• Weißt Du Doro, ich sehe schon auch eine Opferrolle und Taten, die einem Menschen nicht zugemutet werden dürfen. Aber Du bist ja gegangen und nicht in Deiner Opferrolle verblieben! Du hast etwas geändert, ich denke mal "Opferrolle" gilt mehr für Menschen, die sich nicht weiter bewegen, zumindst sehe ich es so.

    Schau, mein Ex ist abgezwischt als Handwerker sämtliche Hausmauern bearbeiteten, es war die Hölle und ich war nichtmal Mieter sondern nur Untrermieter und für Land-/Stadt Ansprechpartner. Ich empfinde mich immer noch für die Situation als Opfer. Er zischt ab und ich habe Bagger im Haus und Handwerker davor.

    Ich bin gegangen, nicht so schnell wie ich wollte, klar, musste es noch aushalten, aber bin gegangen. Ich empfinde das immer noch als Unverschämtheit und den blanken Horror, aber jetzt eben ist eine / meine Grenze gefragt.

    Die sexuellen Übergriffe Doro, dazu gehörten meiner Meinung nach auch keine zwei. Ich musste ja irgendwo leben, auf der Strasse ging nicht, Frauenhaus gibt es hier nicht. Ich sehe es hier auch nicht so, dass zwei dazugehören. Aber auch hier waren nun meine Grenzen und ich bin gegangen. Gewiss, einige Übergriffe fanden statt, ist in meinen Augen immer noch der Hammer .....

    Aber es ist vorbei weil ich gegangen bin und nicht mehr willens war Opfer zu sein - wie DU!

    Vielleicht reagierst Du derzeit etwas stärker weil Du emotional ansprechbarer bist, ich weiß es nicht, aber das mit der Opferrolle muss nicht unbedingt auf Dich passen.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Danke Dagmar, hast Recht, hab mir zu sehr den Schuh angezogen.

    Weil ich noch in der Phase bin, mich von ihm innerlich abzugrenzen und er mir immer wieder Vorwürfe macht und mich als Täterin hinstellt.
    Und wenn ich ihm ne Weile zuhöre (was ich jetzt nicht mehr tue), beschleicht mich manchmal das Gefühl, er könnte Recht haben: Der arme Kerl wurde aus seinem Haus geschmissen, darf die Kinder nicht sehen und ich hab die Kreditkarte gesperrt. Da muss ich mich sehr anstrengen, um die Opfer-Täter-Bilanz wieder für mich gradezurücken.

    Und weil ich es selbst nicht fassen kann, wie unfähig ich war, meine Interessen und die der Kinder während der Beziehung zu verteidigen.
    Und diese Manipulationstheorie hilft mir, das zu begreifen.
    Ich renne ja nicht durch die Straßen und rufe: Ich bin Missbrauchsopfer, ich bin MIssbrauchsopfer.
    Sondern ich kann nur damit diesen Irrsinn erklären, der da abging.

    Und deshalb reagiere ich wohl so.

    Liebe Grüße
    Doro

  • Hallo

    mir geht dieser Thread schon den ganzen Tag nicht aus dem Kopf.
    Ich mein, ich hab mich auch oft als Opfer gefühlt, aber mein Mann doch auch. Er hat doch trinken müssen, weil ich dies oder jenes gemacht hab. Das alles war doch Manipulieren, Machtkampf, von beiden Seiten.
    Das geht ewig so weiter, ausser einer oder beide erkennen, daß man nicht Opfer sein muss und geht.

    julchen

  • Schau Doro, auch ich habe mir "Schuld" implementieren lassen und diese "angenommen". Klar, an allem war ich schuld ;) Da ich gar nicht registriert hatte, dass der Alkohol ihn bereits steuerte und ich ja dachte, die Beziehung ist eine Beziehung, die man nicht aufs Spiel setzt nach 10 Jahren, da nahm ich zu bereitwillig diese Zuweisungen an.

    Das ganze Spiel geht dann über Isolation, die Minderung des eigenen Selbstwertes und und und.

    Aber - und das ist der springende Punkt: erst wenn ich erkannt habe, dass ich Opfer bin - mich dazu machen ließ kann ich etwas ändern! So! Das hast Du getan! Ich auch .... ob zu spät oder überhaupt ist Jacke wie Hose für mich.

