Alectos - Partner eines Alkoholikers

  • Liebe Community,

    Ich bin 33 Jahre alt. Ich selbst trinke nichts, bin aber trotzdem betroffen. Mein Partner ist Alkoholiker.

    Wir sind seit 11 Jahren zusammen, wohnen zusammen, lieben uns, haben feste Jobs, genug Geld, unseren Familien geht es gut, aber dennoch ist ein Schatten über unserem Leben, der Alkohol.

    Mein Freund hatte schon seit wir uns kennenlernten ein Problem mit Alkohol doch es dauerte einige Zeit, bis ich und schließlich er seine Sucht als Problem erkannten, das war vor 6-7 Jahren.

    Seither versuchen wir dagegen anzukämpfen. Vor ca. 4 Jahren war es besonders schlimm, er hat mich regelmäßig belogen, ich habe immer wieder versteckte leere Weinpackungen in unserer Wohnung entdeckt und den Glauben an unsere Beziehung beinahe aufgegeben.

    Vielleicht war dies ein Grund für die Wendung, wir haben uns zusammengerauft, er hat angefangen wieder ehrlich zu sein und mich bei "schwierigen Tagen" einzubeziehen. Er hat eine neue Psychologin gefunden, die ihm besser helfen konnte und es folgten fast 3 Jahre Abstinenz durchzogen mit nur 2-3 kleinen Rückfällen. Er war selbst stolz darauf, hat angefangen viel Sport zu treiben... zwar wussten wir, dass der Alkohol für immer ein Thema in unserem Leben sein würde aber er schien "im Griff" zu sein.

    Leider schreibe ich nun hier im Forum, da der Alkohol ihn wieder eingeholt hat. Seit diesem Jahr wird es wieder von Monat zu Monat schlimmer.

    Da er sich gut gefühlt hatte, hat er einige kleine Rückfälle verschwiegen gehabt, weil er nicht wollte, dass ich mir Sorgen mache und er das im Griff hat. Doch wie sich herausgestellt hat trinkt er seitdem wieder regelmäßiger. Es gab mal Wochen, wo er nichts getrunken hat z.B. ein gemeinsamer Urlaub, die er wieder als Startpunkt der Abstinenz nehmen wollte, aber es hat nie geklappt. Seit Wochen ist er launisch und dünnhäutig, er ist schnell erschöpft und geht meistens früh ins Bett, weil er entweder den ganzen Tag erfolgreich gegen seine Suchtgedanken gekämpft hat und deshalb erschöpft ist oder weil er den Kampf an diesem Tag verloren hat. Er hat jetzt auch schon mehrfacht auf seiner Arbeitsstelle getrunken, wenn er dort allein ist (er arbeitet in einem kleinen Büro mit nur einem Mitarbeiter) das macht mir Angst, weil er sich das früher nie getraut hätte.

    Dass er die Sachen vor mir verheimlicht liegt daran, dass er Angst davor hat, dass ich ihn verlasse, weil er unsere gemeinsame Zukunft zerstört und ich kann den Grund verstehen, gleichzeitig verletzt es mich, wenn er mich außen vor lässt und mir die Sachen verheimlicht, weil es ja auch um meine Zukunft geht und es ja früher auch nur gemeinsam geklappt hat.

    Ich versuche ihn zu unterstützen aber ich verliere auch langsam die Hoffnung und die Zuversicht.

    Wir hatten über Kinder/Adoption nachgedacht, eine gemeinsame Zukunft, aber so wie es zur Zeit läuft ist es nicht möglich... und ich habe Angst, dass ich in 10 Jahren zurückblicke und feststelle, dass ich mein Leben in eine Sackgasse manövriert habe und es immer so bleiben wird wie jetzt.

    Ich kann viel ertragen und habe auch schon viel ertragen und ich liebe meinen Freund nach wie vor, er ist ein toller herzensguter Mensch, selbstlos, kreativ, empatisch...

    Aber zur Zeit weiß ich nicht weiter, er steckt wieder so tief drin...

    Heute Abend hat er seine Geldkarte zerschnitten (mein Freund neigt manchmal zur Theatralik), damit er nichts mehr mit Karte zahlen kann, ich ihm täglich Bargeld mitgebe und er mir die Kassenzettel zeigt, die neueste Idee, sich selbst zu schützen. Ich habe ihn bestärkt und hoffe wirklich, dass das helfen kann... Allerdings haben wir ein ähnliches "Kontrollsystem" auch schon in der Vergangenheit probiert und da hatte es nicht geklappt - irgendwie kann man soetwas immer umgehen, und die Beziehung hat dieses ständige Kontrollieren auch belastet. Deshalb bin ich da skeptisch. Aber zumindest hat mein Freund selbst erkannt, dass er wieder ganz tief drinsteckt und dass er sich auch in den letzten Monaten zum Schlechten verändert hat. Er ist bereit wieder zu kämpfen und ich will gern daran glauben, dass heute der erste Tag einer neuen langen Abstinenzphase ist.

