Schmerzgrenze bei CO

  • Hallo zusammen,

    ich lese seit mehren Tagen etwas intensiver hier im CO- Bereich.

    Was mich etwas verwundert ,ist die weitläufige verbreitete Meinung, das eine Co Krankheit,durch aussitzen und alleinigen Umdenken , zum Stillstand gebracht werden kann. Durch gegenseitiges Schulterklopfen und Aufmunterung, das es besser wird und das man auch nur bei sich bleiben muss , um eine wundersame Heilung zu erfahren.

    Mich erinnert das sehr stark an meine Stammtischgespräche. Denn dabei ist es auch immer geblieben bis der nächste Treffpunkt war um neu , mit der Pulle Bier in der Hand, sinnieren zu können

    Ich denke auch das ich hier wenige Antworten bekommen werden.
    Aber seit mal mit mir gnädig wie zu einem nassen Alkoholiker und lasst mich mal wissen , wo bei einem CO-Kranken die Schmerzgrenzen sind.

    Was muss geschehen das auch Handlungen erfolgen die zur Gesundung beitragen

    Es ist hier niemand persönlich angesprochen und die Frage gilt der Allgemeinheit. Mir ist es nur verstärkt aufgefallen und es war mein gesamter Eindruck in den letzten Tagen.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Lieber Hartmut,
    mir als Co sprichst Du so was von aus dem Herzen, dass ich es nicht sagen kann.

    Natürlich, harte Worte sind schwerer zu verkraften als ein liebevolles "ich verstehe Dich, mir geht es ebenso wie Dir" aber es scheint dann eher dahin zu gehen, dass die Betreffenden auf genau dem Level bleiben und sich eben gegenseitige Stärke für den Moment geben.

    Das aber führt nicht aus der Krankheit - das aber hindert eher die Betreffenden zu erkennen wo des Pudels Kern sitzt.

    Für mich persönlich war wichtig mir eine gesündere Zukunft aufzubauen. Mir wäre nicht damit gedient, den Moment eben etwas besser zu überstehen. Genau das aber spüre ich innerhalb sehr vieler Postings: momentanes Verständnis, Beruhigung und auf den Boden kommen, aber weit weit weg von dauerhaften Veränderungen.

    Was ich dabei noch ganz ganz schlimm finde - was auch ich tat - ich meinte zu wissen was am Besten für den anderen ist. Pappnase, die ich war, nur jeder kann das für sich entscheiden - egal ob mit oder ohne Alk.

    Weiterer Punkt: ich habe mich immer interessiert wie er denkt, tickt oder warum derjenige sich in Grund und Boden säuft und sein Leben ruiniert. Nur: das war meine Meinung! Wenn derjenige nun eben keine Interessen mehr am Leben hat, dann ist das seine Sache und sein Recht. Wenn seine/ihre Befähigungen schwinden, kein guter Bastler und Handwerker mehr vor einem steht, dann hat derjenige vielleicht einfach das Interesse daran verloren .... auch sein Recht .... Nur als Co frag(t)e ich mich "warum wirft man/frau das weg". Vielleicht weil es einfach nicht mehr interessiert.

    Meine Schmerzgrenze war da wo es um das Leben meiner Tiere ging, wo ich spürte es gibt kein "uns" und wo ich merkte unsere Leben sind anders und verlaufen anders. Wir haben andere Freunde und Interessen. Lasst not least war meine Lebensfreude verschwunden durch die beständige Angst.

    Nein, ich wollte wieder ein Mensch sein mit Freude und Vertrauen in das was kommen mag. Ich wollte (m)eine Zukunft und kein auf und ab.... Nein, diesen Adrenalinkick, den wollte ich nicht Tag für Tag zu warten was mich erwartet.

    Übrigens, irgendwann funktionierte meine Schönrederei "sonst ist er ja ein Lieber .... wenn er nicht trinkt" nicht mehr. Denn beide Zustände gehören zusammen. Es gibt diesen Menschen eben nicht ohne Alk (wenn er es nicht will). Entweder ich nehme den Partner wie er ist - mit der Sucht - oder gehe in meine Leben. Für mich gibt es keine andere Alternativ für MEIN Leben.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Hartmut,

    aha, ist mal wieder Fragenzeit :lol: ...

    Wo ist die Schmerzgrenze bei Co's? Ich denke, es ist genauso individuell wie bei einem Alki. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo du denkst, es muss ganz dringend endlich was passieren, bevor ich abdrehe oder Schlimmeres :( . Ich habe damals gedacht, wenn nicht endlich bei mir hier was geschieht, bringe ich mich um oder ihn, mein Leben geht an mir vorbei, ohne dass ich noch was davon habe. Ich konnte nichts Schönes mehr erkennen, alles drehte sich nur noch um Exmänne und das Trinken, wie ich ihn da rausziehen könnte. Und es drehte sich um meine vielen Ängste, die ich hatte. Ängste um Exmänne, was ihm passieren könnte, er hatte ja auch oft angedroht, sich umzubringen, damit wir ihn endlich loswären :( . Damit hat er mir ja was signalisiert, nämlich, es liegt in meiner Hand, alle Verantwortung, aber auch alle Schuld am Scheitern.

    Und ich hatte Ängste, es nicht schaffen zu können, mein eigenes Leben zu meistern, ohne ihn. Ich hatte Angst, mein Scheitern zuzugeben, Angst, vor finanziellen Malessen, Angst, meine Mutter zu enttäuschen, Angst, meinen Kindern was wegzunehmen. Das Elternhaus, was ja garkeins mehr war.

    Denn da fand ja nur noch Gezerre statt. Exmänne zog an der einen Seite des Alk, ich an der anderen.

    So im Groben lief es ab.