    Erkennen und versuchen dagegen anzugehen, in Deinem Tempo auf Deine Art und so wie Du damit zurecht kommst, aber nicht verharren!

    Doro, auch ich kann mir den Irrsinn nicht erklären, der in meinem damaligen Partner ausbrach. Auch ich muss noch lernen mich abzugrenzen, siehe den Nachbarn. Na und? Dann lernen wir halt! Immer ein Stückchen mehr. Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut oder?

    Weißt Du Doro, wenn das zuhören Deines Gatten bei Dir bewirkt dass Du Dich schlecht fühlst, dann scheint er nicht gut für Dich zu sein. Ich für meinen Teil versuche Menchen aus meinem Leben auszuschließen, die mir nicht gut tun. Auch mir fällt das schwer, weil es ja etwas mit meinen Grenzen zu tun hat.

    Opfer-/Täter-Bilanz? Nun bei mir sah es so aus:
    Job verloren weil Arbeitgeber sich verkalkuliert hat
    Lover verloren, weil der Frau Alk bevorzugte
    vom Lover betrogen weil eine Rotweindrossel an meine Stelle rückte
    Wohnung verloren und Tiere in Gefahr weil der Alk ihn zu einer Zeitbombe machte....

    Das wäre die Opferbilanz .....

    Meine heutige Lebensbilanz ist die:
    herrliches Hexenhaus für mich alleine und meine Tiere, die hier in Sicherheit sind!
    Ein Job der Spaß macht und mir gut tut. In der heutigen Zeit weiß niemand wer wie lange wo arbeiten kann, ich genieße jeden Tag und hoffe es gibt noch viele.
    Ich lebe glücklich alleine und verweise Leute, die mir nicht gut tun ... auch wenn es mich Überwindung kostet.

    Mein Exlover.... hm, keine Ahnung
    aber in seinem Unternehmen wurden 30 Leute gekündigt, die anderen haben Kurzarbeit. Er lebt wohl 80 km vom Arbeitsplatz (der ihm wohl nie Spaß machte und wo er auch keine näheren Kollegen hat, die ihn schätzen) entfernt was sonst ist weiß ich nicht....

    Hier interessiert mich nicht mehr wer Opfer oder Täter war. Ob er als "armer Kerl" gezwungen wurde 80 km weit weg zu ziehen, weil ich als Mietzahler ausfiel ... Ist alles sein Problem .... Seine Rolle - Opfer? Täter? Kann er sich selber raussuchen.

    Mein Leben jedoch, hat an Qualität gewonnen deshalb habe ich gar keine Lust auf eine Opferrolle, die ich einnehmen könnte, da es mir viel, viel besser geht als je zuvor.

    So.... und ich denke, da sind wir bei einem wichtigen Punkt: geht es mir gut, dann ist egal wer an was schuld ist, oder? finanziell geht es mir mau... keine Frage, aber die anderen Dinge wiegen so viel mehr. Egal, wie lange ich sie - oder den Job - halten kann. Jeder Tag, wo es so ist ist meiner - ohne Schuldzuweisung und ohne Schuldanerkenntnis!

    Lieben Gruß von Dagmar
    Halt Dich wacker!!!!

  • Zitat von Julchen148

    Hallo

    mir geht dieser Thread schon den ganzen Tag nicht aus dem Kopf.
    Ich mein, ich hab mich auch oft als Opfer gefühlt, aber mein Mann doch auch. Er hat doch trinken müssen, weil ich dies oder jenes gemacht hab. Das alles war doch Manipulieren, Machtkampf, von beiden Seiten.
    Das geht ewig so weiter, ausser einer oder beide erkennen, daß man nicht Opfer sein muss und geht.

