Maeron - Von der Krankheitseinsicht & meiner täglichen Abstinenz

  • Guten Morgen Maeron,

    habe Deinen Beitrag gelesen. Dann die Antworten darunter. Das ist der Grund, weshalb nicht 10 Leute darauf antworten. In den Antworten wurde das geschrieben, was ich auch dazu denke. Es wird nur mehr geschrieben, wenn jemand anderer Meinung ist, oder noch etwas ergänzen möchte.

    Ich möchte etwas ergänzen.

    jeder einzelne von uns nunmal so lange braucht wie er braucht

    Oder bestätigen. Wir sind sehr verschieden. Ich habe fast 30 Jahre getrunken. Jeden Tag abends. Nie eine Pause gemacht. Nicht einen Tag. Ich war natürlich die ganze Zeit kein Alkoholiker. Ich habe das wirklich geglaubt. Einen anderen Gedanken ließ mein Suchthirn nicht zu. Die Alternative, nicht mehr trinken zu können, war nicht möglich. Also konnte ich kein Alkoholiker sein.

    In meiner ersten "Pause" überhaupt, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich habe mich hier angemeldet und viel gelesen und Filmchen geschaut. Die Veränderung in meinem Denken fand statt. Hatte das Glück, dass es, trotz dieser ewig langen Dauer des Trinkens und des Selbstbelügens, unglaublich schnell ging.

    Der Kampf war vorbei, bevor er überhaupt angefangen hat. Ich würde nicht mehr trinken, selbst wenn ich es könnte.

    Es mag platt klingen. Ich werde dümmer, wenn ich trinke. Meine Bewegungen sind nicht mehr so ziel gesteuert. Es schädigt meinen Körper und mein Gehirn. Und das macht es, auch wenn ich kontrolliert trinke. Es ist giftig. Das ist schon mal die Grundeinstellung. Ich verstehe gar nicht mehr, wie ich das trinken konnte. Und dann auch noch so viel. Was habe ich mir nur angetan?

    Dann kommt erst das, was es mit mir gemacht hat. Mit meinem Leben und meinem Körper. Also der Blick in die Vergangenheit.

    In den seltenen Fällen, dass es mich triggert - und natürlich wird das immer wieder, für mein restliches Leben vorkommen, da ich Alkoholiker bin - denke ich an meine Vergangenheit. Und vor allem denke ich an jetzt. Wie ist mein Denken, Fühlen und mein Leben jetzt? Will ich das verlieren, für einen Schluck von diesem Zeug, dass sofort jede Zelle in meinem Körper angreift?

    Nein. Niemals.

    Ich würde auch nicht ein Bier trinken, wenn ich danach aufhören könnte. Ich will es nicht. Der Kampf ist vorbei.

    Hatte das Glück, dass es so schnell bei mir ging. Konnte gar nicht glauben, dass das jetzt so einfach ist. Das schwierigste war eigentlich, mir zu verzeihen, dass ich Depp so lange damit gewartet habe. Tja, die Sucht war sehr subtil bei mir, solange sie am Drücker war.

    Ich wünsche Dir, dass sehr bald der Moment bei Dir kommt. Es ist unglaublich befreiend.

    VG

    Alex

  • Hallo Maeron, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu den vielen Monaten Abstinenz! Das ist doch schon einmal eine Leistung!

    Für mich klingt Dein ehemaliges Trinkverhalten so, das Du so etwas wie ein Quatalstrinker bist. Seltener Alkoholkonsum aber wenn dann heftig und mit totalem Kontrollverlust, nur halt nicht über Tage. Das schlimme ist: es wird immer schlimmer und immer heftiger, bis Du alles verloren hast: Frau, Haus, Arbeit, Führerschein.

    Ich war vor Jahren mal bei (damals meinem) Arzt und habe ihm erklärt, das ich Alkoholprobleme habe. Leider kannte er sich offensichtlich gar nicht damit aus. Er lehnte sich zurück und erklärte mir selbstsicher, daß ich doch kein Alkoholiker wäre. Ich sollte mir mal meine Blutwerte anschauen, wie ein Neugeborener, darauf sollte ich stolz sein und mir mal einen Sekt aufmachen. Er hat mich gar nicht ernst genommen. Vielleicht habe ich mich aber auch nicht deutlich ausgedrückt. Wahrscheinlich war ich vom Kopf her noch nicht so weit. Oder mir ging es noch nicht schlecht genug. Jedenfalls musste ich erst einmal weitere Jahre lang weiter Saufen. Ich habe Jahrzehnte verplempert, jede Menge Zeit weggeschmissen, war peinlich, doof, weil ich Alkohol konsumieren wollte und zum Schluss musste.

