Siri - Ein EKA sein – neu und ungewohnt

  • Alkohol hat auch Kalorieren..., war mein erster Gedanke. Meine Mutter hat in ihren schlimmsten Phasen nur Spatzenportionen gegessen, wenn überhaupt.

    Ich kenne viele Leute, z. B. mich, die abends in der Regel nur Käsebrot o. ä. essen. Abends esse ich nur warm, wenn es draußen kalt ist oder ich schwer körperlich gearbeitet habe.

    Lass sie mal machen.

    Man muss sich immer wieder klarmachen, daß 1. viele Leute am Alkoholismus sterben. Das ist leider einfach Tatsache. Und 2., daß man das Elend des Trinkers verlängert, indem man seinen möglichen Tiefpunkt verhindert.

    Für manchen wird der Tiefpunkt zum Wendepunkt. Andere erreichen nie ihren Tiefpunkt und dann wird es für Angehörige irgendwann zur Sterbebegleitung. Aber als EKA ist es wichtig die eigenen Grenzen zu spüren und zu wahren und die Versorgung an die Pflegedienste zu delegieren.

    Hast du Geschwister? Dann könnten diese angerufen werden.

    Ich fand das jetzt nicht unbedingt als Hiobsbotschaft, wenn mal kein Essen bestellt wird. Ich kenne es von meinen Eltern, daß sie oft mehrfach die Woche das Essen abbestellen, weil vom Vortag einfach noch so viel übrig ist.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Alkohol hat auch Kalorieren..., war mein erster Gedanke. Meine Mutter hat in ihren schlimmsten Phasen nur Spatzenportionen gegessen, wenn überhaupt.

    Ja, das ist bei Mutter auch so. Allerdings isst sie in Gesellschaft gerne.

    Als ich mit meinem Mann länger vor Ort war und sie von uns bekocht wurde, hatte sie zugenommen. Das hat der Pflegedienst gleich bemerkt. Und auch ich habe mich über die zunehmend rosigen Wangen gefreut. Zugleich mussten wir aber dann auch mehr Giftpfeile von ihr aushalten, weil sie ihre Kraft sofort re-investiert hat. Das war wirklich bitter zu verfolgen, dass alles in diese schreckliche Destruktivität geht.

    Man muss sich immer wieder klarmachen, daß 1. viele Leute am Alkoholismus sterben. Das ist leider einfach Tatsache. Und 2., daß man das Elend des Trinkers verlängert, indem man seinen möglichen Tiefpunkt verhindert.

    Meine Ärztin hat mir das auch gesagt. Es fällt mir schwer, loszulassen, denn es ist ein so einsamer Weg. Aber es ist wohl die eigene Angst vorm Verlassensein, die sich da bei mir meldet.

    Ich fand das jetzt nicht unbedingt als Hiobsbotschaft, wenn mal kein Essen bestellt wird. Ich kenne es von meinen Eltern, daß sie oft mehrfach die Woche das Essen abbestellen, weil vom Vortag einfach noch so viel übrig ist.

    Danke für diese Perspektive. Auch wenn es wohl nicht so ist, hilft mir Dein Gedanke. Sie hat für diese Woche gar nichts bestellt. Das habe dann ich am Telefon gemacht. Morgen kommt wieder etwas zu essen und dann bestellt sie hoffentlich auch wieder.

    ich muss mir klar machen: es ist keine wirkliche Katastrophe. Sie kann sich zur Not ein Glas Apfelmus aufmachen oder ein Müsli machen oder oder oder...

    Liebe Grüße Siri

  • Dieses „um die kümmern“ bedient so viele kindliche Zwänge und Muster in dir, wie soll es da möglich sein klare erwachsene Entscheidungen zu treffen.

    Du bist wertvoll, lass dich nicht weiter kaputt machen.

    Danke Dir sehr für diesen Gedanken, Lea. Die Zwanghaftigkeit meines Rotierens, die macht mir auch ein wenig Angst. Es ist gut möglich, dass meine Blockaden im Leben hiermit eng verbunden sind.

    LG Siri

  • Ich finde, du machst es dir noch zu schwer. Deine Mutter sucht keine Geborgenheit, für sie ist der Alkohol das Einzige was sie sucht und braucht. Wenn du es so betrachtest, warum sollte deine Mutter in ein Heim gehen wollen?