    julchen

    Hallo Julchen,

    ich habe mir in diesem Thread nicht über die Opferrolle der Abhängigen Gedanken gemacht. Hier geht es um Co-Abhängigkeit und die begegnet mir immer wieder als Anklage gegen den Trinkenden. Aber - kein gesunder, "normaler" Mensch würde so eine Situation, wie wir sie hier alle kennne, länger als einige Monate mit ansehen. Co´s aber halten Jahre und Jahrzehnte aus und beklagen sich über Übergriffe, das Trinken und dass der Partner sie vernachlässigt. Sie zeichnen das Bild ihrer Opferschaft - hilflos ausgeliefert den bösen Trinkern. Das ist nichts anderes als die Krankheit des abhängig Trinkenden, der immer wieder Gründe findest, die ihn zum Trinken bringen. NIEMAND, außer uns selbst, ist dafür verantwortlich, dass es uns schlecht geht. Kein Alki, kein Chef, keine böse Welt. Wir selbst sind dafür verantwortlich, dass wir zufrieden leben können. Aber leichter ist es, die Verantwortung abzugeben und auf den Trinkenden zu schimpfen, "das schlechte vorzuhalten", damit wir uns gut fühlen. Jeder Co denkt, dass er der Gesunde ist und der Alki nur der Kranke und er somit das Opfer dieses Alkis ist. Neeeee, solange wir uns selbst nicht soviel wert sind, dass wir uns aus schlimmen und schlechten Beziehungen befreien, sind wir genauso krank wie ein abhängig Trinkender.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo zusammen,

    Ette, mir fällt dazu nur das Stichwort "geistige Genesung" ein, auch wenn dieser Begriff sehr weit dehnbar in alle Gesellschaftsteile ist....
    You know :wink: , steht nicht ganz zufällig an 2. Stelle....

    Ist für mich auch schon länger klar, wieso dies nicht nur für den Alkoholiker,
    sondern auch für die Angehörigen/Co. gilt - Alkoholismus ist eine Familienkrankheit......

    Viele davon werden vielleicht doch eine "höhere Eingebung" benötigen, um überhaupt verstehen zu können, was damit gemeint ist/gemeint sein könnte.

    Gruß Hermann

  • Liebe Doro.

    *** Du schreibst: In der Opferrolle wohlgefühlt habe ich mich, glaube ich, nicht. Ich hab mich eigentlich gar nicht so sehr als Opfer gefühlt die meiste Zeit. ***

    Das ist es, was ich meine.. In der Beziehung, also in der Ausübung des direkten Kontaktes, habe ich mich auch nicht offiziell als Opfer gefühlt. Bis ich das erkannt habe, habe ich schon viele Kämpfe ausgetragen. Es war für mich einfach selbstverständlich, dass es Konflikte gab, dass ich geben musste, um etwas zu bekommen. Dass ich das geben musste, was ich bekommen wollte: Aufmerksamkeit. Liebe. Frieden. etc. Vielleicht ist es das urtypische Bild von Liebe oder Familie, was wir in unserem Hirn gespeichert haben. Geben ist seeliger denn Nehmen. Das ist doch für mein Hirn logisch verständlich, noch mehr: es ist selbstverständlich.

    *** Du schreibst: Und deshalb, glaube ich jetzt, war ich irgendwie manipuliert. (Ja, ich weiß: Ich hab mich manipulieren lassen.) ***

    Ich bin irgendwann an den Punkt gekommen, zu erkennen, dass nicht nur ich manipuliert wurde, sondern auch selbst manipuliert habe. Wir entwickeln doch Mechanismen, um zufrieden zu stellen, um Ärger zu vermeiden, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Wir halten still, aber nicht nur das, wir sind dabei ja auch Aktionäre. Wir drehen uns um die eigene Achse um zufrieden zu stellen. Zeigen ein anderes Bild von uns und sei es auch nur, dass Traurigkeit mit einem Lächeln abgetan wird, um keine negative Aufmerksamkeit zu bekommen.

    *** Du schreibst: Also, man könnte es vielleicht auf den Nenner bringen: War Täterin an mir selbst. Hab mich selbst verraten. ***

    Das sehe ich genauso! Das ist auch mein Hauptnenner! Ich lebte nicht das Prinzip der Selbstverantwortung. Sicherlich ist das in meinem Beispiel etwas einfacher zu strukturieren. Ich habe keine Kinder, keine Familie in diesem Sinne. Aber letztlich kommt es immer auf das selbe hinaus. Ich will etwas von meinem Gegenüber und dafür bin ich bereit, mich selbst zu verraten oder quälen zu lassen oder in einer Situation zu verbleiben, die beiden nicht gut tut. Für mich war das so: Ich wollte meine Situation garnicht verändern - ich hatte sogar Angst davor. Klar wollte ich einen liebevollen und trockenen Partner. Aber ich war eigentlich nicht bereit, etwas dafür zu tun. Ich meinte immer, er hätte tun müssen. Schwierig das zu erklären.. Ein extremes Beispiel: Für mich war es einfacher, darauf zu bauen, dass er am Rechner saß und soff, als dass ich mich mit meinem Leben beschäftigen musste, meine Probleme regeln musste. Ich hatte ja seine Probleme direkt vor meinen Augen. Täter im Opfer.

