• Hallo

    ich habe mal eine ganz einfache Frage , da ich mich nicht des Eindruckes erwehren kann , das die Ernsthaftigkeit der Krankheit oft nicht erkannt oder heruntergespielt wird.

    Was bedeutet es Alkoholiker zu sein ?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Servus Hartmut,

    Alkoholiker zu sein heisst für mich, eine Krankheit zu haben, die ungestoppt definitiv tödlich verläuft.

    Einen "Vorgeschmack" davon habe ich ja schon gehabt und so manche Folgen davon begleiten mich weiterhin.

    Auch "durfte" ich bei etlichen Weggefährten/Gruppenmitgliedern hautnah miterleben, wie dramatisch schnell der Tod bei einem Rückfall an die Türe klopfen kann. Auch Korsakow und andere "nette" Folgekrankheiten gibt es als "Zugabe".

    Das alles macht es für mich zu einer lebensbedrohlichen Krankheit, deren weiteren Verlauf ich jedoch -anders als bei manch anderen schweren Krankheiten- sehr gut durch mein Verhalten beeinflussen kann.

    Diese -vielleicht einmalige- Chance auf ein lebenswertes Leben möchte ich mir nicht durch Nachlässigkeit im Umgang mit meiner Krankheit nehmen.

    LG
    Spedi

  • Hartmut ,

    1. Ich habe eine Suchterkrankung wie Millionen andere Deutsche auch.
    ( Essucht, Nikotinsucht, Alkoholsucht, Spielsucht, Heroinsucht, etc. )

    2. Ich kann die Suchterkrankung durch Verzicht auf das Suchtmittel zum Stehen bringen.

    3. Die Alkoholsucht kann unmittelbar oder mittelbar tödliche Folgen haben.
    ( Essucht, Nikotinsucht, Heroinsucht, etc. übrigens auch ! )

    4. Je länger der aktive Suchtkonsum erfolgt, desto geringer die Heilungschancen.

    5. Ich muss mich für eine Suchterkrankung nicht schämen, für Verdrängen, Verleugnen, Verschleppen der Behandlung schon.


    LG Jürgen
    -------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Hallo

    so sehe ich auch und es verwundert mich nur das in diesem Thread bisher nur diejenigen sich gemeldet haben, die den geraden Weg der Grundbausteine gegangen sind . Danke dafür .

    ich würde es aber auch sehr begrüßen, was "Individualisten" darunter verstehen .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Alkoholiker zu sein bedeutet war mich die
    absolute Zäsur. Beruflich wie Privat
    Das Leben nach der Erkenntnis und der
    Akzeptanz dieser Tatsache ist ein anderes.
    Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
    Wer dies nicht akzeptiert und danach handelt,
    kann oder will nicht und hat für mich auch keine wirklich
    überzeugte Abstinezentscheidung getroffen und
    hat auf Dauer keine Chance zufrieden abstinent
    zu leben.

    C.

    Carpe diem

  • glück auf hartmut

    du willst s unbedingt wissen

    Zitat von Hartmut

    ich würde es aber auch sehr begrüßen, was "Individualisten" darunter verstehen .

    Zitat von Spedi

    Alkoholiker zu sein heisst für mich, eine Krankheit zu haben, die ungestoppt definitiv tödlich verläuft.

    dieses wissen hilft mir immer.
    ich bin n halbes jahr nachdem ich trocken werden durfte alleine in urlaub gefahrn (entgegen dem ausdrücklichen rat meiner gruppe) ich wusste genau: trocken oder tot! es hat gereicht, ich hatte keinerlei probleme in diesem urlaub und ich hatte auch keinerlei probleme nach diesem urlaub.
    heute hab ich meinen "notfallkoffer" ganz oben is der satz eines arztes: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…p=442471#442471 unten.
    ich bin mir nur zu 99,9 % sicher trocken zu bleiben weil ich mir einfach n andern tod wünsch.
    ich empfehle gern die "grundbausteine" weil sie n erprobten weg zur trockenheit aufzeigen und weil sie auf den erfahrungen vieler beruhen. ich hab andere erfahrungen gemacht (ohne entgiftung und ohne lzt - nur durch selbsthilfe - und lernen lernen lernen).