    Es tut mir so leid, dass du es dir so schwer machst, wirklich. Du bist eine gute Tochter und das warst du auch immer, dich trifft keine Schuld und du bist auch jetzt nicht in der Verantwortung.

    Lass die Dinge ihren Lauf nehmen und versuche es auszuhalten und anzunehmen. Das schaffst du.

    Liebe Sare,

    danke Dir für Deine Sicht. Es ist für mich nicht leicht, das zu verinnerlichen.

    Aber auch hier ist es wohl so, dass es meine eigene Angst vor Ungeborgenheit ist, die da hineinspielt. Ich wurde ja als Kind von ihr so oft im Stich gelassen, war zum Beispiel das einzige Kind der Schulklasse, das auf dem ersten Schulausflug ohne Essen oder irgendetwas da stand. Oder ein andernmal ohne Regenschutz losging. Immer war ich selbst verantwortlich und wurde dann fertig gemacht, obwohl es doch klar ist, dass kleinere Kinder nicht unbedingt an so profane DInge wie Vesper und Regenjacke denken, wenn es zum Schulausflug geht.

    Aber: meine Mutter ist nicht das kleine Kind, das ich einmal war.

    Wahrscheinlich fühlt sich meine Mutter in ihrem zu Hause geborgen. Das ist ihr ja vertraut und für den Alkohol-Nachschub weiss sie auch zu sorgen. Für mich selbst ist es eben unvorstellbar, Geborgenheit ohne die Beziehung zu anderen Menschen zu denken. Aber das ist ja auch meine und nicht ihre Sicht.

    Jetzt, mit etwas Abstand und nach dem Abendessen kann ich Dein "das schaffst Du" bereits viel optimistischer annehmen und mich sehr drüber freuen!

    Vielen Dank dafür, Sare.

    Siri

  • Liebe Alle,

    leider konnte mir kein Therapieplatz angeboten werden. Mein Bedarf übersteigt wohl die momentan vorhandenen Kapazitäten. Es wurde angedeutet, dass es wohl keine kurze Sache wird, eher eine Arbeit von Jahren als von Monaten. Die Suche nach einem Platz geht also weiter. Ich werde nicht lockerlassen, weil ich diese kindlichen Zwänge loswerden möchte, von denen Lea sprach.

    Dann werde ich diese Woche wenigstens zum nächsten Meeting der ACA für Erwachsene Kinder von Alkoholikern & aus dysfunktionalen Familien hier bei mir vor Ort gehen.

    Bis jetzt habe ich mich jede Woche davor gescheut, dorthin zu gehen. Aber vielleicht ist die "höhere Macht"-Idee von den ACA gar nicht verkehrt, die mich zunächst so abgeschreckt hat. Denn ich fühle mich dem Ganzen in Situationen wie gestern ausgeliefert, machtlos. Und womöglich hilft es da, eine höhere Macht (in sich? für sich?) zu finden. Auch die klare Strukturierung, die die zwölf Schritte versprechen, finde ich attraktiv. Naja, ich werde herausfinden, was mit all dem gemeint ist. Ich merke, dass ich Nägel mit Köpfen machen muss. Ich brauche jetzt Hilfe in der analogen Welt, um nicht vom Strudel, in dem ich meine Mutter sterben sehe, mitgerissen zu werden. Ich will für mich und mein Leben wieder klar sehen.

    Liebe Grüße und nochmals vielen Dank für Eure Unterstützung und die Anregungen gestern!

    Siri

  • Du könntest zur Überbrückung bis zum Therapieplatz den SPDi (Sozialpsychiatrischer Dienst) deiner Stadt anrufen und dich dort nach psychosozialen Beratungsstellen erkundigen. Die kannst du erstmal in Anspruch nehmen um den ersten Druck zu mildern, das ist kostenlos und man kann bis zu 24 Stunden bewilligt bekommen (zumindest in meiner Stadt).

  • Danke Dir sehr, Sare für den Hinweis. Ich hoffe, dass der Druck vielleicht auch schon in der Gruppe und durch die Regelmäßigkeit der Treffen bei den ACAs ein wenig gemildert werden kann. Zumal ich glaube, dass mir Struktur gut helfen könnte und das Programm dort sehr strukturiert wirkt.