    *** Du schreibst: sich nicht gegen etwas wehren ist nicht auf gleicher Stufe wie jemandem etwas antun ***

    Ich glaube, doch letztlich ist es das Gleiche. Wenn ich mich nicht gegen etwas zur Wehr setzt, tue ich mir (und meinen Kindern) etwas an. Und ich tue dem Alkoholiker damit etwas an. Ich denke, allein mit dem Umstand, dass ich nichts tue, trage ich ihn weiter auf meinem Rücken, er muss für sich nichts ändern; er muss für sich selbst keine Verwantwortung übernehmen. Das tue ich für ihn. Das ist mein aktiver Part. Ich stelle es mir anhand dieses Beispiels so vor: ich sehe auf der Straße einen Mann der seine Frau anschreit und ich weiß, daheim wird der sie verprügeln - und ich tue nichts außer vorbeigehen - ich tue mir dabei etwas an (so ein Mensch will ich nämlich eigentlich nicht sein, ich übernehme für mich keine Verwantwortung), ich tue der Frau etwas an (die wird verprügelt) und ich tue dem Mann etwas an (er muss/darf weiter prügeln, er muss dafür keine Verantwortung übernehmen).

    *** Du schreibst: Stellt euch einen krasseren Fall vor (so extrem wars bei uns zum Glück bei Weitem nicht!!!): Ein Mann kommt besoffen nach Hause, die Frau "provoziert", indem sie sich beschwert, er schlägt sie krankenhausreif. ***

    Da komme ich wieder zurück zu meinem vorherigen Beispiel: Hat die Frau Verantwortung für sich selbst übernommen? Klar, jetzt ist es zu spät. Jetzt ist sie definitiv Opfer! Opfer von tätlicher Gewalt! Aber hätte sie sich schon viel früher zur Wehr gesetzt, wäre gegangen und hätte die Pein an der Seite eines (aggressiven) Alkoholikers nicht so lange ertragen, wäre es wahrscheinlich garnicht erst dazu gekommen. Ja, auch ich glaube, hier kommt die Schwierigkeit Opfer und Täter an die Oberfläche. Nein, ich würde der Frau nicht erzählen, dazu gehören immer zwei. Nur die Geschichte, die vorher geschrieben wurde, dazu gehören immer zwei. Sie hat letztlich zugelassen, dass es so weit kommen kann - krass gesagt, sie hat es ihm vorher still erlaubt.. (dafür bekomme ich jetzt bestimmt einen Nackenschlag von dir/euch?!) und bleibt sie dann danach immer noch bei diesem Partner, ist sie denke ich Täter an sich selbst, Täter an dem Alkoholiker, denn sie ändert nichts für sich.

    Ich glaube auch, dass Opfer und Täter immer definiert sind mit Schuld. Und ja, ich auch ich glaube nicht, dass man Schuld mit zwei Seiten einer Medaillie erklären kann und darf. Wenn Jemand tätliche Gewalt ausübt, dann ist dieser Jemand Täter und das Opfer ist wohl auch ganz klar definiert. Wenn ich aber zulasse, dass an mir emotionale Gewalt ausgeübt wird, dann bin ich nicht nur Opfer, sondern auch Täter.

    Vielleicht habe ich mich teilweise unverständlich ausgedrückt. Opfer- und Täterrollen beschäftigen mich ständig, aber so richtig dahinter gestiegen, dass ich es in Worten richtig ausdrücken kann, was ich sagen will, ist mir vielleicht noch nicht gegeben. Derzeit fühle ich mich als Täter im Sinne von aktiv etwas tun. Mich ausprobieren. Auch das ist für mich eine Defintion von Täter sein. Ich lebe jetzt meinen Egoismus und da ist nicht viel Platz für Emotionen Anderer. Manchmal glaube ich, ich renne wie ein Elefant durch einen Porzellanladen, weil ich mir selbst sehr viel wert bin. Und ich glaube, in der Beziehung mit dem Alkoholiker erging es mir eigentlich nicht anders. Eigentlich wollte ich immer nur das Beste für mich...

