stef2303 - Der Weg in ein suchtfreies Leben - Zeit wird es!

  • Hallo, liebes Forum, mein Name ist Stefan!

    Nach langem Hin und Her habe ich mich, nachdem ich schon einige Zeit in diesem Forum lese, mich entschlossen, auch meine Geschichte zu erzählen.

    In der Hoffnung, hiermit einen weiteren Schritt (mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!) in ein dauerhaft alkoholfreies Leben setzen zu können.

    Über 20 Jahre hat es gedauert, bis ich – ich gehe inzwischen auf die 50 zu – begriffen habe, dass ich nicht nur mit Alkohol nicht umgehen kann, sondern ein nicht zu leugnendes Alkoholproblem habe und ja, ein Alkoholiker bin. Gerade letzteres zu akzeptieren, war ein langwieriger Prozess, geprägt von viel Ignoranz, Verharmlosung, Unverständnis und "Nicht-Wahrhaben-Wollen".

    Dabei sollte lange nichts darauf hindeuten, dass ich zu einem Alkoholiker werden sollte. Bzw. war es ein schleichender Prozesse über viele Jahre.

    In der Schulzeit bis zum Abitur war der Alkohol verpönt (man musste schließlich ordentlich lernen und eigentlich hatte man für das „Um-die-Häuser-Ziehen“ gar nicht wirklich Zeit; gerade einmal in der letzten Klasse gab es ein paar Partys, wo man trank (mäßig – ein paar Biere, für mehr reichte auch das Geld nicht), aber nicht viel, und am nächsten Tag war einem in der Regel so übel, dass man für die folgenden Wochen ohnehin genug hatte. Zu Hause wurde gar nicht getrunken. Mein Vater trank seit seinem 30. Lebensjahr keinen Tropfen mehr; meine Mutter bestenfalls bei ihren Freundinnen auswärts ab und an mal einen Eierlikör oder Baileys zu Kaffee und Kuchen.

    Dann kam die Zeit beim Heer, wo ich, weil ich einer der wenigen mit einem Auto war und Chauffeur spielen musste, eigentlich auch kaum bis gar nichts trank. Vielleicht einmal an einem Wochenende in einem Wirtshaus (wohnte damals auf dem Land) beim Kartenspielen das eine oder andere Bier oder Wodka-Lemon – aber auch hier nicht mehr.

    Es folgte das Studium. Anfangs musste man sich eingewöhnen, neue Leute kennenlernen, zu lernen gab es natürlich auch viel (war meist doch recht strebsam), und die erste Zeit gab es auch gar keinen Grund oder Anlass, großartig die Kneipenszene unsicher zu machen. Mit der Zeit änderte sich das aber. Ich lernte auf der Uni Studentinnen und Studenten kennen, menschlich schwer in Ordnung, aber teilweise leider auch recht trinkfreudig und trinkfest. Da zog man dann schon öfters mal um die Häuser und der Konsum stieg langsam aber stetig. Das klassische "Studentenleben" eben, könnte man jetzt sagen. Da stößt man sich die Hörner ab. Jetzt kann man das noch machen, später mit Job und mit Familie geht das ohnehin nicht mehr – weit gefehlt! Leider. Ich fürchte, da war bei mir der Grundstein für das, was dann später kommen sollte, schon gelegt.

    Weiter ging es. Mitte 20 der erste richtige Job. Beim Staat. Da hieß es sich zusammenzureißen – und tatsächlich, vor lauter Angst, mir die Zukunft zu verbauen, schränkte ich den Alkohol-Konsum unter der Woche auf fast null ein. Nur an den Wochenenden (meistens am Samstagabend) drehte ich mit Freunden oder Arbeitskollegen, wenn denn wer da war, meine Runden, dann aber doch recht ordentlich. Trotzdem: Alleine oder zu Hause wurde weiterhin nicht getrunken.

    Dann begann es unangenehmer zu werden: Neuer Job in einer anderen Stadt, in einem großen privatwirtschaftlichen Unternehmen mit viel Leistungsdruck. Das Arbeitspensum war gewaltig (10-14 Stunden / Tag und Arbeiten am Wochenende waren die Regel), der Stresspegel stieg und es gab kaum Zeit für ausgleichende Aktivitäten oder einfach nur für ein wenig Regeneration (Urlaub? Theoretisch ja - praktisch: nicht machbar). Also was tun, wenn man spät abends oder in der Nacht in die Wohnung kommt und im Kopf noch 1000 Gedanken umherschwirren? Ich jedenfalls tat das Falsche. Vor dem TV (Nachrichten) schnell eine Flasche Sekt getrunken, damit ich überhaupt einschlafen konnte. Das wirkte tatsächlich und (ja!) leider: Ich gewöhnte mich daran. Zumindest aber wurde die Menge über die Jahre nicht mehr – weniger aber auch nicht. Einmal nicht unter der Woche eine Flasche am Abend aufzumachen, kam mir schließlich gar nicht mehr in den Sinn. Während dieser Zeit scheiterte auch meine damalige erste langjährige Beziehung, aber zumindest war daran nicht der Alkohol schuld.

    Nach ein paar Jahren habe ich dann das Handtuch geworfen und diesem unsäglichen Arbeitsumfeld „Adieu!“ gesagt. Neue Stadt – neuer Job. Und es sollte vorerst tatsächlich besser werden. Endlich gab es geregelte Arbeitszeiten, die Arbeit selbst fand ich auch gut, nette Kollegen, viel Zeit für Freizeitaktivitäten und insgesamt eigentlich ein schönes Leben. Meine Situation besserte sich. Unter der Woche wurde praktisch nichts mehr – oder bestenfalls minimal – getrunken; dies war auch dem vielen Sport geschuldet (war richtig gut in meinem Bereich und wenn man eine ordentliche Leistung bringen will, sollte man das Bier lieber weglassen). Gelegentlich gab es mal einen After-Business-Drink mit Freunden oder eine Firmen- oder Geburtstagsfeier. Auch das hätte ich eigentlich lassen sollen. Aber wie es wohl bei vielen so ist: Das nimmt man nicht so wahr, irgendwie gehört es dazu (so dachte ich damals – auch ein Fehler), man hat keine Beschwerden, "schwitzt" den Alkohol beim Sport ohnehin wieder raus, warum soll man also nicht ein bisschen Spaß haben? Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, wie sich die Sache weiterentwickelt, hätte ich vermutlich wohl damals schon die Handbremse gezogen. Denn die geselligen Aktivitäten steigerten sich in ihrer Zahl, langsam aber doch. Zum Bier kamen härtere Sachen dazu; nicht oft, aber regelmäßig. Dazu: Vor dem Sport ein, zwei Bier - danach: auch. Also genau, wie es nicht sein sollte.