    Dort könnte ich an ganz bestimmten Fragen/konkreten Problemen arbeiten und müsste nicht nochmal meine Geschichte in ihrer ganzen Vielschichtigkeit umreissen, was ja bei den Erstgesprächen der Fall ist. Das ist jedes Mal sehr anstrengend und nimmt mich sehr mit und die Psychologin meinte, dass ich da auch vorsichtig sein sollte. Ein pragmatischerer Ansatz käme mir jetzt sehr gelegen. Aber vielleicht irre ich mich ja auch bei meiner Einschätzung der ACAs. Wenn es nichts ist, werde ich den SPDi anrufen!

    Falls jemand Erfahrung mit Selbsthilfegruppen für EKAs hat, wäre ich froh fürs Teilen.

    LG Siri

  • Liebe Alle,

    mein Mann ist gestern zu meiner Mutter gefahren, um nach dem Rechten zu sehen und einigen Papierkram abzuholen, den ich erledigen muss. Soweit ist alles in Ordnung. Er meint, dass sie körperlich und geistig wie immer erscheine. Aber sie klagt, dass sie immer schwächer werde und ihr alles immer schwerer falle, z.B. die Zubereitung des Frühstücks.

    Es hat ihr wohl gut getan, dass er nachgefragt hat und genau wissen wollte, welche Bewegungsabläufe so schwer sind. Jedenfalls hat sie dann am späteren Abend zu ihm gesagt, dass sie fernseh- und weinabhängig sei. Sie hat ihm gezeigt, dass sie nun ein kleineres Glas nehme, um den Konsum zu reduzieren.

    Mich berührt das natürlich sehr und sofort springen meine EKA-Seiten an. Während mein Mann dies heute morgen eher beiläufig als Nebensache berichtet hat, war mein erster Gedanke, dass man ihr sofort Unterstützung in Aussicht stellen muss.

    Mit etwas Abstand denke ich aber jetzt, dass das vielleicht kontraproduktiv wäre. Denn ich weiss ja erstens nicht, ob sie das wirklich will und ob es zweitens überhaupt realistisch wäre, also ob so ein stationärer oder ambulanter Entzug aus medizinischer Sicht überhaupt sinnvoll wäre in ihrem Alter und Zustand.

    Da sie bis jetzt noch nicht die Ärztin angerufen hat, was sie eigentlich wollte und wegen der Medikamente auch notwendig wäre, frage ich mich, ob ihr langsam klar wird, dass es so nicht weitergeht und sie deshalb den Konsum reduziert? Sie will ja unter allen Umständen vermeiden, ins Heim zu kommen. Wenn sie ihre Medikamente nicht mehr einnimmt, weil sie es nicht hinkriegt zur Ärztin zu gehen, um im neuen Quartal wieder Rezepte zu bekommen, wäre dies ein Grund für die Ärztin, aktiv zu werden.

    Mit etwas Abstand merke ich jetzt, dass ich von meiner Seite die Sucht gar nicht ansprechen und diese Auseinandersetzung mit ihr nicht führen möchte. Ausserdem bin ich mir auch nicht mehr sicher, ob es gut wäre, wenn mein Mann darauf nochmals eingehen würde, also ob es gut wäre, wenn er die Sucht von sich aus nochmals ansprechen würde. Das war nämlich meine erste Reaktion als er es mir erzählte, dass er sie fragen könnte, ob sie von der Alkoholsucht loskommen wolle. Aber wenn er das jetzt von sich aus nochmal aufgreift, wäre sie die Verantwortung für sich selbst ja wieder ein Stück weit los, oder?

    Wie seht ihr das?

    Ich denke jetzt, ich sollte die gesunde Unaufgeregtheit, die mein Mann an den Tag legt, als Vorbild für mich nehmen. Und ihr erst helfen, wenn sie mich ausdrücklich darum bittet.

    Das einzige, was ich machen kann und werde, ist sie weiterhin zu fragen, ob sie bei der Ärztin einen Termin gemacht hat. Wenn sie verneint und es daran scheitert, dass sie zu spät aufsteht, um die Telefonzeit der Praxis wahrzunehmen, kann ich auf ihre Bitte hin ja beim Terminmachen helfen. Während meine erste Reaktion auf den Bericht meines Mannes war, sofort mit der Hausärztin sprechen zu wollen, denke ich jetzt, dass ich erstmal abwarten sollte, ob die Basics klappen (Arzttermin, Arztbesuch).

