Nicht mehr (mich) aufgeben wollen

  • Liebes Forum,
    liebe alle, die mich in den ersten Tagen hier so gut aufgefangen haben!

    Wenn ich mich nicht verrechnet habe, ist heute mein 23. nüchterner Tag!

    Es war ein sehr langer Weg hierhin und er wird auch noch viel weiter sein! Ich bin sicher, dass er aufwärts führt, auch wenn mit 100%iger Sicherheit auch viele Täler zu überwinden sein werden.

    Ich bin süchtig. Aktuell "nur" noch Alkoholikerin.
    Habe aber auch schon verschiedene Arten der Selbstschädigung praktiziert, davon irgendwann vielleicht mal mehr.

    Ich habe endlich verstanden, dass ich ein besseres und schöneres Leben verdient habe -- dass ich nur das EINE habe. Und dass es nur mir gefallen muss. Und der Alkohol treibt mich in die tiefsten Abgründe und ich mache mir dadurch mein Leben, mein einziges Leben zur eigenen persönlichen Hölle. Und irgendwann auch all denen, die in meinem Leben eine Rolle spielen.

    Als ich mich hier angemeldet habe war ich schrecklich verzweifelt. Total down, fertig, habe mich unendlich geschämt und konnte mich absolut nicht mehr leiden. Ich fand mich hässlich, deformiert, kaputt, mein Körper hat mir sämtliche Not-Signale gesendet. Ich fand es fürchterlich, zu trinken und es einfach nicht lassen zu können. Meine tiefsten Ängste und Zweifel sind immer im Suff hochgekommen. Wurden aber nie zuende gedacht, haben nur weh getan. Ich habe betrunken schreckliche Ausbrüche - Wutausbrüche, Heulanfälle - gehabt. Der Druck, abends wieder etwas trinken zu müssen, war schrecklich. Es einfach nicht mal lassen zu können.

    Dazu eine schwierige Beziehung, kein Selbstwertgefühl mehr und - wenn ich darüber nachgedacht habe - irgendwie auch kein wirklicher Sinn in allem erkennbar.

    Im Forum habe ich schon viele Wochen zuvor gelesen. Und hatte Monate vorher auch schonmal einen Monat ohne Alk geschafft. Es hat mir gut getan -- dass ich nicht alleine damit bin. Dass andere auch so sind. Dass auch andere - auch Frauen - abends den Wein abkippen. Und dabei von außen betrachtet irgendwie scheinbar gut klar kommen.
    Niemand außer meinem Partner wusste, was bei mir los ist. Ich hab mich ganz falsch und verkehrt gefühlt - ein ganz besonders schlimmer Fall. Alle um mich herum kommen klar, nur ich muss abends noch irgendwo Alk besorgen, damit ich mich alleine zuhause wegballern kann.

    Ich bin nicht mehr klar gekommen. Und ich wusste das auch schon verdammt lange. Ich habe es nur in diesem Sumpf einfach nicht fertig gebracht, Mut, Glauben, Zuversicht und den Wunsch, dass es mir nicht mehr schlecht geht, aufzubringen.

    So langsam sickerte einiges zu mir durch- durch das Lesen. Dass man es doch schaffen könnte... hmmm....Grübel....

    Während ich mich dennoch weiter selbst quälte mit stetigem Trinken kam dann noch ein richtig passabler Auslöser und dazu einige Tage arbeitsfrei - und ich habe nochmal einen richtigen Showdown hingelegt. Gott, dass mir in dieser Woche nichts Schlimmeres zugestoßen ist, grenzt eigentlich an ein Wunder-- eine Woche durchsaufen. Morgens den Kater wegtrinken, weitermachen, bis irgendwann abends die Lichter ausgehen.
    Mir ging es sooo mies, ich dachte, mein Körper macht gleich auf der Stelle schlapp. Psychisch bin ich richtig abgedreht in der Woche.

    Da wusste ich -- jetzt ist Schluss! Jetzt reicht es!
    Naja und da steh ich heute.

    Und kann gar nicht glauben, was sich jetzt schon alles verändert hat!
    Wer auch immer gerade daran denkt, wie es wäre, nicht zu trinken:

    Es ist unbeschreiblich toll!!!! Dieses NICHT-MEHR-MÜSSEN!!! Ich könnte einen Roman darüber schreiben, was sich gerade alles verändert. Mach ich bestimmt auch noch... :lol:

    Sorry, dass das jetzt nicht alles ganz straight und chronologisch wird bei mir --- Ihr verzeiht mir-- meine Gedanken springen noch von hier nach da. Vielleicht wird am Ende des Fadens eine Logik erkennbar werden... :)

    Fortsetzung folgt....