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Hartmut
    Was bedeutet es Alkoholiker zu sein?
    Die Fragestellung ist nicht klar. Die Antworten zielen somit auch auf die persönlichen Notwendigkeiten für die Trockenheit und werden doch allgemein behandelt.
    Was bedeutet es für mich Alkoholiker zu sein?
    Nun, die Bedeutung, die ich dem beimesse, verschiebt sich mit der Lebenseinstellung. Und die verändert sich fortlaufend – mal schneller, mal langsamer.
    Zu Beginn der Abstinenz war es ein Makel, eine Blamage, ein Versagen. Die Wertigkeit war in direkter Wahrnehmung zum Wort und meinen Vorstellungen davon. Ich hatte demnach alle Voraussetzungen für einen lebenslangen Kampf. Davon bin ich aber heute sehr weit entfernt.
    Alkoholiker - oder in meinem Verständnis – die entsprechenden Verhaltensweisen der Sucht, sind ein Teil meiner Persönlichkeit, machen aber nicht den ganzen Uwe aus. Daher brauche ich diesen Teil auch nicht alles unterzuordnen (ich bin zum Beispiel auch Fußballfan – ein Clubbberer! Deswegen gehört eine gewisse Leidensfähigkeit zu meinen Leben, aber keine dauerhafte Trübsinnigkeit). Beides, und vieles andere in und an mir, hat mittlerweile seine besondere Aufmerksamkeit, doch keines eine Erschöpfende und damit möglicherweise eine Unheilvolle Bedeutung.
    Aus dem vermeintlichen Versagen ist eine Chance erwachsen. Für die neue Lebensqualität, hat der Alkoholiker in mir, eine wertvolle Bedeutung gehabt. Er war der Weckruf. Es waren allerdings die anderen Persönlichkeitsstrukturen, die in mir (etwas vernachlässigt) auch vorhanden waren, die für eine neue Lebenseinstellung verantwortlich sind. Denen messe ich heute auch eine größere Bedeutung zu, als denen, die dem Alkoholiker vorteilhaft erscheinen.
    Individualisierte Grüße – Uwe.

  • Zitat von Hartmut

    Hallo

    ich habe mal eine ganz einfache Frage , da ich mich nicht des Eindruckes erwehren kann , das die Ernsthaftigkeit der Krankheit oft nicht erkannt oder heruntergespielt wird.

    Was bedeutet es Alkoholiker zu sein ?

    Gruß Hartmut

    Hallo Hartmut,
    leider kann ich Dir die Frage so nicht beantworten.
    Würde sie aber so lauten
    Was bedeutet es für mich Alkoholiker zu sein?
    kann ich sagen

    es für mich zu akzeptieren, war damals nicht einfach, den Willen zu haben eine Veränderung herbeizuführen und um Hilfe zu bitten;

    zu keinem Zeitpunkt war es für mich ein Makel oder eine Blamage, Du weist ja ich mag das Wort outen nicht, für mich gab es kein Outing;

    heute mein Leben zu leben und ich freue mich jeden Tag darauf, so zu sein wie ich bin und mir geht es gut damit.

    So meine Gedanken dazu

    LG die kawi

  • Hallo Hartmut,
    ich „übersetze“ mal Deine Frage für mich so:

    Wann habe ich damit begonnen meine Krankheit Alkoholismus ernst zu nehmen?

    Das war ein langer Prozess, der insgesamt 10 Jahre gedauert hat.

    Schon mit Anfang 20 habe ich gemerkt, dass mit meinem Trinkverhalten etwas nicht stimmt. Ich habe ich sehr selten nur 1 Bier getrunken, sondern es waren meistens mehrere.

    Von dem Eingeständnis Alkoholiker zu sein war ich da noch meilenweit entfernt. Auch in den folgenden Jahren, in denen ich immer mehr trank, wollte ich unter keinen Umständen Alkoholiker sein.