    Und dann mein Umfeld. Ich bekam Schulterklopfen. "Wie gut, dass du da noch bist. Wie gut, dass du ein Auge auf ihn hast. Wie gut, dass du noch sorgst, wo wäre er denn sonst. Wie gut, dass du es aushälst. Wie gut, dass er dich hat." So in etwa. Das machte mich stolz, denn was wäre er wohl ohne mich? Wie toll bin ich, das Alles aushalten zu können! Ich holte mir ja so meine Streicheleinheiten. Und strengte mich noch mehr an und ich fühlte mich noch mehr schlecht, denn er wollte ja saufen...und ich konnte nix, aber auch garnix dagegen tun! Auf der einen Seite wurde ich also durch diese Streicheleinheiten festgenagelt, an meine "Eheverpflichtung" erinnert und gebunden. Ich fühlte mich bestätigt und verstanden, aber für mich ist dadurch garnix passiert. Nur, dass ich sah, wie ich immer mehr und immer schneller scheiterte in meinen Bemühungen. Wie mein Körper immer kränker wurde. Wie ich immer bissiger, verkniffener durch die Welt rannte. Wie ich so garnix mehr genießen konnte, weil ich ja ständig aufpassen und Angst haben musste.

    Geholfen hat mir mein Tiefpunkt. Da warf ich alle Streicheleinheiten über Bord und sagte:"Jetzt ist's genug, ich haue ab!" Es war mir egal, irgendwie würde ich es schaffen. Und das habe ich :D ! Ich wollte nur noch leben, Frieden haben, diesen Druck loswerden und diesen ungeheueren Schmerz.

    Und da hat mir geholfen, dass ich mich auseinander setzte, voller Ernst und voller neu erwachendem Lebensmut. Ich habe dieses Forum gefunden und damit Menschen, die mir Spiegel vorgehalten haben. Die sich auseinander gesetzt haben mit mir und die wussten, wovon ich sprach. Die mir manches Ding hingeworfen haben, wo ich darauf rumzukauen hatte. Und nachzudenken. Zwischendurch gab es Streicheln und Mut Machen, aber genauso auch Kritik. Die ich annehmen konnte, denn ich merkte ja, dass mir damit tatsächlich geholfen war! Ich wurde aktiv!

    Mein altes Umfeld verstand mich nicht mehr, dauernd wollten mich diese Menschen zurückholen in das alte Leben. Das war schwierig, diese Auseinandersetzungen, aber äußerst produktiv! Und schlussendlich erfolgreich für mich, nämlich, sie haben es nicht geschafft! Und mein neues Leben wird nun immer mehr selbstverständlich und akzeptiert!

    Mein Motto war und ist: Leben, Lachen, Lieben...

    Das ging nicht mit Exmänne im Alkoholrausch. Ich bin gegangen und seither ist er trocken...

    Ich habe mir sehr viele Gedanken auch darum gemacht. Er ist trocken ohne mich. Ich hatte mir es während der Ehe tausendmal gewünscht. Als es endlich soweit war, war zu vieles kaputt in mir, was eine Beziehung hätte wieder aufleben lassen können. Na ja, da bin ich ja lange genug noch rumgeeiert :? , mein Tagebuch im Geschlossenen ist ja gut gefüllt damit...

    Aber Fakt ist: Irgendwann war mir klar, wenn ich leben will, muss ich selbst was machen, auch wenn es hart ist! Da nützt kein Rumgestreichel! Zwischendurch ein Kraftpäckchen oder ein Drücker, das ist was Tolles! Aber mit ausschließlich Drückern wäre ich nicht weit gekommen...

    So, lieber Hartmut, das fiel mir nun so bei meiner ersten Tasse Kaffee heute morgen ein :lol: . In großen Zügen war es so bei mir! Und ich bin auch deiner Meinung, mit "wiwi" und "dudu" und "achach" kann nichts passieren! Passieren kann nur etwas, wenn ich für mich aktiv werde, wenn ich mein Leben endlich in die Hand nehme und dem anderen Menschen, dem "eigenen" Alki seine Verantwortung überlasse!

    Die Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Lieber Hartmut,

    ich finde Deine Frage ganz ganz spannend und ich würde gerne was dazu schreiben, die Zeit hätte ich auch. Doch momentan ist mir auch nach ganz viel Leichtigkeit und Herzlichkeit und das steht für mich jetzt im Vordergrund. Also verschiebe ich mein Schreiben auf später und gehe jetzt der Leichtigkeit nach :)

    Das zu Deiner Frage, was geschehen muss, dass auch Handlungen folgen, die zur Gesundung beitragen :)

    Ich kümmer mich jetzt erstmal um mich und die Leichtigkeit, das ist mir jetzt wichtiger :)

    Liebe Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • Hallo Hartmut,

    also eigentlich sind das ja zwei Fragen:
    - Wo liegt meine Schmerzgrenze?
    - Was kann das Umfeld tun, um dem Co-Abhängigen herauszuhelfen?

    Meine Schmerzgrenze war bei beiden Trennungen: Schrei - ich hab Angst um mein Leben.

    Das erste Mal hatte ich Angst, dass ich meine Berufsausbildung nicht abschließen kann, weil mich die Beziehung so belastet hat.
    Ich hatte Angst, dass ich niemals eine Familie gründen würde, weil mit ihm nichts mehr anzufangen war.

    Das zweite Mal hatte ich Angst, dass er mir meinen Laptop zertrümmert und dass er die Kinder schlägt oder schlimmeres.
    Dass ich nicht mehr arbeitsfähig bin, weil er mich so fertig machte.

    Da waren meine Schmerzgrenzen.
    Sie hätten niedriger sein sollen.
    Wehgetan hats nämlich schon vorher.

    Die Reaktionen der anderen?
    Ist ne schwierige Sache.

    Was hätte ich getan, wenn mein Umfeld härter reagiert hätte?
    Ich hab eigentlich alles, was "gegen ihn" kam, nicht an mich rangelassen, war total verletzt. Hab mich unverstanden gefühlt.
    Es gab ab und zu Leute, die versucht haben, mir vor Augen zu führen, was ich da eigentlich für ein wahnwitziges Risiko eingehe. Ich hab das in den Wind geschlagen.
    Vieles wurde nur indirekt gesagt, nicht offen ausgesprochen. Ich hab nur gespürt: Die akzeptieren ihn nicht.
    Und das hat mich verletzt, mich aber nicht vom Kurs abgebracht.

