Borussia - Lebst du schon oder trinkst du noch?

  • Eine Zeit lang war das Trinken für mich eine Belohnung oder ein im wahrsten Sinne des Wortes herunterspülen von Stress. Es hat mir nicht geschadet (dachte ich). Früher habe ich viel Sport gemacht, irgendwann wurde der Alkohol zur Stressbewältigung.

    Ich weiß worauf du hinaus willst

  • Genau, das meinte ich. Mir ging es ähnlich und irgendwann habe ich es übertrieben.

    Dann war ich an einem ähnlichen Punkt wie du.

    Ich konnte mich nicht mehr ertragen und schämte mich sehr ( mir gegenüber !!! ) und wußte, entweder weiter saufen und so enden wie viele ( mein Vater soff sich in den Ruin/ Tot) oder endlich Mal was tun, diesmal wirklich - den Verstand benutzen. Ich bin noch nicht soooo lange trocken, doch es wird zunehmend besser.

    Und ehrlich, mir fehlt der Alk gar nicht. Früher dachte ich auch so: " oh ... nie wieder ... " Heute habe ich begriffen, alles Quatsch. Wenn man will geht es. Gut sogar. :mrgreen:

    Trau` Dich einfach.

  • Ich bin noch nicht an dem Punkt, wo ich sagen kann dass der Alkohol mir nicht fehlen wird. Aber ich wünsche mir, dass ich das Mal sagen kann.

    Und mir graut es schon jetzt vor dem Arzttermin. Noch nie hab ich jemandem im realen Leben von meinem Problem erzählt, nicht Mal meiner noch- Frau. Aber ich glaube sie hat eins zu eins zusammen zählen können. Mir fehlt jetzt einfach die Kraft, mich um noch ein "Problem" zu kümmern

    Oh und Glückwunsch achelias :) Wie lange denn schon?

    Einmal editiert, zuletzt von Borussia (7. Februar 2022 um 19:22)

  • > 1 Jahr.

    Lass` dir Zeit, gehe es langsam an! Was du dir über Jahre angewöhnt hast, geht nicht wie durch Zauberei, plötzlich wieder weg. Ebenso wie du deinem Hirn die Belohnung mittels Alkohol antrainiert hast, braucht es auch Zeit selbiges wieder abzugewöhnen.

    Bei mir war es nach ca. 6 ... 8 Wochen so weit, daß der Gedanke an Alkohol langsam verschwand.

    Warum graut es dir vor dem Arzttermin? Du hast eher Angst es einzugestehen vor anderen ... ein Arzt wird dich weder schief angucken, noch verurteilen, im Gegenteil. Er fragt dich nach deinem Befinden und gibt dir Tips, stellt deinen Gesundheitszustand fest, Blut, Leberwerte etc. .

    Sieh`s mal so, der Arzt wird zum Vertrauten, Helfer.

    Löse erst Mal Problem Nr. 1 - das bist du.

    Wenn du nicht "funktionierst" , kann es mit dem Umfeld auch nicht klappen. Ist doch logisch - oder?

    Vielleicht hilft`s ja auch, deiner Frau es zu offenbaren, mit geplantem Arztbesuch etc. - doch das kannst nur du entscheiden, nur du kennst eure Beziehung.

  • Warst du denn in stationärer Behandlung wenn ich fragen darf? Was hat dir persönlich geholfen?

    Ja da hast du wahrscheinlich recht. Es geht meinem Kopf nicht darum, dass es ein Arzt ist, sondern jemand anderes..

    Einerseits bin ich an dem Punkt, dass ich das Bedürfnis habe es jemandem aus meinem Umkreis anzuvertrauen, anderseits möchte ich niemanden damit belasten. Weiß nicht ob du weißt was ich meine.

    Aber die Ehe mit meiner Frau, die ist schon lange vorbei. Sie ist nicht der richtige Ansprechpartner

  • ... Weiß nicht ob du weißt was ich meine. .... Einerseits bin ich an dem Punkt, dass ich das Bedürfnis habe es jemandem aus meinem Umkreis anzuvertrauen, anderseits möchte ich niemanden damit belasten.