    Liebe Grüße

    kk.

  • Guten Abend,

    ich musste mal einen Thread an die Oberfläche holen, der schon etliche Zeit zurück entstand. Aktuell ist er meines Erachtens immer noch. Immer wieder finde ich Überschriften und Fragen, die nach außen den Anschein erwecken, als wären die Co´s die ganz armen Opfer, die vom trinkenden Partner nur manipuliert, untergebuttert, ausgenutzt und krank gemacht werden.

    Andererseits lese ich dann aber wieder, dass überlegt wird, wie der Partner manipuliert werden kann. Oder dass ohne die finanzielle Unterstützung des „bösen“ Alkis womöglich Hartz IV beantragt werden muss, da ohne das Gehalt des trinkenden Partners kein wirtschaftliches Auskommen gegeben ist. Sorry, aber da bedauere ich in erster Linie euere Männer. Aber halt....ihr bleibt ja bei ihnen weil ihr sie so liebt.

    Ich habe am eigenen Leib erlebt, dass man als Co schon mal gern äußert, dass der Alki einen krank gemacht hat. Hab ich auch getan....und mich irgendwann kürzlich bei ihm dafür entschuldigt. Er hat mich nämlich gar nicht krank gemacht. Er hat auch nicht unser Leben zerstört oder mich ausgenutzt.

    Schließlich hab ich selbst so lange an ihm rumerzogen, bis es meine eigene Kräfte überstieg, weil ICH einfach WOLLTE, dass er sich so verhält und so lebt, dass es zu meiner Vorstellung von Leben und Beziehung passt. Ich habe alles und alles dafür getan, ihm alle Steine aus dem Weg geräumt, dass er nicht mehr trinken sollte, bei mir bleibt und mich toll findet. Als es nicht geklappt hat – siehe oben – habe ich reklamiert, dass er mich ausgenutzt hat. Im nachhinein weiß ich, dass ich all das FREIWILLIG gegeben und getan habe, weil ich wollte, dass er bei mir bleibt und mich toll findet.

    Und unser Leben zerstört? War es überhaupt UNSER Leben? Ich weiß inzwischen, dass es nur MEINE VORSTELLUNG von Leben war, die ich ihm aufzwingen wollte. Seine Vorstellung war eine ganz andere. Er hat mir meine Illusion zerstört. Ja, das kann hinkommen. Aber das hat für mich den Vorteil, dass ich nun endlich, endlich auf dem Weg bin, mein Leben erwachsen zu führen. Mit Verantwortung nur für mich selbst. Ich bin in der Lage, mich zu ernähren, für mich zu sorgen und mein Leben zu gestalten. Ein Partner, ein gleichberechtigter, nicht einer, den ich zum Kind mache, indem ich immer besser weiß, was für ihn gut ist, kann dann das Sahnehäubchen für mein Leben sein. Ein Genuss, nicht eine Lebensnotwendigkeit.

    Aber dafür musste ich mir erst einmal klar werden, dass ich mich in einer Opferrolle gesuhlt habe. Ist ja auch bequem, wenn der Andere der Böse ist, der alles kaputt macht. Er kann mir aber mein Leben gar nicht kaputt machen, weil es in meiner eigenen Verantwortung liegt, dass es zufrieden ist.

    Im Grunde sind viele von den Postings hier eine Fortsetzung des Co-Verhaltens. Jetzt wird nicht mehr der Alki betüdelt, sondern andere arme Opfer von trinkenden Partnern.

    Ich würde mir wünschen, dass jeder mehr auf sich selbst achtet. Sein eigenes Verhalten reflektiert und die Ratschläge, die für andere so munter sprudeln, für sich selbst in Anspruch nehmen wollte. Hmmm.... eine Illusion – ich weiß. Aber das Forum ist ja dafür da, ganz ureigene Gedanken zu formulieren.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo Ette,

    immer noch ein schöner Thread.