    Im Laufe der 10 Jahre war ich dann (in größeren Abständen) immer wieder mal bei Beratungsstellen, Ärzten, Selbsthilfegruppen, etc.
    Immer mit der diffusen Hoffnung, dass irgendjemand mir den Schlüssel für eine Lösung geben konnte.

    In den ersten Jahren wollte ich nicht aufhören zu trinken, in den darauf folgenden Jahren konnte ich nicht mehr aufhören zu trinken.

    Auch nicht, als mir jemand in einer Selbsthilfegruppe mal jemand in ruhigen, freundlichem Worten Folgendes sagte:
    „ Du bist schon in einer schlimmen Situation. Und wenn Du nicht aufhörst zu trinken, dann wird Deine Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit noch schlimmer. Aber das Schlimmste ist, dass Du mir nicht glaubst, dass es noch schlimmer wird“.

    Er hatte mit allem recht:
    Ich war schon in einer schlimmen Situation. Ich habe ihm nicht geglaubt. Und es wurde schlimmer.

    Es hat dann noch ca. 2 Jahre gedauert bis ich am Ende war. Mein Verstand begann sich aufzulösen.

    Es mag sich etwas widersprüchlich anhören, aber ich bin bis heute froh darüber, dass ich letztlich die Entscheidung getroffen habe, nicht mehr zu trinken.
    Wobei es dabei im eigentlichen Sinne gar nicht um eine rationale Entscheidung ging, im Sinne vom Abwägen von Vorteilen und Nachteilen o.ä.
    Mir war nach diesem Erlebnis des sich auflösenden Verstandes klar, dass ich entweder verrückt werde und/oder sterbe, wenn ich weiter trinke.

    Ich wollte weiterleben.

    Die Vorstellung, dass ich nicht trinke, weil mir das irgendjemand „empfiehlt“, rät oder mich darum bittet, ob mit weichen oder harten Worten ist mir bis heute unerträglich.

    Für mich ist das eine existentielle Entscheidung, die mir bitte niemand abnehmen soll. Ich würde das als Übergriff in mein selbstbestimmtes Leben empfinden.

    Für mich ist Trinken oder Nichttrinken eine so elementare Entscheidung, die ich niemanden abnehmen möchte.

    Wenn ich bei Anderen lese, die sich noch mitten in diesem Prozess des Annehmens der Krankheit befinden, dann habe ich da überwiegend Mitgefühl, denn ich weiß wie sich dieser Prozess anfühlt. Ich möchte dahin nicht wieder zurück.

    Jemand, der Alkohol nicht kontrolliert trinken kann und/oder der ständig einen gewissen Pegel braucht, der führt kein angenehmes Leben. Auch wenn viele es lange schaffen nach außen eine Fassade zu wahren, die „Normalität“ vorgaukelt.

    Obwohl Du diese Frage nicht gestellt hast, Hartmut, möchte ich sie trotzdem hier für mich stellen (und auch beantworten), weil sie m.E. gut hierher passt:

    In welchem Verhältnis stehen Sucht und Alkoholismus?

    Ich sehe es so:

    Alkoholismus ist eine Form der Sucht. Sucht ist eine Form der Lebensbewältigung.

    Meine Suchtform (Alkoholismus) hat sich über einen langen Zeitraum (unbewusst) entwickelt. Ich habe ja nicht irgendwann „entschieden“ süchtig zu werden. Ich denke, das niemand sich „freiwillig“ entscheidet süchtig zu werden. Sucht entwickelt sich m.E. immer prozesshaft.

    Sie endet auch nicht mit dem „nicht mehr trinken“, vermeiden von Risikosituationen, alkoholfreie Wohnung, etc.
    Das sind zweifellos alles wichtige Bausteine, besonders zu Beginn des Genesungsprozesses (mir gefällt das Wort besser als Trockenarbeit, weil es für mich umfassender ist), aber sie befreien mich nicht von meinen süchtigen Strukturen, von meinem süchtigen Verhalten.

    Um es mal in einem Bild zu beschreiben:
    Für mich war das Trinken wie das Anziehen eines (Schutz)-Mantels, der sich im Laufe der Jahre zu einer Zwangsjacke verwandelt hat.
    Das ist ja der übliche Verlauf einer Suchtprozesses.