    Sehr gut! Weiß ich was du meinst.

    Dann ist der Arzt also kein Problem. Hingehen!

    Nur du kannst beurteilen, wem du dich anvertrauen willst/ kannst. Mehr, als auf die Nase fallen kannst du nicht, das "Risiko" kennst nur du.

    Ich war in keiner Behandlung. Auch wenn man es hier nicht gern hört. Ich zog das alleine durch - mit mir. Obwohl ich eher zu den Zögerlichen, Schwankenden, (sehr) Unsicheren gehöre ... mangelndes Selbstvertrauen...

    Ich bin kein Held. Ich habe "einfach" aufgehört zu trinken.

    Nachdem Job, langjährige Freundin und jede Menge Geld weg war, soff ich ca. 1 Jahr heftig weiter, sozusagen im Dauerdelirium (!). Irgendwann wurde ich "wach" und hörte auf. Vielleicht war es Trotz.

    Wie bereits erwähnt, hat es eine Weile gedauert, bis ich halbwegs gefestigt war.

    Doch war ich (bin ich) fest davon überzeugt, daß die Sucht im Kopf wohnt, so wie all unsere Gefühle, Ängste, Empfindungen. Vielleicht wollte ich mir selbst etwas beweisen ... es war sicher keine Fee, die mir etwas ins Ohr flüsterte :roll: .

    Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll.

    Probiere es einfach aus, entweder es funktioniert oder es scheitert. Du - nur Du - kannst wählen.

    Wenn das jetzt wie die Worte eines Predigers klingen, bitte ich, um Nachsicht.

  • Wie kann ich das verstehen, hast du einen kalten Entzug durchgemacht oder bezieht sich das ganze auf danach?

    Entschuldige, falls ich dich mit Fragen durchlöchere. Es hilft mir sehr und lenkt mich ab, gerade nach Feierabend wo ich alleine bin und wo es mir noch schwerer fällt nicht zu trinken

    Natürlich wohnt die Sucht im Kopf, dort entstand sie ja schließlich auch.

    Tut mir leid mit deinem Job und deiner Freundin, ich hoffe du hast jemand neuen gefunden mit dem du glücklich bist!

    Ich habe mich übrigens bei den AAs online "eingeschrieben ", ist wegen der sch... Pandemie wahrscheinlich sowieso besser. Hast du damit auch Erfahrungen gemacht?

  • Ich halte mich kurz, wegen smartphonetastatur: herzlich willkommen! D as klingt für mich alles nach du musst erstmal eine woche raus, sprich krankenschein, dann nüchtern werden, wenn du körperlich drauf bist am besten stationäre entgiftung oder vom hausarzt engmaschig ambulant begleitet. Klassische entzugssymptome: blutdrucknstieg, puls über 90/min, tremor, wenn du das bei dir beobachtest wäre häuslicher entzug ohne begleitmedikation gefährlich. Punkt. Wie oft trinkst du denn im monat? Du hast es selber geschrieben, du trägst im Job verantwortung auch für andere - du machst es richtig mit dem gang morgen zum arzt. Angst brauchst du davon nicjt zu haben, eher angst davor mit restalkohol im job gravierende fehler zu bauen. Ich bin jetzt 12 wochen trocken, habe nach 7 wochen ca jetzt ab und zu starkes verlangen/suchtdruck. Das ist nicht schön, aber ich kann es annehmen, gehört dazu, schließlich bin ich ein süchtiger. Ich habe es im letzten schritt ohne therapien gemacht, nur eine ambulante hypnose haöf mir noch sehr. Jahre zuvor aber vergebens entgiftung und langzeittherapien, diverse. Bin ungefähr so alt wie du und kenne deine sorgen, aber auch dein beschriebenes konsummuster. Glaube mir es gibt auch ein leben ohne alk. Und man hat auch nicht 24h/7 tage suchtdruck. Im Gegenteil aktuell freue ich mich 95% meiner zeit über mein neues nüchternes leben, 5% noch schwierig, aber ich bin zuversichtlich. Ich wollte mein leben ändern und musste es auch, partnerin,kind, eigene Gesundheit und auch der gefährdete job. Ich glaub an dich. wenn man überlegt wieviel energie und strategische Planung man in das sich verstellen und versteckspiel der sucht investiert, nur damit es andere nicht mitbekommen, dann wird dein gang zum hausarzt der reinste Spaziergang. Good luck.