    Ohne ein Verlassen der Opferrolle ist keine echte Entwicklung zu einem besseren Leben möglich. Man verliert sich im Jammern und verstellt sich den Blick für die Handlungsmöglichkeiten, die da sind.
    Das sehe ich ganz genauso.

    Was ich immer noch nicht so sehen kann, ist dies:

    Zitat

    Co´s die ganz armen Opfer, die vom trinkenden Partner nur manipuliert, untergebuttert, ausgenutzt und krank gemacht werden.

    Doch, ich finde schon, dass viele nasse Alkoholiker ihre Frauen (meistens ist die Konstellation ja so) manipulieren, unterbuttern, ausnutzen und krank machen.
    Dass sie selbst krank gemacht werden vom Alkohol, ist klar. Sie sind Opfer und Täter.

    Wenn eine Frau gerade dabei ist, sich aus dieser für sie so schädlichen Beziehung zu lösen, dann finde ich es wichtig, ihr zu sagen: Ja, deine Gefühle sind richtig, er verhält sich wie ein A***!
    Wenn eine Frau geschlagen oder übel beschimpft wird, möchte ich sie erstmal in den Arm nehmen und ausweinen lassen. Dann kann ich doch nicht sagen: Überleg doch mal, wo du selbst auch manipuliert hast.
    Und aus der Erkenntnis: Er behandelt dich wie ein A***, muss dann die Erkenntnis kommen:
    Steh auf und geh aus dieser unwürdigen Situation.
    Dann muss irgendwann die Opferrolle verlassen werden.

    Es ist doch kein Widerspruch festzustellen: Du bist Opfer geworden dieses gewaltbereiten Menschen.
    Und zu sagen: Nun musst du aber aktiv werden um dich gegen diesen gewaltbereiten Menschen zu wehren.
    Für mich gehört das zusammen und ich finde es ganz wichtig, solidarisch zu sein. Das heißt nicht vertrösten!

    Liebe Grüße
    Doro

  • Hallo,

    als Kind ist man Opfer und als Erwachsener, Täter?

    Ich war als Kind auch Opfer, sicher auch der Grund dafür, sich einiges mehr gefallen zu lassen.
    Es ist mir vieles vorgelebt worden, obwohl ich immer gesagt habe: So ein Lebe werde ich nicht führen!
    Ja, tu ich ja auch nicht, meine Kindheit war noch schlimmer!
    Das ist krank, den Ausweg zu finden ist schwierig.
    Nicht negativ auffallen, nett, freundlich, hilfsbereit, angepasst, so habe ich es gelernt, den Willen des "Stärkern" befolgen um aus der Schusslinie zu geraden, reine Schutzfunktion des Überlebens, oder?
    Bisher habe ich mir gedacht, soviel wie meine Mutter habe ich mir nicht gefallen lassen! Welch ein Selbstbetrug!!!!!
    graupe

  • Guten Morgen Ette und Doro, und alle anderen

    schöner Thread.... danke, dass Du ihn hoch geholt hast, Ette.

    Die Opferrolle ist ja für einen gewissen Zeitraum ganz schön, insbesondere, wenn erst einmal das böse Erwachen kommt, in was für einer destruktiven Beziehung man ist. Ich stimme Dir Doro zu, dass es am Anfang unheimlich hilfreich ist Trost zu finden, da nützen Ratschläge erst mal wenig. Doch irgendwann darf auch der Punkt kommen, wo ich mich eigenverantwortlich frage, was hat das mit mir zu tun? Alles auf meinen Partner zu schieben ist zu einfach.

    Wenn Du schreibst Doro: dass viele nasse Alkoholiker ihre Frauen (meistens ist die Konstellation ja so) manipulieren, unterbuttern, ausnutzen und krank machen.

    Da kann ich mir als Angehöriger genauso sagen: ICH lasse mich manipulieren, ausnutzen, unterbuttern und krank machen! Und jetzt komme ich der Sache schon näher, jetzt beginne ich nämlich in meine Eigenverantwortung zu gehen. Es zwingt mich kein Mensch dazu, in so einer Beziehung zu verweilen. Wir leben in einem freien, demokratischen Land mit unbegrenzten Möglichkeiten und nicht in Afganistan!