    Ich glaube, das einzige, was mich wirklich überzeugt hätte, wäre eine neutrale Fachperson gewesen. Ein Arzt, ein Suchtberater oder so.
    Das wäre für mich eine Autorität gewesen. Wenn die gesagt hätten: Hören Sie zu, IHr Fall ist typisch, Sie sind co-abhängig usw.
    Dann hätte ich da nicht so viel Persönliches reininterpretiert.

    Vielleicht!

    Leider ist unsere Kultur voll von co-abhängigen Werten, wenn es um Beziehungen geht. Allein die Songtexte, da gehts doch dauernd um Aufopferung, grenzenlose Liebe, wir zwei gegen den Rest der Welt usw.
    Damit ist man vollgestopft worden jahrelang und als Co glaubt frau dann dran.

    Doro

  • Hallo Hartmut!

    Meine Schmerzgrenze lag schon ziemlich hoch. Sie wurde auch - "verwischt" - weil zwischendurch ja auch ein "normales" Leben geführt wurde. Ich habe sehr lange gebraucht, um meine äußerste Schmerzgrenze zu erreichen.
    Wer sollte mir helfen?
    Da gab es keinen.
    In meinem Familien - , Bekannten -, Freundes-, Arbeitskreis gab es keinen, der sagte, dass mein Mann Alkoholiker ist. Dass ich da raus müsste.
    Keiner, der mich effektiv gegen den Mist unterstützt hat, geschweige denn meinen Mann darauf angesprochen hätte.

    Wir sind "Exoten" geworden, weil es bei uns keinen Alkohol mehr gibt, weil ich auch nichts trinke.
    Wenn es mich gar so traurig macht, hole ich mir Worte zum Aufbauen aus dem Forum oder in meiner SHG, bei den Bekannten.

    LG Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Was mich etwas verwundert ,ist die weitläufige verbreitete Meinung, das eine Co Krankheit,durch aussitzen und alleinigen Umdenken , zum Stillstand gebracht werden kann.
    Wir sind wohlgenauso krank und abhängig wie die Alkoholiker.Nur der Alkoholiker läst das Bier weg und wir die Männer.Und da liegt wohl das Problem.Ich glaube wir müssen genauso wie ihr erwachsen werden und aus unseren Kinderschuhen herauswachsen.Reifen indem wir viele Dinge anders bewerten als vorher.Umdenken wohl auch.Da ich mich noch nicht so lange als Co oute ,zweifle ich daran das umdenken alleine genügt.Wir sind genauso wie ihr ständig der Gefahr "ausgeliefert" uns wieder auf kranke Muster einzulassen.
    Durch gegenseitiges Schulterklopfen und Aufmunterung, das es besser wird und das man auch nur bei sich bleiben muss , um eine wundersame Heilung zu erfahren.
    Ich glaube das allein genügt nicht nur bei sich zu bleiben.Es trägt dazu bei aber das allein ist es wohl nicht.
    Das ist finde ich wirklich schwierig.
    Was muss geschehen das auch Handlungen erfolgen die zur Gesundung beitragen.
    Ich denke eventuell Traumas aus dem eigenen Leben aufarbeiten,positiver werden.Loslassen von der Vergangenheit.
    Ich denke wir brauchen auch unseren Tiefpunkt.Und das kann unter umständen auch wie bei Euch lange dauern.Oft lassen wir uns jahrelang erniedrigen bis wir begreifen wo unsere Grenzen sind!!Und das wir das so nicht mehr wollen.
    Ich hoffe ich konnte dir ein bischen helfen???
    Lg Claudia

    Es ist hier niemand persönlich angesprochen und die Frage gilt der Allgemeinheit. Mir ist es nur verstärkt aufgefallen und es war mein gesamter Eindruck in den letzten Tagen.

    Gruß Hartmut[/quote]

  • Was die Schmerzgrenze angeht, muss ich noch anfügen, dass in Missbrauchsbeziehungen auch Manipulationen ne wichtige Rolle spielen.

    Auch da ist es eigentlich wie bei der Sucht, irgendwie bekommt die Sache eine gewaltige Eigendynamik.

    Wenn man bei der ersten Flasche Bier gleich obdachlos werden oder seinen Job und seine Familie verlieren würde oder die Leberwerte gleich ganz im roten Bereich wären, würde wohl niemand ständig Alkohol trinken.
    Aber die Folgen werden eben erst oft dann richtig in geballter Form spürbar, wenn man schon drin steckt in er Sucht.

    So ähnlich auch bei der Co-Beziehung.
    Am Anfang hat das ganze noch so seinen Reiz. Ich kann mich wichtig und überlegen fühlen, weil ich helfe.
    Oder der Alki-Partner ist unheimlich gefühlvoll und emotional, wie ich es noch nie vorher bei einem Mann erlebt habe. "Wir zwei gegen den Rest der Welt" und das totale Verwöhnprogramm stehen doch nicht selten am Anfang einer solchen Beziehung.
    Und dann geht u.U. die Manipulation los, die dann irgendwann zu massiver Gewalt führt (verbal, gegen Gegenstände oder körperlich oder alles zusammen.)
    Ich hab meinem Mann am Anfang keine Gewaltbereitschaft zugetraut. Er war verzweifelt, weich, zärtlich, emotional. Aber irgendwann war ich so verdreht und in meiner Wahrnehmung gestört, dass ich es zuließ, dass er Zwang, Nötigung und auch Gewalt anwandte. Nicht-Wahrhaben-Wollen, Scham und immer wieder die HOffnungen, Versprechung und auch die vielen zärtlichen Momente lassen einen Zögern, sich zu trennen.
    Abends ein Monster, am nächsten Tag vielleicht wieder der weiche, zarte Mensch, in den man sich verliebt hat.

