Woran erkenne ich eine Co-Abhängigkeit? Ergänzungen!

  • Hallo zusammen,

    Woran erkenne ich eine Co-Abhängigkeit, wann bin ich Co-Abhängig?

    Wir haben ja viel im Chat gehört und nun versuch ich mal einiges zusammenzufassen.

    Ich freue mich wenn noch viele Beiträge von euch dazu kommen und wir hier den Erfahrungsaustausch weiter führen.

    Als erstes find ich wichtig zu wissen das ein bisschen Co ganz normal ist in einer Beziehung und sie es auch geben muss sonst könnten wir keine Beziehungen eingehen.

    Aber Co-Abhängigkeit ist für mich eine Krankheit genauso wie der Alkoholismus nur leider nicht anerkannt. Was ich sehr schlimm finde da dadurch die Alkoholkrankheit wieder verlängert werden kann. Und somit auch die Leidenszeit der ganzen Familie.

    Selber merkt man ja zu erst gar nicht das man in einer Co- Abhängigkeit steckt. Die meisten stoßen ja über diesen Begriff erst wenn sie sich Hilfe für ihren Alkoholkrankenpartner suchen. Dieses Verhalten ist z.B. schon ein Anzeichen. ( Der Alkoholkranke sollte selber nach Hilfe für sich suchen).
    So war es jedenfalls bei mir.
    Es ist wichtig nach außen hin die Fassade aufrecht zu halten. Da spielt Scham eine Große Rolle. Aber auch sich selber ein zu gestehen das etwas in der Beziehung nicht stimmt. Bzw. das jemand sie darauf anspricht denn wissen tut man es schon aber man will es nicht wahr haben.
    Dann kommt das Entschuldigen und die Lügen, das ist ja alles nicht so schlimm wie es aussieht, er wird beim Arbeitgeber oder anderen Terminen entschuldigt. Termine werden so gelegt das man eine hohe Chance der Nüchternheit des Alki´s hat.
    Man redet alles schön und blendet das unschöne aus. Dies führt irgendwann zu einer falschen Wahrnehmung.
    Es wird alles gemacht um den Alkoholiker „ruhig“ zu stellen. Ihm sozusagen alle Wünsche von den Augen abzulesen. Um seine eigene „Ruhe“ zu haben, denn das Aufrecht erhalten der Fassade nach Außen aber auch die nach Innen kostet Kraft.
    Man versucht im voraus zu denken um alle Eventualitäten ein zu planen. Kontrolliert,
    um ein gewisses Maß an Sicherheit zu haben, welches aber nie erreicht werden kann. Diese Kontrolle zeigt sich auf verschiedenste Weise z. B. Flaschen verstecken, Alkohol besorgen, Anrufen um den Pegelstand zu testen, zu einer bestimmten Zeit abholen usw. Es wird ein ganz sensibles Gespür entwickelt, feine Antennen fahren aus, andere müssen nicht mehr reden es reichen Gestiken und Mimiken und es wird reagiert. Diese Handlungen werden oft gar nicht erwartet und wir fühlen uns dann schlecht weil es nicht anerkannt wird. Aber wir erwarten auch von unserem Gegenüber das er auch so ein Gespür hat und unsere Erwartungen erfüllt, passiert das nicht sind wir enttäuscht, suchen den Fehler bei uns und das Selbstbewusstsein sinkt weiter.
    Kritik können wir auch sehr schlecht ertragen wir fühlen uns dann persönlich angegriffen. Wir sehen vieles als persönlichen Angriff.
    Das ist mehr als ein Vollzeitjob. Nebenbei muss noch der Haushalt geschmissen werden die Kinder erzogen werden und Arbeiten nicht zu vergessen .Sowie noch alle anderen Aufgaben erledigt werden. Viele Sachen werden selber gemacht damit man sich nicht aufregen muss das sie nicht gemacht wurden und darüber wieder schlechte Laune aufkommt und es einen Grund gibt das der Alkoholiker zum Saufen geht. Was eh sinnlos ist. Man kann sich auf nichts verlassen nur darauf das man sich auf nichts verlassen kann.*g*
    Und da kann ja keine Zeit mehr für uns sein, wir denken das es ohne uns nicht läuft und wenn das wir noch mehr Arbeit haben als vorher.
    Das ganze wird von den Alkoholiker noch geschürt mit Vorwürfen und dem rum getrampelt auf unser eh schon schlechtes Selbstbewusstsein. Denn der Alkoholiker weiß ja auch welche Knöpfe er bei uns drücken muss damit wir funktionieren. Er weiß auch das er ab und zu nett sein muss damit wir nicht auf dumme Gedanken kommen und weiterhin an Liebe glauben und uns nicht ausgenutzt fühlen. Auch schürt er unser Mitleid welches wir sehr oft empfinden mit dieser „Schwachen“ Person. Das macht das loslassen auch nicht einfacher.