  • Tut mir leid mit deinem Job und deiner Freundin, ich hoffe du hast jemand neuen gefunden mit dem du glücklich bist!

    Ich habe mich übrigens bei den AAs online "eingeschrieben ", ist wegen der sch... Pandemie wahrscheinlich sowieso besser. Hast du damit auch Erfahrungen gemacht?

    Hallo L. ,

    das braucht dir nicht leid zu tun - du kannst ja nichts dafür. :lol:

    AA - nein keinerlei Erfahrungen. Bitte probiere es aus und berichte davon. Das würde mich auch interessieren.

  • Hallo Borussia,

    mal ganz generell: Der Ausstieg aus der Sucht braucht Zeit. Zum einen, um die einzelnen Schritte anzugehen (Arztbesuch, Entgiftung, Suchtberatung, Informationsbeschaffung) und auch der „innere“ Weg. Wie gehe ich mit dem Gedanken „nie wieder Alkohol um“, wie mit dem Suchtdruck? Auch die Veränderung der Gefühlslage braucht Zeit. Alternativen zum Stressabbau, Umgang mit Emotionen, die Erfahrung, dass man keinen Alkohol mehr braucht.

    Gehe alles Schritt für Schritt an, setze alles um, was gerade geht und ansonsten brauchst du ein wenig Geduld.

    Kurz zu deinen Befürchtungen, sich zu outen. Bei Ärzten und engen Freuden/Verwandten oder hier im Forum am Besten ganz ehrlich sein. Im sonstigen Alltag oder bei der Arbeit sieht es anders aus. Da kannst du herausfinden, inwieweit du mit deiner Krankheit offen umgehen möchtest. Nach meinem Arztbesuch war ich richtig erleichtert. Über mein Problem gesprochen zu haben und Hilfe zu bekommen war ein positives Erlebnis.

    Viele Grüße

    Seeblick

  • Damokles

    Hi und danke fürs willkommen heißen!

    Und fürs Mut zusprechen, denn davon brauche ich momentan viel, trotz dass ich eigentlich ein gutes Selbstbewusstsein habe.

    Soweit ich das beurteilen kann, werde ich dann nicht um eine stationäre Entgiftung herum kommen. Ich trau mir das ambulante entgiften in meinem Zustand sowieso nicht mehr zu, gerade weil ich jetzt alleine zu Hause bin

    Wenn es möglich ist, würde ich es danach auch lieber ohne Therapie versuchen um weiter zur Arbeit zu können. Das klingt jetzt verrückt, aber es stabilisiert mich irgendwie, gibt mir eine Aufgabe wo ich weiß, dass ich funktionieren muss und ich derjenige bin, der anderen hilft, trotz des Stresses der nicht ganz ohne ist.

    Zu der Frage, wie oft ich im Monat trinke: Es gibt mittlerweile wenige Tage, an denen ich nicht trinke.. Durch den Schichtdienst habe ich immer meine festen Tage, an denen ich frei habe und was dann passiert, kannst du dir ja denken

    Und je länger ich versuche nicht zu trinken, desto schlimmer wird es dann wenn ich es wieder kann/muss

  • Seeblick

    Hallo Seeblick,

    Ja von der Geduld brauche ich jetzt ne große Portion. Ist ein langer Weg gewesen, wie ich da rein geraten bin und wird ein doppelt so langer sein, da wieder raus zukommen.

    Bin froh, wenn ich morgen beim Arzt war und eine der wichtigsten Schritte damit getan wären.