    Nachdem ich meine Zwangsjacke (Alkohol; andere haben andere „Zwangsjacken“ bzw. Suchtmittel) endlich ausziehen konnte hatte ich damit ja nicht meine Suchtstrukturen auch abgelegt.

    Zu Beginn war es natürlich eine große Befreiung (Euphoriephase), vergleichbar damit:
    Während meiner Fußballerzeit habe ich auch mal mit einer Bleiweste trainiert. Wenn ich die nach einer halben Stunde ausgezogen habe, dann dachte hinterher, ich könnte fliegen.

    Und dann?

    Dann habe ich mir schnell einen neuen Mantel „angezogen“, der hieß „Arbeit“. Rund um die Uhr nur noch gearbeitet.
    Bloß nicht diesen „nackten“ Bedürfnissen, Ängsten u.a Gefühlen ausgeliefert sein.
    Dann gab es irgendwann auch diesen „Mantel“ nicht mehr.

    Nach und nach bin ich seit einiger Zeit dabei mich auch mal (um im Bild zu bleiben) „nackt“ anzusehen. Es ist ein Annäherungsprozess, der wohl nie ganz zu Ende ist, da ich immer wieder Neues entdecke und manches im Hellen anders aussieht als im Dunkeln.
    Es gibt einiges, dass mir gefällt, anderes wieder nicht. Einiges werde ich ändern können, anderes wieder nicht.

    Ich wünsche allen, die hier lesen einen Genesungsprozess, der ihrem Tempo entspricht.
    Ich bin meistens sehr langsam unterwegs.

    LG Manfred

    PS:
    Beim Schreiben einiger Passagen habe ich von Adele „Turning Tables“ gehört.
    Der Titel bedeutet (soviel ich weiß) umgangssprachlich: „ständige Wechsel“ (im Liedtext in einem anderen Kontext).
    So ist es wohl.

  • Hi Hartmut!

    Zitat von Hartmut

    was "Individualisten" darunter verstehen .

    Hier ist einer.... :wink:

    Wobei wenn ich mir die Definition von Alkoholismus mal anschaue, interpretiere:

    Unheilbare Krankheit die wenn sie von dem Betroffenen nicht zum Stillstand gebracht wird zum vorzeitigen Tod führt, entweder versagt der Körper irgendwann, oder die Psyche hält dem Druck nicht mehr stand und der Betroffene gibt sich die Kugel, wie auch immer, Selbstmord auf Raten....

    Habe ich das mal verstanden und für mich akzeptiert bleibt nicht mehr viel Spielraum für Individualität an diesem Punkt....

    Nur wie?
    Nun suche ich neuzeitlich Hilfe im I- Net und werde in diesem Forum fündig, online SHG, Klasse!....

    Aber was bringt mir die Hilfe?
    Relativ einfach ich kann aus der Erfahrung derer die schon Jahrelang trocken Leben lernen wie es funktioniert trocken zu werden, das sind Erfahrungswerte aus welchen ich schöpfen kann, hier im Forum die Grundbausteine, nehme ich diese als gegeben an und projiziere sie auf mein Leben, kann ja gar nicht mehr allzu viel schief gehen....

    Nun denn kommt genau an dieser Stelle der Individualismus mit ins Boot...

    Aus z. Zt. gegebenen Anlässen erkläre ich das hier nun am Beispiel Disco/ Party- Time....
    In den Grundbausteinen steht was von Risikominimierung, Distanz zum Alkohol, was bdt. das nun für mich?

    Entweder:
    soll ich nie wieder in eine Disco, für immer auf Party verzichten? Ich, der jedes Wochenende Halli Galli in irgendwelchen Clubs veranstaltet hat, ich kann doch da auch hin, halt ohne was zu trinken künftig, soll ich etwa daheim sitzen und Däumchen drehen während meine Kumpels mega Spass haben? Mir machen die lauter Flaschen, Gläser, klirrenden, grölenden Besoffenen ,usw. etc pp doch nichts aus, mein Suchtgedächnis ist da immun dagegen...