    Man schafft es nun kaum noch allein aus diesem Teufelskreis raus ohne Hilfe von Außen. Aber auch dies braucht viel Zeit bis man das erkennt. Da ist das Forum z.B. eine gute Chance, hier kann man lesen und lesen bis einem die Augen aufgehen dazu die Unterstützung wenn man schreibt. Das finde ich sehr wichtig, denn es braucht sehr viel Geduld und es gibt wenig vertraute Menschen für die Co´s und auch deren Geduld ist irgendwann zu Ende.

    Der Freundeskreis der Co´s schrumpft bzw. löst sich ganz auf. Entweder weil sie es nicht verstehen wie man so etwas aushalten kann oder weil man sich schämt. Er isoliert sich und ist immer mehr in dieser falschen Welt.
    Vertrauen kennt der Co nicht wirklich, er sehnt sich danach aber kann es nicht zu lassen, hat es oft schon in der Kindheit nicht kennen gelernt. Dem Alkoholiker kann er auch nicht trauen und anderen schon gar nicht.
    Das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein ist schon meist in der Kindheit nicht richtig gereift. Es fehlte oft Liebe und Nähe genauso wie oft bei den Alkoholikern.
    Es gab keine Anerkennung und Lob.
    Aber jetzt wo man doch so viel macht muss man es doch bekommen und man bekommt es auch aber halt für die falschen Handlungen.
    Wie oft hört man, wie stark man ist, wie toll man das alles managet usw. man fühlt sich wieder gut und macht weiter.
    Aber irgendwann lässt die Kraft nach. Körperliche Beschwerden treten auf. Aber immer wird noch nicht hingeschaut, erst wenn man erkennt das es psychosomatische Erkrankungen sind und ehrlich zum Arzt und sich selber ist kann geholfen werden.
    Das wichtigste ist das man endlich ehrlich zu sich selbst ist und erkennt das man sich selber vergessen hat.
    Co-Abhängigkeit ist eine Vernachlässigung des eigenen Ichs.
    Auch hier gibt es verschiedene Stufen bis hin zum Tod.
    Jeder bestimmt seine Leidenszeit selber.

    Kinder in solchen Beziehungen wird dieses Co- Verhalten als richtig vorgelebt und bekommen auch eine falsche Wahrnehmung.

    So das war es erst mal von mir, es gibt sicherlich noch einiges zu ergänzen.

    Liebe Grüsse
    Elocin

    P.S.
    Hier noch der Link, wie man sich evt. daraus befreien kann.
    https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…topic10509.html

    5 Mal editiert, zuletzt von Anonymous (6. Oktober 2008 um 08:51)

  • Hallo Elocin ,

    ich finde diese Zusammenfassung gut getroffen! In sehr vielen Punkten kann ich mich wiedererkennen.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hi Elocin,

    klasse Zusammenfassung. Für mich ist Co noch etwas unnormal Angelebtes, daß ich nicht mehr loslassen kann, weil ich in meinem eigenen Unverständnis gefangen bin, da ich die Unterschiede zwischen normal und unnormal nicht mehr wahrnehme.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • ich war mal so frei

    Zitat von lumho

    Hallo Elocin,

    ich habe Deine Beschreibung gründlich studiert und gratuliere zu der Darstellung. Du beschreibst das Phänomen Co-Abhängigkeit umfassend und für jeden verständlich. Das hilft sicher jedem Partner eines alkoholkranken Menschen, sich über seine eigene Role klar zu werden.

    Leider hat es meine Frau bis heute noch nicht realisiert, dass sie über viele Jahre auch in diese Rolle hineingewachsen ist. Aber da sie jetzt einer gemeinsamen Psychotherapie zugestimmt hat, habe ich die Hoffnung, dass wir da gemeinsam einen Weg heraus finden.