    Ich glaube, dieser Aspekt darf nicht unterschätzt werden.
    Die Eigendynamik.

    Es hört sich hier manchmal so an, als ob Co-Abhängige Menschen wären, die irgendwie masochistisch sind und sich von allen Leuten Gewalt antun lassen oder sich geradezu gewaltbereite Partner suchen.
    Daran glaube ich nicht, zumindest auf mich selbst bezogen nicht.
    Ich glaube ganz stark daran, dass solche gewaltbereiten Menschen (gewaltbereit natürlich oft als Folge der Sucht) eben unglaubliche manipulative Kräfte entfalten und frau da relativ schnell drin landen kann.
    Klar bringe ich selbst auch Verhaltensmuster mit, die das begünstigen. Nicht jede macht so eine Beziehung lange mit.

    Genauso glaube ich, dass man oder frau relativ leicht alkoholabhängig werden kann. Wenn ich jetzt anfangen würde, regelmäßig bei einem Glas Wein zu "entspannen", wer weiß...
    Die meisten Menschen folgen doch früher oder später mal irgendeiner Sucht.

    Doro

  • Hallo,

    Danke, es ist schon sehr tiefgründig, Eure Antworten. Da kann ich was mit anfangen und Ich arbeite mich weiter durch :)

    Als ich mich hier im Forum angemeldet hatte, hatte ich meine Schmerzgrenze, persönlichen Tiefpunkt und meine Leidensfähigkeit erreicht. Denn ich hatte erkannt das mein Suchtverhalten nicht normal war. Also suchte ich Hilfe, durch Selbsthilfe im Forum. Ich hatte also in meinem nassen Denken (suchtorientierten Denken) offensichtlich eine Fehlerquelle , sonst wäre eine Fremd-Hilfe nicht notwendig geworden. Soviel mal zu mir.

    Nun denke ich , das dieses auch die Motivation des Anmeldens hier, bei einigen ähnlich gelagert war. Was ich dann nicht nachvollziehen kann ist die "Verweigerung" von annehmen, der Ratschläge von den Langzeit-CO´S . Die es wissen und vormachten und auch zeigten das es eine Loslösung von der Krankheit gibt.

    da wird lieber seine Leidensfähigkeit weiter strapaziert und in eine Skala der Schmerzen unterteilt. Weil keine oder wenig Bewegung in die Sucht arbeit kommt. Das nenne ich mal. " kontrolliertes Co-Sucht -Verhalten".

    ich habe schon mal geschrieben , das eine Trennung von dem jetzigen Partner genau sowenig ausreicht um zu gesunden , wie das festhalten der nassen Beziehung. Die Co.Krankheit hat ja auch ihren Ursprung , der gefunden werden muss, aber sicherlich nicht gefunden werden kann , wenn ich es täglich auslebe.

    ich denke ja nicht das sich Menschen wohl fühlen, in dem Deckmantel der Liebe , zu den nassen Partner. Da die Co-Krankheit eine nicht stoffliche Sucht ist erschwert auch eventuell mein Verständnis dazu.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo, Hartmut,

    möchte Dir gerne meine Erfahrung mitteilen:

    meine Schmerzgrenze war in dem Moment erreicht, als ich begriffen hatte,dass ich gegen das Verlangen meines Partners nach Alkohol keine Chance hatte. Es hat dann zwar noch ca. vier Monate gedauert, bis ich ausgezogen bin, aber ich habe es getan. Ich habe mich für mich entschieden !

    Und damit ist es nicht vorbei, sondern für mich ist es eine Arbeit an mir selbst, eine Reflektion des Vergangenen. Ich habe das große Glück, an eine tolle Ärztin geraten zu sein, die Energetische Psychotherapie praktiziert.Für mich eine optimale Lösung, Situationen besser zu verstehen und dann damit umzugehen. Auf jeden Fall bin ich wieder ich selbst. Auch ich möchte hier im Forum keinem zu nahe treten, aber trotzdem denke ich, nur gegenseitiges Bedauern und Bemitleiden hilft nicht weiter - zumindest nicht auf Dauer,wenn man wirklich was ändern will.

    Herzlichen Gruß, Elke

  • Liebe Doro du sprichst mir aus dem Herzen :D Das ist wirklich gut geschrieben.Bei mir ist die Schmerzgrenze erreicht.Mein Ex-freund hat mich so mit Worten erniedrigt,ich kann und will nicht mehr.Bei mir war es ein Ablösungsprozess in den letzten Monaten.Bei jeder Erniedrigung starb ein Stück mehr Liebe in mir.Ich wollte ihn auch helfen.Habe sogar seinen Bruder um Rat gefragt.Mein Ex-freund will sein Leben weiterführen mit dem Trinken.Er hat sich entschieden,soll er sich eine andere Dumme suchen die sich erniedrigen lässt.Ich stehe mit beiden Beinen im Leben,habe meine Wohnung und Arbeit und werde sicherlich einen anderen Partner finden der mich gut behandelt.Mir haben wirklich die ganzen Beiträge im Forum weitergeholfen und mir die Augen geöffnet das nur er sich selber helfen kann.LG von sternenglitzer :)

  • Hallo Hartmut,

    ich denke die Schmerzgrenze beim Co ist so individuell wie der persönliche Tiefpunkt beim Alkoholiker. Für einen Betrachter von außen mag es so wirken, jetzt muss doch gut sein, dass muss es doch jetzt sein. Die Leidensfähigkeit ist aber noch höher und es geht noch weiter, obwohl man es nicht verstehen mag. Ein Teil der Menschen die sich hier anmelden, hüben wie drüben haben ihre persönliche Grenze noch nicht erreicht, für sie geht es weiter. So schade ich das finde.