    Gibt es andere Angehörige hier, die ähnliches erlebt haben? Wie kann ich ihn am besten unterstützen, in diesen nächsten Tagen wo er sich so "leer" fühlen wird, wie er es beschreibt, bzw. wie kann ich es für mich selbst am besten schaffen, damit umzugehen?

    Wie könnte ein Plan B aussehen, wenn es die Wochen nun trotzdem nicht klappt? Zu welchen Schritten kann ich ihm noch raten?

  • Hallo und willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe, Alectos!

    Gut, dass Du zu uns gefunden hast.

    Hattest Du schon Zeit Dich bei uns einzulesen? Viele Geschichten gleichen sich

    bei den Angehörigen.

    Und es ist leider so, dass die Angehörigen nichts gegen den Konsum von Alkohol tun können.

    Nichts und niemand kann einen Alkoholiker davon überzeugen nichts mehr zu trinken. Das

    kann nur der Alkoholiker ganz allein.

    Und diese Verantwortung kann niemand anders für ihn übernehmen.

    Ich lasse Dir mal einen Artikel zum Anklicken und Informieren da:

    Das Forenteam
    15. Mai 2021 um 17:15

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Alectos,

    herzlich willkommen in unserer Selbsthilfegruppe.

    ich ihm täglich Bargeld mitgebe und er mir die Kassenzettel zeigt, die neueste Idee, sich selbst zu schützen. Ich habe ihn bestärkt und hoffe wirklich, dass das helfen kann...

    Ich bin auch Angehörige und mir ist der Satz ins Auge gesprungen.

    Eine Karte kann er überall bei seinen Filialen wieder beantragen. Ja er schützt sich selbst, in dem er dir die Verantwortung zu schanzt. Das würde ich auf keinen Fall tun, das führt dich nur weiter in die CO - Abhängigkeit.

    Er muß etwas ändern und nicht mit einer solchen Theatralik, sondern handeln. Dazu gehört, das er sich seines Problems erst einmal richtig bewußt wird.

    Übernimm du keine Verantwortung, die du definitiv nicht hast.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo und willkommen in unserer Selbsthilfegruppe, Alectos,

    ich war über 20 Jahre lang mit meinem ersten Mann verheiratet, der im Laufe der Jahre vom Missbrauch in die Sucht gerutscht ist.

    Es war ähnlich. Am Anfang konnte er es noch einigermaßen kontrollieren, wir haben viel geredet und er schien dann gewillt, was zu ändern. Aber als es dann Sucht war, konnte er es nicht mehr. Sucht und Konsumkontrolle schließen sich aus.

    Ab da ging es immer schneller abwärts und zwar mit uns beiden. Ich fühlte mich schuldig, verantwortlich, kontrollierte...

    Dass er dir die Verantwortung für sich gibt ist typisch, nach meiner Erfahrung. Und du kommst dadurch in eine Lage, in der du mehr und mehr kontrollierst und dich abmühst, ihn vor dem Alkohol zu schützen. Was niemals funktioniert.

    Wenn du möchtest, melde dich für den Austausch mit anderen Angehörigen an. Dazu gehe auf diesen Link:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Wir schalten dich dann frei und verschieben dein Thema, das du jetzt hier eröffnet hast, in den Bereich für Angehörige und Coabhängige.

    Du kannst also direkt in deinem Thema weiterschreiben und dich austauschen.

    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Danke für die Antworten, vieles von dem was ihr schreibt ist mir schon bekannt, aber es macht trotzdem nachdenklich. Es ist das eine, eine Co-Abhängigkeit zu erkennen, aber es ist etwas anderes, sie zu vermeiden. Unsere Leben sind so eng miteinander verwoben, dass es mir fast unmöglich ist die Grenze beim Alkohol so zu ziehen, dass es sein Problem ist, bei dem ich nicht helfen kann oder helfen sollte.

    Ich verstehe natürlich, dass es viele Angehörige mit sehr traurigen und bitteren Erfahrungen gibt, aber gibt es vielleicht auch "Erfolgsgeschichten", bei denen die Partnerschaft den Alkohol überstanden hat und der Partner unterstützt werden konnte trocken zu werden und zu bleiben?

  • Elly 27. Oktober 2022 um 11:06

    Hat den Titel des Themas von „Vorstellung Alectos - Partner eines Alkoholikers“ zu „Alectos - Partner eines Alkoholikers“ geändert.
  • Hallo Alctos,

    Du bist jetzt für den offenen Bereich freigeschaltet und hier

    geht es jetzt weiter.

    Ich wünsche Dir einen hilfreichen Austausch!

    Du kannst Dich gerne in die Geschichten der anderen Angehörigen einlesen.

    Sie ähneln sich auffällig in ihren Erzählungen.