    Es liegt einzig und alleine an unserer Gesellschaft, das immer noch so viel getrunken wird. Es wird einem das Gefühl vermittelt, das Alkohol cool wäre. Ohne Alk kann man nicht richtig feiern. Ohne Alk ist man nicht richtig gut ddrauf.ohne Alk steht man auf Parties alleine da. Alles in Wirklichkeit vollkommener Blödsinn! Wenn man Alkohol getrunken hat, wird man peinlich. Man fängt an, Dinge zu sagen, die man gar nicht sagen will. Mit steigendem Pegel macht man Dinge, die man gar nicht machen möchte. Und vom Tag danach fange ich erst gar nicht an. Das muss ich Dir ja gar nicht erzählen, das weisst Du ja selber.

    Warum also soll man noch Alkohol trinken? Es gibt keinen Grund ihn zu trinken. Aber jede Menge Gründe ihn stehen zu lassen.

  • Diesen Satz und auch ähnliche Sätze, wie "wie nah ist Maron wohl an einem Rückfall"( Hartmut ) klingen für mich oft vorwurfsvol

    Was hätte ich davon, vorwurfsvoll zu sein? Wenn mir einer mal hier eine plausible Begründung dafür geben könnte wäre ich froh.

    Ich war dankbar, dass mir eventuelle Fallstricke, die aus Sorge von Langzeittrockenen um die Ohren gehauen wurden, aufgezeigt wurden. Es geht schließlich, um eine tödliche verlaufende Krankheit, wenn sie nicht gestoppt wird. Da war die Wortwahl, die dafür benutzt worden ist, egal.

    Wenn ich dann eine Post lese, wo ein Alkoholiker seine Sucht infrage stellt, dann ist er eben näher am Saufen, als beim Trocken sein.

    Es geht auch nicht darum das du Fehler machst. Es geht darum, dass du deinen Weg findest, der dich auch zufrieden werden lässt. Stellt sich das nicht ein, dann säufst du erfahrungsgemäß irgendwann wieder. Und nach deiner Post, so interpretiere ich es, warst du nicht zufrieden.


    Vielleicht wird auch vorwurfsvoll mit Klartext verwechselt, dann sollte eventuell die Antennen anders justiert werden. Denn ich habe nichts davon Vorwürfe zu machen. Ich bin ja schon Jahre trocken und mir geht es gut. Das wünsche ich dir auch.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo ihr alle,


    danke für die Antworten.

    Es ist richtig, natürlich keine Vorwürfe von euch. Ich habe das verstanden. Und bedanke mich für eure Ratschläge.

    Ganz schlimm geht es mir wenn ich bestimmte Musik höre, gerade passiert. Musik die ich früher im Rausch gehört habe. Die Trigger mich so, dass ich gar nicht sagen möchte wie weit ich gedanklich wieder da bin, wo ich nicht sein will. Mich macht das sehr traurig. Und tatsächlich merke ich, das die Verbindung von Alkoholrausch und Musik schöne Erinnerungen hervorruft doch auch Lethargie. Ich erinnere mich daran, mit dem Alkohol und der Traurigkeit "kuschelnd" zur Musik getanzt zu haben. Klingt vielleicht absurd aber das beschreibt am besten meine Erinnerungen und Gefühle die bei der Musik aufkommen.

  • Hallo Maeron,


    ich frage mich gerade, warum Du Dir das denn antust, wenn Du merkst, dass es Dir nicht gut tut, die Musik von früher zu hören?

    Musik kann man direkt ausstellen. So mache ich es jedenfalls. Warum sollte ich mich selbst „quälen“?
    Außer ich WILL das tun, um nichts Anderes tun zu können, als dem Gefühl nachzugehen, indem ich irgendwann wieder saufe?