    In so, oder so ähnlicher Gedanken Abfolge scheint Distanz zum Alkohol, bzw Risikominimierung natürlich eine fast unüberwindbare Barriere darzustellen, reiß ich mich dennoch zusammen und zwinge mich daheim zu bleiben, kann das ganze in ein Lebensgefährliches "Na dann lieber kurz und knackig, statt lang und öde Denken" umschwenken, Resultat dürfte klar sein...

    Oder:
    erfinde ich mich neu, lerne mich von einer anderen Seite kennen, betrachte ich auch mal Beschäftigungen von denen ich bisher immer gesagt habe "das würde ich niemals tun", Finde gefallen an Dingen, Tätigkeiten, Beschäftigungen die eben gleichzeitig mein Leben Lebenswert machen und Distanz zum Alkohol bzw. Risikominimierung schaffen, dann erreiche ich einen Mehrwert, für den es sich lohnt zu sagen: Ich will Leben....
    Und früher oder später ist auch der letzte Funken Lust an Party Time verflogen....

    Und genau nach diesem Schema kann es funktionieren ein zufriedenes abstinentes Leben zu führen, in allen Bereichen/ Abschnitten meines Lebens schaue ich wie ich die Gegebenheiten (Grundbausteine) individuell integriere, so das mir die Abstinenz nicht als Barriere im weg steht, sondern als Chance einen Mehrwert zu erreichen beiseite steht ...

    Grüße Sven....

  • Hallo Hartmut,

    Alkoholikerin zu sein, bedeutet für mich, mir dessen bewusst zu werden/sein, dass ich wirklich keine Chance habe, mit Alkohol zu leben.
    Es ist nicht der Aufbau des Feindbildes Alkohol, der mich Handlungen vollziehen lässt, die mir ein Leben ohne den Stoff ermöglichen, sondern meine möglichst realistische Einschätzung des Risikos, wenn ich tu, was ich tu.
    Auf der einen Seite erliege ich dem Stoff, wenn ich ihn mir wieder zuführe und auf der anderen Seite erliege ich meinen Traumwelten, wenn ich mich überschätze. Das Ergebnis ist für mich dasselbe.
    Leider gehört meine Überschätzung zu dem, womit ich mir den jahrelangen Gebrauch von Alkohol immer wieder legitimierte. Sie führte mich schon seinerzeit zum Stoff hin. Ich trage sie schon länger mit mir rum als ich abhängig war vom Stoff. Ich war es nicht nur gewöhnt, Alkohol zu trinken, sondern auch, mich immer wieder zu überschätzen.
    Und meine Fehleinschätzungen werde ich nicht dadurch los, dass ich mich ein Jahr lang von Kneipen fernhalte oder meine Wohnung alkfrei mache. Das sind für mich sehr wichtige Instrumente, die mich dabei unterstützen, mich vom Stoff zu lösen. Aber mein eigentliches Problem wird immer meine realistische Einschätzung dahinter bleiben.
    Für mich gibt es ein: "Ich kann nicht“. Das sage ich nicht nur so, weil mir ein "Ich will nicht." wegen irgendwelcher Ängste oder Hemmungen nicht über die Lippen kommt, sondern es drückt für mich aus, dass ich wirklich nicht dazu in der Lage bin, gesund mit Alkohol umzugehen, sofern es sowas wie einen gesunden Umgang damit überhaupt geben kann.
    Aber daraus ergeben sich meine zahlreichen „Ich will nicht“.
    Für die Einschätzung der Stabilität meiner Trockenheit ist es unerheblich, wie lange ich schon abstinent bin, denn ich habe mir bereits bewiesen, dass ich in der Lage bin, sehr lange zu „funktionieren“. Das ist für mich ein typisches Muster aus Zeiten, in denen ich noch trank. In dem Moment, wo es nicht mehr dieses „Funktionieren“ für mich ist, sondern Bedürfnis, komme ich dem nah, was für mich heute Leben als trockene Alkoholikerin bedeutet.