    Es gibt die Co-Abhängigkeit auch bei Vorgesetzten, Mitarbeitern - oder sogar Therapeuten. Aber in diesem Forum sollten wir ruhig auf die Situation in der Familie und Partnerschaft beschränkt bleiben.

    Mir würde es noch sehr helfen, von Euch Co´s zu erfahren, wie die eigentliche Hilfe in einer Gruppe oder in der Therapie praktisch aussieht. Ist es denn wirklich schon ausreichend, wenn Ihr Euch in der Gruppe gegeseitig Eure Erlebnisse erzählt und dabei das eigene Verhalten reflektiert?

    Liebe Grüße
    lumho-Michael

  • Hallo Michael,

    wenn Du überlegst, welch große Schritte erforderlich waren um eine stabile Trockenheit hinzubekommen und wie hoch das Rückfallrisiko ist, da ist auch viel Co - Trockenarbeit angesagt ist.

    Vor allem hat mir das Forum hier geholfen mein Leben, also mich, zu überdenken und einzustellen. Das ist dann eine nicht endende Story und dauert hoffentlich noch viele Jahrzehnte. Voraussetzung ist das uneingeschränkte „Wollen“, bißchen ist dann eher was runtertrinken, also unbeschränkter Corausch und das bedeutet für beide etwas Radikales.

    Für mich muß heute die Mischung stimmen. Heute war ich beim Therapeuten und nur weniger Sätze sind hängen geblieben, die hatten was, obwohl ich eigentlich schon dachte, was mache ich hier eigentlich.
    Hier schreibe ich manchmal viel und verstehe mich selbst nicht, dann lese ich was und bin genau da wo ich hin wollte und wenn morgen SHG ist, bin ich überzeugt, daß es irgendwo klingelt, vom Zuhören bei den anderen, wir sind da nur 2-5 Leute.

    …„Als meine Frau aus der LZT kam, war sie gut erholt und randvoll mit neuem Input aufgefüllt. Angst machte sich breit, daß sich alles wiederholen könnte, alles von vorne begann und die Angst ging. Ich stelle mir das so vor, daß man in einer Langzeittherapie jeden Tag ein Saatkorn eingetrichtert bekommt, viele kübeln die gleich wieder aus, andere nach einigen Monaten, einige erleben wie sie sich entfalten, wurzeln schlagen, um dann in voller Pracht zu erblühen. Meine Frau blühte, während ich von Blumenladen zu Blumenladen lief und fragte: habt ihr das oder das, hammer nit, kreßte nit, jid et nit, mußte dir backen Jung. Es war was enttäuschend, daß meine Frau alles bekam was sie wollte, ich mußte mir alles backen.

    Ich war schon so lange hier, getrennt, bereit zur Scheidung, da kommt meine Frau und zieht an mir vorbei wie der Wirbelwind. Da war plötzlich weder zu begreifen was mir fehlte, noch warum es bei ihr so ab ging. Extrem ausgedrückt, waren wir vorher zwei Durchgeknallte und jetzt wo all das Durchgeknallte weg war, knallten wir wieder durch.

    Wenn Zwei zusammen sind, dann sprechen sie eine Sprache, sie verstehen sich, irgendwann nicht mehr. Selbst wenn sie es beide wieder wollen, verändert jeder Lernschritt etwas die Sprache, wenn der Partner trocken wird, seine Denke ändert, der Co sich ändert, dann sprachen wir jeder was anderes, mal chinesisch, mal kölsch, mal badenserisch, mal icke, mal insulanerisch, da schauten wir uns eben nur dumm an, dachten ballaballa und verstanden uns nicht.“

    Dann wird gelegentlich gefragt, ob es nichts Positives zu berichten gibt, in der Form yuhuh, wir sind wieder ein tolles Paar mit allem drum und dran und und und. Vielleicht anders: Alk weg, Qualm weg, Cholesterin runter, Bauch weg, noch was Sport, geht doch und die blöden Liebesgedanken aus dem Hirn, weg mit der Lust oder dem Wunsch nach zugelassener Nähe und in 1 Jahr oder in 2 sehen wir noch mal nach was gebacken ist. Wenn alles schön gebacken ist, dann kann dat wieder wat werden. Glaubt es, ich kann auch mit dem Backofen umgehen, grillen, braten, backen. Mal kurz die Oberhitze auf Umluft umgestellt und am Thermometer was gespielt, schon ist das Ding in die Hose gegangen, verkokelt, eben durchgeknallt.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • hallo ecolin!
    das zauberwort heisst für den co, wie auch für den alk kapitulation.
    um dies zu können geht man meist durch das tal der tränen.

    dein tread ist eingutes thema für eine SHG
    gruss heinrich

    Der Mensch muss sich verändern wollen.
    Sonst ist jedes Bemühen sinnlos, jedes Wort zuviel und jede Anstrengung vergebens.

