Hätte es nicht gedacht

  • Hallo Ernest!
    Ein sehr wichtiger Schritt.
    Für mich wars damals wie eine Befreiung. Jahrelang hatte ich Fesseln und hab meine Sucht nur mit mir ausgemacht. Ich war so allein und einsam. Und endlich vor meinen nächsten eingestehen können wer ich bin und dass ich das eben auch bin, Alkoholikerin, das war für mich ein sehr wichtiger Schritt Richtung Freiheit.
    Und es zeigt ja auch, dass Du Dir selbst klar bist, dass Du Deine Krankheit selbst annehmen kannst. Und das ist m. E. die wichtigste Voraussetzung, um trocken zu werden und zu bleiben.
    Viele Grüße
    Calida

  • Lieber Ernest,
    all dessen, was Du Deinen kindern in aller Offenheit entgegengebracht hat, würde ich Dir niemals anraten ganz genauso auf der beruflichen Ebene jemals zu wiederholen. Stricke

  • Lieber Ernest,
    all dessen, was Du Deinen Kindern in aller Offenheit entgegengebrachte hattest, würde ich Dir niemals anraten auch auf der beruflichen Ebene zu widerholen. Stricke

    So hatte ich das alles vorher gemeint.

  • Hallo Ernest, ich finde es großartig, dass Du mit Deinem Kindern gesprochen hast! So etwas befreit und stärkt!!!

    Ich habe es bisher so gemacht, wie Carl-Friedrich es beschrieben hat. Ich hab mein engstes Umfeld informiert.

    Die Arbeit ist auch mein enges Umfeld, da habe ich es aber noch nicht gesagt. Werde ich aber noch, aber erst, wenn ich längere Zeit trocken bin, um mich nicht so beobachtet zu fühlen, nach dem Motto „na, schafft sie das auch, ist ja schließlich noch nicht lange“....

    Sicherlich gibt es sicherlich einige Bereiche, wo so eine Offenbarung schwierig ist. Deshalb vielleicht Dein Ratschlag, das beruflich nicht zu wiederholen, Stricke?

    Denn generell finde ich es völlig ok, es auch auf der Arbeit zu berichten.
    Wenn ich mich in die Lage des Arbeitgebers versetze: Ich fände es toll, wenn mein Mitarbeiter so offen, ehrlich und mutig ist. Es zeigt Entschlossenheit und Willensstärke.
    Und mal davon abgesehen: Es spricht sich so vieles rum. Ich würd mich als Chef freuen, das von meinem Mitarbeiter selbst zu hören, anstatt von Anderen.

    Aber: Ich finde, beim Beruflichen kommt es wirklich individuell auf die Situation und auf den Posten an und ob man Nachteile zu erwarten hätte oder nicht.
    Ich denke, das kann man nicht verallgemeinern.

  • Mir ist natürlich nicht klar, um welchen Beruf und welche Firma es sich handelt, aber welchen Sinn hat es denn grundsätzlich, diese Information in der Firma zu verbreiten?

    In fast jedem Beruf wird es Personen geben, die diese Information ausschlachten; der Vorgesetzte mag "Verständnis" zeigen - was soll er auch sonst? - aber im Zweifelsfall bei einer Personalentscheidung eine nicht vorbelastete Person bevorzugen.

    Je nach Betrieb kommt es sicherlich 1 - 2 Mal im Jahr vor, dass Alkohol in oder außerhalb der Firma bei der Weihnachtsfeier getrunken wird. Hier dann einfach zu sagen, "ich trinke nichts mehr, da ich gesünder leben möchte" usw., reicht doch völlig aus.

  • Hallo Hull,

    ich kann Deine Ansicht völlig nachvollziehen, so ist das nicht... Deshalb schrieb ich auch, dass es wirklich auf die Situation bzw. Position an sich ankommt.

    Wenn ich in einer Firma nur 1 oder 2 Mal im Jahr mit Alkohol zu tun habe, dann reicht sicherlich ein "nein ich möchte keinen Alkohol trinken". Hab ich im übrigen letzte Woche auch gemacht, als unser Chef uns zum Essen eingeladen hat.

    Aber in manchen Berufen hat man vielleicht öfter mit solchen Gelegenheiten zu tun. Da würde für mich Klartext insofern Sinn machen, weil ich mich dann nicht ständig wiederholen müsste, dass ich nichts trinken möchte.