    Über die Jahre war ich dann durch die Gewohnheit des Konsums schon ganz gut „geeicht“ – bis zu einem gewissen Pegel konnte ich problemlos trinken (meist Bier und Weinschorle). Und das tat ich dann auch. Kater hatte ich eigentlich nie mehr einen - auch das hätte mir zu denken geben müssen. Kleinere Schlafstörungen in der Nacht schob ich auf alles, nur nicht auf die Sauferei.

    Vor einigen Jahren übernahm ich dann die Geschäftsleitung. Mit der Verantwortung stiegen der Druck und die Verantwortung und Freund Alkohol war dann immer schneller zur Stelle als gedacht. Bald schon musste ich vormittags das erste Glas Wein runterkippen, um den Stress am Vormittag (da war am meisten los) irgendwie auszugleichen. Zu Mittag meist ein, zwei Bier – gegessen habe ich kaum etwas – dann ging es. Am Nachmittag bis zum Abend hin wieder Wein, mal mehr, mal weniger. Als es dann endlich nach Hause ging (selten vor 20.00 Uhr) nochmals Wein; eine Flasche war es eigentlich immer. So verging die Woche.

    Die Wochenenden? Nicht viel besser. Wenn meine Frau und ich mit Freunden unterwegs waren, riss ich mich ordentlich zusammen. Ein, zwei Bier über den Tag. Wenn nicht, dann war es mehr.

    Bei der Arbeit wurde es zunehmend schwieriger, über den Tag zu kommen. Die Belastung stieg, immer mehr Verantwortung, mehr Sprit. Ein Teufelskreis. Manche Mitarbeiter bemerkten langsam, dass da was nicht stimmte. Aber sie sagten nichts (nur einmal ein älterer Kollege, der aber ziemlich deutlich). Ich leugnete natürlich alles, schob mein Verhalten auf wenig Schlaf, Stress und Tabletten und weiter ging es.

    Zwischenzeitig gab es auch trockene Phasen, meistens so drei bis sechs Monate – oft kam der Vorsatz nichts mehr zu trinken zum Jahreswechsel, gefolgt vom „Dry January“, der dann meistens auch bis April, Mai konsequent verlängert wurde. Aber es half nichts: Ein Betriebsausflug hier, eine Mitarbeiterverabschiedung dort, dann wieder ein Geschäftstermin mit einem Glas Wein zum Geschäftsabschluss – man kann sich’s denken. Eigentlich bin ich zu einem echten Quartalssäufer mutiert.

    Parallel dazu kam der Kampf mit dem Gewicht. Durch die Abstinenz plus Sport verlor ich in den ersten Monaten meistens 15 - 20 kg, die ich mir dann wieder "hinauftrainierte". Und das fast jedes Jahr. Auch das ein untragbarer Zustand, und je fauler ich wurde, desto mehr schüttete ich in mich rein.

    Warum ich hier bin? Vor einiger Zeit hat mir meine Frau erklärt, dass sie sich trennen möchte und ist auch tatsächlich ausgezogen. Irgendwie habe ich das zwar alles kommen sehen. Aber das fast schon „Kuriose“: Von meiner Sauferei hat sie kaum etwas mitbekommen (und es ist ihr auch heute noch immer nicht bewusst - ich habe es ihr gegenüber bis jetzt noch immer nicht eingestanden). Die Trennung hatte tatsächlich andere Gründe. Sie selbst sagt, ja früher hätte ich ab und an einmal etwas zu viel getrunken, aber dies sei in den letzten Jahren viel besser geworden und dies sei auch nicht der Trennungsgrund. Ist das zu fassen? Ich kann das selbst kaum glauben. Was für eine traurige (aber anscheinend recht gekonnte) Schauspielerei… Eigentlich habe ich mich zuletzt fast täglich konsequent zugeschüttet und das hat man nicht bemerkt!? Im Nachhinein finde ich das richtig schlimm.

    Diese Trennung war für mich nun der Anlass, nicht nur der Sauferei, sondern auch dem Alkohol endgültig Lebewohl zu sagen. Seit einigen Wochen fasse ich daher auch nichts mehr an. Die körperliche Entgiftung verlief völlig unproblematisch (Gott sei Dank). Dass die psychische Abhängigkeit weiterhin bestehen bleibt, ist mir klar. Daran zu arbeiten, wird ein langer und schwerer Prozess. Alleine bei den vielen Weihnachtsfeiern derzeit (ich muss da leider dabei sein) auf den Alkohol zu verzichten bzw. den anderen klarzumachen, dass man nichts trinkt, ist schon arg schwer. Und stresst. Hoffe, ich bin hier konsequent genug.

    An dieser Stelle würde es mich interessieren, wie ihr am Arbeitsplatz mit diesem Thema umgeht? Ich denke, so wie ich mich kenne: Einmal unbedarft zulangen und der Irrsinn geht wieder von vorne los.

    Körperlich habe ich nochmal die Kurve gekratzt. Hätte ich so weiter gemacht, wäre das wohl über kurz oder lang übel ausgegangen (hatte auch einen alkoholbedingten Todesfall in der Familie – und dieser Tod war echt grausam).