  • Zitat

    Wie "beziehungsfaehig" sind denn CO-Abhaengige in einer solchen Situation?

    Ich kann da nur von mir sprechen:

    Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht, ob ich überhaupt noch beziehungsfähig bin. Ich habe außer dieser Beziehung/Ehe eigentlich nichts anderes kennengelernt (von ein paar kleineren "Jugendlieben" mal abgesehen). Kann ich überhaupt mit einem Partner umgehen, oder werde ich immer versuchen, ihn mir zurechtzubiegen? Wenn es beim nächsten Mal nicht der Alkohol ist, ist es vielleicht was anderes, was mich stört.
    Gibt es die Liebe, wie ich sie mir vorstelle, vielleicht gar nicht, ist Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz vielleicht nur eine Illusion für mich? Kann ich das vielleicht gar nicht geben? Ich hoffe, daß ich das noch rausfinden darf. Denn ich war ja in der Parnterschaft genauso egoistisch wie er. Er, weil er nicht aufhören wollte, zu trinken und ich, weil ich mich nicht damit abfinden wollte und zur Bedingung gemacht habe, daß er sich ändert. (Auch wenn ich der festen Überzeugung bin, daß es sich bei mir um den gesünderen Egoismus handelt)
    Oder kommt man als Co, trotz seiner schlechten Erfahrungen nicht viel eher wieder an einen nassen Alkoholiker?
    Ich hoffe, irgendwann Antworten auf diese Fragen zu finden.

    Liebe Grüße Lenjana

  • Liebe Elocin,

    die Zusammenfassung von Dir ist sehr gut und ich denke jeder von uns Co's sollte darueber auch ab und zu mal nachdenken und sich bewusst werden, was wir genau dort machen.

    Ich denke auch nach wie vor, dass man ein besseres Augenmerk auf die Angehoerigen werfen sollte, denn gerade als Co mit einem nassen Alkoholiker bilde ich eine sehr grosse Abhaengigkeit, die Krankheit des Alkoholikers verschmilzt mit der Krankheit des Co's und bildet eine ziemlich kranke Symbiose. Es ist wie ein Kreislauf und eher wie ein Teufelskreis, in den wenigsten Faellen geht die Initiative vom Alkoholiker aus, diesen Kreislauf zu unterbrechen und selbst wenn der Co diesen Kreislauf unterbricht, heisst es meistens, dass die Partnerschaft komplett beendet ist.

    In meinen sehr aktiven Co-Zeiten wollte ich immer wieder Bestaetigungen hoeren, dass es mir besser geht, wenn ich mich trennen, ich wollte am liebsten mein ganzes Sorgenpaket auf jemanden abladen und hoffen, dass es fuer mich erledigt wird. Aber jeder von uns muss da alleine durch und jeder von uns Co's schoepft immer wieder Hoffnung, dass wir eine Ausnahme bilden und "unser Alki" von selbst drauf kommt und sieht wie wir leiden. Unbewusst befand ich mich in einer Opferrolle, Mitleid von Freunden, Familie etc. hat mich immer wieder aufgebaut, aber mir nicht wirklich geholfen mein Problem auch aktiv anzugehen. Es dauerte lange zu sehen, dass ich mir das alles eigentlich selbst eingebrockt habe und die Liebe hab ich als Entschuldigung vorgeschoben, um beim Partner zu bleiben. Viele von uns entschuldigen das mit Liebe und viele von uns denken, wenn sie diesen kranken Partner verlassen in all seiner Krankheit, dass sie schlechte Menschen waeren. Einige von uns sind verheiratet und da kommt zum Teil sogar der Spruch: In guten wie in schlechten Zeiten. Aber da muessen wir uns fragen, ob wir wirklich dem Partner dabei helfen vollkommen zu erkennen, wenn wir einfach bei ihm bleiben und ihm ein normales haeusliches Leben vorleben.