    Ihr seht, es fällt mir sehr schwer einen klaren Kopf zu behalten und mich zu sortieren.

    LG Siri

  • Guten Morgen Siri,

    Sie hat ihm gezeigt, dass sie nun ein kleineres Glas nehme, um den Konsum zu reduzieren.

    mein erster Gedanke war, dann füllt sie das Glas halt öfter auf.

    Wieso sollst Du ihr einen Termin beim Arzt ausmachen? Überlasse ihr das, sie kann, wenn sie will!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • mein erster Gedanke war, dann füllt sie das Glas halt öfter auf.

    Ich musste sehr lachen als ich das gelesen habe! Danke Dir dafür. :) Diese Sicht macht es für mich leichter und sie ist ja auch realistisch.

    Schon verrückt, dass ich in solchen Situationen immer noch so gutgläubig bin wie ein kleines Kind, völlig idiotisch. :S Es ist einfach alles verdreht und anstrengend, wenn man sich selbst nicht vertrauen kann, weil die erste intuitive Reaktion meist die falsche ist, nämlich die, die einen wieder an den Angelhaken der Süchtigen zurückbefördert.

    Gruselig, aber gut, dass ich es jetzt beim Reflektieren merke und hier so drastisch nochmals gesagt bekomme und dann anders handle.

    Habe gerade nochmal mit meinem Mann gesprochen und er sieht keinen Grund, irgendetwas zu machen/anzusprechen. Wenn sie weitere Hilfe will, kann sie es von sich aus sagen.

    Die Unterstützung hier tut so gut! Vielen Dank dafür.


    LG Siri

  • Wieso sollst Du ihr einen Termin beim Arzt ausmachen? Überlasse ihr das, sie kann, wenn sie will!

    Auch hier hast Du Recht, zumal sie es ausdrücklich selbst machen wollte, als ich den Arztbesuch beim letzten Telefonat angesprochen hatte.

    Ich werde dann aber so schnell auch nicht mehr nachfragen, ob sie angerufen hat. Erstens würde sie die Nachfragerei wohl sowieso nerven, zweitens würde ich es nicht schaffen, dann nicht doch die Unterstützung beim Terminmachen anzubieten. Ausserdem habe ich sowieso genug damit zu tun im Hintergrund alles zu organisieren, mich um die Bezahlung der Rechnungen zu kümmern etc. Beim letzten Telefonat habe ich den Arbeitsaufwand sogar angesprochen. Darauf bin ich sehr stolz, denn ich habe bei solchen Dninge nicht nur bei meiner Mutter, sondern auch sonst im Leben immer abgewiegelt und die eigenen Anstrengungen, Mühen und Leistungen heruntergespielt.

    Es ist ihre Sache!

    Das ist ein weiterer Satz, der dringend auf meine Kühlschranktür muss. Das wird langsam eine ganze Sammlung, aber sie hilft mir, bei mir zu bleiben und den Kopf hoch zu halten.

  • Puh, der Pflegedienst hat angerufen und darum gebeten, dass ich einen Termin beim Facharzt ausmache, da sich der Zustand meiner Mutter plötzlich sehr verschlechtert habe. Ihr fehle jegliche Kraft, sie könne sich nicht mehr auf den Beinen halten. Die Einschätzung sei schwierig, ob dies von der Krankheit herrühre, die sie seit vielen Jahrzehnten hat und sich teils schubweise immer weiter verschlechtert, oder doch vom Alkohol. Meine Mutter müsse zum Arzt.

    Ich habe der Pflegerin berichtet, dass die Hausärztin meinte, ich solle mich aus den medizinischen Angelegenheiten heraushalten. Da wurde sie sehr deutlich: dies sei unfair (von Seiten der Ärztin), man dürfe meiner Mutter die Chance auf Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation bzw. Milderung ihrer Krankheitssymptome nicht vorenthalten. Meine Mutter sei nicht mehr in der Lage, dies selbst in die Hand zu nehmen oder auch nur ihre eigene gesundheitliche Situation korrekt einzuschätzen.

