Liebe Sunshine,
wow, wow ! Danke !! Vielleicht ist es der Vorteil dieses Forums, dass man sich nicht persönlich kennt und gegenüber sitzt und man diese offenen Worte so formulieren kann ! Nur das hilft und verändert und bringt zum Nachdenken ! Also, "rumjammern" tun wir alle irgendwo, sollte hier wirklich niemand als persönlichen Angriff nehmen !
Es ist für mich als CO so unglaublich wertvoll diesen Beitrag von "der anderen Seite" zu erhalten. Aber ... zurück zum Thema, ob man zur CO erzogen werden kann: Wird man zum Alk erzogen ? Was ich durch deinen Beitrag gelernt habe ist, dass das CO-Verhalten ebenso ein Suchtverhalten ist, wie das der Alk's ! Also fröhnen wir hier im Forum alle einer Sucht, nur ist sie verschiedenen gelagert und ausgeprägt. Müssen wir uns also fragen, ob ein Suchtverhalten allgemein anerzogen werden kann oder ob das in den Genen liegt ?
Was ist Sucht ? Laut Definition ist Sucht "krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- oder Rauschmittel". Also eine krankhafte Flucht vor der Wirklichkeit, vor Verantwortung oder vielleicht auch eine Bewusstseinserweiterung auf der Suche nach Lösungen ?
Eine andere Definition für Sucht ist "übersteigertes Verlangen nach etwas, einem bestimmten Tun". Das würde dann zum Verhalten der CO's passen. Das übersteigerte Helfersyndrom, über welches die CO ihren Wert definiert.
Nun, Sucht kommt von "suchen". Das ist wiederum beschrieben mit "sich bemühen, jemanden, etwas Verlorenes, Verstecktes zu finden". Was wollen wir alle gemeinsam suchen, finden, erkennen, wiederfinden ? Krankhaft heißt in unserer Gesellschaft , dass die Suche nach "etwas Verstecktem" übersteigert ist. So übersteigert, dass man nicht mehr arbeitsfähig ist (also gesellschaftlich angepasst ist) und dass die Suche zum Lebensinhalt wird, der keine gesellschaftlichen erwarteten Aktivitäten (arbeiten, putzen, waschen, aufräumen) mehr zulässt, weil es augenscheinlich unwichtig wird. Das krankhafte an unserer gemeinsamen Sucht ist also der Strudel, der Sog des schwarzen Loches, was uns nicht mehr los lässt. Wir bewältigen also alle unsere Sucht, unser Suchen nach etwas Verstecktem, nur, wenn wir immer wieder Abstand zu unserer Suche nehmen. Das kann ein regelmäßiger Job sein, regelmäßiger Sport oder auch Therapie-Gespräche. Wenn man es nicht mehr schafft, diesen Abstand, diese Pause, vom suchen zu nehmen, dann wird es krankhaft bzw. gesellschaftlich nicht akzeptabel.
Nun, zurück zur Frage: Werden wir zu Suchenden erzogen oder liegt es in der Natur, den Genen, des Menschen, ein Suchender zu sein ? Wo gibt es die Messlatte wann die Suche nach etwas Verstecktem gesellschaftlich nicht mehr akzeptabel ist und wann nicht ? Solange man unauffällig sucht, nennen wir es nicht krankhaft, also normal. Sucht man etwas länger, intensiver und verliert sich in der Suche, dann nennen wir es krankhaft. Aber kann man überhaupt zur Suche erzogen werden ? Sind wir nicht alle Suchende nach dem Sinn des Lebens ? Wird nicht eher durch unsere Erziehung die Suche unterbunden mit Formeln wie "das tut man nicht" oder "das macht man so" ? Sind die "verstärkt Suchenden" vielleicht nur einfach die stillen Rebellen gegen die gesellschaftlichen Bandagen, nicht suchen zu dürfen, sondern "angepasst" ein Leben zu führen, in dem man sich selbst fremd ist oder sich im Laufe der Erziehung immer mehr entfremdet ? Was würde passieren, wenn es Erziehung nach unseren Normen und Schulsystemen nicht gäbe ? Wenn es nur eine Religion, einen Glauben, gäbe und jeder genug zu essen hätte? Ob dann Suchende immer noch "unangepasst" wären ? Oder ist es vielleicht sogar so, dass wir Suchenden uns frecherweise manchmal oder auch öfters die "Freiheit" nehmen, mit oder ohne Alkohol als Hilfsmittel weiter zu suchen, obwohl es von der Gesellschaft erwartet wird, dass wir angepasst und brav ohne Fragen zu stellen einer stumpfsinnigen Arbeit nachgehen, die uns keine Chance zum Nachdenken oder Suchen gibt ?
