• Zitat von Ette

    Ich habe grad so beim Lesen für mich festgestellt, dass ich Wut zum einen als Energiefresser betrachte und zum Anderen als Vehikel für andere Gefühle. Wenn ich wütend werde, versuche ich zu gucken, was dahintersteckt. Machtlosigkeit, Abwertung durch Andere, Angst, Trauer, Ungerechtigkeit, Handlungsunfähigkeit sind die Gefühle, die ich bisher hinter meiner Wut gefunden habe.
    [...]
    Dabei habe ich gemerkt, dass auch oft die Wut auf mich selbst eine Rolle spielt. Wut darüber, dass ich das, was sich hinter der Wut versteckt, nicht leben kann oder meine, nicht leben zu dürfen. Oder aber ganz einfach auch nicht spüren will. Meine eigene Hilflosigkeit, meine Machtlosigkeit, die Tatsache, dass mich Abwertung durch andere Menschen so anpackt.
    [...]
    Vielleicht verkleidet sich deine Wut, wenn du als Kind „gedeckelt“ aufgewachsen bist. Wut und Aggression kann sich meines Erachtens auch hinter dem Bemühen der Kontrolle verstecken. Sie kann ganz subtil daherkommen. Übernimmt die Herrschaft durch Leiden. Wird versteckt hinter: Ihr Bösen, guckt, was ihr mit mir gemacht habt. Jetzt geht es mir schlecht und ihr seid schuld.

    Hallo zusammen,
    ich schleiche schon länger um diesen Thread herum, lese ihn immer wieder und versuche herauszufinden, wie ich meine eigene Wut bzw. meinen Umgang damit erkennen und benennen kann. Ich kann damit nicht umgehen, das ist leider bisher die einzige Erkenntnis, die ich gewonnen habe. Der Beitrag von Ette spricht mich maßlos an, denn genau so empfinde ich auch.
    Ebenso der Ansatz von Linde, zwischen ALTER und AKTUELLER Wut zu unterscheiden - einfach genial! Aber im Moment weiß ich einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. :(
    Mir geht es weniger um konkrete Maßnahmen, wie z.B. in den Wald fahren und ordentlich brüllen oder auf einen Sandsack einprügeln, auch glaube ich nicht, dass nur sachliches Reflektieren und Analysieren mich weiterbrächte. Ich möchte nur endlich lernen, angestauten Ärger aus der Vergangenheit so zu verarbeiten, dass ich auf eventuelle Ärgernisse jetzt, hier und heute angemessen reagieren kann.
    Es sind die berühmten "Stellvertreterkriege", die ich führe, und die machen mich so mürbe.

    LG
    espoir

  • Liebe espoir,

    du ahnst nicht, wie lange ich drumherumgeschlichen bin, um die Wut und um alles andere..... Und beim Drumherumschleichen kam ich dem Zentrum immer näher, einfach so, weil es irgendwann einfach ging.

    Ohne zu wissen was da im Zentrum eigentlich ist, blieb ich immer in Bewegung. Immer mal hinspüren, achtsam sein, lauschen und nichts durch Aktionismus überfrachten.

    "Stellvertreterkriege" ist ein sehr guter Begriff.

    Oft üben wir in der Peripherie so lange, bis wir soweit sind, am Eigentlichen zu arbeiten.

    Du bist auf deinem Weg, du spürst hin und du hast begonnen darüber zu schreiben. Das ist doch gut.


    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • hallo espoir

    mit wut im bauch agiert man, meist unsensiebel und reichlich unsinnig, das weiß jeder, darüber braucht man nicht diskutieren.

    die wut loslassen, damit der kopf frei wird um die dinge richtig zu betrachten und gescheit zu reagieren ist nicht so einfach.

    mir hilft eine meditation, vielleicht kannst du damit was anfangen.
    ich setze mich in einen ruhigen raum und lasse meine wut erst einmal zu, ich spüre sie regelrecht in meinem bauch. ich stelle mir dabei vor, das sie sich wie eine funkensprühende sonne zusammenballt. wenn ich sie so zusammen habe, lass ich den ball explodieren und die teile aus mir herausfliegen. hört sich blöd an, aber bei mir funktioniert das. danach geht es mir schlagartig besser und ich habe den kopf wieder frei um die sache die mich geärgert hat ruhig zu überdenken. versuch es einfach mal, mehr als das du wütend bleibst kann ja nicht passieren.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Ja Ihr Lieben,
    die Wut im Bauch, das, was uns zum platzen bringen könnte wie ein Ballon, in welchen immer mehr und mehr Luft gepumpt wird....