    Meine Schmerzgrenze war erst erreicht, als mein Leben in Gefahr war. Nicht von außen gefährdet, sondern von mir selbst. Wobei Schmerzen habe ich da schon keine mehr empfunden, da war ich schon drüber hinaus. Die kamen erst wieder als ich etwas tat. Was ich all die Jahre getan habe, war Aufopferung bis zur Selbstaufgabe, Selbstaufgabe im wörtlichen Sinn, nicht im übertragenen. Ich war am Ende meiner Kräfte, hätte ich das Bisschen, dass mir damals geblieben war nicht für mich genutzt, gäbe es mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr. Der Tod schien mir damals nicht schlimm, eher verführerisch, die Lösung aller meiner Probleme. Etwas in mir hing jedoch noch am Leben und das hat dafür gesorgt, dass ich mir Hilfe gesucht und auch angenommen habe.
    Gesucht hatte ich früher schon, auch gefunden, aber ich war noch nicht weit genug unten um sie auch annehmen zu können.

    Zitat

    Was ich dann nicht nachvollziehen kann ist die "Verweigerung" von annehmen, der Ratschläge von den Langzeit-CO´S . Die es wissen und vormachten und auch zeigten das es eine Loslösung von der Krankheit gibt.

    Ich habe meine Selbstbestätigung daraus gezogen was ich alles für meine Mutter und auch für andere getan habe. Ich war eine gute Tochter und ein guter Mensch. Bestätigt wurde mir das von außen indem man mich lobte und bewunderte, indem man mir dankte und indem man Mitleid mit mir hatte. Ich brauchte diese Bestätigung von außen wie die Luft zum atmen, denn ich hatte kein eigenes Selbstwertgefühl. Mitleid, Bewunderung und Verständnis das war mein „Lohn“. Solange ich nicht ganz unten war, hätte ich mir diesen „Lohn“ nicht nehmen lassen. Von meiner Mutter zu lassen und mich damit meines „Lohnes“ berauben undenkbar. Mitleid, Bewunderung und Verständnis sind etwas wunderbares, das hebt einen erstmal wieder hoch, wenn man unten ist, dass hilft einem ein Stück weiter, das gibt Kraft. Man wird bestätigt, ist doch schön. Schön, solange die Seifenblase hält. Erst als sie zerplatzt war, habe ich gesehen, was ich mir angetan hatte und das da nicht Schönes und Gutes dran war. Erst als meine Seifenblase zerplatzt war, war ich in der Lage etwas anzunehmen und aufzuhören mit selbst zu bemitleiden. Vorher wollte ich schon was ändern, denn wohl habe ich mich ja nicht wirklich gefühlt, aber eben nicht in letzter Konsequenz. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht eine Ahnung gehabt, was das auf mich zukommen würde, würde ich wirklich etwas ändern. Womit wir beim persönlichen Tiefpunkt sind. Wer sich "weigert" ist noch nicht wirklich so weit und muss noch ein oder ein paar Runden drehen.


    Zitat

    ich habe schon mal geschrieben , das eine Trennung von dem jetzigen Partner genau sowenig ausreicht um zu gesunden , wie das festhalten der nassen Beziehung. Die Co.Krankheit hat ja auch ihren Ursprung , der gefunden werden muss, aber sicherlich nicht gefunden werden kann , wenn ich es täglich auslebe.

    Da rede ich mir schon seit Jahren den Mund fusselig drüber, dass Co-Abhängigkeit nicht mit dem Alkoholiker oder dem Alkohol verschwindet, vergebens. Das hören nur die, die es hören wollen und die wissen das meist schon von ganz allein, auch das ist ein Prozess. Es ist für manche eben einfacher und vor allem sicherer so weiter zu machen wie bisher. Das Alte kennt man, Veränderungen machen Angst und wer hat schon gerne Angst. Sich seinen Ängsten zu stellen erfordert Mut und manche bringen ihn einfach nicht auf. Man kann ihnen keinen Vorwurf machen, aber helfen kann man ihnen dann eben auch nicht.

    Zitat

    ich denke ja nicht das sich Menschen wohl fühlen, in dem Deckmantel der Liebe , zu den nassen Partner.

    Nein, aber sie reden es sich ein. Es ist ähnlich dem Selbstbetrug, es merkt ja keiner das ich trinke. Das merkt auch jeder, aber das wird ignoriert und wenn einer was sagt abgestritten.

    Ich musste ganz unten sein um etwas zu tun. Heute bekomme ich gesagt, wie sehr ich mich verändert habe. Es ist schön zu hören, natürlich freut mich das, aber ich brauche es nicht mehr. Ich sehe meine Veränderungen selbst, ich weiß was ich geleistet habe für mich und bin stolz drauf, ich bin mit mir zufrieden, heute mag ich mich wie ich bin, ich habe wieder Freude am Leben und das ist mir Lohn und Bestätigung genug.

    Gruß
    Skye

  • Hallo, ihr Lieben!
    Ich möchte auch etwas dazu sagen.

    Ich bin nach etwa sechs Wochen eines absoluten Tief auf meinem Weg. Er hat 13 Jahre gedauert.
    Während dieser 13 Jahre war ich unglücklich, habe mich aber arrangiert und durch die Übernahme der kompletten Verantwortung auch die "Zügel" in den Händen gehalten. Deshalb bezeichne ich mein Verhalten in dieser Zeit nicht ganz als "machtlos". Ich konnte meinen Partner zwar nicht trockenlegen, aber ich habe mich gegen Ende auch nicht mehr verantwortlich dafür gefühlt. Ich gebe nicht dem Alkohol alleine die Schuld für unser Beziehungsende. So - wie wir zum Schluss zusammen gelebt haben und miteinander umgegangen sind, wäre jede andere Beziehung auch gescheitert.
    Natürlich hat der Alkohol wesentlich zu einigen Persönlichkeitsveränderungen beigetragen, aber es kann mir keiner die Gewissheit geben, dass es ohne Alkohol anders geworden wäre.
    Vielleicht sollte man unterscheiden: Zwischen den Problemen, die tatsächlich nur mit den Alkohol zusammen hängen, zwischen denen, die mit der Beziehung zusammenhängen und denen, die eindeutig durch den Alkohol die Beziehung geschädigt haben.
    Ich habe jetzt oft von meinem Ex gehört, dass ich diese oder jene Verhaltensweise von ihm ja nicht mehr auf seinen Alkoholkonsum schieben kann, weil er nun trocken ist. Und er hat Recht!
    Diese Erkenntnis hat mich hart getroffen. Weil ich nun bemerkte, dass es der Mensch ist, mit dem ich nicht zusammenleben kann. Es war nicht nur der Alkohol.
    Viele berichten, dass ihre Männer nüchtern ganz lieb wären. Ja, richtig! Die Toleranzschwelle ist höher, als wenn man Alkohol trinkt. Aber das, was man im alkoholisierten Zustand tut, wozu man fähig ist, ist in jedem mehr oder weniger tief verborgen. Die Hemmschwelle fällt weg.
    Und wenn "Trockene" berichten, dass sie andere Menschen nach dem Entzug geworden sind, ist es meiner Meinung nach nur durch ihre Arbeit an sich selbst und Selbstreflexion geschehen und nicht alleine dadurch, dass der Alkohol weg ist.
    So wie es Hartmut und andere für die Co´s beschreiben: Nur sich zu trennen, reicht alleine nicht aus.