    Diese ganzen Sätze, die ich hier oft lese und ich mir auch selber gesagt habe kann ich auch alle umdrehen und auf mich projizieren und dann wird es spannend :)

    Er macht mich krank - ich mache mich krank!
    Er hat mein Leben zerstört - ich habe mein Leben zerstört!
    Er hat mir meine Illusion zerstört - ich habe mir meine Illusion zerstört!

    Solange ich bei dem anderen bin, sprich: "er hat....", bin ich nicht in meiner Eigenverantwortung. Ich mache mich abhängig von seinem Verhalten.

    Ich habe auch lange dafür gebraucht, es mir umzudrehen und mir einzugestehen doch letztendlich war es auch der Schlüssel zu mir. Mich zu fragen, warum mache ich bestimmte Dinge mit, die mir nicht gut gut? Hier begann die Reise zu mir. Und wenn mir Dinge klar werden, kann ich ich auch irgendwann handeln, das kommt von ganz alleine. Ich musste für mich nur erst mal die Zusammenhänge begreifen.

    Für mich ist es so, dass ich meinen Partner als meinen "Heiler" betrachte", mag sich etwas spirituell und abgefahren anhören, doch ist es so. Er hat mich auf Dinge hingewiesen, durch sein Verhalten, die etwas mit mir zu tun haben, das ist mein erster Schritt aus der Opferrolle. Natürlich hätte ich weiter weg gucken können und ihm die Schuld in die Schuhe schieben können, doch bringt mich das weiter? NEIN

    Ich finde RosaLi´s Thread zur Kindheit sehr anregend für diesen Prozess.

    Heute ist es so, dass ich es gelernt habe und mich immer wieder darin übe, meinen Partner von meinen persönlichen Baustellen abzukoppeln. Er ist nur ein Auslöser. Interessanterweise sind wir seitdem in einem völlig anderen Dialog miteinander, was wir beide als sehr angenehm und verbindend empfinden.

    Liebe Grüße, Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo Ette,

    schön das es dich noch gibt :lol:

    Ich denke mal , das ein Teil der Co -Krankheit, auch das Unvermögen des Nichterkennens ist, sich selbst in der Opferrolle überhaupt zu sehen .. Die Erkenntnis krank zu sein,mag da schon vorhanden sein. Jedoch ist das gesamte Ausmaß und die Tiefe ,einem noch nicht bewusst. Das Wahrhaben oder das wahrhaben wollen sieht man nur bei anderen.

    Es wird sich ausgetauscht, es wird gelesen und es werden neue Erkenntnisse aufgenommen und mit einem ...." Ja das könnte bei mir auch so sein.... mh.. ist es aber nicht" ... abgetan. Dieses Erkenntnis werden dann an andere weiter geben und man hat sie wieder los.

    Ein Hamsterrad/rolle dreht sich auch nur in zwei Richtungen . Vor und zurück aber nie raus. Wenn es kaputt ist ,wird sich ein Neues gekauft, anstatt zu überlegen das es auch andere Wege gibt.

    Ich wusste auch genau, das meine körperlichen Schädigungen, in der nassen Zeit , nur vom Alkohol kommen konnte. Mein Suchtgedächtnis sah das jedoch anderes und signalisierte mir zig andere haarsträubende Ursachen. Solange ich in diesem nassen Denken gefangen war behandelte ich die Suchtkrankheit auch nur als Flickwerk, anstatt es als ein ganzes zu sehen.


    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • glück auf nochmal

    :roll: opfer - täter - agressor - verteidiger :roll:
    nich vergessen :arrow: aloholiker + co +ek < sin kranke :idea:
    :arrow: nur - wir haben den heilungsprozess / den stillstand der krankheit :arrow: selbst in der hand (mehr als andere kranke) :wink:

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Hartmut,

    ich denke es ist einer der Kernprobleme des Co`s - sein Unvermögen sich selbst zu kennen und zu wissen was für ihn gut ist. Er weiß das für den anderen, was gut für ihn ist, aber nicht für sich selber.

    Ich denke, dass ist die Kapitulation des CO´S zu realisieren: er weiß gar nicht richtig, wer er ist :(

    Das muss erstmal begriffen, verinnerlicht und gesehen werden und dann kann es in kleinen Schritten losgehen......