    Dann ist es noch so, dass ich auf dem Land lebe und ein paar Dörfer weiter arbeite. Es wird sich rumsprechen, was los ist und eventuell sogar auch bei meinem Chef ankommen. Klar war ich dann trotzdem nicht verpflichtet, ihn einzuweihen. Aber wenn er es sowieso erfährt, kann ich es auch erzählen. Das würde z. B. einen lockeren Umgang damit schaffen. Blöd würde ich es finden, wenn er es von jemand anderen weiß und dann nicht weiß, wie er sich verhalten soll.

    Noch einmal: Ich kann bei diesem Thema wirklich beide Ansichten nachvollziehen. Es gibt mit Sicherheit genügend Fälle, wo ich es auch nicht erzählen würde, um meine berufliche Karriere zu schützen.
    Wenn ich aber beruflich öfter mit dem Thema Alkohol konfrontiert werden würde, dann würde ich lieber sagen, was Sache ist, einfach um mich nicht zu wiederholen und damit man mich mit Alkohol "in Ruhe lässt". Das würde dann nämlich in dem Fall mich schützen, wenn ich da mit offenen Karten spiele.

    Die Art und Weise, WIE oder WAS man sagt, spielt dabei ja auch eine Rolle. Ich kann natürlich sagen: "Ich bin Alkoholikerin und lebe nun abstinent".
    Ich kann aber auch sagen: "Ich kann mit Alkohol nicht umgehen und habe deshalb beschlossen, für immer abstinent zu leben".
    Die zweite Variante werde ich nehmen, das weiß ich jetzt schon.
    Weil es aufs Gleiche herauskommt.

    Wenn ich aber sage "Ich trinke nichts, weil ich fahre..... weil ich Medikamente nehme.... ". Dann werde ich immer wieder gefragt werden.

    Aber Hull, Du hast schon Recht, man kann natürlich auch - ohne direkt die volle Ladung zu offenbaren - einfach sagen "Ich trinke keinen Alkohol, weil ich gesünder leben möchte". Man muss es dann nur entschieden rüber bringen und vor allem, dass das zukünftig auch für immer sein wird. Sonst läuft man halt Gefahr, dass man immer und immer wieder angesprochen wird. Oder das es heißt, "najaaaaa, aber das eine kleine Glas" oder "Ein Glas Rotwein ist doch sogar gesund"....

    Du merkst, ich habe etwas Angst vor dem "Bla, bla, bla" hinterher :)

    Vielleicht weil ich neulich das passende Beispiel hatte. Bei uns im Ort war eine Adventsausstellung. Einige haben hinterher Punsch getrunken. Ich wurde von mehreren angesprochen, ob ich auch möchte. Ich habe gefühlte tausend Mal "nein, ich möchte nichts trinken" gesagt. Überredungskünste vom Allerfeinsten. Bin dann auch nach Hause gegangen.

    ABER: Die Leute, die von der Sache wussten, haben mich nicht gefragt. Sie haben mich gefragt, ob sie eine Selter mit bestellen sollen. Einem habe ich nach dem dritten Mal fragen tief in die Augen geguckt und gesagt "Ich will keinen Alkohol trinken und das hat auch einen Grund!!!". Der hat es dann geschnallt und mich ebenfalls in Ruhe gelassen. Heute weiß ich warum. Weil er sich dann gedacht hat, worum es geht.
    Nun ja, was ich anhand des Beispiels sagen will: Wenn ich von Anfang an Klartext gesprochen hätte, dann hätte man mich in Ruhe gelassen.
    Beim nächsten Zusammentreffen werde ich jedenfalls nicht nur antworten, dass ich keinen Alkohol trinken möchte.
    Ich werde sagen "Ich trinke keinen Alkohol mehr und das hat auch seine Gründe. Ihr braucht mich zukünftig nicht mehr fragen, außer ihr habt vor, mir eine Selter zu bestellen".

  • :D

    Jetzt hab ich so lange und viel geschrieben und im Grunde genommen fällt mir selbst auf, dass ich eigentlich nicht anders handeln werde, als so, wie Hull es beschrieben hat.

    Ob ich jetzt sage "Ich bin alkoholkrank und werde daher zukünftig keinen Alkohol mehr trinken"

    oder ob ich sage "Ich habe für mich entschieden, dass ich keinen Alkohol mehr trinken werde"....

    Es kommt eigentlich das gleiche bei raus. Es kommt tatsächlich einfach nur daran, wie man das rüber bringt. Man muss klar und deutlich und entschlossen sagen, was man will bzw. nicht will. Dann funktioniert es auch.