    Es hilft mir schon Mal sehr, dass ich hier im Forum so ehrlich sein kann und es Leuten anvertrauen kann, die mich verstehen.

    Im sonstigen Umfeld gestaltet es sich eher schwieriger, weil einige meiner Kollegen auch zu meinem Freundeskreis gehören und ich mir aber nicht sicher bin, ob sie es für sich behalten können (bis auf einer, den ich seit über 15 Jahren kenne). Generell ist es auch so, dass sie einen schlechten Einfluss auf mich haben (fängt an mit egelmäßiger Motivation zum Mittrinken etc.)

    Familie ist auch eher ein schwieriges Verhältnis

    Viele Grüße zurück!

  • Hallo Borussia,

    alles Gute für den morgigen Arztbesuch. Rede offen und ehrlich mit ihm und lass dich auf die Hilfestellung ein. :thumbup:

    Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Guten Tag.

    Dann spazierst du halt in die professionelle Entgiftung, um deinen kalten Entzug abzufangen. Alles andere wäre lebensmüde. Kann gut gehen, kann aber auch unheimlich schlecht gehen. Bsp. Epileptischer Krampf führt zum Erbrechen führt zum teilweise Ersticken führt zum irreversiblen Hirnschaden, da gibts unzählige Szenarien die beim kalten Entzug schief gehen können. Vom Wahnsinn eines Delirium tremens gar nicht zu berichten... .

    Seit wann ist denn Alkohol bei dir als Problem bekannt? Also seit wann hast du dir das zum ersten Male eingestehen können ? Ich kann von mir berichten, dass zwischen erstem Eingeständnis und meiner jetzigen ersten langen Nüchternzeit von nur 12 Wochen stolze 12 Jahre liegen. In dieser Zeit war ich nur einmal auch für 12 Wochen ca. clean, allerdings nur durch Hilfe eines Langzeittherapieaufenthaltes.
    Ich wusste schon 2010 dass ich Alkoholiker bin. Ich bin seitdem mehrmals auf verschiedenen "Lebensebenen" abgeschmiert. Darunter auch die Klassiker eines Suffkopfes.

    Was ich damit zum Ausdruck bringen will,; wenn du nichts Ernsthaftes unternimmst kannst du wahre Lebenszeit verlieren. Nicht nur durch die Tatsache dass jeder Vollrausch mehr oder minder toxisch ist, nein auch in dem Reifungsprozess dass man Alkoholiker ist. Obwohl ich es in den letzten Jahren immer wusste, welche Natur in mir steckt, wollte/ oder konnte ich den Alkoholrausch in letzter Instanz doch nicht vermeiden, weil etwas in mir auf jeden Fall weitertrinken musste. Es waren dann Ende 2021 diese eher negative Gesamtbilanz der vergangenen 5 Jahre um erneut einen ehrlichen Entschluss zu fällen. Mir war quasi im November 2021 schon klar, wie ungefähr der November 2022 aussehen würde, würde ich so weitermachen. Entweder genauso düster oder gar schlimmer. Denn das weiß ich mittlerweile auch ganz gut, durch Alkohol sind in meinem Leben die Probleme nur noch schlimmer geworden.
    Das hätte von mir aber nicht von heute auf morgen geklappt, dem sind gewisse Schritte vorausgegangen. Jeder Mensch ist anders und jeder Süchtige gewiss auch, aber bei mir musste das ganze "reifen" sozusagen. Ich gehöre somit nicht zu denen, die bereits bei einem Führerscheinentzug für die nächsten 20 Jahre trocken werden. Mal angenommen du brauchst noch 5 Jahre dann bist du nicht mehr Anfang sondern Ende "30", und dann 40... usw.

    Um trocken zu werden, bedarf es sicherlich nicht immer einer Langzeit von 3 Monaten oder so. War bei mir ähnlich, das habe ich alleine schon wegen meines Berufs zuletzt konsequent ausgeschlossen.

    Gut dass du hier unterwegs bist, wir sind alle verschieden, aber die gemeinsame Schnittmenge, des süchtigen Alkoholismus und den daraus resultierenden Negativkonsequenzen für jedermann, die teilen wir uns bestimmt fast alle.

