Hallo zusammen,
ja, ich gehöre wohl auch mit zum weiten Feld der Co Abhängigen, hätt ichs gedacht?
Bis vor zwei Monaten war ich zwei Jahre in einer Partnerschaft mit einem anderen, gleichaltrigen, ein paar KM entfernt wohnenden Mann. Dann habe ich mich aus reinem Überlebenstrieb aus der Partnerschaft gelöst. Der letzte Tropfen, der das mit vielen anderen Tropfen bereits gefüllte Faß zum Überlaufen brachte, war der Werktagsabend, an dem ich spontan (da gerade in der Nähe) jedoch mit telefonischer Ankündigung beim ihm auftauchte. Er war betrunken, ein Gespräch war nicht möglich obwohl er sich bemüht zeigte, das Gespräch mit mir zu führen.
Ich wollte ihm nämlich erzählen, daß ich vorher einen Freund getrofffen hatte, da ich nicht mehr ein und aus mit meinen negativen Gedanken zu meinem Leben, der Partnerschaft usw. wußte. Der Freund sagte einen Schlüsselsatz, nämlich daß er nicht glaube, daß ich depressiv sei (was ich nicht mehr ausschließen konnte) sondern daß ich vielleicht sehr unzufrieden sei. Ja, da konnte ich zustimmen, ich war sehr unzufrieden da ich in den vielen Tropfen Unzufriedenheit, die der Partnerschaft mit meinem Partner entsprangen, zu ertrinken drohte. Leider war mein (Ex?) Partner an Abend zu betrunken, ob das zu verstehen. Am nächsten Morgen sagte ich ihm, daß es nicht normal ist, Werktags betrunken zu sein und wiederholte, was ich schon einige Male zuvor gesagte hatte: ich will keinen Partner mit Alkoholproblem.
Mit der Möglichkeit, daß ich vielleicht "nur" total unzufrieden war kam die Erkenntnis, daß ich dann doch etwas ändern können muß um die Unzufriedenheit hinter mir zu lassen. Ich ging am übernachsten Tag zur offen Beratungsstelle der Caritas, um mich dort als Co Abhängiger vorzustellen und um Rat zu bitten. Am wichtigsten war mir: ich beschrieb der dortigen Psychologin, welches Trink und Sozialverhalten ich bei meinem Partner beobachtet hatte und bat um eine Einschätzung, ob man daraus schließen könne, daß mein Partner ein Alkoholproblem habe. Die Antwort war eindeutig positiv. Das war für mich eine große, große Erleichterung, mit einer Fachkraft zu sprechen, offen, anonym, auch weinen zu dürfen, und Gewißheit zu erhalten, die mir sonst keiner geben konnte. Am selben Tag habe ich per SMS eine 8-tägige Kontaktsperre zum Freund ausgerufen, dich ich danach noch um 14 Tage verlängert habe und die bis heute anhält..... Eine gute Entscheidung. Endlich kam ich wieder etwas zu mir und konnte mich etwas befreiter einer wichtigen, mich betreffenden Berufsentscheidung widmen, die einen Ortswechsel bedeuten wird und in den mein Partner beidseitig irgendwie ....mit eingeplant war (wenn die Einplanung seinerseits aus meiner Sicht mit Flucht aus seinem derzeitigen Lebensumständen zu tun hatte).
Ich bin noch zwei weitere Male zur Caritas gegangen, das war für mich sehr sehr wichtig, Himmel sei Dank für diese Einrichtung und diese tolle Psychologin. Meinen Partner habe ich seitdem zwei Mal gesehen, technische Treffen, wir sind jetzt wohl getrennt. Er hat sein Alkoholproblem zugegeben, wenn zwischenzeitlich auch mal widerrufen ("die Blutwerte sind doch ok"). Er kann nicht über seine Gefühle sprechen, sehr konfliktscheu, inaktiv, noch verkopfter als ich, Schneckenhaus. Er will aber keinen kalten Entzug, hat sich bei der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung beraten lassen, Termin bei der Diakonie...aber das interessiert mich im Moment nicht wirklich.
Mir gehts um mich: wie konnte das passieren? Warum habe ich wiederholt einen Partner mit einem Alkoholproblem gehabt? (nebem dem einen manisch depressiven....)? Warum merke ich nicht rechtzeitig, wenn mir eine Beziehung nicht gut tut? Warum rede ich sie und meine Gefühle schön? warum setze ich meine eigenen Interessen zurück und warte oft auf die Zustimmung des Partners (der in diesem Fall selber kein "Macher" ist) und warte und warte und warte und werde darüberhinaus ganz passiv, gehe nicht mehr meinen früheren Freizeitaktivitäten nach, weil doch mit ihm zusammen alles viel schöner wäre - nur leider kam es so selten dazu. Ich wurde versetzt (weil er betrunken war), am WE mußte er immer irre lange schlafen wo ich früh etwas mit ihm unternehmen wollte. Jahrestage und Geburtstage und daß man da mit besonderer Aufmerksamkeit dem Partner gegenüber ist, das gabs für ihn nicht, obwohl ich es ihm gegenüber war. seine abendlichen Anrufe, bei denen er manches mal beschwippst war, er sich ständig wiederholte, er Sachverhalte nicht mehr begriff, sich daher bei ihm Mißverständnisse bildeten, über die er aber nicht sprach und er mir diese Wochen später vorhielt; wenn wir uns in meiner Stadt trafen ging es immer gleich in die Kneipe, schnell 3-4 Glas Wein; ich kann mich an keinen gemeinsamen Tag erinnern, an dem er nicht trank, schrecklich; bei Straßenfesten usw.; irgendwann schmeckte mir selber der Alkohol nicht mehr. Mittlerweile verstehe ich auch, warum er mich mal beschimpfte, er und seine Freunde würde mich als ---Fremdkörper--- empfinden - klar, weil ich den Alk zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr so toll fand.
Aber was hat das mit mir zu tun? Um das besser zu verstehen bin ich jetzt hier und begebe mich auf die Reise der Erkenntnis. Habe vorhin wo angerufen, wo therapeutisches Tanzen angeboten wird (8 Abende), ich glaube das wäre jetzt genau das richtige für mich, um wieder besser meine Mitte zu finden. Eine Psychotherapie erwäge ich nicht wirklich, kenne mich damit auch nicht aus. Mir gehts erstmal darum, mich zu stabilisieren (da bin ich auf dem besten Weg, auch nachdem ich mir mehrere schöne Tage in der Therme mit Massage gegönnt hatte um wieder ein besseres Körpergefühl herzustellen) und zu erkennen, warum ich Co Abhängigkeitsstrukturen habe.....ich hätts nie gedacht...
liebe Grüße
Rhein