    Aber man muss halt aufpassen, dass man das für die Zukunft klar stellt und nicht nur für den Abend/Tag.

  • Moin

    Ich habe von Anfang an klar und deutlich gesagt

    - Ich trinke keinen Alkohol -

    habe es nicht begründet oder erklärt.

    Irgendwelche Nachfragen hat es nie gegeben.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Hallo Cadda,

    den Kern verstehe ich. Allerdings meine ich meine Aussage mit "gesünder Leben" ebenso ernst, wie es die Aussage "ich bin Alkoholiker" vermuten lässt. Denn wahrlich ist nur die geistige und körperliche Gesundheit mein Antrieb zur Nüchternheit; nichts bewirkte die Erkenntnis, Alkoholiker zu sein. Letzteres war mir sowieso immer klar.

    Noch einmal bzgl. der Firma:
    "Ich bin Alkoholiker" würde mir als Vorgesetzter oder Kollege einfach einer beruflichen Bankrotterklärung gleichkommen. Und das nicht aus charakterlicher Sicht - dies ist natürlich umstritten - sondern deshalb, da die meisten abstinenten Alkoholiker leider auch wieder rückfällig werden, ich also bei einer Verspätung oder bei einer Krankmeldung immer vom schlimmsten Fall ausgehen müsste. Das Vertrauen ist also weg, obwohl das Gegenteil bewirkt werden sollte. Der Satz "ich bin Alkoholiker" wäre auch für mich als Betroffener keine Erleichterung, sondern eine gewisse Umwälzung meiner Sorgfaltspflicht. Dem Gegenüber wird nun ein nicht näher definiertes Gebot aufgetragen, auf den Alkoholkranken aufzupassen.

    Wie es im Dorf ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber wenn solche Informationen an den Arbeitgeber herangetragen werden, würde ich doch ein ernstes Wort mit dem Informant sprechen; völlig egal, ob es nun wahr ist oder nicht. :wink:

    Grüße

  • Zitat von Hull

    Noch einmal bzgl. der Firma:
    "Ich bin Alkoholiker" würde mir als Vorgesetzter oder Kollege einfach einer beruflichen Bankrotterklärung gleichkommen. Und das nicht aus charakterlicher Sicht - dies ist natürlich umstritten - sondern deshalb, da die meisten abstinenten Alkoholiker leider auch wieder rückfällig werden, ich also bei einer Verspätung oder bei einer Krankmeldung immer vom schlimmsten Fall ausgehen müsste. Das Vertrauen ist also weg, obwohl das Gegenteil bewirkt werden sollte.

    Hallo!

    Da ist viel Wahres dran.

    Der betroffene Alkoholiker bekommt schnell das Gütesiegel "unzuverlässig" aufgedrückt, ob er/sie es will oder nicht.

    Sofern man nicht beruflich als Trinker in Erscheinung getreten ist sollte man es sich genau überlegen, ob man sich auf der Arbeit ohne Not outet. Wie heißt es so schön: "Schlafende Hunde sollte man nicht wecken."

    Wenn man dagegen am Arbeitsplatz als Trinker aufgefallen ist oder jedermann ohnehin schon weiß, dass man längere Zeit auf seinen Führerschein verzichten muss, sieht es ganz anders aus, weil man zeigt, dass man aktiv gegensteuert.


    Wie man sich im konkreten Fall verhalten soll, bleibt jedem selbst überlassen. Man ist gut beraten, sorgfältig abzuwägen. Die einmal ausgesprochenen Worte lassen sich nicht wieder einfangen.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo Pellebär.
    Das ist natürlich die beste Variante. Klare Ansage ohne Begründung. Würde ich bei zukünftigen Arbeitsverhältnissen auch machen, wenn ich einmal woanders anfangen würde.

    Würde ich das in meiner jetzigen Firma machen, würden mich alle fragen „wieso das denn nicht mehr?“. Habe sonst ja immer mitgetrunken, WENN denn mal eine Feierlichkeit war.

    Hull, das leuchtet auch ein. Also, dass man in manchen Situationen, wie Zuspätkommen, schnell mal einen Stempel aufgedrückt bekommen könnte. So hab ich das noch nicht gesehen.