    Es ist ein Teufelskreis und wir Co's muessen lernen diesen zu durchbrechen.

    Alles Liebe,

    Jenny

  • ach, jenny, wie sprichst du mir aus der seele, das mit dem "schlechter mensch" sein, wenn wir den partner verlassen oder hart zu ihm sind...

    man will ja nicht "schlecht" sein, man will doch helfen, wenn man sieht, dass einer in not ist und man sieht gar nicht (ein), dass man selbst auch in einer not steckt und sich genau wie der partner da nicht raushelfen lassen will, nicht die arme ausstreckt zu den personen, die oben am "loch" stehen und den arm zur hilfe strecken

    weil wir immer denken, dass wir die "nichtabhaengigen" sind und so mit dem helfersyndrom beschaeftigt sind, dass wir die realitaet nicht mehr sehen

    was kostet es uns an ueberwindung und kraft, sich das selbst einzugestehen und dann die ersten schritte wieder alleine zu gehen und einzusehen, dass jeder tatsaechlich ALLEINE da durch muss, jeder ist seines glueckes schmied, wie wahr das doch ist... jeder geht alleine durch seine abhaengigkeit, egal um welche es sich handelt...

    die verantwortung fuer ein anderes leben, sprich dem alk-abhaengigen partner, zu uebernehmen, war fuer mich nie eine schwierige sache, aber die verantwortung fuer mein eigenes leben zu uebernehmen, kommt mir vor wie ein fast unbeweglich riesiger felsbrocken, weil ich mich oft dazu nicht in der lage fuehle...

    mir hilft dieses forum sehr

    wenn ich auch keinen anderen menschen "retten" kann, habe ich doch in der hand, mich selbst zu retten... und somit wieder kraft zu erlangen fuer andere, die hilfe moechten

    lg
    daffi

  • Liebe Elocin, Jenny und alle, die hier geschrieben haben: Ich habe erst jetz diesen Thread durchgelesen und alle Punkte treffen auch auf mich zu. Ich habe auch gehofft, dass mein Partner selber auf einmal merkt, dass es so nicht weiter geht. Aber das ist nie passiert.
    Ja, ich bin auch Co. und auch mit Schuld, aber ich will mir kein schlechtes Gewissen einreden lassen. Diese blöden Spruch "in guten wie in schlechten Zeiten", den konnte ich mir auch von meinem Ex anhören. Das sind doch nur platte Wörter, ohne Sinn und Verstand, die jemand sagt, weil ihm nichts besseres einfällt.

    Was für alle Cos auch ein eindeutiges Zeichen ist, auf einmal ist die Achtung in einer Beziehung nicht mehr das. Man wird vom Partner nicht mehr mit REspekt behandelt und man selber hat es auch immer schwieriger, seinen Partner respektvoll zu behandeln, weil man jeglich Achtung vor ihm verliert, wenn er mal wieder zu ist.

    Ist dann noch Liebe da? Ich glaube eher nicht, man hat Mitleid mit ihm und sich selber liebt man schon lange nicht mehr.
    LG
    Olympia

  • Das kenne ich auch alles, meine Mutter ist immer noch stolz darauf, bei ihren Männern ausgehalten zu haben. Sie wäre noch mit dem Letzten zusammen, wenn er nicht frühzeitig durch seine Alkohlkrankheit gegangen wäre. Sie meint, nicht so empfindlich zu sein wie ich, bei ihr ging es hier rein und dort raus...))) Sie fühlt sich als nette u. gute Frau und nicht als eine Freche, das sind in ihren Augen diejenigen mit eigener Meinung.

    Und dann der liebe Bekanntenkreis, so nach dem Motto hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Wenn der nun aber säuft, muss es an der Frau liegen, weil sie sich nicht genügend kümmert, bzw. aufpasst, wie oft ich das gehört habe. Andere Frauen meinten, Du bist viel zu weich und gutmütig, ich hätte den im Griff!

    Mir ging die ganze Zeit ein Satz von S. Käferchen nicht mehr aus dem Kopf, er lautet: ein klares Ja zu mir und ein klares Nein zum Alkohol.