    Entschuldigt bitte das viele Geschreibe, aber dies hilft mir ein wenig in der Verarbeitung meiner Probleme und wenn ich dies hier zu „Papier“ bringe, werde ich mir auch immer bewusster, dass ich ein Alkoholiker bin und dringend mein Leben dauerhaft auf die Reihe bringen muss.

    Dies zum Einstieg. Die „hässlicheren“ Stationen meines Säuferlebens (wo ich zeitweise einfach nur unfassbares Glück hatte bzw. wo ich mich in Grund und Boden schämen könnte) lasse ich hier noch lieber aus.

    Es grüßt,

    Stef.

  • Guten Abend stef2303,

    erst mal schön, dass Du da bist.

    Alleine bei den vielen Weihnachtsfeiern derzeit (ich muss da leider dabei sein) auf den Alkohol zu verzichten bzw. den anderen klarzumachen, dass man nichts trinkt, ist schon arg schwer. Und stresst. Hoffe, ich bin hier konsequent genug.

    Konsequent genug, wärst Du, wenn Du, gerade am Anfang, nicht auf diese Feiern gehst, oder sie wenigstens sehr schnell wieder verlässt.

    Das es Dich "stresst" hast Du ja schon bemerkt. Du bewegst Dich dort eine Handbreit vorm Rückfall. Und auch anschließend nimmst Du die Eindrücke mit nachhause.

    Ich kenne keinen Beruf, bei dem man auf eine Weihnachtsfeier "muss". Notfalls bin ich eben krank. Oder fühle mich nicht gut.

    Du hast bereits längere Zeit nichts getrunken und möchtest abstinent leben? Dein Text ist tatsächlich recht lang. :)

    Du siehst Dich als Alkoholiker und möchtest Dich gerne mit anderen Alkoholikern hier austauschen?

  • Hallo Alex!

    Danke für die Rückmeldung.

    Ja, das mit dem Alkohol und der Arbeit kann gerade bei Firmenfeiern oder ähnlichem zu einem Problem werden.

    Als Betriebsleiter bei der eigenen (großen) Firmenweihnachtsfeier oder auch bei kleineren Feiern innerhalb der Abteilungen gar nicht dabei zu sein, würde schon ein ziemlich sonderbares Bild abgeben. Und (wenn das öfter vorkommt) Fragen aufwerfen... Ich bin aber tatsächlich - wie Du vorschlägst - in den letzten Wochen immer einer der ersten gewesen, der - zwar mit teils fadenscheinigen - Gründen (aber immerhin ohne einen Tropfen Alkohol zu trinken) das gesellige Beisammensein verlassen hat. Meistens nach einer Stunde, nach dem Essen. Zuletzt erklärte ich z.B., dass ich dringend telefonieren müsse, ging raus und kam einfach nicht wieder, dies in der Hoffnung, dass mir das alle glauben und mich niemand suchen oder holen kommen würde. Naja... auch nicht gerade die feine Art...

    Bislang erwehre ich mich auch allfälliger Versuche, mir ein Gläschen vor die Nase zu schieben (ja, früher war das sogar gewünscht - das wussten die meisten) z.B. mit der Lüge, ich müsse Blutdrucktabletten nehmen und diese würden sich mit Alkohol nicht vertragen. Das funktioniert auch ganz gut - aber ein peinliches Vorspielen falscher Tatsachen ist das natürlich schon; manche schauen mich jetzt nämlich - zumindest kommt es mir so vor - so an, als ob ich herzkrank wäre...

    Die Alkoholabhängigkeit also unumwunden zugeben? Das ist schwierig. Meine Psychotherapeutin und zwei, drei gute Bekannte wissen davon (einer ist übrigens der ältere Kollege, der mich als einziger vor ca. einem Jahr recht direkt und unverblümt darauf angesprochen hat - siehe das Eingangsposting). Öffentlich kann ich das - zumindest jetzt noch nicht - so einfach machen; dies könnte mir beruflich ziemlich schaden. Da muss ich mir über kurz oder lang ohnehin etwas überlegen, wie ich es angehe.

    Zu Deinen Fragen:

    - Ja, ich bin ganz klar ein Alkoholiker - das weiß ich mittlerweile und habe mich auch damit abgefunden.

    - Gerne würde ich mich mit anderen Alkoholikern hier austauschen, gerade - aber nicht nur - zum Thema Alkohol und Gesellschaft / Beruf; da "kämpfe" ich am meisten mit der Situation. Zu Hause stellt sich das Problem weniger. Nach der Trennung von meiner Frau (die ich akzeptiere (bzw. ohnehin akzeptieren muss) - und die nüchtern betrachtet auch irgendwann einmal kommen musste) bin ich in diesem Umfeld eigentlich, was den Alkohol betrifft, recht gefestigt. Habe mich an so manche Empfehlungen in diesem Forum gehalten und es funktioniert eigentlich. Naja, vorerst einmal. Hoffentlich bleibt es so. Aber da bin ich doch recht guter Dinge. Gehe ich z.B. im Supermarkt bei einem Weinregal vorbei, bekomme ich fast ein flaues Gefühl im Magen, da ekelt es mir regelrecht davor.

    - Ach ja, noch zwei, drei "Eckdaten": Meinen letzten Alkohol (1 Flasche Rotwein vor (!! - bezeichnend für einen Säufer, oder? - sich einen Pegel bzw. Eloquenz ansaufen, bevor es ans Eingemachte geht...) der Diskussion, wer in der gemeinsamen Wohnung bleibt und wer wann auszieht) hatte ich am 31.10.2024. Also ab 1.11.2024 gab es nichts mehr. Der Entzug war kalt (war nicht klug, ich weiß, aber ich fühlte mich körperlich dazu in der Lage - ja ein Schwachsinn, wie kann man das wirklich wissen!?), klappte aber sehr schnell und funktionierte. Eine Psychotherapeutin, die auf Suchtverhalten spezialisiert ist, betreut mich derzeit. Da habe ich alle 14 Tage einen Termin, um vom Alkohol dauerhaft lassen und mir ein neues, geordnetes Leben wieder aufbauen zu können. Diese Therapie ist für das gesamte Jahr 2025 angesetzt.