    Carl Friedrich, ich denke, das was Du geschrieben hast, ist eigentlich ein springender Punkt. Wenn man schon durch Alkohol auffällig geworden ist, dann würde man mit einem „Geständnis“ das Gegensteuern zeigen. Wenn der Arbeitgeber keine Ahnung hat, braucht man hingegen keine schlafenden Hunde wecken.

    Hull nochmal: Auf dem Land kennt man sich :)
    Ich habe mehrere Bekannte, die meinen Chef auch privat treffen. Da ist schnell mal drüber geredet, dass ich ja jetzt keinen Alkohol mehr trinke, weil es Überhand genommen hatte. Das muss nicht mal böse von demjenigen gemeint sein. Ich habe niemandem gesagt, dass das Thema bitte verschwiegen behandelt werden soll. Von daher könnte das schnell gehen.

    Ich danke Euch für Eure Sichtweisen!! Ich habe viel daraus mitgenommen und werde noch einmal alles durchdenken. Ob- und wie ich das alles angehe. Erstmal ist das Weihnachtsessen ja eh „gegessen“ :) Ich hab also noch Zeit zum Nachdenken :)

  • Guten Abend zusammen

    Danke an alle für die guten Worte und danke an die verschiedenen MeinungsäußerInnen.

    Ich für meinen Teil werde meinen Arbeitgeber mit absoluter Sicherheit NICHT über meinen Alkoholismus informieren. Warum auch? Ich stimme Hull diesbezüglich voll und ganz zu. Das Weihnachtsapero und den Personalabend muss ich eh schwänzen ("und führe uns nicht in Versuchung") und mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen habe ich keinen privaten Kontakt.

    Bei cadda ist dies nicht der Fall und demnach kann es keine pauschale Antwort punkto "Informationspflicht" geben.

    Vor 2-3 Tagen erhielt ich ein Mail von einem Bekannten, welcher in einer anderen Region wohnt, und der mich zu einem Neujahrs(trink)fest einlud. Ich bedankte mich höflich bei ihm, erwähnte aber, dass ich keinen Alkohol mehr trinke, da ich meine zugewiesene Lebensration an Alkohol bereits aufgebraucht habe (mit angefügtem Smile). Aber mit keinem Silbe erwähnte ich das Wort Alkoholiker. Seine Antwort lautete: ich bin diesbezüglich auch am abwägen.

    Von meiner Krankheit wissen nur meine Kinder, 2 liebe Freunde und meine Ex-Frau. Natürlich der Arzt und das anonyme Forum. Und Ende.

    Wenn ich gegenüber Drittpersonen antworte, ich trinke nicht (mehr) oder ich bin Alkoholiker, sind dies doch zwei verschiedene Paar Schuhe. Und das hat mit Selbstverleugnung gar nichts zu tun, sondern nur etwas mit Selbstschutz.

    Morgen ist in unserer Region katholischer Feiertag, also haben wir ein verlängertes Wochenende. Das heißt, eine eine Planung muss her. Sonst.... uff... ja...eben.
    Also ein kleines Training für die Weihnachtsferien, welche auch einigermaßen geplant werden müssen. Mein Horror ist "in den Tag hineinleben", mich langweilen und nervös herumtigern.

    Mache ich mich jetzt hinter die Planung und wünsche Euch einen wunderbaren Abend.

    Liebe Grüsse
    Ernest

  • Ich kann Deine Ansicht da total nachvollziehen. Wenn ich Eure Berichte so durchlese, auch eben Deinen Ernest, dann ist das diese Ansicht wirklich völlig ok. Man kann tatsächlich auch andere Worte verwenden und trotzdem wissen viele, wie es gemeint ist.

    So einen ähnlichen Satz wie Du, hab ich neulich auch benutzt. Eine gute Bekannte wollte mich auch überzeugen, an Silvester schön einen zusammen zu heben. Da sagte ich auch „Ich trinke keinen Alkohol mehr. Ich hab in meinem Leben schon so viel gesoffen, dass es für mein restliches Leben ausreicht“ :)
    Ist ja auch so!

    Wochenendplanung... Ich muss an den Wochenenden zur Zeit ab und zu arbeiten, auch Sonntags. An freien Tagen lebe ich ganz gern man in den Tag. Also ich bin gern einfach mal zu Hause und lese. Sobald ich das Gefühl habe, dass mir die Decke auf den Kopf fällt, ziehe ich mir ne Jacke an und gehe sofort raus, einfach spazieren. Egal welches Wetter, das hilft immer.