    Aber dazu habe ich eine andere Meinung:

    Zitat von Elke1965

    . Auch ich möchte hier im Forum keinem zu nahe treten, aber trotzdem denke ich, nur gegenseitiges Bedauern und Bemitleiden hilft nicht weiter - zumindest nicht auf Dauer,wenn man wirklich was ändern will.


    Das gegenseitige Bedauern und Bemitleiden hat mir sehr geholfen. Ich habe in 13 Jahren des Zusammenseins nie Bedauern und Mitleid gesucht. Doch als die Trennung kam, brauchte ich es. Das war es, was mir Kraft gab! Das war es, was mich durchhalten ließ. 13 Jahre lang war ich stark und habe nie geklagt und dieses Bemitleiden und Bedauern hat mich erkennen lassen, wie Sch... es doch eigendlich 13 Jahre lang war und in sechs Wochen kam dann die Erkenntnis, dass ich jetzt an mich denken werde und niemals glücklich in der Beziehung werden kann.
    Es ist der erste Schritt, zu erkennen, dass man sich mit sich selbst beschäftigen darf, jammern darf, bemitleiden darf und andere Verständnis dafür haben. Und jeder braucht die Zeit, die er braucht.

    Natürlich sehe ich jetzt klarer und weiß, dass dieses alleine nicht hilft. Aber ich brauchte am Anfang NUR dieses. Das Gefühl zu haben, alles erzählen zu können, schaffte für mich eine Vertrauensbasis. Und erst als dies da war und einige Erkenntnis gekommen sind- ganz besonders die, dass sich alles wiederholt- war ich in der Lage, diese oder jene "Ratschläge" und Erfahrungen anzunehmen.

    Liebe Elke 1965, deshalb dürfen aber diejenigen, die schon diese Erkenntnis haben, nicht ungeduldig mit denen sein, die etwas länger brauchen. Auch ich bin noch nicht am Ende und werde bestimmt noch hier und da mal jammern. Und wenn ich das tue, möchte ich auch Bedauern oder Mitleid, weil ich ganz genau weiß, dass es mir hilft, mich mal auszuheulen.
    Es gibt halt keinen Zauberspruch, den mal einmal aufsagt und alle sind sofort geheilt. Du bist sicherlich niemanden zu nahe getreten, aber ich denke schon, dass du einige Schritte voraus bist. Nicht jeder kann in die Fußstapfen eines anderen treten oder mit der Geschwindigkeit mithalten und einige bleiben stehen oder gehen zurück. Deshalb darf man sie aber nicht aufgeben. Häufig ist es dann dabei die Angst, nicht selber voraus laufen zu können oder dass ein anderer uns in unserer eigenen Entwicklung aufhält.
    Wenn man kann, sollte man dann ohne Zurückschauen weitergehen, um an sich zu denken. Ich finde es aber auch schön, wenn jemand auf meinem Weg stehen bleibt und mir Mut zuspricht, wenn ich Probleme mit dem nächsten Schritt habe. Das mag dann für alle Beteiligten vielleicht etwas länger dauern- aber man ist nicht alleine. Und das ist mir sehr wichtig.
    Und wenn ich einen Schritt voraus bin, schaue ich zurück, ob dort noch jemand steht und ich ihm helfen kann- solange, bis ich ihn nicht mehr sehen kann, denn dann bin ich zu weit weg und er kann mein Rufen, meine Ratschläge nicht mehr verstehen.

    LG
    Elke 1961

  • Ich glaube die Sucht eines Alkholikers bleibt oft aufrecht weil er sich Menschen sucht die ihn unterstützen ansonsten gäbe es keinen Grund weiter zu süchteln??Und der Co-Partner ist doch ein ideales Opfer um die Sucht des Alkoholikers aufrecht zu erhalten? Der Co lässt sich manipulieren,beeinflussen weil er wenig Eigenliebe hat,wenig Wertschätzung usw.....Der Co hat Angst vorwärts zu gehen oder merkt es erst in der Beziehung zu einem Alkoholiker das er was ändern muss oder solte.Also ich habe erst gemerkt wo ich noch an mir arbeiten will als ich mit meinem trinkenden Partner zusammen gekommen bin.Irgendwo brauche ich die Beziehung auch noch um weiter zu kommen.Nur so indem das gegenüber mein Spiegel ist stell ich fest was eigentlich beim mir los ist.Vorher hatte ich einen etwas psychisch labilen Freund der nicht trank.Hab nur mit ihm geschimpft ihn erniedrigt usw.....Wollte ihn zu Veränderungen bewegen.Also ich habe den jetzigen Freund gebraucht um endlich aufzuwachen.Der Tiefpunkt war bei mir schnell vorhanden.Gottseidank.Denn ich hatt zuvor nie eine Beziehung in der ich so gedemütigt worden bin.Es hat es gebraucht zu erkennen das ich ja auch kein Unschuldslamm und nicht immer alles auf mein gegenüber schieben kann.Harte Erkenntnis für mich.Denn bis vor einem halben Jahr habe ich andere dafür verantwortlich gemacht das ich nicht weiterkomme.Es gab Menschen die auch Schuld an meiner Entwicklung hatten und es auch zugegeben haben.Aber na ja,die Ängste und Zweifel die einen zurückhalten das hab ich lange lange gehabt und auch jetzt noch !!