    So, das wär's erstmal.

    Für heute lasse ich es nun mal lieber. Wünsche eine gute Nacht.

    Stef.

  • Hallo

    Du liest dich sehr sortiert und aufgeräumt.

    Mein Gedanke beim Lesen und zu deiner Frage war:

    Ganz einfach, ich trinke keinen Alkohol (mehr)Ohne weitere Erklärungen. Ohne irgendwelche Rechtfertigung. Warum auch,geht doch niemand was an.

    Gerade als Vorgesetzter oder Chef macht das doch ein gutes Bild, oder?

    Im Scherz könntest du hinzufügen, daß einer ja auf den ganzen Laden aufpassen muss :lol:

    Gut das du eine Therapeutin hast,und nun auch noch eine online Gruppe.

    LG Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

    Seit 1.1.2014 trocken

  • ging raus und kam einfach nicht wieder,

    Sehr gute. Das habe ich auch schon öfters gemacht. Das fällt meist gar nicht auf. Nennt sich "französisch verabschieden".

    Bislang erwehre ich mich auch allfälliger Versuche, mir ein Gläschen vor die Nase zu schieben

    Hier ist es ratsam, sich nicht dort aufzuhalten, wo so etwas passiert. Wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.

    Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

    Hier ist der Link für die Bewerbung zu den offenen Bereichen. Einfach draufklicken und einen kurzen Satz schreiben. Erklären brauchst Du nichts mehr, da Du ja schon alles dazu hier geschrieben hast.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Danach werden wir Dein Thema zu "Erste Schritte für Alkoholiker" verschieben.

  • Einen schönen Samstag Nachmittag!

    Die Weihnachtsfeiertage nähern sich - und damit auch die Zeit der besonderen Herausforderungen...

    War heute einkaufen und mit einem klaren Kopf sieht man so vieles anders bzw. wird einem so manches bewusst.

    Im Supermarkt traf ich an der Kasse einen entfernten Bekannten (so wie ich um die 50 Jahre alt). In seinem Einkaufswagen war nichts drinnen außer 5 (!) Paletten mit je 24 Dosen Bier zu je 0,5 Liter. Also 60 (!!) Liter Bier. Jetzt weiß ich aber, dass mein Bekannter alleine lebt und sprach ihn mit Blick auf seine Ladung an, was er denn damit so vorhabe. Das Erschreckende war dann - und da zog es mich schon zusammen - als er sagte, dass das für ihn sei, weil irgendwie müsse er ja über die Feiertage kommen. Ich wusste da gar nichts recht zu erwidern drauf, sagte nur so etwas wie "Ach, so schlimm wird's schon nicht sein." (eine schwachsinnige Antwort, ich weiß - aber ich war komplett perplex), grüßte noch und ging weiter. Im Nachhinein ärgerte ich mich über mich selbst über so eine dumme Antwort, aber da war es leider schon zu spät.

    Natürlich tat mir der Kerl leid, doch was mich eigentlich viel mehr schaudern ließ: Irgendwie sah ich mich da, so in vielleicht fünf oder zehn Jahren, wenn sich nichts ändert, an der Supermarkt-Kasse mit einem Wagen voll Bier, Wein oder was weiß ich was - dem Abgrund näher als je zuvor.

    Früher zu nassen Zeiten (so lange ist das noch gar nicht her) hätte ich so etwas wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen, vielleicht als normal abgetan oder sogar noch einen dummen Scherz gemacht, aber inzwischen gibt mir das zu denken. So werden (besser enden) möchte ich nicht. Möglicherweise ist es daher gar nicht so schlecht, auf dem Weg zur dauerhaften Abstinenz gelegentlich so ein Aha-Erlebnis zu haben.

    Besonders gut fühle ich mich nicht, allein schon wenn man sieht, wie sich jemand, auch wenn man ihn nur ein klein wenig und mehr vom Sehen her kennt, sehenden Auges zugrunde richtet, aber vielleicht helfen auch solche Erlebnisse und Gedanken, dem Alkohol endgültig "Lebewohl!" zu sagen...

    LG

    Stef.

  • Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet stef2303,

    Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich. (Erkennbar an den orangeroten Namen)

    Ich wünsche Dir weiterhin einen guten und hilfreichen Austausch.

  • Im Nachhinein ärgerte ich mich über mich selbst über so eine dumme Antwort, aber da war es leider schon zu spät.

    Hallo Stef,

    ich finde, du brauchst dich da nicht zu ärgern. Es hätte auch gar nichts geändert, egal was du gesagt hättest. Vielleicht war er sogar froh, dass die Situation so schnell vorbei war. Früher, wenn ich meinen Vorrat gekauft habe, war mir das immer peinlich. Ich war regelrecht erleichtert, wenn alles im Kofferraum verstaut und ich wieder unsichtbar war.

    Aber ich weiß genau, was du meinst: Solche Momente nimmt man jetzt (nüchtern) ganz anders wahr. Sie gehen einem nahe, machen einen nachdenklich und irgendwie auch traurig. Früher hätte ich so etwas einfach abgetan oder einen vermeintlich lustigen Spruch gebracht, aber heute wirken solche Szenen wie ein Spiegel, der einem zeigt: Da will ich nie wieder hin.
    Es zeigt dir doch nur, dass du genau auf dem richtigen Weg bist. Und das ist doch eine starke Erkenntnis. Hoffentlich kommt dein Bekannter eher früher als später auch zu dieser Einsicht, aber diesen Weg muss er von sich aus einschlagen.

    Dir alles Gute - es grüßt Kurswechsel

    „Ein klarer Geist ist wie ein stiller See – jeder Tropfen hinterlässt Wellen, aber die Ruhe kehrt immer zurück.“

  • Guten Morgen allerseits!

