Ich erzähle hier jetzt einfach mal, was ich auch im Vorstellungsstrang geschrieben habe. Die Geschichte ist nicht neu und ist hier oft zu finden. Aber ich suche auch noch Wege, um mit der ganzen Geschichte umgehen zu können. Oder vielleicht auch zukünftig einen Weg zu finden.
Erst mal zu mir. Ich komme an und für sich gut mit meinem Leben zurecht. Mein Job macht mir Spaß, im Großen und Ganzen komme ich mit der Kohle zurecht, kenne aber auch finanziell "unangenehmere" Zeiten und habe mich da allein rausgewurstelt. Ich bin sportlich, versuche, meine Träume zu erfüllen, arbeite dafür recht viel, Kollegen und Freunde haben mich gern. In meiner Familie ist nie viel getrunken worden. Obwohl sie recht groß ist, hat keiner Alkoholprobleme, auch wenn auf jeder Feier sicherlich getrunken wird.
Soweit ist dann alles gut. Aber dann würde ich mich ja hier nicht anmelden. Ich habe zu Alkohol immer ein eher lockeres Verhältnis gehabt. Eigentlich immer nur auf WE und auf Parties - dann kam das gute Glas Wein vor dem Fernseher dazu, das sich dann aber mit der Zeit zu einer Flasche auswuchs. Ich denke, die letzten Jahre kann man getrost mit "gefährlichem Komsum" beschreiben. Ein ungutes Gefühl bzw. ein schlechtes Gewissen hatte ich schon länger, aber andererseits - man kennt ja immer dann doch Leute, die wesentlich mehr trinken und die haben ja auch kein Problem.
Ich habe dann vor zwei Jahren meinen jetzigen Freund - bzw. meinen jetzigen Ex-Freund - kennengelernt. Natürlich in der Kneipe und wir waren beide stark angetrunken. Die erste Zeit war toll - wir waren sehr ineinander verliebt. Dann aber zogen die ersten Wolken am Horizont auf.
Mir fiel auf, dass er doch wesentlich mehr trank als ich. Abends immer 4 bis 5 Flaschen Bier, am WE kamen oft Wodka oder sonstige Kurze dazu. Am We waren wir immer in irgendwelchen Kneipen und es ging meistens richtig lange und war richtig feuchtfröhlich. Recht bald find das an, mich zu beunruhigen. Ich versuchte als Reaktion meinen Komsum zu reduzieren, quasi als Beispiel voranzugehen. Aber das hat nicht geholfen. Tagsüber hatte ich sowieso nie gerne Alkohol getrunken und ich war auch nicht glücklich, wenn wir nach dem Einkaufen dann erstmal zum Frühschoppen mussten. Ich ging aber davon aus, dass die Sache "wohl schon noch irgendwie OK" ist - ich habe ja selber nie auf "das Zeug gespuckt". Wie will man schließlich etwas sagen, wenn man sich abends doch auch regelmäßig seinen Wein trinkt - oder am WE auch gerne auf die Pauke haut? Irgendwann habe ich auch mal versucht, das Trinkverhalten anzusprechen. Mit dem Erfolg, dass mir bedeutet wurde, ich würde ihm seine Bier nicht gönnen, andere hätten das auch schon versucht und die hätte er ja alle abgeschossen. Also habe ich nichts mehr zu dem Thema gesagt und die Augen verschlossen. Ja, so muss man es sagen.
Nach einem heftigen Rausch seinerseits (ich war auch nicht nüchtern), machte er mir aus mehr oder weniger nichtigem Anlass eine gewaltige Eifersuchtsszene und es kam zum totalen Bruch. Ich war vollkommen fassungslos. Nach mehreren Monaten haben wir uns dann wieder gesehen und versöhnt. Aber jetzt konnte ich nicht mehr übersehen, dass er viel zu viel trank. Kam man Mittags in seiner Wohnung an, war er schon vom Wodka betrunken. Ich reduzierte im Gegenzug wieder meinen Konsum. Nach einem peinlichen und für mich erniedrigenden "Auftritt" seinerseits auf einem Betriebsfest (meiner Firma) kam es nach einem Streit zum erneuten Bruch. Wieder war er betrunken - ich dagegen schon nüchtern. Damals hatte ich schon meinen Konsum quasi auf Null reduziert, wenn wir gemeinsam etwas unternommen haben. Ein untauglicher Versuch, seinen Stimmungsschwankungen entgegenzuwirken. Wenn er etwas getrunken hat, dann kann die Situation jederzeit, aber auch jederzeit umschlagen. Man kann dann auch tun, was man will, es gibt keine Taktik, die daran etwas ändert. Aber das weiß ich auch erst jetzt. Immerhin - nach diesem Abend wusste ich wo der Hase lief. Man konnte es nicht mehr übersehen. Mir war für mich dann aber auch klar, dass es mit uns nicht geht, wenn er trinkt.
Nach einer mehrmonatigen Funkstille haben wir uns dann wiedergesehen. Er hatte mit dem Trinken aufgehört, hatte sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf gezogen und einfach so aufgehört. Ich war begeistert. Das Ganze ging dann mal eine Woche, dann brach wieder alles zusammen. Er wollte allein sein, mich nicht sehen. Mir war schon klar warum. Nach ein paar hässlichen Szenen, die sich dann bei späteren Wiedersehen abspielten, war erst einmal Funkstille.