    Von daher; sehr gut dass in dir die bereits formulierten Entschlüsse gereift sind. Du kannst alles verlieren, aber jede Menge gewinnen dabei.

    Scheinbar war Sport früher bei dir eine größere Nummer, da kannst du mit Sicherheit wieder anknüpfen.

    Bleib gesund. Ich bin gespannt auf deinen "Nach-Arzt-Bericht".

  • Hallo Damokles,

    Ich weiß es nicht mehr genau, ist bestimmt 5/6 Jahre her wo ich mir gegenüber das erste Mal zugegeben habe, dass etwas an meinem Trinkverhalten nicht stimmt.

    Das Problem habe ich aber schon deutlich länger, das weiß ich. Erschreckend, jetzt wo du es sagst. So richtig verstanden, dass ich so nicht weitermachen kann, ist als ich angefangen habe auf der Arbeit zu trinken und die ersten Fehler passiert sind, wo mir bewusst wurde dass ich mich strafbar mache. Das und viele andere Erlebnisse.

    Was genau meinst du mit dem Reifungsprozess eines Alkoholikers?

    Hab noch nie so richtig darüber nachgedacht, dass ich so viel an Lebenszeit verlieren könnte. Macht einem ne scheiß Angst.

    Ich sehe gerade, dass du nur ein Jahr älter bist als ich.

    Einmal editiert, zuletzt von Borussia (8. Februar 2022 um 18:33)

  • Guten Abend Borussia.

    Mit Reifungsprozess meine ich, dass man an den Punkt kommt dass man nachhaltig sein Leben ändern möchte.

    Die Gedanken mit dem Trinken aufzuhören, die sind genauso alt, wie ich weiß dass ich Alkoholiker bin, also so ca. 12 Jahren möchte wollte ich nicht nur weitertrinken, sondern auch aufhören. Meistens dann aufhören, wenn es mal wieder zu viel war, man Scheiße gebaut hat, sich peinlich benommen hat oder einfach den mörderisch verkaterten Zustand samt Saufdepressionen nicht mehr ertrug. Paar Tage sind vergangen und aus diesen frommen Wünschen blieb auch nur ein Wunsch übrig. Somit habe ich mich durch ein Jahrzehnt Sauferei laviert. Zwischen den Saufeinheiten Sport, Nichtrauchen, Lernen & Lektüre, Supplements - ich habe schon versucht die Nebenwirkungen des Alkohols zu kompensieren. Stattdessen ist es mir gelungen, 10 Jahre grenzkompensiert weiterzutrinken und ich hätte peu a peu nochmal 10 Jahre ranhängen können (Allerdings unter großen Opfern (Trennung, Geldprobleme, desaströser Gesundheitszustand, denn wer sagt mir dass der nächste Exzess nicht doch der Auslöser einer Pankreatitis ist ?).

    Diese Erkenntnis, dass ich so noch Jahre weitermachen könnte und würde, hatte mich erschreckt. Und mit Geburt der Tochter spielte für mich Lebenszeit auf einmal eine neue Rolle. Gedanken gehen automatisch durch den Kopf, wie wird sie (die Tochter) wohl in 15 Jahren aussehen, so sein, mir welche Fragen stellen etc. Werde ich es je erleben Opa zu werden ? Kann ich mit 55 Jahren immer noch auf einen Baum klettern ? "Shit man, du hast ja jetzt auch richtige Verantwortung." jagte es mir oft und immer noch durch den Kopf. Und in dieses neue verantwortungsvolle Leben passte mein aktiver Alkoholismus genauso wenig rein, wie der Mensch der ich niemals war.
    Also musste eine nachhaltige Veränderung her. Ich muss sagen, November 2021 war für mich einfach so ein Zeitpunkt mit einer besonderen Konstellation. Wie als wenn Sonnen- oder Mondfinsternis ist. Da müssen zur selben Zeit ja auch mehrere Gesteine in richtiger Position zueinander sein um diesen Effekt zu produzieren.

