Hallo Alle zusammen
Diesen Thread möchte ich mal zum Anlass nehmen, meinen persönlichen Standpunkt zu Rückfällen zu verdeutlichen.
Dazu muss ich aber vorweg was schreiben:
Als ich meinen absoluten Tiefpunkt, psychisch wie auch körperlich erreicht hatte, kam ich mit dem Notarztwagen ins KH, den mein Partner gerufen hatte, weil er nicht mehr weiter wusste. Auch da machte ich noch Faxen, wollte nicht mit, wollte nicht zum Entzug, nach einigem hin-und her fuhr ich doch mit.
Ich kam dort sofort auf die Intensivstation, später erfuhr ich, das ich nur noch wenige Wochen zu leben gehabt hätte, wenn ich weiter getrunken hätte. Die Ärzte haben die ersten Tage zusammen mit mir um mein Leben gekämpft, es war unklar, ob ich den Entzug überhaupt überlebe. Und ich schreib das, was jetzt kommt, nicht gerne. Ich war dort in der 2.ten oder 3.ten Nacht einmal kurz klinisch tot, die haben mich aber „zurückgeholt“, nasse Waschlappen im Gesicht, gepiepe von allen angeschlossenen Geräten an denen ich hing, Spritzen mit ich weiß-nicht-was drin. Ich weiß von den ersten 3 Tagen meines Entzuges nicht mehr viel, ich war unter starken Medikamenteneinfluss, aber an diese Situation kann ich mich genau erinnern, da ich zwischendurch wache Phasen hatte.
Als ich wieder so langsam klar wurde, entschied ich mich FÜR das Leben, denn die andere Seite hatte ich bereits kennengelernt in der Nacht und ich war auch so süchtig, das ich mich selber aufgegeben hatte in den Monaten davor, nun wollte ich aber leben. Ich habe diese Chance noch einmal bekommen, es hätte auch anders ausgehen können.
Das schreibe ich hier zur Verdeutlichung, das unsere Krankheit wirklich am Ende tödlich verläuft, das ist kein einfach daher gesagter Spruch.
So, dann wurde ich also trocken, ich war körperlich immer noch am Ende, ich brauchte 4 Monate, um wieder einigermaßen fit zu werden. Und ich hätte ALLES dafür getan, trocken zu bleiben und ich meine damit wirklich ALLES. Ein Rückfall hätte meinen Tod bedeutet. Ich hatte also keine Wahl, wenn ich leben wollte.
Das alles hat es für mich aber sicher auch leichter gemacht, trocken zu bleiben. Ich hatte bis heute keinen Rückfall und ich würde auch heute noch alles dafür tun, keinen Rückfall zu erleiden, heute würde ich wahrscheinlich nicht mehr sofort sterben, aber dieses Hintertürchen „Rückfall“ bleibt für mich als solches für immer geschlossen.
Denn ein Rückfall ist nichts, was einfach so passiert, da ist dann schon vorher was schiefgelaufen. Und das sollte man, wenn es passiert ist, genauestens ergünden und wirklich daraus lernen, um dann seinen Weg besser weitergehen zu können und das so schnell wie möglich. Sollte ich persönlich in diese Situation kommen, was für mich der Super-GAU wäre, würde ich noch am gleichen Tag ins KH fahren oder zu meiner Ärztin, das steht so fest.
Auch ist das Trockenwerden kein Spiel mit Rückfällen, wo man sich immer wieder sagen kann „Ach, fang ich halt noch einmal von vorne an, macht doch nix“. Es macht sehr wohl was, ich persönlich glaube, das jeder Neuanfang schwerer wird, irgendwann ist vielleicht einfach nicht mehr die Kraft für einen Neuanfang da ?
Darum werde ICH hier niemanden nach einem Rückfall das Köpfchen streicheln und sagen : Ach komm, macht doch nix, fängst Du halt einfach wieder von vorn an. Das kann ich nicht, ich werde dann IMMER nach Gründen fragen, wieso , weshalb, warum ist das passiert ? Und meist werden auch die Gründe gefunden.
Abschließend möchte ich noch sagen, das ich fast Alles, was ich heute über meine Krankheit weiß, hier in diesem Forum gelernt habe und ich habe hier Menschen gefunden, mit denen ich mich austauschen kann. Das ist für mich von unermesslichem Wert. Ich bin meinen Weg lange allein gegangen, das war nicht gut für mich. Okay, ich konnte trocken bleiben, auch in gewissem Maße an meiner Trockenheit arbeiten, aber ohne Austausch ist das verdammt schwer.
Hier wird ein kompetenter Austausch geboten, ich möchte alle bitten, ihn zu nutzen und Ratschläge wirklich zu beherzigen, sie sind sehr wichtig und haben alle ihren Sinn, auch wenn der erst nicht ersichtlich sein sollte. Ich wusste auch am Anfang ganz vieles nicht, fast gar nix über unsere Krankheit , aber ich habe es hier gelernt und ich lerne immer neues hier dazu. Hätte es dieses Forum schon damals gegeben bzw. ich es gefunden, hätte ich einen leichteren Weg gehabt, zumindest hätte ich ihn nicht allein gehen müssen. Falls noch Nachfragen kommen, warum ich in keine reale SHG gegangen bin, das bin ich, aber ich kam dort mit dem Procedere nicht klar, konnte einfach nicht akzeptieren, irgendwelche „Gebote“ nachzuplappern, ich kann nur das wirklich anerkennen, was ich mir selber erarbeitet habe, und darauf kann ich dann auch stolz sein. Ich wollte nie etwas geschenkt bekommen, dann hätte ich es nicht so wertschätzen können. So kann ich es aber, und ich habe mir meine Freiheit zurückgeholt, in kleinen Schritten.
Sollte hier ungerechtfertigte Kritik am Forum geübt werden, werde ich darauf gar nicht mehr antworten, denn jeder sollte wissen, warum er hier ist. Wer das nicht so genau weiß, der ist hier meiner Meinung nach nämlich eh falsch. Menschen, die hier eine Plattform für Unterhaltung oder Selbstdarstellung suchen, gehören hier auch nicht her, auf deren Beiträge zu antworten, ist für mich verbrannte Zeit. Aber Menschen, die aufrichtig an ihrer Trockenheit arbeiten wollen bzw. sie erst einmal erlangen wollen, die sind hier genau richtig, denen helfe ich gerne.
Nun möchte ich allen noch einen schönen, trockenen Tag wünschen
Lieben Gruß an Alle
Lilly