    Damit ist für mich klar, dass ich den Termin für sie sofort mache, auch wenn meine Mutter selbst noch meinte, ich solle nichts überstürzen. Nach der Info des Pflegedienstes jetzt aber erst noch abzuwarten und auf das OK meiner Mutter zu warten, würde mich zermürben. Meine Mutter hat den Arztbesuch nicht völlig abgelehnt und ich werde es jetzt genauso organisieren, wie ich es für richtig halte.

    Die Trauer kommt da gleich wieder mit Wucht hoch. Ich weiß noch nicht, ob ich dann hinfahren werde, um sie zum Arzt zu begleiten oder das delegiere. Ich habe Angst davor, den Moment zu verpassen, um mich von meiner Mutter zu verabschieden, und ich fürchte, diese Zeit rückt nun näher.

  • Nach der gestrigen Trauer geht es mir heute emotional seit langer Zeit erstmals wieder besser.

    Für mich ergab das gestrige Gespräch mit dem Pflegedienst eine wichtige Klärung: Mir ist klar geworden, dass ich die Vorsorgevollmacht für meine Mutter genauso in die Hand nehmen muss, wie ich es für richtig halte. Ich werde meine Mutter über alle Entscheidungen immer informieren, aber nicht mehr versuchen, ihre kurzfristigen Bedenken, Bedürfnisse oder was auch immer in meine Überlegungen einzubeziehen, mich also nicht mehr selbst so aufreiben in dem ganzen Prozess.

    Mir geht es darum, in ihrem Sinne zu agieren und hier steht ja ihr Wunsch an erster Stelle, zu Hause bleiben zu können und die Sicherheit, die sie durch ihren gewohnten Alltag (inklusive Alkohol) hat, nicht zu verlieren. Damit das geht, wird sie Arztbesuche wahrnehmen müssen und die werde ich organisieren, einschließlich Krankentransport. Ohne die medizinische Versorgung kann auch der Pflegedienst nicht verantwortlich arbeiten.

    Dass meiner Mutter das nicht gefällt, kann ich nicht ändern. Aber es geht hier nicht nur um sie, sondern auch darum, dass ich die Vorsorge-Aufgabe bewältigen kann, ohne zermürbende Endlosschlaufen und Diskussionen. Als mir das heute morgen klar wurde, ist eine riesige Last von mir gefallen.

  • Guten Abend Siri,

    ein gefasster Entschluss beruhigt einen emotional enorm. Das habe ich auch schon oft festgestellt.

    Gibt es bei Deiner Mutter in der Nähe keinen Hausarzt, der sogar Hausbesuche macht? Meine Hausärztin praktiziert das, ebenso wie ihr Vorgänger.

    Vielleicht kennen die Pfleger/innen einen Arzt, der so arbeitet.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Vielen Dank Lea und Elly für Eure lieben Worte.

    Lea
    Ich weiss, dass ich sehr gut auf mich aufpassen muss. Es ist aber immer gut daran erinnert zu werden, weil es gar nicht so leicht ist. :)

    Als ich es in den letzten Wochen emotional nicht mehr gut verkraftet habe, hat mein Mann übernommen. Das hing auch mit der aufwendigen und zermürbenden Therapieplatzsuche zusammen, weil man da ja immer und immer wieder die eigene Situation inklusive Vergangenheit darlegen muss. Ich habe gemerkt, dass ich da vorsichtig sein muss. Mittlerweile halte ich mich am Telefon sehr kurz, umreisse es nur ganz knapp, um nichts aufzuwühlen. Ich werde mich zudem nur noch auf ein Erstgespräch einlassen, wenn gesichert ist, dass der Therapeut/die Therapeutin auch genügend Kapazität hätte, wenn die Passung stimmt. Ich merke zwar, dass manche ein Problem damit haben, so festgelegt zu werden, aber es ist sonst einfach viel zu anstregend für mich. Und vielleicht sind Therapeuten, die ein Problem damit haben, dass die Klientin Fragen stellt, eh nichts für mich. Zweimal waren die Therapeutinnen kurz vor der Rente und schätzten meinen Bedarf so ein, dass das nicht in der ihnen verbleibenden Zeit zu machen sei. Einmal hätte es einen Gruppentherapieplatz gegeben, der aber für mich nicht in Frage kam, da es sich nicht um eine Gruppe mit Traumafolgenstörung handelte. Indem ich jetzt vorher gezielt frage, schütze ich mich vor unnötigen emotionalen Belastungen.