    Träume sind doch bekanntlich der Versuch des Unterbewussten, Dinge zu verarbeiten, oder?

    Ich träume selten (oder zumindest kann ich mich oft nicht daran erinnern - das lag vielleicht damals auch an der Sauferei...).

    In der Nacht auf heute hatte ich aber einen Traum, so klar und emotional aufrüttelnd, den musste ich aufschreiben und ich glaube irgendwie, er passt auch hier gut rein:

    Ein kühler, verregneter Herbsttag. Es ist Nachmittag und düster. Zwei große Reisebusse stehen an der Straße und ein Mann sagt etwas in der Art wie: "Ihr müsst einsteigen, wir fahren noch ein letztes Mal hin." Viele Menschen, männlich und weiblich, junge und alte, steigen in die Busse. Ich auch. Man kennt sich aber nicht. Die Busse fahren los und halten in einer fremden, einsamen und tristen, aber doch irgendwie vertrauten Gegend. Hier stehen Häuser, größere Wohnhäuser mit mehreren Wohnungen. In einem nicht mehr so ganz neuen bzw. tadellosen Zustand sind sie. Haben schon mal bessere Zeiten gesehen. Beim ersten Haus halten die Reisebusse. Menschen steigen aus. Der Mann von vorhin sagt: "Schaut hin! Ein letztes Mal. Verabschiedet euch und dann war es das." Die Menschen starren auf das Gebäude, steigen wieder in die Busse und während die Busse abfahren, sieht man, wie Kräne mit Abrissbirnen das Haus niederreißen. Es bleiben: Schutt und Trümmer.

    So geht es dahin, Haus für Haus. Immer dasselbe. Dann kommt meines. Mein "Haus" (Leben? / Beziehung? / soziales Umfeld?) soll also auch abgerissen werden. Ich und andere steigen aus. Dasselbe. Bloß ist das Gebäude etwas weiter weg und wir gehen langsam und traurig darauf zu. Man kennt sich irgendwie und doch wieder nicht. Es ist "unser" Haus.

    Vor dem Haus befindet sich eine Art kleinere Lagerhalle. Hinter dem Haus die Kräne. Abwartend. Vor der Halle steht... Ein Festzelt (ähnlich einem Bierzelt auf dem Münchner Oktoberfest). Da sagt jemand: "Kommt, gehen wir da rein. Ein wenig Zeit bleibt ja noch." Wir gehen hinein und ganz hinten an einem Tisch (also so eine Art Bierzeltgarnitur) sind noch ein paar Plätze frei und fremde Menschen winken zu und rufen gut gelaunt: "Setzt euch doch zu uns!"

    Widerwillig setzt ich mich hin. Da schiebt mir einer von denen einen Krug Bier her und sagt: "Hier! Stoß' mit uns an!" Ich sagte daraufhin "Nein!". Der Kerl gegenüber erwiderte: "Ach, stell Dich nicht so an! Du kannst es ohnehin nicht verhindern!" Ich wieder - und diesmal lauter: "Nein!" Ein drittes Mal. Dann herrschte Stille am Tisch. Ein paar Momente später sagte ein anderer noch: "Dann trinkst eben eins ohne Alkohol."

    Ich stand auf, sagte mehr zu mir selbst als zu den anderen: "Nein, so kann es nicht enden", lief hinaus aus dem Zelt, zurück zum Reisebus und dieser fuhr weiter.

    Zuletzt schaute ich aus dem Fenster und sah keine Kräne mehr hinter dem Haus.

    Dann wachte ich auf und blieb wach. Dachte über vieles nach - die Vergangenheit, die Zukunft, alles was ich verbockt hatte und was vielleicht noch sein wird - und musste diesen Traum zu Papier bringen, damit ich ihn nicht vergesse.

    Hatte vor Jahren (als ich besonders viel trank) einen ähnlichen Traum, den ich mir auch aufschrieb, der aber in die andere Richtung ging...

    Ich denke, mein Unterbewusstsein sieht jetzt das erste Mal eine echte Chance, dauerhaft abstinent zu werden. Auch wenn der Traum durchaus "schaurig" war, er rüttelt doch auf. Vielleicht ein gutes Zeichen.

    Muss jetzt an die frische Luft gehen, eine Runde laufen, meine Gedanken ordnen...

    Danke fürs zuhören / lesen!

    LG

    Stef.

  • Hallo Stef,

    da wurde Dir ja einiges in den Traum reingepackt. Das "alte" Leben ist zu Ende, trauriges Abschiednehmen und zum Schluss das ganze noch mit Alkohol begiessen.

    In den ersten Monaten meiner Abstinenz hatte ich mehrere "Alkoholträume". Diese Träume waren klar und in Erinnerung, so wie bei Dir. Mittlerweile hat sich das gelegt.
    Es ist für jeden Alkoholiker eine grosse Anstrengung sein Leben neu aufzustellen und alte, alkoholbehaftete Muster abzulegen. Das will alles verarbeitet werden und die Psyche holt das in Form von Träumen nach. Es lohnt sich da genauer hinzuschauen. Bei dir lese ich, dass zum Schluss alles okay war. Du hast dich den Verführungen erfolgreich widersetzt.
    Trauerst Du dem "alten" Leben nach? Macht es Dich traurig, dass Du jetzt keinen Alkohol mehr trinken darfst ?

    Viele Grüße

    Nayouk

    -------------------------------------------------------
    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Hallo Nayouk!

    Da ich mit dem Handy schreibe, wird es knapper...

    Ich trauere dem Alkohol nicht nach, nein. Auch als eben meine Ex-Partnerin vor 2 Stunden wieder ein paar Sachen aus der Wohnung geholt hat, kam mir kein Gedanke an Alkohol. Früher hätte ich aus Frust oder Traurigkeit oder beides wahrscheinlich sofort nachdem sie weg war eine Flasche Wein aufgemacht und diese in Limo-Gläsern ausgetrunken. Und dann wohl noch eine drauf.