    Dieses klare Ja hatte ich nicht, vielmehr habe ich mich mit einem Kompromiss arrangiert. Der zeitweise zufriedenstellend wirkte. Fragte mich, wieso liebe ich einen Mann, der mich teilweise leidenschaftlich liebt für ein paar schöne Tage, dann folgen Ausbrüche gepaart mit Beleidigungen. Wenn eine andere Frau mich derart beleidigen würde, hätte ich keine Sympathie für sie.

    Nachdem der Meinige nun am Wochenende unbegründeten Streit anfing und anschließend tief beleidigt zu einer befreundeten Afrikanerin in die Wohnung lief, um sich dort in ihrem Bett auszuschlafen, mich später anrief, um mich davon in Kenntnis zu setzen, weil es Frechheiten von meiner Seite aus gegeben hätte, war für mich das Maß voll. Ich habe kurz entschlossen gesagt, er solle seine letzten Sachen hier abholen und gleich dort bleiben.
    Nun spielt er den Beleidigten mit dem Vorwurf, ich hätte ihn in die Obdachlosigkeit getrieben und will auch mit mir nichts mehr zu tun haben!

    Einen Tag lang war ich wütend, traurig und unsinngerweise auch enttäuscht, was habe ich anderes erwartet?

    Als ich gestern nach dem Besuch meines Sohnes durch das Krankenhausgelände lief, kamen Gedanken hoch, dass in diesen Gebäuden viele Menschen liegen, die nichts weiter als ihr Leben begehren. Und ich? habe ich nicht mein Leben und bin auch noch gesund! Kann alles, was mir beliebt, mit dem Rest des Abends anfangen, bin frei und eigenverantwortlich, auch sorgenlos. Keine Verpflichtungen mehr, keinen Kummer, keinen Stress, keine destruktiven Vorwürfe. Es war, als würde mich eine Kraft durchdringen, sie zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht, und ich ging festen Schrittes aufrecht in mein neues unbekanntes Leben. Habe für meinen Enkelsohn eine hübsche Geburtstagskarte besorgt und mir beim Asiaten gebratene Nudeln mitgenommen. Zu Hause als kleine Zereomonie mit vielen Kerzen genussvoll verspeist. Diese Stimmung hielt den ganzen Abend an.
    Eine leichte Traurigkeit ist noch vorhanden, es macht sich im Gegenzug eine große Erleichterung breit.
    Nachts im Bett gingen mir Gedanken durch den Kopf, wie ein passender Mann sein sollte, es stellt sich auch für mich die Frage, ob ich überhaupt noch beziehungsfähig bin?

    Lieben Gruß Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Hallo Hope,

    ich glaube fast, dass jede Frau sich geschmeichelt gefühlt hätte, wenn ihr gesagt wird, ohne Dich hätte ich es nicht so weit geschafft. Es gibt auch noch diesen Spruch: Die Größe einen Menschen liegt im Verzeihen.

    Aber auch das Verzeihen hat seine Grenzen. Für mich macht es keinen Sinn, aus Liebe krank zu werden. Die Liebe hat einen anderen Sinn, durch sie soll man aufblühen, gestärkt werden, sich vertraut und geborgen fühlen, mit dem Partner gemeinsam wachsen. Vor allem in der eigenen Persönlichkeit voll und ganz angenommen werden. Die Krankheit fängt schleichend an mit der Selbstverleugnung der eigenen Gefühle und Bedürfnisse, das Schönreden, letztlich in einer Traumwelt lebend, weil nur diese noch ertragbar ist. Dann stellen sich die körperlichen Symptome ein bis hin zu Magengeschwüren und Depressionen. Wir laufen zu Ärzten und Heilpraktikern in der Hoffnung, von unseren körperlichen Leiden geheilt zu werden und übersehen dabei, wo die Ursache sitzt.
    Meine ältere Mutter ist heute immer noch eßsüchtig, sie wurde nie satt im Leben und weiss mit fast 83 Jahren nicht, welche eigenen Bedürfnisse sie hat, weil sie niemals ihr Leben, sondern immer das der anderen gelebt hat.
    Wenn ich das vergleiche, sehe ich, dass ich auch nah dran war, diesen Weg zu beschreiten. Meine Blasenschwäche sagte mir, dass ich den Druck nicht mehr aushalte, meine ständig verklebten Ohren, dass ich vieles nicht mehr hören kann und will. Vom Kopf her konnte ich mir sagen, die Verletzungen und Beleidigungen des Trinkers nehme ich nicht mehr persönlich, dennoch hinterlassen sie ihre Spuren.