  • glück auf

    Zitat von Rosa Li

    Ich glaube die Sucht eines Alkholikers bleibt oft aufrecht weil er sich Menschen sucht die ihn unterstützen ansonsten gäbe es keinen Grund weiter zu süchteln??

    :arrow: das ^ is falsch :!:

    :roll: wir brauchen niemand zum "süchteln" / saufen :arrow: nur alk :idea: - darf auch rasierwasser sein :shock:

    :arrow: der co verlängert durch sein co-verhalten lediglich den leidensweg :arrow: "seinen" + den des "säufers" :roll:

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Guten Morgen Hartmut,

    diesen deinen Thread finde ich sehr interessant. Wenn ich mich mit diesem Thema nämlich richtig auseinandersetze, habe ich plötzlich überhaupt keinen Grund mehr, mich über das Verhalten „meines Alkis“ auszulassen. Mein ganz eigenes Verhalten und Empfinden rücken in den Mittelpunkt. Aber genau das ist es, was vielen Co´s noch fehlt. Auch nach einer räumlichen Trennung bleibt die emotionale Bindung in hohem Maße bestehen. Die Aussagen „tu etwas für dich“ und „bleib bei dir“ mutieren zu leeren Floskeln, wenn ihnen keine Taten folgen. Du hast recht, sie sind dann nicht mehr als eine Art Stammtischparolen nur ohne Alkohol.

    Die, die mir zu Anfang diese „Parolen“ immer wieder herunterbeteten, waren der Meinung, nicht mehr co-abhängig zu sein, weil ihr Partner nicht mehr trinkt oder sie sich von ihm getrennt hatten. Pustekuchen!

    Ich habe für mich festgestellt, dass dann die Arbeit erst anfängt. Nämlich die Arbeit an MIR! An meinem Verhalten, meinem Selbstbewusstsein.

    Lange ausgehalten habe ich in meiner Suchtbeziehung nicht. Nicht verheiratet, keine gemeinsamen Kinder, keine gemeinsamen Schulden – so waren einige „Begründungen“ eines Ausharrens gar nicht erst gegeben. Trotzdem konnte ich meine Androhung, mich zu trennen, wenn „er“ wieder trinkt, nicht gleich in die Tat umsetzen. Im Laufe von vier Jahren ließ ich mich immer wieder „belatschern“ weil ich es ganz einfach wollte. Ich wollte der Welt beweisen, dass wir beide es schaffen. Für bestätigtes Trinken hatte ich immer eine gute Erklärung parat und wenn ich nur das Gefühl hatte, dass er trank, glaubte ich ihm gern, wenn er mir das Gegenteil erzählte. Er war Spiegeltrinker und nie so zugeknallt, dass es offensichtlich war. Eine Fahne ist bei Wodka relativ gering und wurde mit Heringssalat oder Zwiebeln und Knoblauch überdeckt. Und ich glaubte ihm gern – und eine ganze Weile.

    Hätte ich ihm nicht mehr geglaubt, hätte ich schließlich etwas verändern müssen. Meine Drohung wahrmachen. Und das hätte geheißen, mich allein durchs Leben zu schlagen. Eine Vorstellung, die mir zu dieser Zeit Angst machte. Aus verschiedenen Gründen. Angefangen mit so ganz pragmatischen Überlegungen, wer denn dann die kleinen Reparaturen im Haushalt machte bis hin zu der Tatsache, dass womöglich meine Umwelt sagen könnte, wir haben es ja gleich gewusst.

    Aber eines Tages war es eben doch genug. Er hatte sich, um in Ruhe trinken zu können, in eine andere Wohnung in einer anderen Stadt zurück gezogen. Das fand ich aber erst durch die Polizei heraus, die ich bei seinem Verschwinden alarmiert hatte, da schon mehrfach Suiziddrohungen und auch –versuche stattgefunden hatten. Da war für mich dann der Punkt erreicht, an dem ich handelte. Umzugskartons organisierte und seinen ganzen Kram einpackte, seine Möbel zerlegte und alles in den Keller schaffte, damit er es irgendwann abholen konnte.

    Trotzdem konnte ich die erste Zeit nur mit Beruhigungsmitteln überstehen. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. An manchen Tagen dachte ich, ich könnte nie wieder aufhören zu weinen. In mir war ein Gefühl von Verlust und Sehnen, das, so sehe ich es im nachhinein, dem Craving eines Alkis sicherlich nicht unähnlich war. Ich hatte das Empfinden, dass ich dieses Gefühl alleine nicht mehr in Schach halten konnte und ging zum Arzt. Natürlich auch in meine reale SHG, in der ich dann die o. g. „Stammtischparolen“ zu hören bekam.

    Inzwischen habe ich für mich diese „Parolen“ mit Leben gefüllt. Und das ist eine Arbeit, die mich womöglich mein Leben lang begleiten wird. Im Laufe einer eigenen Therapie habe ich nämlich festgestellt, dass das, was ich mit „meinem Alki“ erlebt und gelebt habe, nur die Potenzierung einer bereits lange vor seiner Zeit vorhandenen Konditionierung war. Ich habe schon mein Leben lang besser für andere als für mich gesorgt, mir Bestätigung über Leistung und der dadurch entstehenden positiven Rückmeldung meines Umfeldes gesucht. Und ich wusste immer, was für jeden das Richtige war, nur für mich wusste ich das nicht. Wie denn auch? Schließlich verwandte ich meine ganze Energie darauf, auf andere zu schauen, für andere zu sorgen, für andere zu denken – kurz Verantwortung für alles mögliche zu übernehmen. Nur dann hatte ich das Gefühl, wichtig und anerkannt zu sein, „Etwas“ dar zu stellen .In der Therapie habe ich gelernt, mich auf mich selbst zu beschränken und auch dann zu mögen, wenn mich keiner mag, wenn ich nichts leiste, wenn ich mein Leben „entschleunige“ und nur einfach „bin“.