    Bei mir war es ein mittelfristiger und ein langfristiger Rückblick meines Lebens, eine akut gefährderte Partnerschaft, meine für meine Verhältnisse Unsportlichkeit, und der Wunsch endlich mal was in meinem Leben zu ändern. Somit habe ich innerhalb weniger Tage Alk- und Nikotin abgestellt und meine Ernährung radikal umgestellt.

    Die großen "Wuhuuuuu-Erlebnisse" sind bisher ausgeblieben - aber dafür ehrt mich dieser Zustand täglich mit einer positiven baseline, die ich zu nassen Zeiten niemals erreicht habe. Und mittlerweile ist die Fläche unter der Kurve im Sinne vom schlichten Glücklichsein bei weitem größer als die kurzen positiven peaks eines Saufabends. Von meiner Partnerin erfahre ich es regelmäßig, positiven Zuspruch, wie toll es ist. Auch der ein oder andere Mensch hat mal einen positiven Kommentar hinterlassen. Aber es kommt kein König zu mir und schüttelt mir die Hand - ich habe das Gefühl, dass ich sowas unterschwellig noch irgendwie erwarte. Ist so eine naive Erwartungshaltung, dass nochmal der große Moment der positiven Abrechnung kommt - aber Pustekuchen, wüsste nicht wo und in welcher Art und Weise.

    Wir Süchtigen sollten in erster Linie über uns selber wieder glücklich und stolz sein und nicht von außerhalb diese positive Zuwendung suchen. Meine ganz persönliche Meinung, mehr auch nicht.

    Sei ein wenig stolz aktuell dass du bereit bist diese Inzisur zum positiven Lebenswandel zu machen. Auch wenn es nicht gleich fruchtet, so ebnet es vielleicht den Weg zu etwas Gutem.

    Bleib gesund.

  • Guten Morgen euch allen.

    Mir ist gerade das Herz in die Hose gerutscht, weil ich gerade auf dem nach Hause am Steuer eingenickt bin- Gott sei Dank war keiner auf der Gegenspur. Diese ewigen Schlafstörungen bringen mich noch um

    Na ja ich wollte mich nur vor meinem Arzttermin heute nochmal melden. Hab ziemlichen Druck, aber werde gleich ne Stunde mind. Laufen gehen um trocken zu bleiben und noch zwei Stunden versuchen zu schlafen bevor losgeht. Gute Nacht

    Einmal editiert, zuletzt von Borussia (9. Februar 2022 um 07:14)

  • Mir fällt auf, fast alle die am Anfang stehen, haben „plötzlich“ viele Gründe etwas nicht zu tun, Angst, sich nicht trauen, Schlafstörungen, ein plötzlicher Termin u.v.a. .

    Man sucht sich praktisch einen Grund, um etwas nicht zu tun, von dem man aber weiß, daß er nötig ist.

    Verunsicherung gewinnt die Oberhand, wie es oft bei Kindern der Fall ist.

    Was ist denn so schlimm zum Arzt zu gehen und/ oder zur Suchtberatung, im Gegensatz zum täglichen Rauschtrinken, wo man zugegebener Maßen zur hilflosen Person mutiert. Zu so einer Person, die man nicht gerade wertschätzt, sieht man sie in der Öffentlichkeit.

    Ich habe mich auch oft dabei ertappt, als ich zu mir sagte: na so schlimm ist es ja bei mir nicht, wie bei den (!) Säufern, den Gedanken, daß ich bereits auch dazugehörte, verdrängte ich erfolgreich, schließlich sah man mir es nicht an, ich funktionierte nach außen hin. Meistens.

    Lange Rede …

    Du mußt dich entscheiden. Endlich etwas tun oder nichts tun, weiter machen wie bisher und weiter jammern oder eben nicht.

    Hole dir Hilfe, wenn es allein zu schwierig ist. Alles weitere wird gelingen, wenn du es willst, andere schafften es auch.

    Wie war es beim Arzt? Hingegangen?

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