe ich mich von seiner Reflektiertheit so blenden lassen das ich dachte, er wäre fast so weit in der Therapie, dass er beinahe ein normales Leben führen könnte...
Ich hoffe das klingt nicht allzu naiv. Ich habe mit verschiedenen Foren leider bisher eher negative Erfahrungen gemacht und möchte niemandem auf die Füße treten und ggf. hören müssen, was ich mir denn einzubilden vermag...
Nun ist es wie gesagt so, dass er therapeutisch angebunden ist und eine Vielzahl stationärer Therapien und Entzüge hinter sich hat. Er macht also Therapie und arbeitet an sich. Zumindest wirkt es auf den ersten Blick so...
Im vergangenen Jahr war er zusammengerechnet mehrere Monate vollstationär in der Klinik. Selbiges gilt für dieses Jahr.
Das gibt mir immernoch Hoffnung. Dennoch ist mein Vertrauen zu ihm mittlerweile völlig erschüttert. Er hat durch diese schreckliche Sucht so viel gelogen. Er ist nach jedem stationären Aufenthalt unmittelbar zurück in den Konsum gefallen und auch wenn er dann für ein paar Tage trinkt und danach ggf. Ein Wochenende/ eine Woche abstinent ist, weil ich zu Besuch bin fängt er spätestens wieder an, wenn ich nach Hause fahre. Oft brauchte er erstmal einen bis 1,5 Tage um wieder klar zu kommen wenn ich dann zu Besuch kam.
Wenn er nicht trinkt, ist er so ein wundervoller Mensch. Ein absolutes Geschenk. Er gibt mir unglaublich viel und hat mir geholfen so stark zu werden. Wenn er trinkt wird er so anders... oft zornig und wütend über völlig unnötige Dinge. Steigert sich enorm in Themen rein, die total unwichtig sind und ihn oft nicht einmal betreffen. Vor ein paar Monaten kam es infolge von wochenlangem Konsum und in Verbindung mit seinen anderen psychischen Erkrankungen dazu, dass er mich mit Sack und Pack mitten in der Nacht vor die Tür gesetzt hat... Das hat mein Vertrauen unglaublich gebrochen.
Ich bin so kraftlos und weiß einfach nicht mehr, was ich glauben kann...
Ich weiß, dass nur ein Bruchteil der Menschen mit Alkoholsucht wirklich schaffen können, völlige Abstinenz zu erreichen und zu erhalten. Ich weiß, dass es ein jahrelanger Weg ist, diese Sucht überhaupt auch nur ein bisschen in den Griff zu kriegen.
Ich frage mich, ob es *das* ist... ist es schon das non plus ultra, dass er Therapie macht und über seine Sucht Bescheid weiß?
Er braucht nur seinen Entlasstermin aus der nächsten Klinik zu haben und schon rieche ich die nächste Fahne... oder kann seine veränderte Art zu sprechen am Telefon hören. Dann lügt er meistens und ich fühle mich ohnehin schlecht, dass ich ihn fragen muss. Und ja, ich finde es nötig ihn zu fragen. Denn totschweigen kann und will ich das Thema vor und mit ihm nicht. Es ist zu offensichtlich und lässt mich verzweifeln.
Er macht doch Therapie und spricht immer so selbstreflektiert über die Sucht. Hilft vielen anderen Menschen, mit ihren Problemen klarzukommen und doch fällt er immer wieder in dieses Loch. Sofort nach jeder Entlassung.
Ich traue mich nicht, offen mit anderen Menschen zu sprechen weil ich denke, ich könnte seine Würde damit verletzen... geht es jemandem von euch da ähnlich?
Ich habe das Gefühl ich warte mit so vielen Dingen darauf, dass er mitziehen kann und er bleibt dort hängen wo er ist. Es stagniert einfach.
Ich hab ihn so lieb... aber es ist so schwer und ich verzweifle daran.
Danke fürs lesen.