Hallo,
wann immer ich in den Medien von totgeschlagenen, totgestochenen, totgeschossenen Frauen lese, dann fallen mir die Frauen hier im Forum ein, die immer, immer, immer wieder zu ihren saufenden und gewalttätigen Männern zurückkehren.
Bei Tötungsdelikten an Frauen sind fast immer die Ehemänner bzw. Lebensgefährten die Täter. Bei häuslicher Gewalt ist unglaublich oft Alkoholismus im Spiel.
Häusliche Gewalt fängt oft mit verbaler Gewalt an. Es kommen Schubsen, Ohrfeigen, Prügeln, Beißen, Vergewaltigen, Anpinkeln, Haare ausreißen, Einsperren, Treten, Gewalt gegen die Kinder, sexueller Mißbrauch der Kinder - und was sonst noch alles dazu.
"Hinterher" kommt es manchmal vor, daß der Täter eine reumütige Show abzieht mit Weinen, Versprechungen, Entschuldigungen, Rechtfertigungen oder sogar Schuldzuweisungen. Aber solange vom Täter die Verantwortung abgeschoben oder nur Lippenbekenntnisse abgegeben werden, ändert sich nichts. Lippenbekenntnisse sind nichts wert. Wenn ein Täter die Grenze zur Tätlichkeit überschritten hat, kann man als betroffene Frau das zwar schönreden, aber es ändert nichts daran, daß er eine Grenze überschritten hat. Ein Täter, der nicht freiwillig und aus Einsicht an einer Gewaltpräventionsmaßnahme teilnimmt oder sonst sein Leben wirklich in die Hand nimmt, wird höchstwahrscheinlich erneut gewalttätig werden.
Wir können hier im Forum so viele Geschichten lesen von Frauen, die häusliche Gewalt erleben - und beim Täter bleiben bzw. zu ihm zurückkehren. Wann immer eine dieser Frauen hier aufhört zu schreiben, frage ich mich, ob es genau diejenige war, über deren Tod gerade in den Medien berichtet wurde.
Ich habe großen Respekt vor den Frauen, die den Absprung schaffen. Zum Glück haben wir in D ein sehr gutes Netz, das Frauen bei häuslicher Gewalt auffängt. Nur, des beste Netz nützt nichts, wenn die Frau sich nicht auf den Weg macht. Ich habe schon Gespräche mit völlig erschütterten Polizisten gehabt, die zum x-ten mal eine grün und blau verprügelte Frau immer wieder zu ihrem alkoholisierten, schlagenden Mann zurückkehren gesehen haben, schließlich hat er versprochen, sich zu ändern...
Hier im Forum habe ich schon gelesen, daß es ja gar nicht so arg wehgetan hat. Er hat ja nur zweimal geschlagen. So schlimm waren die Bisse ja gar nicht. Mit Sonnenbrille hat man das Veilchen fast nicht gesehen. Wenn ich ganz still liege, dann ist er schneller fertig und schläft ein. Die blauen Flecken waren schon nach einer Woche wieder weg. Sooo fest hat er doch gar nicht geschlagen. Die Kinder sind noch klein, die bekommen das noch gar nicht mit. Usw. usw. usw. Und tausendfach den Satz: Eigentlich liebt er mich ja.
Nein, tut er nicht.
Auch wenn es für die betroffenen Frauen in ihrer aktuellen Situation schwer vorstellbar ist: Ein Leben in Frieden und Selbstbestimmung und ohne Gewalt ist möglich. Nur eben nicht an der Seite eines gewalttätigen, nassen Alkoholikers.
Es gibt Wege aus der häuslichen Gewalt heraus. Ich möchte die betroffenen Frauen ermutigen, sich auf den Weg zu machen.
LG, Linde