    Elly
    Die Hausärztin macht eigentlich Hausbesuche. Aber als ich sie vor einigen Monaten darauf angesprochen hatte, wollte sie dies bei meiner Mutter (noch?) nicht tun. Sie meinte, meine Mutter müsse sich selbst um ihre medizinischen Belange kümmern und solle mit Taxi oder Begleitung des Pflegedienstes in die Praxis kommen. Es ist sehr gut möglich, dass sie die gesundheitliche Lage meiner Mutter nicht richtig einschätzt, denn meine Mutter kann sich, wenn sie will und muss, sehr zusammenreissen. Auch ihre alkoholbedingte Demenz merkt man nicht so leicht, sie kann hier viel überspielen. Mir ist das Ausmass auch erst nach und nach klar geworden.

    Vielleicht klappt es aber in Zukunft mit den Hausbesuchen. Meine Mutter hat ja nun auch einen höheren Pflegegrad. Ich werde die Praxis anrufen, um eine Verschreibung für einen Krankentransport zu erhalten und die Hausbesuchsfrage dann gleich nochmal ansprechen.

    LG Siri

  • Hallo liebe Forumsmitglieder,

    mal wieder ein kurzer Lagebericht von mir. Zur Zeit gelingt mir die Abgrenzung von meiner alkoholabhängigen Mutter nicht gut. Meine Gedanken kreisen viel zu viel um sie.

    Gerade frage ich mich, ob es kontraproduktiv ist, die Hausärztin um Hausbesuche zu bitten, wie der Pflegedienst das vorgeschlagen hat. In einem Demenzforum habe ich nämlich gelesen, dass Untersuchungen der Kognition (und damit letztlich die Frage der Geschäftsfähigkeit) nicht in der eigenen Wohnung der Betroffenen gemacht werden dürfen, wenn diese Person der Untersuchung nicht explizit zugestimmt hat (Unverletzlichkeit der Wohnung). Meine Mutter würde einer solchen Untersuchung nie freiwillig zustimmen. Wenn also die Hausärztin bei einem Hausbesuch feststellen würde, dass meine Mutter nicht mehr geschäftsfähig ist, würde dies vor dem Betreuungsgericht nicht verwendbar sein, wenn diese Einschätzung gleichsam beiläufig zu Hause bei meiner Mutter stattgefunden hätte. Das Gutachten/ihr Bericht wäre dann nicht verwendbar.

    Ich werde diese Frage mit der Hausärztin besprechen und sie einerseits über die Sicht des Pflegedienstes informieren, andererseits aber auch bitten, bei ihrer eigenen Vorgehensweise zu bleiben, wenn das aus ihrer Sicht richtig ist.

    Für mich selbst wäre es am besten, wenn meine Mutter baldmöglichst ins Heim käme. Ich vermag nicht einzuschätzen, was sie noch versteht und ob sie selbst noch die Folgen ihres Handelns einschätzen kann, ob sie also aus fachlicher Sicht noch als geschäftsfähig durchgehen würde. Was ich weiss, ist, dass sie ohne meine administrative und organisatorische Hilfe völlig aufgeschmissen wäre. Auch meine Mutter betont das immer wieder.

    Ich frage mich gerade, ob die Pflegerin Co-abhängige Strukturen hat. Sie kommt aus einem Alkoholiker-Haushalt und wirbt immer um Verständnis für die Situation meiner Mutter. Vor allem ermuntert sie mich, meiner Mutter den Alkoholkonsum nicht übel zu nehmen und es einfach so zu lassen, wie es ist, nicht einzugreifen, was ich aber ja auch überhaupt nicht mache. Mir ist klar, dass meine Mutter süchtig und damit krank ist. Ich thematisiere ihre Sucht nicht, weder bei Besuchen noch am Telefon, weil es nichts bringt. Also: Einerseits finde ich gut, dass die Pflegerin so einfühlsam mit meiner Mutter umgeht, andererseits sind bei mir nach dem Vorwurf der mangelnden Fairniss der Hausärztin und dem Vorschlag zu Hausbesuchen jetzt doch auch Warnleuchten angegangen, nachdem ich die Info zur Kognitionsuntersuchung/Gutachten gelesen habe.