    Gruß Penta

  • Moin Hartmut!
    Alkoholikerin zu sein, war am Anfang demütigend für mich, weil ich mich sehr geschämt habe, so weit unten zu sein. Weil ich nicht vorher kapiert habe, dass ich jeden Kampf gegen den Alkohol verlieren werde.
    Nach der LZT änderte sich meine Einstellung. Ich habe eine tödlich endende Erkrankung, die ich nur selber stoppen kann. Die neuen Erfahrungen ohne Alkohol waren erstmal komisch, wurden mit der Zeit immer besser und heute sage ich es ganz trocken " Du, ich bin trockene Alkoholikerin"! Und das Ganze hat ja auch einen Sinn für mich: Ich erlebe das Leben intensiver, bin tiefgründiger aber auch lebensfroher geworden. Es macht mir Spaß, so zu leben!
    Schöne Grüße
    Michi

    never give up

  • glück auf manfred

    wie fast immer is dein beitrag umfagreich, umfassend und der inhalt is gut durchdacht. ich hab mir ne menge mitgenommen.

    Zitat von Manfred

    gab es irgendwann auch diesen „Mantel“ nicht mehr.

    arbeit gibts nich? nichmehr als mantel oder überhauptnochnichwieder?

    schöne zeit

    :D
    matthias
    (hab mich gefreut von dir zu lesen)

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Alkoholismus ist für mich nicht mehr und nicht weniger als eine Form meiner Suchterkrankung.


    Es ist mein Leben, und ich entscheide ob ich mich mit irgendwas zudröhnen will oder dem Leben so stelle, wie es ist.

    Ich habe mich dafür entschieden allen Herausforderungen des Lebens, gleich welcher Art, nüchtern und klar anzunehmen.
    Alles, was mein Bewußtsein verändert, hat keinen Raum mehr in meinem Leben.

    Das ist mein "Grundbaustein", und für mich genügt er.

    lg
    gipfel

  • Hallo zusammen,

    das deckt sich auch weitgehend , was es auch für mich bedeutet. Eine unheilbare Krankheit ,die nur gestoppt werden kann , durch ausschalten aller erkennbaren Risiken um eine Stabilität zu erreichen um den nicht erkennbaren Risiken entgegenzutreten ohne auf sie zulaufen zu müssen.

    Meine Lebenseinstellung dazu anzupassen. Und das alles mit dem Hintergrund , den Respekt vor einem Rückfall und dessen Folgen nicht zu verlieren . Ich tu es gerne

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,
    ich habe da noch eine Frage:

    Wie lange hat denn bei Dir der Prozess gedauert bis Du die Krankheit "ernst" genommen hast?
    Von den ersten Gedanken, dass Dein Trinkverhalten nicht "normal" ist, bis zu dem Punkt, an dem Du sagen konntest: Ja, ich bin Alkoholiker.

    LG Manfred

  • Hallo Manfred,

    nicht vom ersten Gedanken an ,das mein Trinkverhalten nicht normal ist , denn da hatte ich eine 3 Tages Regelung . Wenn ich drei Tage schaffe ohne Alkohol bin ich kein Alkoholiker.

    Ich hatte dann im Februar 2007, nach fast 30 jährigen Saufen , es erkannt oder mir zugestanden Alkoholiker zu sein . Dann mal wieder hier im Forum auf eigene Faust einen Individuellen , einfachen Weg gegangen . Dann einen massiven Rückfall hin bis zum Tiefpunkt .

    Ab dem 7.5 2007 gab es dann nur noch ganz geringe Zweifel oder ich nenne es mal Wunschdenken, es nicht so sein. Im ersten Jahr der Trockenheit verschwanden diese dann auch.

    wenn ich im Nachhinein meinen Weg betrachte, würde ich es so beschreiben . Je Emotion loser ich an die Umsetzung des Weges heran ging , umso schneller fühlte ich mich zufrieden mit diesem Weg.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,
    danke für Deine Antwort.

    Zitat

    Wenn ich drei Tage schaffe ohne Alkohol bin ich kein Alkoholiker.

    Diese „Gedankenbrücken“ kenne ich auch gut.
    Sie begannen immer mit „wenn“.

    Wenn ich dies und das noch schaffe, dann kann ich ja kein Alkoholiker sein.
    Ich habe jahrelang mein Leben mit diesen „Brücken“ gelebt, bis sie schließlich alle zusammenbrachen.