    LG Cadda

  • Letztens war ich das erste Mal in einer realen Gruppe. Ich habe mich endlich getraut Das dort war gut aber auch anstrengend. Ich werde wieder hingehen. Irgendwie hatte es mich etwas niedergeschlagen aber letztendlich auch doch motiviert, auf dem Richtigen Weg zu sein.

  • Aus welchem Grund hat es Dich niedergeschlagen?

    Ich denke, weil mir so ein längerer, persönlicher und gemeinsamer Austausch nochmal mehr bestätigt hat, das ich suchtkrank bin. Und die Emotionen der Teilnehmer sich natürlich teilweise auch auf mich übertrugen.

    Habe ich Stress und Probleme habe ich früher getrunken. Nach der Gruppe hatte ich schon Suchtdruck. Ging dann ein Glück, weil ich zufällig unterwegs abgelenkt wurde. Die Gruppe hat mich emotional belastet. Lösung für sowas war früher halt Alkohol. Jetzt muss ich alternative Methoden finden.

    Alternativ war ich kurz davor Zigaretten zu kaufen oder zu schnorren. Hätte mich dann aber danach sehr darüber geärgert.

  • Da kannst Du eine PN an einen der Moderatoren schicken.

    Nach der Gruppe hatte ich schon Suchtdruck.

    Also, ich bin aus der Gruppe immer mit "vollen Akkus" rausgelaufen.

    Vielleicht ist diese Gruppe, oder auch die Art der Gruppe, nicht das Richtige für Dich. Es gibt da ja verschiedene Möglichkeiten.

  • Das geht, Maeron.

    Klick oben rechts auf "Thema bearbeiten", dann "erweitert".


    Dort kannst da dann eine neue Überschrift einfügen & das ganze speichern.

    Ich hoffe, das geht wirklich, kann sein, dass nur wir Mod diese Möglichkeit haben.

    In diesem Falle schreib hier deine neue Überschrift hinein & ich kümmere mich darum. ;)

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Guten Abend,


    ansich geht es mir ganz gut. Mein Antrag auf die ambulante Suchtreha geht seinen Gang und ab nächster Woche werde ich regelmäßig zu der realen Gruppe gehen.

    ich finde das Verlangen/ der Suchtdruck ist mitunter difuß und auch sehr krass schwankend. Manchmal habe ich tagelang kein Verlangen und bin überzeugt von der lebenslangen Abstinenz. Dann gibt es Phasen wo ich Zweifel ob ich es je schaffe, denke negativ und bekomme Verlangen (oder habe es vorher und dann kommen die Gedanken).

    Das ist tatsächlich krass "schwarz und weiß" bei mir.

  • Heute habe ich durch den Austausch mit meiner Frau gemerkt, wie hilfreich dies für mich ist. Ich war irgendwie noch gedanklich auf dem Stand, dass meine Frau denken würde, ich hätte kein so großes Problem bzw. würde übertreiben, wäre eben kein "richtiger" Alkoholiker.

    Es war gut zu merken, ernst genommen zu werden. Ich erzählte ihr, dass es mit manchmal schwer fällt, wenn ich Verlangen habe. Sie meinte, das es dann umso besser ist, wenn ich nichts mehr trinke. Und sie würde die Vorstellung schlimm finden, wenn ich mal vor unserem kleinen Kind derartig ausarte, so wie noch vor 6 Monaten. Und so sehe ich es auch. Das wäre sehr, sehr schlimm.

    Auch interessant war, was sie mir erzählte, was ich verdrängt hatte. Noch vor einigen Monaten, war da ein Freund, der eine trockene Phase hatte. Bei einem Treffen konnte ich es nur schwer akzeptieren. Ich wollte so gerne das er mittrinkt. Und jetzt bin ich selbst einer, der von anderen die Akzeptanz meiner Abstinenzentscheidung erwartet.


    Ansonsten merke ich, dass ich mir gedanklich immer wieder versuche Hintertürchen aufzubauen.

    Ich bin beeindruckt von Menschen, die jahrelang trocken sind. Ich merke nach nun bald 6 Monaten, das ich Es hasse, Alkoholiker zu sein. Aber das wird mit der Zeit hoffentlich noch anders.


    VIELE GRÜßE

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!