    LG Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo Avalon,

    nee nicht Psychologie studiert. Setze mich nur seit 6 Jahren mit meiner Rolle und mit meinem Dasein auseinander und nehme das Thema sehr ernst.

    Lese ich Sarkasmus aus Deinen Zeilen, dass ich immer alles weiß, was für wen wann gut ist? Ist nicht meine Absicht. Versuche lediglich meine Erfahrungen kund zu tun, da ich alle diese Themen am eigenen Leib, manchmal in sehr abgeschwächter Form, auch erlebt habe.

    LG Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo Martha,

    nein , kein Sarkasmus von mir.
    Das ist das Problem beim geschrieben Wort, oft wir dann interpretiert wie die persönliche Wahrnehmung ist-auch bei mir !
    Doch ich denke das jeder seine eigene Geschichte hat.Ich bin auch Coabhängig,aber habe keine Suchtveranlagerung.Rauche nicht, trinke höchstens 3-5 Mal im Jahr ein Glas Wein mit einer Freundin (bin ja nicht alkoholkrank),habe keine Essstörung, Kaufrausch und sitze auch nicht ohne Pause am PC. Pflege meine Hobbys, fahre auch alleine weg,sowie wir gemeinsame Hobbys haben die wir pflegen..
    Das ich mich persönlich nicht getrennt habe liegt woanders, an anderen Erlebnissen.Darum glaube ich auch das jeder seine Geschichte hat.Coabhängig ist ja nicht Alkohlsüchtig ,obwohl es ja auch Alkoholiker geben soll, die auch Coabhängig sind.Es sind nicht immer die gleichen Strukturen die zu etwas führen.Und es gibt genug Menschen die ein eigenständiges Leben führen und trotzdem beim trinkenden Partner bleiben.Zu schauen wo die eigene Sruktur ist, dafür lese ich hier.Und ich habe auch schon viel für mich persönlich gelernt.Aber niemand anderes kann wissen warum was ,wie ist, da muss ich alleine drauf kommen.

    Liebe Grüsse

  • Hallo Avalon,

    ich stimme Dir in allem was Du schreibst, total zu. Wir haben alle unsere eigenen Geschichten und wirklich wichtig seinen eigene Struktur darin zu finden, wie auch immer.

    Falls es bei Dir den Eindruck geweckt haben sollte, dass ich alle über einen Kamm scheren möchte, dann ist das nicht meine Absicht. Ich finde den Begriff Co Abhängig auch sehr verwirrend und ich würde ihn fast in "Schweregrade" unterteilen wollen. Was mir bloss bei ganz vielen hier auffällt, wie oft nicht gewußt wird, was für einen selber gut ist und man oft nur bei dem anderen ist. Es ist für mich das ausschlaggebende Symptom der Co´s. Coabhängige gibt es ja auch nicht nur in Suchtbeziehungen. Ich möchte mal ganz frech behaupten, dass jede zweite Beziehung, ob mit oder ohne Alkohol eine Abhängigkeitsbeziehung ist ;-).

    Ja und es ist wichtig, selber drauf zu kommen. Ich denke, jeder nimmt sich das aus dem Forum, was für ihn in dem Moment wichtig ist. Morgen sind es vielleicht ganz andere Dinge, da sich etwas in mir weiter entwickelt hat. Und ich kann auch nur das wieder geben, was in mir gerade lebendig ist, der eine kann was damit anfangen und der andere nicht.

    Liebe Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo Martha,

    weisst du was ich mich manchmal auch frage, sind Arbeitgeber auch Coabhängig ?Wie oft höre ich von Arbeitgebern, die wissen oder ahnen , oder nicht" wissen wollen "das der Arbeitnehmer trinkt."Ist doch nicht so schlimm, machen wir doch alle","solange er(sie) seine Arbeit macht, mir egal, woher soll ich wissen das er-sie- trinkt,Solange er-sie nicht auffällig wird interessiert es mich nicht,"."hat bestimmt häusliche Probleme zur Zeit,"....
    Und die Arbeitgeber sind oft länger am Tag mit diesen Menschen zusammen als wir zu Hause.Es betrifft Kliniken,Postboten,Lehrer und fast jeden Bereich!
    Ja, sind Arbeitgeber Coabhängig ?

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