    Ich wollte ihn vor bestimmten Frauen schützen und lebte ständig in der Angst, dass er gerade bei diesen schwach werden könnte. Heute sehe ich es so, dass es einen Sinn macht, womit er konfrontiert wird, und dass ich ihm seine notwendigen Erfahrungen nicht ersparen kann.

    In meinem Flur stehen noch zwei Beutel mit seinen Sachen, die er schon vor Tagen abholen lassen wollte. Ich hatte ein Alkohol Buch hineingelegt mit einer Widmung, dass ich ihn in Liebe loslassen muss, habe dieses Buch gestern Abend wieder herausgenommen, es ist mein Weg, nicht seiner. Gestern Abend ging wieder viele Male meine Handy, er hatte mich Vorbeigehen sehen, als er in seinem Krug saß, betrunken kam wohl wieder die Sehnsucht hoch. Wir waren uns oft ganz nach und doch so fern. Bin einmal ans Handy gegangen und habe kurz gesagt:" Ich habe Dich geliebt und kann nun nichts mehr für Dich tun, Du kannst mich morgen tagsüber erreichen". Dann habe ich das Handy ausgestellt.

    Danke fürs Teilen
    LG Laurina :wink:

    Hinter jeder Sucht steht eine Sehnsucht, hinter jeder Sehnsucht steht eine Hoffnung.

  • Wisst Ihr, was für mich Co ist - einfach nur von den Stimmungen des anderen abhängig zu sein! Egal, welche anderen Handlungen damit verbunden sein könnten: wenn ich von den Stimmungen einer anderen Person so leicht zu beeinflussen bin und mich selber nicht mehr spüre oder verliere, dann bin ich nicht mehr autonom, und somit co-abhängig.

    Ich habe keine Hilfestellung für meinen schluckenden Ex-Freund getätigt. Aber: war er schlecht gelaunt, litt ich - somit war ich nicht durch meine Stimmung zu manipulieren sondern durch seine!!! Mit dieser Grundvoraussetzung ist dann abschließend jede coabhängige Handlungsweise möglich.

    Verzeihen ist wunderschön - für uns selber - weil wir somit uns verzeihen können. Wir können dem anderen verzeihen und uns endlich nicht mehr um sein Handeln drehen. Verzeihen heisst ja nicht mit ihm nun freundlichen Kontakt zu hegen, oder? ich versuche für mich ihm zu verzeihen dass er ein respektloser "Arsch" ist und gebe mir Mühe, ihn mit meinem "Arsch" nicht mehr anzusehen!

    Pardon, aber mir fiel kein besserer Vergleich ein ;)

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Servus Hans,

    große Worte, gelassen ausgesprochen: dass man im grunde versucht das leben des trinkenden mit zu übernehmen.das man sein leben und das leben des trinkenden "verwaltet"?

    Ja, leider, das sind auch Kennzeichen der Co-Abhängigkeit. Wobei die Grenze zwischen Beziehungssucht - Gefallsucht - Coabhängigkeit recht fließend sind. Es sind halt alles Suchterkrankungen.

    Bei Kindern aus Alkoholikerhaushalten (= mindestens ein Elternteil suchtkrank) geht das häufig in die Richtung, dass Kinder gezwungen sind (aus Selbsterhaltung!), "Verantwortung" für Ihre Eltern oder den kranken Elternteil zu übernehmen.

    Somit ist eine kindgerechte Entwicklung, die von einer Verlässlichkeit der Eltern und einem Urvertrauen des Kindes geprägt sein sollte, nicht möglich. Diese Kinder sind dann sehr oft schon "kleine Erwachsene".

    Die entsprechenden Defizite kommen oft erst Jahre später für die betroffenen kinder "zum Vorschein", nämlich wenn es um Themen wie Partnerwahl und Ausleben von Beziehungen geht.

    Lies Dich doch auch mal durch die Rubrik der erwachsenen Kinder hier im Forum durch, vielleicht entdeckst Du da ja noch mehr Parallelen als im Coabhängigen-Bereich.