    Oder ich mache Sport. Muss gar nicht mit Aufwand wie Fitnesstudio oder so verbunden sein. Manchmal reiße ich einfach die Musik laut auf und mache ein paar Übungen.

    Ab und zu, fahre ich einfach los und besuche meinen Vater oder ne Freundin auf einen Kaffee. Oder ich koche was leckeres. Selbst wenn keiner da ist. Dann koche ich ne Suppe und friere sie ein :D

    Also, was ich damit sagen will: Ich faulenze gerne rum, aber sobald ich das Gefühl habe „ich muss jetzt irgendwas tun“, dann mach ich einfach „irgendwas“ und wenn es noch so belanglos ist.

    Wenn ich abends nicht gut drauf bin, dann krieg ich das fertig und gehe mit den Kindern um acht ins Bett und schlafe. Ich ärgere mich dann auch nicht, wenn ein Wochenend-Abend dadurch komplett verschlafen wird, denn ich liebe es neuerdings, auf einem Sonntag Morgen ausgeschlafen zu haben, wenn es noch dunkel ist. Alle schlafen noch und ich trinke Kaffee und freue mich, dass es mir gut geht. Oft is die Stimmung morgens nämlich schon von selbst wieder viel besser, als am Abend zuvor :)

  • Zitat von Ernest

    Ich für meinen Teil werde meinen Arbeitgeber mit absoluter Sicherheit NICHT über meinen Alkoholismus informieren. Warum auch?


    Wenn ich gegenüber Drittpersonen antworte, ich trinke nicht (mehr) oder ich bin Alkoholiker, sind dies doch zwei verschiedene Paar Schuhe. Und das hat mit Selbstverleugnung gar nichts zu tun, sondern nur etwas mit Selbstschutz.

    Hallo!

    Das kann ich gut nachvollziehen, da ich es genau so praktiziere. Wir schulden niemand eine Erklärung für unser geändertes Freizeitverhalten. Und wahrheitsgemäß ist die Antwort auch. Ich muss nicht jedem Fragesteller solche hochpersönlichen, geradezu intimen Dinge auf die Nase binden. Alkoholismus ist eine Krankheit und wem ich von meinen Krankheiten erzähle -egal um welche es sich in concreto handeln mag- entscheide und bestimme ich immer noch selbst.

    Mein ehemaliger Therapeut sieht es ganz genau so.

    Bislang bin ich mit dieser Vorgehensweise gut gefahren. Weshalb sollte ich diesen bislang unfallfrei beschrittenen Erfolgsweg verlassen? Ein zusätzliches Maß an Absicherung und allein darum geht es ja beim Offenlegen, vermag ich da für mich nicht zu erkennen. Das mag bei anderen Kranken durchaus differenziert zu beurteilen sein. Insoweit unterscheiden sich bei dem Einzelnen die erforderlichen Maßnahmen schon mal im Detail, nicht jedoch im Grundsätzlichen.

    Gruß Carl Friedrich

  • Also ich gehe mit meiner Krankheit offen in meiner Firma um & habe bisher ausschließlich positives Feedback erhalten.
    Davon ausgenommen ist nur die Situation nach der Therapie, wo meine Fa. im Zwang war, 700 Stellen abzubauen & mich als geeignetes Opfer ausgeguckt hatte.

    Letztlich muss das jeder selbst entscheiden. Jede Firma & jedes persönliche Umfeld ist anders.

    Aber zu seinem Alkoholismus zu stehen ist weder eine Bankrotterklärung noch die Abwälzung der Verantwortung für sich selbst auf andere.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Zitat von Dante

    Also ich gehe mit meiner Krankheit offen in meiner Firma um & habe bisher ausschließlich positives Feedback erhalten.
    Davon ausgenommen ist nur die Situation nach der Therapie, wo meine Fa. im Zwang war, 700 Stellen abzubauen & mich als geeignetes Opfer ausgeguckt hatte.

    Letztlich muss das jeder selbst entscheiden. Jede Firma & jedes persönliche Umfeld ist anders.

    Aber zu seinem Alkoholismus zu stehen ist weder eine Bankrotterklärung noch die Abwälzung der Verantwortung für sich selbst auf andere.

    Hallo Dante,

    das war auch nicht meine Formulierung. :wink:

    Nach außen werden fast alle Personen Verständnis zeigen, ob dies - gerade in der Berufswelt - aber nicht nur eine Fassade ist, darf doch kritisch beurteilt werden. Du sagst es ja selbst, dass bei den Rationalisierungen gnadenlos ausgesiebt wird. Solche Kündigungen sind vielleicht kein Charakterurteil, aber was bringt das, wenn der Arbeitsplatz verloren wurde?