    Das gibt es nicht mehr; ich bin gelassen und akzeptiere das, was ohnehin nicht zu ändern ist.

    Der Traum hat mir aber aufgezeigt, dass das, was ich bin, inzwischen alt und verbraucht ist. Und der Abgrund näher ist als man glaubt. Aber es gibt doch noch ein Aufbäumen gegen den Untergang. Für mich ist das auch eine Art Weckruf, eine Warnung: Bleibe beim "Nein!", dann kannst Du es noch schaffen...

    Andere, so interpretiere ich den Traum, haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden, aufgegeben, resigniert.

    Mein inneres Ich stemmt sich dagegen.

    Denke, von der Psyche her gesehen, ist das gut - aber angenehm sind derartige Erlebnisse nicht...

  • Jetzt haben wir nach Mitternacht und die Gedanken kreisen wieder mal...

    Immer wenn ich (so wie jetzt) über die vergangenen Jahre des Suffs und der Schauspielerei nachdenke (nix anderes war es - beruflich wie privat), komme ich zu dem Ergebnis, dass ich mir vor allem privat durch die Sauferei fast alles ruiniert habe: Die Frau ging vor einiger Zeit und baut sich gerade ein neues Leben auf, mit den meisten Freunden gibt's keinen Kontakt mehr (weil mir die im nassen Zustand komplett egal waren), der letzte Rest meiner Familie und ich sind auch zerstritten... der Privatbereich ist somit fast zur Gänze weggebrochen. Gut zumindest, dass das mit der Arbeit klappt.

    Jetzt im trockenen Zustand realisiere ich, dass ich mir das alles, also diesen privaten Knock-out, ausschließlich selbst zuzuschreiben habe. Bloß kann man die Vergangenheit auch nicht wieder rückgängig machen...

    Versuche nun, im sozialen Umfeld wieder Fuß zu fassen. Aber das geht nicht von heute auf gleich. Das dauert.

    Suche mir eine neue Wohnung für einen Neuanfang, eine ehrenamtliche Tätigkeit (Hilfe in einem Pflegeheim) ist auch geplant, Kontakt mit den noch vorhandenen Freunden und Bekannten wird auch so gut und unaufdringlich wie es geht gepflegt.. Dazu eine echt nette Psychotherapeutin, die sich auch Gedanken macht und in mentaler Hinsicht eine große Hilfe ist.

    Aber trotzdem ist die derzeitige Situation unangenehm...

    Früher hätte ich mich angesichts dieser Umstände ohne jeden Zweifel entweder in einer Bar oder zuhause zugeschüttet - aber diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei.

    Dennoch birgt die Situation derzeit schon ein gewisses Risiko.

    Daher meine Frage an diejenigen, denen es vielleicht ähnlich geht: Wie geht ihr vor, dass ihr über die kommenden (für manchen sicher nicht leichten) Tage über die Runden kommt? Ohne Alkohol versteht sich...

    LG

    Stef.

  • Guten Morgen Stef,

    ich habe an Weihnachten und Sylvester keinerlei Erwartungen. Für mich sind das Tage an denen ich Auszeit für mich habe, daher genieße ich die Zeit ohne Verpflichtungen sehr. Was mir an schwierigen Tagen hilft ist ein straff organisiertes Programm, viel raus an die frische Luft bei jedem Wetter, Wohnung ausmisten, aufräumen und Pläne für die Zukunft schmieden.
    Egal wie Du Dich an den Tagen fühlst, das ist nur eine Momentaufnahme und kein andauernder Zustand. Geht vorbei.

    Liebe Grüße Rina

  • Guten Morgen Stef,

    in Deinem Kopf ist ja mächtig was los. Da ist ja jetzt auch eine Menge Energie freigeworden.

    Anfangs habe ich auch unglaublich lange gebraucht, um einzuschlafen. Mein Hirn musste erstmal lernen irgendwann mal ruhiger zu machen, ohne dass die Alkoholkeule es ruhig stellt.

    Es war mir nicht klar. Aber durch das Saufen, hatte ich doch noch einiges mehr verdrängt, als ich im ersten Moment dachte. Nachdem die ersten, großen Klopper durchdacht waren, kam noch eine Menge hinterher. Dazu gleich noch eine ganze Wagenladung an Emotionen gleich mit.

    Heute kann ich Dir auf alle Fälle schonmal sagen, das wird wieder besser. Soweit ich das lese, bist Du ja bereits in vielen Punkten daran, Dein Leben wieder "geradezubiegen". Wie Du selbst erkannt hast, geht das nicht von heute auf Morgen.

    Habe ein bisschen Geduld mit Dir. Es wird auch so unaufhaltsam weiter vorangehen.

    Tatsächlich ist jetzt mehr Ruhe, in Hirn, für Dich angesagt.

    Da das Hirn ja nie aufhört, möchte es beschäftigt werden. Z. B. durch Hobbys. Lesen, spazieren gehen, Sport usw. Auch Serien schauen hilft. ;)

    Ich habe gerade mit Yoga angefangen. ^^ Bin fast genau in Deinem Alter.

    Die Ehrenamtliche Tätigkeit ist eine sehr gute Idee. Ich denke, gerade für Abends ist noch etwas gefragt. Dir fällt sicher noch etwas ein.

  • Hallo Stef,

    Das kenne ich gut, was du beschreibst. Jetzt beginnt die Zeit des Aufarbeitens, des Verzeihens, auch dir selbst gegenüber.
    Wichtig ist, dass du ein restlos alkoholfreies zu Hause hast. Ob das schon so ist, kannst nur du dir selbst beantworten. Mach dir einen Plan für die Tage, den du auch bereit bist, abzuarbeiten. Und nehme dir etwas vor für jeden Punkt, den du nicht erfüllst, z.b. 15 min um die Häuser gehen.
    Lege dir Dinge aus dem Notfallkoffer parat und schreibe hier, wenn es Dir nicht gut geht.
    Kleine Ausflüge in die Natur könnten auch auf deinem Plan stehen.