Zitatdas hört sich ja alles ganz nett an, aber ich schreibe Dir ganz ehrlich, was ich dazu denke.
Es wird nicht funktionieren. Auch wenn man es sich noch so sehr wünscht.
Liebe Sunshine, ich glaube dir das, aber das hört sich so endgültig an.
ZitatAlles anzeigenMit einen nassen Alkoholiker kann man keine Verabredungen treffen, bzw. kann man das schon , sollte dann aber auch wissen, das der andere sie nicht einhalten kann und wird.
Die Suchterkrankung lässt sowas nämlich gar nicht zu.
Entspannte Zeiten mit einem nassen Alkoholiker?
Ich bin ja selbst Alkoholikerin und kann Dir sagen, das ein Alkoholiker nur entspannt ist, wenn er genug Alk im Blut hat.
Und dabei bleibt es nicht, denn der Kontrollverlust ist ja typisch für unsere Krankheit.
Es wird also regelmäßig weiter gesoffen und von Entspannung kann dann sicher keine Rede mehr sein.
Und ohne Alk im Blut sind wir ebenfalls nicht entspannt !
Denn die Sucht arbeitet dann erbarmungslos in uns und wir denken nur noch dran, wann wir wieder saufen können.
So läuft die Sache nun mal, und ist ja auch bekannt, DAS es so läuft.
Liebe Sunshine, du sagst, du bist Alkoholikerin. Bist du zurzeit trocken ? Hast du dennoch den Drang zu trinken ? Ist er immer da ? Ich versuche, zu verstehen. Mein Partner sagt, dass er etwas verstanden hat und der Alkohol soweit weg ist, wie nur was. Sagt er sowas nur ? Oder ist das nur ein Selbstbetrug ? In unserer Selbsthilfegruppe sagen trockene Alkoholiker aus, dass jeder Alk, wenn er Glück hat, einen Punkt erreicht, wo er endgültig umkehrt und nicht mehr trinkt. Man sagt dort wohl auch, dass mein Partner diesen Punkt noch lange nicht erreicht hat. Aber vielleicht doch ? Er reagiert anders, er verhält sich anders und wenn wir Konflikte haben oder er mit den Nachbarn Konflikte hat, dann hat er früher sofort gesoffen. Heute entzieht er sich der Situation und geht in den Garten und pflegt seine Blumen. Manchmal buddelt er dafür auch Büsche aus und woanders wieder ein. Damit verausgabt er sich dann und verarbeitet Wut, Schmerz und anderes.
ZitatEin nasser Alkoholiker hat gar nicht mehr die Fähigkeit dazu, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.
Er wird immer versuchen, die anderen aufzudrücken.
Okay, ein nasser Alkoholiker nicht, aber er trinkt zumindest seit Mitte Januar nicht mehr. Das ist nicht lange, das stimmt. Aber es wäre ja furchtbar, wenn ein Alk NIE MEHR Verantwortung für sein Leben übernehmen könnte ... braucht er immer einen Babysitter ? Ganz ehrlich, vielleicht träume ich meinen CO-Traum, aber ich glaube, dass das Leben Veränderungen zulässt. Ich glaube, dass man einen Punkt erreichen kann, wo man den Weg, eine Gewohnheit zu reagieren, verändern kann. Ich glaube, dass es eine Möglichkeit gibt, auch wenn das Suchtverhalten anerzogen wäre oder genetisch vorbestimmt ist, dann ist es doch nur eine Option so zu handeln. Wir haben doch immer noch den freien Willen, uns anders zu entscheiden.
Klar wird es sicher ein steiniger Weg, genetische Disposition bzw. jahrelang trainiertes, anerzogenes Suchtverhalten zu verändern, abzulegen. Aber ich halte es für möglich. Was sagen die anderen im Forum dazu ?