    Ich weiß nicht, wie lange Du mit diesen „Brücken“ gelebt hast, aber ich gehe mal davon aus, dass es auch mehrere Jahre waren.

    Ich wollte mit meiner Frage darauf hinaus, dass es ja, nach meiner Erfahrung, immer ein längerer Prozess ist, bis der Punkt erreicht ist, an dem „man“ sagen kann: Ja, ich bin Alkoholiker.

    Insbesondere hier im offenen Bereich sind ja, nach meiner Wahrnehmung, viele mitten in diesem Prozess.
    Da ich aus eigener Erfahrung weiß, dass so ein Prozess auch schon mal ein paar Jahre dauern kann, gestehe ich diesen Prozess auch jedem anderen zu.

    Ich freue mich über jeden, der sich diesem Prozess stellt, und der am Ende sagen kann: Ja, ich bin Alkoholiker.

    Ein Satz von Dir hat mich nachdenklich gemacht:

    Zitat

    Je Emotion loser ich an die Umsetzung des Weges heran ging , umso schneller fühlte ich mich zufrieden mit diesem Weg.

    Das klingt für mich nach einer sehr am Verstand orientierten Herangehensweise.

    Wo sind denn Deine Emotionen dabei hin? Sie können doch nicht „weg“ sein?

    Ich bin auch jemand, der viele Dinge sehr rational angeht. So nach und nach spüre ich, wie wichtig es für mich ist, dass ich meine Emotionen miteinbeziehe, sie besser wahrnehmen lerne, sie besser verstehen lerne.

    Nach meiner Erfahrung sind Emotionen nie „weg“, sondern sie machen sich auf irgendeine Weise immer bemerkbar.

    LG Manfred

  • Hallo Manfred

    Zitat

    Ich wollte mit meiner Frage darauf hinaus, dass es ja, nach meiner Erfahrung, immer ein längerer Prozess ist, bis der Punkt erreicht ist, an dem „man“ sagen kann: Ja, ich bin Alkoholiker.

    Insbesondere hier im offenen Bereich sind ja, nach meiner Wahrnehmung, viele mitten in diesem Prozess.

    Da ich aus eigener Erfahrung weiß, dass so ein Prozess auch schon mal ein paar Jahre dauern kann, gestehe ich diesen Prozess auch jedem anderen zu.

    das besondere aber daran ist ja , das jeder der in den offenen oder erweiterten Bereich freigeschaltet wird , im Vorstellungsbereich bestätigt , das er Alkoholiker ist. Das ist ja eine Grund Voraussetzung der Freischaltung . Da gehen wir anscheint von verschiedenen Sichtweisen aus heran. Ich bin auch nicht ganz so Sucht fremd um auch zu wissen das es nicht auf jeden zutrifft. Nun liegt es aber nicht an mir /uns das herauszufinden . Das liegt in jedem einzelnen.

    dann soll er nach meiner Ansicht auch den A.... in der Hose haben und dazu stehen und es sagen . Nein ich bin noch nicht soweit. Wir tauschen uns ja als Alkoholiker aus und ich will keinen dazu überreden . So würde auch einige Diskussionen gar nicht auf kommen.

    Zitat

    Ein Satz von Dir hat mich nachdenklich gemacht:


    Das klingt für mich nach einer sehr am Verstand orientierten Herangehensweise. Wo sind denn Deine Emotionen dabei hin? Sie können doch nicht „weg“ sein?

    Jouuu , da gibt es auch für mich vieles ,das nachdenklich macht, besonders wenn ich Post lese, die ich früher geschrieben hatte. Nur auch das ist meine Entwicklung von Nass auf Trocken und bedeutet ein "gelebter" Alkoholiker zu sein.

    Wieso können die Emotionen nicht weg sein? Wo sollen sie denn hin? Ich unterdrückte oder verdrängte doch damit nur unnötige auskommende Illusionen. Und positiv gesehen konnte ich ja nichts mehr verlieren.Ich war ja schon verloren als nasser Alkoholiker.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

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