    Viele Grüsse

    Nayouk

    -------------------------------------------------------
    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Liebe Leute!

    Danke erstmal für euren Input. Es ist immer schön zu wissen, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist.

    Nach einer eher kurzen Nacht mit viel Kopfkino war der Tag heute bislang gar nicht mal so übel, weil:

    1. Bei der Arbeit war heute Mittag noch das große Zusammensein mit ca. 30 Leuten aus dem Büro. Mit einem Rückblick auf das vergangene Jahr, danke zu sagen und Ausblick auf das neue Jahr. Zum "Frohe-Weihnachten"-Wünschen und natürlich auch um die besten Wünsche für 2025 auszusprechen. Das übliche halt. Während manche sich mit Sekt, Wein oder Bier zuprosteten und sich selbst feierten oder ob manche - das sah man - bloß ihren Frust hinunterspülten (alle 5 bis 10 Minuten ein weiteres Glas - wenn man als trockener Alkoholiker hinsieht, dann fällt das wirklich sofort auf)... Ich blieb bei zwei Gläsern Orangensaft (extra auch noch im Limoglas und nicht im Sektglas) und ging dann. Und lächelte ein wenig in mich hinein, alleine schon weil ich mir bei zwei, drei unserer "Partytiger" dachte: Wenn die jetzt schon zu Mittag so saufen, dann haben die morgen sicher einen "tollen" Weihnachtstag.

    2. Dann war ich mich heute in einer Pflegeeinrichtung in meiner Stadt vorstellen. Wegen der ehrenamtlichen Tätigkeit im Sozialbereich. Die Heimleitung freute sich sehr und Anfang Jänner kann ich anfangen. 1 bis 2 x die Woche für 2 bis 3 Stunden ältere Menschen und Kranke ein wenig unterhalten und ablenken (plaudern, spazieren gehen, Karten spielen usw.) Da freue ich mich auch sehr drauf. Abgesehen, dass dort Alkohol gar kein Thema ist, lenkt diese Beschäftigung sicher nicht nur die bewohner, sondern auch mich ab.

    3. Kontaktierte heute einen Freund, den ich beim Heer kennengelernt hatte und den ich auch schon Jahre nicht mehr getroffen habe. Früher wären wir auf ein Bier gegangen - diesmal geht es nach 3 oder 4 Jahren des Nicht-Sehens (weiß nicht mehr so genau) tatsächlich auf einen Kaffee. Auch er hat sich geändert!

    4. Was den Heiligen Abend anbelangt, den ich dank meiner Sauferei heuer allein verbringen darf, habe ich einen neuen Denkansatz gefunden, welcher mir sogar ein bisschen gefällt: Nachdem die letzten drei Heiligen Abende allesamt eine mittelschwere Katastrophe waren (Vorwürfe, Streit, schweigend vor dem TV sitzen, da man sich eigentlich nichts mehr zu sagen hatte - ok, man kann sich denken, dass hier mein Alkoholkonsum seinen durchaus gewichtigen Anteil daran hatte), ist es vielleicht tatsächlich mal besser, den Abend - wenn auch alleine - ruhig und gelassen zu verbringen, vielleicht abends zur Christmette in die Kirche zu gehen und dann bei einem Hörbuch einzuschlafen. Und das alles: trocken! Außerdem gibt's es morgen ein Online-Weihnachts-Meeting der AA bei uns. Diesen Austausch finde ich auch hilfreich. Auch da sieht man, dass man nicht alleine mit seiner Abhängigkeit ist.

    5. Sitze jetzt noch im Büro (habe aber schon Schluss gemacht) und höre draußen vor dem Fenster die Musik von unserem Weihnachtsmarkt. Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich haufenweise Leute mit Glühwein in der Kälte stehen, manche wirken schon jetzt alles andere als nüchtern. Allein wenn ich das sehe, wird mir flau im Magen. Das finde ich aber ein gutes Zeichen und trinke lieber meinen Kaffee aus. Ich möchte da gar nicht runter und mich dazustellen. Gehe daher durch den Hintereingang raus und das war's, oh du mein Office!

    Irgendwie fühle ich mich heute viel besser als gestern! :) Hoffe, das bleibt so!

    Danke fürs zuhören / lesen!

    LG

    Stef.

  • Hallo, liebes Forum!

    Ich dachte mir, Folgendes möchte ich loswerden - schreiben hilft ja bekanntlich:

    Gestern, der 24. und der Heilige Abend, verlief erstaunlich gut. Gut, mein Tag war so dermaßen durchgeplant, da konnte ich gar nicht auf die Idee kommen, was zu trinken...

    Vormittags um 10 Uhr ein Theatervorstellung besucht (der Betrieb, wo ich arbeite, bietet so etwas immer am 24.12. an), dann mit zwei guten Bekannten Kinderpunsch (ja, wirklich!) auf unserem Hauptplatz getrunken, in weiterer Folge etwas gelesen, dann am Nachmittag eine große Runde laufen gewesen, danach wieder ein wenig lesen, essen gefahren (Himbeerlimo - die Kellnerin schaute etwas ungläubig), dann auf den Friedhof gegangen (da war ich schon lange nicht mehr), das Grab der Eltern und Großeltern besuchen und Kerzen anzünden, später nach Hause geeilt, am Online-Meeting der AA teilgenommen, dann Weihnachtswünsche verschickt, etwas telefoniert, um 23.00 Uhr war noch Christmette in der Kirche und um 1.30 Uhr bin ich tatsächlich hundemüde bei einem Hörbuch eingeschlafen...

    Den ganzen Tag nicht eine Spur von Saufdruck.

    Aber um das geht es eigentlich gar nicht.