    Wie oft bin ich früher in einem sprichwörtlichen Wutanfall geplatzt.

    Heute ist die Dosierung anders. Ich spüre in mir wenn sich etwas aufbaut, was ich nicht verstehe oder nicht mag. Ich versuche es zu hinterfragen (da wo es weh tut, da bin ich dann leider meist richtig). Durch das anerkennen des frühen spürens kommt es im Regelfall bei mir nicht mehr zur Wut.

    Das Gegenstück von Wut könnte die Traurigkeit sein, die ich hie und da verspüre. Da aber gilt selbiges: warum fühle ich mich jetzt traurig?
    Klappte etwas nicht ? - was ich aber später hinbekommen kann....
    Habe ich Erwartungen an andere gehabt, die nicht erfüllt wurden ? - habe ich diese Wünsche/Erwartungen überhaupt offen ausgesprochen ....
    Will/Erwarte ich vielleicht etwas, das mir nicht zusteht?
    Oder habe ich vielleicht einfach nicht genug Geduld und will mal wieder mit dem Brecheisen etwas erreichen?

    Ich denke vor Wut/Trauer kommt ganz viel anderes. Wenn wir früh genug spüren können wir damit arbeiten und wachsen.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Zitat

    Der Grund der Ablehnung ist aber auch gleichzeitig der Weg zu Wut!

    Hallo Bopunty,

    den Satz finde ich sehr treffend.


    In meiner Traumatherapie habe ich gelernt, mir für manche Situationen "innere Helfer" zu installieren. Die inneren Kinder brauchten Begleiter, um durch bestimmte Phasen hindurchzukommen. Dieser traumatherapeutische Ansatz nach Ilse Reddemann arbeitet mit Imaginationen.

    Wenn ich selber keine Wut ausdrücken oder auch nur fühlen konnte, dann hatte ich mir eine innere Bärin vorgestellt, eine unglaublich starke wehrhafte Braunbärin, die stellvertretend für mich die Krallen zeigen konnte. So manches mal hat sie ohne zu zögern eingegriffen, wenn mir etwas zu nah kam, hat mit ihren Krallen und Zähnen alles zerfleischt, was mich angegriffen hat. Sie war immer in meiner Nähe, passte gut auf mich auf, war stark, autark, hellwach und genau in ihren Entscheidungen.

    Ein Bild nur, und doch...!

    Inzwischen kann ich meine Gefühlspalette selber leben, die innere Helferin für die Wut, die Braunbärin, ist im wohlverdienten Winterschlaf. Es gab einige solcher Imaginationen.


    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Mich hat gerade etwas sehr nachdenklich gemacht. Und ich denke es passt am besten hierher.
    Mein Cousin hat Adipositas. Mich würde mal interessieren, ob das auch ein autoaggressives Verhalten ist? Richtet er durch die "Fressatacken" auch seine Wut gegen sich selbst? Gewisserweise zerstört er sich ja dadurch. Es ist doch auch eine Krankheit, oder? Eine Sucht.
    Kann man das mit Magersucht oder Bullimie gleichsetzen?
    Braucht jemand mit Adipositas nicht genauso psychologische Hilfe wie jemand mit Depressionen? Ist es nicht ein Zeichen dafür, dass irgendwas falsch läuft?

    Liebe Grüße
    LaChela

  • hallo

    es gibt die Adipositas, die aus körperlichen Fehlfunktionen
    entstanden ist.

    Es gibt psychogene Eßstörungen, die zum Dicksein führen
    zbsp das Binge-eating
    Eine psychogene Eßstörung tritt oft nur als Symptom einer
    weiteren psychischen Störung auf.

    Doch da keiner hier Deinen Cousin kennt, kann man dazu
    wenig sagen

    Xen.