    Ich halte die Folgen dieser Offenheit grundsätzlich für nicht kalkulierbar. Selbst die engsten Freunde oder die Familie wird niemals alle Gedanken frei äußern; wie soll es also bei Kollegen bzw. erst bei beruflichen Konkurrenten usw. sein? Und selbst, wenn dies alles ohne Schwierigkeiten abläuft, bleibt die Varianz der Wirtschaft, die im Zweifel nur die vermeintlich makellosen Mitarbeiter übrig lässt.

    Das sind auch längst nicht alle Faktoren, nur die offensichtlichen. Falls mir die Offenheit nicht selbst hilft, sehe ich keinen logischen Grund dafür. (Mir ist klar, dass es auch emotionale Gründe geben mag, diese würde ich dann zu den Gründen der Selbsthilfe zur Abstinenz zählen.)

    Noch eine Sache zu den Freunden:
    Auch hier fällt mir nach nun bald einem Jahr Nüchternheit auf, dass mir manchmal aus Versehen Alkohol angeboten wird, da die Freunde trotz meiner Offenheit schlichtweg nicht daran denken und eben noch mein Verhalten der letzten 20 Jahre eingespeichert haben.

    Grüße

  • Huhu!
    Also beim einen ist es so, beim anderen anders.
    Vielleicht hilft es, auf sein Bauchgefühl zu hören.
    In meinem Job hätte ich kein gutes Gefühl, von meiner Krankheit zu sprechen. Da bin ich freundlich, aber halte auch Distanz. Dort würde ich auch nicht über andere Krankheiten sprechen.
    Im Freundeskreis dagegen würde ich mich eher schlecht fühlen, wenn ich meine Krankheit verheimliche. So fahre ich bisher ganz gut.
    LG - Calida

  • Hallo Zusammen

    Heute bin ich 20 Tage abstinent und bin immer noch zwiespältig.
    Keine Euphorie, kein Stolz und das Loch, welches der Alkoholrausch hinterließ, konnte ich bis jetzt nicht stopfen.
    Ich habe noch keine Struktur gefunden.
    Obwohl ich mit meiner 95 jährigen Mutter "zusammenlebe" (sie wohnt in der unteren Etage) wird mir das Alleinsein tagtäglich bewusster.
    Der Text vom Lied von Edith Piaf "Non, je ne regrette rien" (in etwa "ich bereue nichts"), welcher immer mein Motto war, wird im nüchtern Zustand durch unangenehme Erinnerungen verdrängt, die sehr wohl bereut werden (müssen).

    Aber in den letzten 20 Tagen hat sich auch Positives ergeben:
    Ich trinke nicht mehr
    Ich esse langsamer und verschlinge die Nahrung nicht mehr
    Ich bewege mich alle Tage (Spaziergänge)
    Ich beobachte und genieße die Flora und Fauna
    Ich habe die Wohnung umgestellt (u.a. keine Weingläser, keine Flaschen, keine Alkoholbilder etc).
    Ich lese fast alle Tage im Forum
    Ich mache mir Gedanken über die Zukunft

    Schwierigkeiten habe ich:
    Mit dem Lesen (in den jungen Jahren habe ich Bücher verschlungen, heute fehlt mir (noch) die Konzentration)
    Mit dem fernseh schauen (ich zappe wie wild umher)
    Und wie bereits erwähnt, mit der Findung einer Struktur

    Und wenn ich mich auf meinen Spaziergängen auf Kraftorte begebe, habe ich Herzklopfen.

    Der Schlaf hat sich verbessert, obwohl ich immer noch zw. 3 und 4 Uhr morgens erwache, aber ich hoffe diesbezüglich auf Eure positiven Erfahrungen.

    Draußen schneit es Engelshemde und ich freue mich auf den Spaziergang in dieser winterlichen Adventszeit.

    Ich wünsche Euch einen wunderschönen Sonntag
    Ernest

  • Natürlich gibt es ein Loch, aber das war auch vorher da, nur vernebelt.

    Es gibt zwei Möglichkeiten:

    1) das Loch durch eine neue Tätigkeit stopfen
    2) in Selbstmitleid zerfließen und wieder anfangen zu trinken

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