Nach einem halben Jahr meldete er sich dann im Sommer wieder. Ich hatte in der Zeit meinen eigenen Konsum mehr als halbiert. In der Woche gab es schon keinen Alkohol mehr, getrunken habe ich nur noch am WE und dann auch schon mäßig. Er dagegen war total eingebrochen. Ich fuhr zu seiner Wohnung und dann mit ihm ins Krankenhaus. Er entgiftete, ich besuchte ihn jeden Tag im Krankenhaus, danach ging er in die Reha. Wir hatten viele gute Gespräche, waren vielleicht zum ersten Mal richtig ehrlich miteinander, klar - zum ersten Mal waren wir wohl durchgehend beide nüchtern. Er hatte so viele Pläne in der Reha.
Aber dann wollte er aus diversen - teilweise nachvollziehbaren - Gründen den stationären Aufenthalt nicht mehr fortsetzen. Ich war aber dagegen, dass er abbrach. Das habe ich auch deutlich gesagt. In der Zeit, in der er in Reha war, hatte ich dann übrigens seine Bude wieder bewohnbar gemacht. Ob das richtig war oder nicht, das frage ich mich bis heute. Aber ich hätte ihn in dieses Drecks-Loch nicht zurücklassen können. Da hätte jeder zur Flasche gegriffen...
Als er wieder zurück war, haben wir uns noch einmal gesehen, dann "wollte er wieder allein sein". Ich konnte nicht glauben, was passiert, habe immer noch gedacht, vielleicht braucht er ja auch nur Zeit, um zu sich selbst zu finden. Aber von seinen Plänen war nichts mehr zu hören, ganz im Gegenteil, er machte alles wie früher: Sich in der Bude verschanzen, fernsehen, Internet. Und das war es.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich dann schon hier viel im Forum gelesen. Habe gelesen, wie es anderen Frauen oder Freundinnen von Alkoholikern gegangen ist. Konnte mich in vielen Geschichten wieder finden. Es war für mich sehr hilfreich zu sehen, dass ich nicht allein in der Geschichte bin. Das so etwas anderen auch passiert. Das ich nicht die einzige Doofe bin, die glaubt, dass es doch noch ein gutes Ende gibt. Ich habe auch gelernt, dass ich so gut wie nichts an seinem Verhalten ändern kann. Ja, vielleicht unterstützen, Mut machen, nach Vorne sehen. Aber man kann niemanden "retten". Das habe ich anfangs tatsächlich geglaubt.
Irgendwann kam dann eine mehr als hässliche Mail von ihm. Er hat sehr deutlich alle Brücken verbrannt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon komplett aufgehört, Alkohol zu trinken. Ich denke, dass es die Mail zumindest schon alkoholisiert geschrieben hat. Hässlich wird er immer nur dann, wenn er getrunken hat. Nüchtern kenne ich ihn nicht so.
So oder so, ist jetzt erst mal wieder alles zu Ende. Natürlich könnte ich mir jetzt den ganzen "Zirkus" hier sparen. Aber ich glaube nicht, dass es damit jetzt gut ist. Ich glaube, dass er früher oder später wieder ankommt. Sei es weil er wieder Hilfe braucht, oder sei es, weil er wieder aufgehört hat. Ich habe ihn zufällig in den letzten Tagen getroffen. Er ist wieder spindeldürr - so wie damals, als er in die Entgiftung musste - und hat gerochen wie ein - Entschuldigung - Penner. Nach dieser Kombination aus uraltem kaltem Rauch, Muff und Dreck und dabei war er immer so ein gepflegter Mann. Er hat an dem Abend nicht getrunken, aber was muss das denn schon heißen?? Vermutlich versucht er mal wieder aufzuhören. Vielleicht ist der Vorsatz aber auch schon wieder durch.
Ich weiß, dass es mit uns nicht geht, wenn er trinkt. No way. Aber was ist, wenn er wieder aufhören will? Wie weit gehe ich, will ich gehen, kann ich gehen?? Was kann ich erwarten, womit muss ich rechnen? Wann muss ich final sehen, dass das alles vielleicht doch überhaupt keinen Sinn hat? Zu diesen Fragen erhoffe ich mir hier im Forum Unterstützung - sicherlich keine Antworten, das wäre zuviel verlangt. Manchmal ist es vielleicht auch nur gut, sich einfach mal auszuschreiben und zu wissen, dass andere da sind, die die Situation verstehen können und wissen, wie man manchmal an der Situation verzweifeln möchte. Aber mir hat das Lesen in Forum schon vieles erleichtert oder auch erklärt. Vielleicht kann ich auch etwas zürückgeben, wenn ich selber schreibe.
Ich kann natürlich auch mit Freunden über das Thema sprechen. Das ist gut so. Aber es gibt glaube ich vieles, was sie dann nicht verstehen können. Als es jetzt wieder zum Bruch kam, da sagte jeder nur "Ja, dann sei doch froh". Ich bin auch vielleicht sogar irgendwie erleichtert, weil ich auch vieles als belastend empfunden habe, was in den letzten Monaten passiert ist. Abgesehen davon, dass es soviel Arbeit war! Aber ich bin nicht "froh", dass es jetzt wieder so ist, wie es ist. Vieles wird auch m.E. bagatellisiert. Ein Freund meinte angesichts des spindeldürren Ex dann nur "Ach, muss doch nix zu sagen haben. Vielleicht hat er ja nur eine Diät gemacht."
Naja, soviel also zu der Gechichte, die sich ja hier in den Foren oft findet.
Ich habe übrigens jetzt seit Anfang November - mit Ausnahme von zwei Gläsern Sekt an Silvester - keinen Alkohol getrunken. Das soll von mir aus auch erst einmal so weitergehen....