  • Hallo ihr Lieben,

    bei mir war es anders als bei den meisten.

    Ich konnte immer "gut" Wut haben- situationsbezogen. Ich habe sie auch verbal ausgedrückt. Immer mit den beginnenden Worten: Ich finde es blöd..., ich meine...., mich stört...... Meine Mimik und Gestik waren immer im Einklang mit meiner Wut.
    Nach einigen Jahren mit meinen alkoholabhängigen Partner fing ich an, meine Wut zu schlucken. Der Grund war, dass er diese für unsere Beziehungsschwierigkeiten verantwortlich machte. Ich dachte, er hätte Recht und so schluckte ich sie immer öfters runter und wenn dann doch der Tag kam und sie rausplatzte begann ich mit anderen Worten: "Du machst schon wieder...., immer das Gleiche...., kannst du mal nicht....,du-du und du. Und nie konnte ich ihn dann dabei ansehen, weil ich Angst hatte, er könnte mein Wutgesicht sehen.
    Ich schluckte also und nach immer wieder kehrenden Verhaltensmuster seinerseits habe ich nicht mehr die Vorsicht walten lassen, niemanden Schuld zuzuweisen.

    Ich wurde wütend, wenn er tagelang immer bis 5 Uhr mittags im Bett blieb.
    Ich wurde wütend, wenn ich das 30 x fragte, ob er etwas erledigen könnte.
    Ich wurde wütend, wenn er schon abend um 7 Uhr die Augen so verdrehte und nicht mehr geradeaus laufen konnte.
    Ich wurde wütend, wenn er nach dem Aufstehen Animation haben wollte, ohne irgendeinen Handschlag gemacht zu haben. (Sauna, Disco, Feiern).

    Und dann konnte ich nicht mehr schlucken, ich ließ es täglich mit Vorwürfen raus.

    Heute schlucke ich wieder vollständig- nein, ich verdränge sie, weil er nach Abschluss seiner Langzeittherapie vor wenigen Tagen unsere 13 jährige Beziehung beendet hat. Mit den Worten, dass er nicht mehr so mit mir leben kann. Seine einzige Erinnerung ist meine Wut und das macht ihn wütend, entfernt ihn von mir.

    Ich glaube, dass meine Wut Schuld daran ist. Er würde sie noch nicht einmal akzeptieren, wenn ich mit den alten Worten beginne: Ich meine.... usw.

    Aber ohne meine Wut zuzulassen, geht es mir schlechter. Es macht mich depressiv. Es ist das genaue Gegenteil.
    Eigendlich hat mich meine Wut besser leben lassen. Ich konnte damit die Schuld von mir weisen. Ich war mir mehr wert. Ohne diese Wut gebe ich mir die Schuld, denke, ich bin der schlechte Mensch.
    Wut ist für mich Selbstschutz.

    Ich hoffe, ich habe nicht am Thema vorbeigeredet.

    Liebe Grüße Elke

  • Hallo, liebe Elke,
    ich weiß nun nicht, ob dieses Thema "Erinnerungen an Dein Wutgesicht" nicht vielleicht der einfachste Grund ist die Beziehung zu beenden und nicht weiter darüber zu reden. Ob das DER Grund schlechthin ist, wage ich zu bezweifeln. Ich denke einfach er hat keine Lust auf Diskussionen - vielleicht derzeit auch nicht die Kraft, da er erst mal sich auf die Reihe bekommen sollte.

    Wut reinfressen? Neee, das schadet nur mir selber. Rauslassen - kanalisiert - evtl. sogar in Briefform (ob der andere sich die Mühe macht den Brief zu lesen ist dann wieder ein anderes Thema).

    Wobei ich persönlich Wut und Schuld nicht unbedingt einander zugehörig sehe. Ich bin wütend, weil etwas nicht so läuft wie es soll (meiner Meinung nach). Schuldig bin ich, wenn ich wissentlich etwas zu einem Geschehniss beigetragen habe.