    Und wenn der Alkoholiker trocken wird, dann verändert sich viel. In der Partnerschaft

    und auch im Wesen des trockenen Alkoholikers.

    Es gibt ganz wenige, die es schaffen den Weg gemeinsam weiterzugehen. Aber das

    bedeutet auch, dass man den anderen so sein lässt, wie er dann ist. Und man den

    anderen nicht kontrolliert und meint ihm die Verantwortung abzunehmen zu müssen.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • ... ich ihm täglich Bargeld mitgebe und er mir die Kassenzettel zeigt, die neueste Idee, sich selbst zu schützen. Ich habe ihn bestärkt und hoffe wirklich, dass das helfen kann...

    Das kann zwar eine Weile ganz gut funktionieren, doch macht dein Mann sich selbst etwas vor, er gibt die Verantwortung ab und „die Mutti“ darf kontrollieren, ist er brav, ist alles gut.

    So lange man unter Beobachtung steht, wird sich zusammengerissen. Doch was passiert in der übrigen Zeit? Wir kennen das alles selbst aus Kindertagen, es wird getrixt, geschummelt und alles getan, um Schein zu wahren.

    Ich fürchte da machst du dir etwas vor.

    Dein Mann muss für sich die Verantwortung übernehmen und sich nicht darauf verlassen, daß er kontrolliert wird.

    Es ist am Anfang der Abstinenz (Versuch-) nicht einfach, für mich war es sehr schwer, ich musste mich unheinlich zusammenreissen und gegen die Versuchung ankämfen, da konnte mir niemand helfen. Ich verbannte jeglichen Alkohol aus meinem Umfeld, mied im Supermarkt die Alkoholregale und hielt mich auch sonst fern von allem (!) was irgendwie mit Alk. zu tun hatte. Sogar Bierwerbung oder trinkende Menschen im TV stellten für mich eine Gefahr da. Klingt komisch, aber genau so war es.

    Dein Mann muss es entscheiden und durchziehen, von sich aus. Außer für eine alkoholfreie Wohnung sorgen, kannst du nicht viel tun und immer wieder das Gespräch suchen.

    Es gibt Erfolgsaussichten, wenn auch nicht sehr viele, alle haben das gleiche Fundament: Alkoholverzicht.

  • Hallo Alectos,

    aber gibt es vielleicht auch "Erfolgsgeschichten", bei denen die Partnerschaft den Alkohol überstanden hat und der Partner unterstützt werden konnte trocken zu werden und zu bleiben?

    Mein Mann ist seit 5 Jahren trocken und die Trockenheit war und ist seine Aufgabe. Ich habe während seiner stationären Entgiftung das Haus alkoholfrei gemacht, das ist es bis heute und bei uns wird auch kein Alkohol angeboten. Da ziehe ich auch mit, und die Familie auch.

    Alles andere aber ist sein Part.

    Ich war über Jahrzehnte in der Rolle der Coabhängigen und habe alles gemacht um ihn vom trinken abzuhalten, bis ich selbst nicht mehr konnte und ihm ihm nach und nach seine Verantwortungen zurückgegeben habe.

    Habe nur noch erledigt, was mich direkt mit betroffen hat.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • hallo Alectos und willkommen!

    Auch ich lebe mit einem trockenen Alkoholiker zusammen, der nach mehreren gescheiterten Anläufen nun mehr als zwei Jahre trocken ist.

    Du schreibst, dein Partner hatte auch in der Abstinenz "Ausrutscher"- dann war er faktisch noch nie " Trocken im Kopf".

    Auch dass er die jetzt die Verantwortung für sein trocken bleiben aufbürdet, bestätigt das.

    Der Unterschied zwischen meinem Mann heute und "damals" Ist, dass er mich eben nicht mehr um Hilfe bittet, das sogar ablehnt (auch um mich zu schützen).

    Das trocken sein und trocken bleiben ist seine Aufgabe, ich habe damit nichts zu tun. Und das ist auch der einzige Weg, mMn, wie eine Beziehung mit einem Alkoholiker funktionieren kann.

    Will heißen: wenn dein Partner sich nicht aus eigenem Willen dazu entscheidet, seine Trockenheit anzugehen und sich selbst Hilfe sucht, kann ich dir nur raten, schnell das Weite zu suchen. Das Forum ist voll mit Geschichten, in denen gerade Frauen sich bis zur Selbstaufgabe in ihre Aufgabe als Co geben- keine davon ist glücklich und sie alle kommen in ihrem eigenen Leben immer erst an zweiter oder dritter Stelle.

    Gleichzeitig haben wir viele Frauen (und Männer) welche sich, nach vielen vielen Gesprächen und nachdem sie verstanden haben, dass sie sich selbst an erster Stelle setzen müssen, für den Absprung entschieden haben. Viele von ihnen sagen heute, dass sie zu lange gewartet haben. Ließ dich mal etwas hier ein. Lg

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