    Nach einem Telefonat mit meiner Mutter schwant mir jetzt zudem, dass meine Mutter nun versucht, mich zur Medikamentenbesorgung einzuspannen. Die meisten bekommt sie von der Hausärztin, dort scheint der Nachschub aber versiegt, denn ich habe keine Rezepte mehr vom Apotheker zur Abrechnung mit der Krankenkasse erhalten. Am Freitag wollte meine Mutter den Neurologen kontaktieren für Medikamente. Das weiss ich, weil sie am frühen Nachmittag angeblich versehentlich bei mir statt beim Neurologen angerufen hat. Ich hatte den Eindruck, sie wollte testen, ob ich das übernehmen könnte. Sie hat es nicht ausgesprochen, aber betont, wie schwierig das für sie sei. Ich meinte nur, dass es ihre Angelegenheit sei.

  • Ich werde diese Frage mit der Hausärztin besprechen und sie einerseits über die Sicht des Pflegedienstes informieren, andererseits aber auch bitten, bei ihrer eigenen Vorgehensweise zu bleiben, wenn das aus ihrer Sicht richtig ist.

    Das kannst Du doch gleich morgen tun, Siri. Dann bekommst Du den Kopf wieder frei.

    Die meisten bekommt sie von der Hausärztin, dort scheint der Nachschub aber versiegt, denn ich habe keine Rezepte mehr vom Apotheker zur Abrechnung mit der Krankenkasse erhalten.

    Und auch das kannst du klären. Was sind das für Medikamente, braucht sie die dringend?

    Wenn Deine Mutter nicht mehr in der Lage ist, sich Medikamente selbst zu besorgen, die für sie wichtig sind, dann ist das doch ein Anzeichen, dass sie zu Hause nicht mehr wirklich gut aufgehoben ist.

    Besprich das mit der Hausärztin.

    Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag ohne belastende Sorgen!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Danke Dir Elly für Deine lieben Zeilen. Ich werde morgen gleich bei der Ärztin anrufen und hoffe bald ein Gespräch zu bekommen.

    Was gerade so schwer ist, ist die eigenen alten Verstrickungen so sehr zu spüren. Das Auf-der-Hut-sein-müssen ist furchtbar anstrengend, aber ich will mich auch nicht mehr von ihr manipulieren lassen.

    Am Freitag hatte ich den Eindruck eines solchen Versuchs.

    Was sind das für Medikamente, braucht sie die dringend?

    Ich weiß nicht genau, was für Medikamente es sind.

    Meine Mutter hatte die Hilfe durch Medikamentenmanagement abgelehnt und ich mich deshalb da nicht weiter drum gekümmert. Meine Sorge bezieht sich weniger darauf, dass sie ihre Medikamente nicht nimmt. Ich weiss: Sie tut es nicht, sie vergisst es oft, lehnt aber eben auch jede Hilfe wie Medikamentengabe und Medikamentenmanagement ab, beides empfindet sie als Einmischung in ihr Leben. Damit kann ich leben, wenn es ihre Wahl ist.

    Vor allem habe ich aber plötzlich Sorge, dass ich die Einweisungsmöglichkeit ins Heim hinauszögere, wenn ich mich zu viel kümmere, alles im Hintergrund für meine Mutter erledige, so wie das der Pflegedienst jetzt ja eingefordert hat.

    Es ist eine Gratwanderung, sogar ein Dilemma. Als Bevollmächtigte habe ich einerseits eine Vorsorgefunktion und muss mich um solche Dinge wie Organisation des Arztbesuchs kümmern. Andererseits bin ich überzeugt, dass die beste Vorsorge die Versorgung im Heim wäre, auch weil sie kognitiv extrem abbaut. Aber da sind die rechtlichen Hürden ja leider so hoch. Und ich verzögere womöglich durch mein Handeln/die ganze Orga die Heimeinweisung.

  • Ich wünsche dir ganz viel Kraft Siri und dass du deine Bedenken ernst nimmst.

    Vorsorgevollmacht bedeutet nicht sich selber vollumfänglich und direkt um alles zu kümmern, für mich bedeutet dass, das ich die Voraussetzungen schaffe und unterstütze. Und wenn du nur im Hintergrund agierst, dann wird für mich die tatsächliche Hilfebedürftigkeit verschleiert. Und das kann tatsächlich kontraproduktiv sein.

    Warum fordert der Pflegedienst bei dir was ein?

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