ZitatDu verschwendest gerade weiter Deine wertvolle Lebenszeit. Aber es ist ja Deine, Du darfst das.
Du lässt Dich so weiter von einem nassen Alkie nach Herzenslust be- und ausnutzen. Auch das darfst Du.
Es ist ja Dein Leben.
Groß rumjammern braucht man dann aber auch nicht, denn es ist ja die freie Entscheidung vom Einzelnen gewesen.
Sorry das ich auch das so schreibe, aber mich nervt halt Rumjammerei, wenn Dinge relativ einfach abänderbar sind.
Hier ist niemand der Leibeigene von einem anderen Menschen, CO-Abhängigkeit hin-oder her.
Liebe Sunshine, wenn ich dich also richtig verstehe, dann sagst du, dass ich mich radikal von meinem Partner trennen soll, ihn nie mehr kontaktieren und mein Leben woanders fortsetzen soll. Ja, gut, dass sagen mir einige Freunde auch. Und das mag auch richtig sein und auch die einfachste Lösung. Aber wenn nun meine CO-Abhängigkeit anerzogen ist, dann würde ich doch woanders einen ähnlichen Menschen suchen und mein Schema weiterleben ? Ich war nach der Trennung von meinem Ex-Mann bewusst 16 Jahre alleinerziehend, um nicht wieder "den gleichen Fehler zu machen". Aber aus heutiger Sicht hat meine Co-Abhängigkeit nur "geschlafen" oder ich habe sie als überfürsorgliche alleinerziehende Mutter ausgelebt. Das Weglaufen hat also nicht geholfen. Auch ich muss mein Verhalten ändern. Meine Erziehung kann ich ändern, meine Gene nicht. Wieviele Chancen habe ich also, dass ich mein CO-Verhalten je loswerde ?
ZitatDu möchtest Dich noch nicht trennen, sondern auch Deine CO-Abhängigkeit noch ne Weile ausleben. Darum redest Du Dir Sachen schön.
Denn ansonsten müsstest Du ja eine Entscheidung treffen und handeln.
Theoretisch weisst Du das auch alles längst selbst... ich muss Dir das eigentlich also gar nicht alles schreiben.
Ja, ertappt. Du hast Recht. Ich helfe ein bisschen, dann habe ich ein bisschen CO-Verhalten gelebt und bevor es wieder weh tut, renne ich in mein sicheres Zuhause. Oder: Weglaufen hilft nicht, sondern nur die Auseinandersetzung mit meinem Suchtverhalten. Darum bin ich hier und unglaublich dankbar für euren ehrlichen Worte. Im Moment glaube ich dennoch, dass ich durch gelegentliche Besuche bei meinem Partner mir bewusst machen kann, wie unsere Schemata greifen, da ich mit Abstand dorthin komme.
ZitatIch wünsche Dir den Mut zu Entscheidungen. Noch ist der nicht da.
Du bist auch nicht der erste CO, der hier noch ne Runde drehen muss oder will.
Ja, auch richtig. Dennoch: Ich sehe das Leben als bewegliche Spirale. Manches wiederholt sich in immer gleicher Form und man dreht sich im Kreis. Aber ich glaube, dass der Kreis unsere Erziehung ist und unser anerzogenes Verhalten. In unseren Genen gibt es aber die Option der Veränderung. Und wenn ich beim Kreislaufen nur einen kleinen Schritt anders mache, fängt der Kreis an zu eiern und wird zeitweise zur Elipse. Und so kann der Kreis sich verändern. Wie sagt man: Ein Flügelschlag eines Schmetterlings im Osten kann im Westen einen Orkan auslösen. Wichtig ist, dass man die Veränderung bemerkt und manifestiert, festhält. Die Punkte der Veränderung, die sich gut anfühlen, muss man üben und dann fängt Heilung an. Sowohl für den Alk als auch für die Co, deren Verhalten ja nur die zwei Seiten einer Medaille einer Suche sind ...
Liebe Mitschreiber, nun habe ich etwas philosophiert und die Gedanken sind einfach aus den Fingern in die Tasten geflossen. Ich bitte wie Sunshine um ehrliche Antworten. Nichts tut weh, sondern alle wahren Worte können nur helfen, den Kreis zur Elipse zu gestalten ! In diesem Sinne wünsche ich allen ein schönes Wochenende !
LG, FreeWell