    Gestern, beim AA-Meeting, war das Thema "Zufriedenheit und Glücklichsein". Auch wenn ich meist nur zuhöre und selten was sage, musste ich diesmal schon was loswerden - sinngemäß Folgendes:

    Dass mir der Alkohol in den vergangenen Jahren so dermaßen viel kaputt gemacht hat, kann mich natürlich nicht glücklich und zufrieden machen. Ganz im Gegenteil: Die Sauferei hat mir einen Teil meines Lebens ruiniert und vieles dauerhaft und irreparabel zerstört. Was nicht hätte sein müssen, aber leider eingetreten ist. Als ich das alles realisiert hatte, war es zu spät.

    Und dennoch: Heute (also gemeint gestern, am Heiligen Abend), auch wenn ich seit vielen Jahren zum ersten Mal allein in Wohnung sitze und mein künftiges Leben (ein paar Jährchen habe ich hoffentlich noch) von Grund auf neu ordnen und gestalten muss, bin ich trotzdem in dieser an sich schmerzlichen und für mich völlig neuen Situation glücklich und zufrieden, und zwar, weil ich erstmals hier auf dem Sofa sitze und mich eben NICHT mit ein paar Flaschen Wein oder anderem zuschütten muss, um mit all den Schwierigkeiten klarzukommen. So etwas gab es früher nie, da wurde alles Unangenehme sofort im Alkohol ersäuft - geholfen hat es freilich nicht.

    Diese Einstellung (und dies wurde mir erst heute wieder bewusst) hilft mir sehr, nüchtern durch das Leben zu gehen. Vielleicht hilft dieser Denkanstoß auch hier im Forum jemandem, der über sich, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft nachdenkt...

    Danke fürs zuhören / lesen.

    Noch einen schönen Weihnachtstag!

    Stef.

  • Hallo, liebes Forum!

    Zwei, drei Gedanken am heutigen Tag...

    Es gibt viele Anstöße und Denkansätze, die Sauferei zu lassen. Bei jedem sind diese individuell. Heute morgen bei meiner inzwischen täglichen Laufrunde fielen mir wieder einmal die Aspekte "Menge" und "Kosten" ein. Und auch was das betrifft, so hat mein inneres Ich letztlich die Stop-Taste gedrückt.

    Wieso?

    Denke ich an meine besonders intensiven Saufzeiten, so hatte ich in Summe täglich ca. 1 bis 2 Flaschen Wein (je 0,75 l)in unterschiedlicher Form (Schorle, pur) und 3 bis 5 Flaschen Bier zu je 0,33 l konsumiert. Manchmal auch mehr, selten weniger.

    Da mir dieser Konsum auf Dauer zu viel war, stoppte ich das Trinken regelmäßig zur Gänze. Faktisch soff ich so Pi mal Daumen gerechnet ein halbes Jahr (oder sieben Monate), den Rest vom Jahr nix.

    Und nun ein Rechenbeispiel: Wenn ich aus den Mengen oben eine Durchschnittsmenge nehme und bei einem halben Jahr (sagen wir von Juli bis Dezember) täglich zumindest 1,5 Flaschen Wein (= 1,125 l) und 4 Flaschen Bier (= 1,33 l) getrunken habe, dann sind das (und die Saufereien bei Feiern und sonstigen Anlässen lasse ich jetzt mal weg) bei 184 Tagen 207 l Wein und ca. 245 l Bier. Oder anders: 276 Flaschen Wein zu 0,75 l und 736 Flaschen Bier zu 0,33 l. Das sind also 1.012 Glasflaschen. Stellt diese mal in einen Raum!!! Alleine wenn ich mir das vorstelle, wird mir schon schlecht!

    Damit hat sich's für mich schon deshalb, da dieser Menge nur ein Körper (meiner) zur Verfügung steht.

    Und weiter (auch nicht zu unterschätzen): Bei einem derzeitigen Preis von ca. € 10 für eine Flasche Wein und € 1,33 für eine Flasche Bier ergibt das für ein halbes Jahr € 2.760,-- für den Wein und € 978,88 für das Bier. Also knapp € 3.750,-- in einem halben Jahr nur für den Alk zu Hause!! Selbst unter Ausnützung von Sonderangeboten, Rabatten udgl.: auf € 2.500,-- kommt man immer, außer man kippt sich den kompletten Fusel runter. Von den Getränken in den Restaurants, Kneipen, Almhütten etc. gar nicht erst zu reden.

    Ist es einem das wert? Tausende Euro nur dafür zu verwenden, sich und sein Umfeld körperlich und seelisch kaputt zu machen? Mir nicht mehr.

    Rechnet man dies auch noch auf ein ganzes Jahr hoch, dann wird alles noch viel mehr und ich kann da nur mehr den Kopf schütteln - die schiere Menge bildlich dargestellt genügt mir vollends. Mir, glaube ich, auch für eine dauerhafte Abstinenz in Zukunft, weil, wenn ich umrechne, wieviel ich die letzten Jahre in mich hineingeschüttet habe (und was das gekostet hat), dann reicht das jetzt schon für drei oder mehr Leben (die ich aber nicht habe)...

    Als Mensch, der immer schon mit Zahlen gespielt hat, hilft mir auch dieser Ansatz.

    Glaubt ihr, dass man mit so einer Denkweise die Abstinenz zusätzlich unterstützen kann oder sind derartige Gedanken zwar schön und gut, dem Suchthirn jedoch einerlei?

    LG

    Stef.

  • Hallo Stef,


    für mich persönlich (und meinem Suchthirn) haben solche gedanklichen Spielereien keinerlei Bedeutung.

    Mir war auch während der Jahre, in denen ich getrunken habe, bewusst, wie gesundheitsschädlich es ist und wie viel Geld es mich kostet (war ja nicht zu übersehen). Aber ich wollte und musste ja (da süchtig) trinken, da war mit gesundem Menschenverstand nix auszurichten… 🤷‍♀️

    Auch jetzt würden mir diese Gedanken nicht helfen in meiner Abstinenz. Die absolute Kapitulation war das Ausschlaggebende. Das Anerkennen meiner Abhängigkeit. Und dann das Handeln, also der Gang zum Arzt, die Grundbausteine, die Risikominimierung, die Trockenheitsarbeit.

    VG Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!