    Schuld von mir zu weisen hatte bei mir nicht unbedingt den Beigeschmack von ich bin es mir wert sondern eher von "nein, ich doch nicht". Da denke ich jetzt mehr an meine Kinder und Jugendjahre als die Suchtbeziehung. Nein, ich war es nicht, nein, nein, nein. Angst wieder mal die Schuld unschuldig zugeschoben zu bekommen.

    Heute höre ich mir an was jemand zu sagen hat, erspare mir oft sogar Diskussionen wenn ich es anders sehe. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, auch ich. Sehe ich es anders, dann genügt mir das für mich in Verbindung mit zukünftiger Reflexion. Ich habe es nicht mehr nötig mich zu verteidigen. Ich bin so wie ich bin - mit Ecken und Kanten. Mögen oder meiden, diese Möglichkeiten haben meine Mitmenschen.

    Lieben Gruß und viel Kraft wünscht Dagmar

  • Hallo,

    Wut ist eigentlich etwas Gesundes, habe ich in der Theorie gelernt, für mich ist es unweigerlich noch mit schlechtem Gewissen verbunden und das ist wiederum nicht gesund, weil ich nach wie vor dazu neige, diese runterzuschlucken bzw. gegen mich selber zu richten.

    Ich habe manchmal auch Angst, wenn ich sie rauslassen würde, dass die ungebremst losbricht und dann zerstörerisch ist oder den Falschen trifft.

    Wut hat für mich auch etwas mit abgelehnt werden zu tun. Ich wünsche mir, wenn mir jemand mit seiner Wut begegnet, dass ich das richtige Maß finde, darauf angemessen ebenso mit Wut zu reagieren.

    In der Kindheit und auch heute im Alltag wird viel von außen runtergeredet, ach, reg dich nicht auf, das ist doch alles nicht so schlimm ...

    Was mich innerlich richtig wütend macht ist wenn mir jemand begegnet, der unterschwellig zweideutige oder sexistische Kommentare abgibt, da fehlt mir auch das "sprachliche Werkzeug", darauf zu reagieren, man kann ja nicht einfach um sich schlagen. Da jetzt gerade so einiges hochkommt und die Leute, auf die ich (immer noch) Wut habe, gerade nicht greifbar sind, gehe ich gleich erstmal eine Runde raus, Adrenalin raus, Ruhe rein.

    Euch einen schönen Sonntag ...

    VG, Ulrike

  • HalloZusammen, Nat. co-abhänig, EKA und süchtig oder auf dem besten weg dahin.

    Nach langem stöbern habe hier endlich den richtigen Thread gefunden. Bin ja bereits Mitglied hier bei Euch...war lange nicht mehr hier. Bin immer noch mit meinem Partner zusammen der bereits seit 14 Wochen in Therapie ist.

    Gehe seit fast einem Jahr in die Depri-Gruppe, seit kurzem in eine Coda-Gruppe und tausche mich online aus.

    Was ich eigentlich schreiben wollte: Seit fast 5 Monaten trinke auch ich kein Alk.mehr---habe hin und wieder mal getrunken um mich besser zu fühlen usw. die Liste ist lang.
    Seit Wochen spüre ich nur noch Wut---Wut Wut Wut...Wut auf alles und jeden. Als bestünde ich nur noch aus dem---bin gereizt und genervt.
    Das ist ganz schön anstrengend---habe ich wirklich solange alles in mich hinein gepresst an unguten Gefühlen, das mittlerweile alles rauskommt?
    Die meiste Wut kommt wenn meine persönlichen Grenzen überschritten werden wie z.B mein Stiefsohn platz 5x ins Bad und fragt wie lange ich noch brauche---da könnte ich alles kurz und klein schlagen. Kann mich aber auch nicht mehr abreagieren---nicht mal am Tag drauf. Die kleinsten Dinge die nicht richtig laufen einfachen wieder die Wut auf das Geschehne vom Tag darauf oder sogar vor Wochen---als ich die Wut noch rausließ.
    Kann das sein das diese angestaute Wut nun endlich zum Vorschein kommt---HILFE wie lange muß ich denn noch wütend sein---???
    Könnte mich jeden Tag ärgern---bäääääääähhhhhhh
    Nerv mich langsam selber...das ich so genervt bin.

    Danke fürs Teilen
    LG Nat.

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