    LG
    Spedi

  • In Sachen "zutreffende Punkte" sind es bei mir nur ein paar wenige, diese aber sind in der Lage gewesen mein komplettes Leben auf "negativ" zu stellen, da ich meine Stimmung abhängig machte von der des alkoholkranken Partners.

    Wie liebesfähig ist man-/frau als Co noch? Ich war es nicht mehr! Ich fand es übel, dass er jeden Abend nach dem heim kommen in seine Räucherhöhle ging und das erste Bier schluckte. Da war es schon aus mit der Freude des Heimkehrers. Geschluckt bis zur Müdigkeit, vor dem Fernseher einschlafend, zuvor aber noch auf lallend und fordernd auf Sex hinweisend. Bei mir gab es keine Liebe, keine Zuneigung und nur negative Gefühle. Peinlich für mich, aber es war so!

    Ich war nicht liebesfähig - wohl auch nicht liebeswillig. Auch gab es nur einen abschließenden Hinweis auf seinen Alkoholismus, in Wort und Bild und den passenden Worten. Da nun beendete er die Beziehung und suchte sich die nächste bereite Co, die selber eine Alkoholikerin ist.

    Umso weniger verstehe ich dass es mir nun schwer fällt, das von mir provuzierte Ende so anzunehmen, wie es gut für mich ist. Ich muss ihm dankbar sein, wie er sich verhalten hat - wie entgegen allen sozialen Regeln er das Ende bereitet hat um zu wissen, dass er nicht beziehungsfähig ist (ebenso wenig, wie ich es ihm gegenüber war).

    Er wird mein Leben nicht weiter begleiten - die Krankheit Co sehr wohl - somit heisst es für mich nun Arbeit an mir.

    Herzlichen Gruß von Dagmar

  • aber wie kann es sein, das wenn du gar nicht mehr liebesfähig warsd, noch bei ihm geblieben bist?? hattest du da kein eigenes denken mehr für dich?? anscheinend gab gar keine schönen momente mehr, die euch zusammenhielten, bei mir ist es so, das ich mich an diesen momentan festhielt/halte.

    hast du das immer noch in deinem kopf. wahrscheinlich ist das wichtigste das man sich klar wird, das der andrere für einen nicht gut ist. und man alleine besser dran ist. dir muss es doch jetz besser gehn, wenn du weißt das er dich nicht mehr stören wird??


    eine frage noch an alle:

    kann man eig auch co abhängig sein, wenn man mit der person weder zusammen ist, noch verwandt, und man diese person eig nicht oft sieht??
    ich fühle mich nähmlich nicht wirklich als eine co.
    weil ich ihn nicht oft sehe, viell 1 mal pro woche, mal öfter mal weniger (je nachdem ob wir kontakt haben). dadurch hat man doch eig mehr abstand?? wobei ich scho zugebe zieml oft an ihn zu denken.

  • Wie kann es sein das man/frau bleibt? Bequemlichkeit, Angst vor dem neuen, finanzielle Probleme, die einen Umzug unmöglich machen, die von mir betreuten Streunerkatzen, alles das gibt einen Verbleib, der die Seele krank macht.

    Ich habe es im Kopf dass er nicht gut für mich ist, bzw. wir nicht zusammen passen. Mir ist klar, dass unsere Welten so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht. Dennoch beschäftigt mich das alles noch. Und sei es derzeit nur dadurch, dass er mit Terror droht, den dann meine neue Nachbarschaft mit erleben muss. Somit stört er weiter mein Leben und noch bin ich nicht zur Ruhe gekommen. Ich gebe ihm die Macht diese Ruhe zu verhindern und muss noch lernen, ihm mit dem Zauberstab "simsalabim" diese Macht zu entreißen.

    Co-Abhängig - ich weiß nicht, ob das an eine Person gekettet sein muß. Ich könnte mir vorstellen, dass ein überdimensionaler Wunsch zu helfen auch Co-Abhängigkeit sein kann ohne an eine spezielle Person gekoppelt zu sein. Quasi immer den Retter spielen zu wollen, die gute Seele, die andere aus der Misere holt.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Zitat von dagmar007


    Co-Abhängig - ich weiß nicht, ob das an eine Person gekettet sein muß.

    Hallo Dagmar,

    wie wäre es mit der eigenen Person, nur ich kann mich von anderen abhängig machen, mit allen anhängenden Rattenschwänzen.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

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