    Ich lebe inzwischen mehr als 4 Jahren alleine und kann es genießen. Eine Tatsache, die ich mir ein paar Jahre vorher nicht hätte vorstellen können. Jahre, in denen mich immer einmal wieder die Depression heimsucht, in denen ich mich immer wieder einmal totsterbenstraurig fühle, weil meine Leben anders ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Und – anders als es uns die Medien und die Gesellschaft immer wieder erzählen wollen. Ich bin nicht unvollständig, weil ich alleine lebe. Ich bin nicht weniger wert, weil ich mich nicht mehr vor jeden Karren spannen lasse und ich bin auch dann liebenswert, wenn ich mir die Freiheit nehme, nicht zu „funktionieren“. Jedenfalls für mich und das macht mich souveräner. Und seltsamerweise nimmt mich meine Umwelt dadurch ernster als zu der Zeit als ich mich immer Liebkind machen wollte.

    So gesehen war mein Zusammenleben mit „meinem Alki“ trotz all des Negativen, das ich erlebte, auch etwas Gutes. Ansonsten wäre ich nie auf die Idee gekommen, an meiner eigenen Entwicklung zu arbeiten. Zu sehr war ich ja mit Anderen beschäftigt.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo,

    ich kann mich Ettes Schreiben nur anschliessen.

    Ich stehe erst am Anfang dieser Reise.
    Ich will keinen Kontakt mehr zum Kumpel, weil mir eines Tages klar wurde, das ich so nicht aus der co-abhängigkeit herauskomme.

    Mein Exfreund hat Schluss gemacht und ich bin jeden Tag dankbar dafür.
    Denn jetzt bin ich auf mich selber zurückgeworfen und ich erlebe jeden Tag mich selber.

    Ich fühle mich noch betäubt und ich spüre wie es innerlich in mir arbeitet.
    Es kommen Sachen hoch, die sehr schmerzvoll sein können.

    Die vermeintliche Selbstlosigkeit, das Anpassen, an den Partner.
    Was hat es mir gebracht?
    Ich habe mich wohl wichtig gefühlt, souverain, stark.

    Dabei habe ich mit diesem Verhalten nur meine innere Unsicherheit und Verletzlichkeit nicht spüren wollen.

    Autsch, das tut weh.
    Diese Erkenntnis, das ich mir nicht selbst vertraut habe, sondern es am Gegenüber projeziert habe.
    Nun stehe ich da mit meiner Verletzlichkeit und weiss nicht wie ich damit umgehen soll.
    Aber ich werde es schon hinbekommen.

    lg
    xena

  • Hallo zusammen,

    Schmerzgrenze? Bei mir war es es, daß ich im Laufe einer kranken Beziehungsstruktur immer wieder glaubte, das diese Grenze längst errreicht ist. Aber mit ein wenig Rückzug, vergossenen Tränen und durch die Unterstützung von wenigen lieben Menschen, habe ich mich wieder gefangen.
    Dann ein Neubeginn, bin wieder rein ins gleiche Boot.

    Unzufriedenheit mit mir, weil ich ohne Motivierer schwer in die Gänge kam und lieber fad und vorwurfsvoll zu Haus saß,...

    Unzufriedenheit mit den Partner, der schuld daran ist, das ich mich einsam fühlte, und er trank ja lieber Alkohol,...

    Es hagelte Selbstvorwürfe und Vorwürfe, mit nichts war ich wirklich zufrieden, weder mit meiner täglichen Leistung, meinen Unternehmungen und für etwas Sport war ich zu faul.

    Und der Sündenbock sitzt auf dem Sofa und sieht Fernsehn.
    Ich suchte nach Bestätigung und Anerkennung, die ich nicht bekomme und nicht gewöht bin und er... mir verweigert hat.

    Es brauchte nicht viel und die angespannte Situation hat sich in ein Donnerwetter gewandelt, die Partnerschaft wurde zerschlagen, dann die Pause,....

    Meine Schmerzgrenze hatte ich erst erreicht, als ich körperlich merkte, das ich den Teufelskreis nicht mehr verkrafte, das wirklich nichts mehr geht, meine Gefühle waren verflacht, mein Kopf leer.

    In diesen Zustand psychisch und körperlich fertig habe ich den Arzt aufgesucht und nochmal mit einer Therapie begonnen.

    Nur durch Aufarbeitung, Abstand, Therapie, Eigenliebe und die Entdeckung
    meines Potentials konnte ich bei mir angekommen, ich stehe wieder am Start, ein langer Weg liegt noch vor mir.

    (Schon meine Mutter war eisern und eine Kämpferin!) lol: :lol:

    Auf gehts! Gruß Emma

  • Ette

    Dein Beitrag hat mir sehr gefallen. Du hast da Dinge gut auf den Punkt gebracht.
    Und inzwischen kann ich das auch so sehen.
    Vor einigen Monaten noch fand ich deine Beiträge manchmal provozierend für mich. Wieso denn immer dieses Rumreiten auf MEINEN Anteilen? ER ist doch offensichtlich derjenige, der ein Problem hat.

    Ja, offensichtlich hat er große Probleme, aber es bleiben noch genug Baustellen für mich selbst übrig, wenn ich mal aufhöre, im Kuchenteig anderer rumzurühren und meinen eigenen Kekse backe.

    Es ist übergriffig, dieses Verhalten.
    Das Leben anderer Leute planen und organisieren...

    Danke für deinen Beitrag, Ette.
    Doro

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