Guten Morgen!
Illusionen – ein Thema, was mir die letzten Tage wieder verstärkt durch den Kopf gegangen ist, weil sie mir in meinem Umfeld begegnen. Dabei fiel mir auf, dass sie zur Co-Abhängigkeit gehören wie Gummi zu Bärchen. Ich hatte viele Illusionen als ich noch mit meinem Ex zusammenlebte.
Ich hatte die Illusion, dass alles gut wird, wenn er nur aufhörte zu trinken. Und nannte sie Hoffnung. Die Illusion, dass wir zusammen gehören und füreinander bestimmt sind, war nur meine Angst, alleine nicht zurecht zu kommen, aber ich für mich hieß sie Liebe. Ich wollte anders als alle anderen vor mir für ihn sein. Unsere Beziehung war etwas ganz besonderes, eine ganz besondere Illusion, wie sich herausstellte. Durch meine Liebe und Zuneigung würde er sicherlich nicht wieder trinken. Eine weitere Illusion, die sich als Kampf gegen Windmühlenflügel herausstellte, denn der Alkohol ist stärker als alle Liebe. Nachdem er nicht mehr trank, eine LZT gemacht hatte und regelmäßig zur Nachsorge ging, hoffte ich, dass wir irgendwann ein ganz „normales“ Miteinander leben können – eine weitere Illusion. Denn als er trocken war, wollte ich nicht sehen, dass wir im Grunde zu verschieden sind, um miteinander zu leben. Nähebedürfnis und das Bedürfnis nach Autonomie gehen nun mal sehr schlecht zusammen, aber ich hatte die Illusion, ihn davon überzeugen zu können, dass meine Art zu leben einfach die bessere sei – wenn ich ihm nur lang genug Zeit lassen würde, es zu erkennen. So, wie ich erst geduldig darauf wartete und hoffte, dass er aufhörte zu trinken, wartete und hoffte ich dann geduldig, dass er mich endlich so lieben und mit mir leben würde, wie ich es mir wünschte. Meine Bedürfnisse erfüllte und so sein würde, wie ich mir meinen Mann, Liebhaber, Gefährten vorstellte. Ich wollte seine reales Sein nicht sehen, sondern sah weiterhin das, was oder wie er sein könnte.
Ich habe mich, so stelle ich in der Rückschau fest, in meiner Beziehung mit „meinem Alki“ einer Illusion nach der anderen hingegeben und mich lange Zeit beharrlich geweigert, die Realität wahrzunehmen. Jetzt habe ich immer noch Träume und Visionen, wie ich mich und mein Leben verändern kann. Aber ich selbst tue etwas dafür und erwarte nicht mehr, dass von außen kommt, was mich glücklich und zufrieden machen soll.
Tagträume sind etwas wunderschön Entspannendes. Kleine Fluchtpunkte aus dem Alltag. Wenn sie sich jedoch zu Illusionen auswachsen, die uns die Realität nicht mehr richtig sehen lassen, dann machen sie uns krank. Und in der Co-Abhängigkeit leben wir eine Menge Illusionen. Wir haben Angst, alleine nicht klar zu kommen und verbleiben lieber in uns ausbeutenden Beziehung anstatt uns ganz real zu informieren, wie wir Unterstützung auf finanzieller oder emotionaler Ebene bekommen. Es ist illusorisch, zu glauben, dass beim nächsten Mann alles anders würde, wenn wir nur genug daran glauben. Wir müssen lernen, ganz real, für uns selber zu sorgen, denn nur dann kann aus der Illusion der großen Liebe auch eine gesunde Liebe entstehen. Das, was wir in der Co-Abhängigkeit leben, ist vielfach nur Illusion. So, wie ein Kind an Märchen glaubt, glauben wir daran und verschließen die Augen vor der Realität.
Wie gesagt, so sehe ich es für mich in der Nachschau und es begegnet mir nach wie vor in meinem Umfeld. Und – es sind lediglich meine Gedanken zu gelebten Illusionen. Ich würde mich freuen, zu lesen, wie IHR darüber denkt.
LG
Ette