    Liebe Grüße

    Mala

  • Hallo Mala,

    da bist du ja :D Herzlich willkommen im Forum.

    Tag 23! Dabei habe ich dir doch "gestern" erst einen schönen trockenen Tag 14 gewünscht :wink: Bald ist der erste Monat erreicht!

    Ich wünsche dir alles Gute,
    MieLa

    ... die Idee mit dem Roman finde ich prima :lol: ...

  • Liebe Mala,
    schön dass du hier bist.

    Genau, du bist nicht allein.
    Genau, du musst nichts!
    Ist das nicht toll? Jetzt hast du Zeit. Zum Romane schreiben oder zum rum trödeln, auf jeden Fall, um dich selber neu kennen zu lernen.
    Viel Freude dabei, ich freu mich auf den Austausch mit dir.

    LG Judith

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hallo Mala,

    wie schön, jetzt hier ´von dir zu lesen.
    Und du bist so voller Lebensfreude, das macht richtig Spaß, hier zu lesen.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Guten Abend!

    Liebe Aurora, liebe MieLa--- da habe ich ja gleich die zwei Richtigen zusammen.... :) Ihr habt mir wirklich sehr geholfen bis hierher! Dankeschön!!! Wenn Karsten wieder etwas Zeit hat, schaltet er mich hoffentlich auch für die Geschlossene frei.

    Mal ein paar Gedanken zu meinen ersten Tagen der Nüchternheit:

    Ich habe es ein bisschen als Challenge genommen. Das hat mir die ersten Tage geholfen. Nicht aufgeben. Nicht kleinkriegen lassen.
    Abends hier schreiben zu können, dass ein weiterer Tag geschafft ist.
    Und was wirklich schrecklich war, was ich aber auch irgendwie trotzdem geschätzt habe (weil man es körperlich spüren kann, dass sich etwas verändert) -- ich hatte sehr ätzende Nächte.
    Geschwitzt wie blöd; Alpträume; x-mal aufgewacht, umgezogen. Musste zeitweise auf einem Handtuch schlafen, weil mein Bettzeug das nicht ausgehalten hat. Bäääh!... Es war --- gelinde gesagt -- echt ne Challenge.
    Aber eins habe ich schon nach der ersten schrecklich bescheidenen Nacht gemerkt--- selbst mit gefühlt keinem Schlaf und dreimal Umziehen war ich morgens nicht wesentlich fertiger als mit meinem sonst üblichen Kater.
    Entgegen meiner ersten Trinkpause haben die fiesen Nächte echt lange angehalten. Es hat bestimmt fast 2 Wochen gedauert, dass ich -- und jetzt Achtung:

    RICHTIG SUPER SCHLAFE!

    Ich wusste gar nicht mehr, wie das ist. Durchschlafen, normal träumen, morgens mit so einem wohligen Gefühl des Verschlafen-Seins aufwachen. Wisst Ihr, die Ihr noch trinkt -- so als Kind -- so richtig wohlig, kuschlig aufwachen.....

    Keine Ahnung, wie es anderen geht, die trinken -- bei mir war es die letzten Monate (oder Jahre? Hmm...) so, dass ich ange-/betrunken eingeschlafen bin und morgens teilweise zu unmöglichen Uhrzeiten wach wurde -- mal um 4, mal um 5 und dann mein Blutdruck irgendwie schon oben war. An Weiterschlafen kaum zu denken, obwohl ich elends-kaputt war. Toll. Und dann richtig fertig zur Arbeit dappeln.
    In der "End-Zeit" war es dann sogar so, dass ich am Wochenende teilweise schon wieder was zu den unmöglich frühen Aufwach-Zeiten getrunken habe, in der Hoffnung, dann wieder einschlafen zu können.
    Was mir eher nicht so gelang. Und dann war der Tag im Eimer. Manchmal hab ich mich auch zum Schlafen bringen können und war dann ab mittags wieder ready. Mit nem sehr schlechten Gewissen und dem Gefühl, es schon wieder so richtig verk... zu haben.

    Das ist auch eins der schönen Dinge: Ich habe nicht mehr jeden Tag dieses schlechte Gewissen; das Gefühl, zu versagen; schlecht zu sein.
    Das, was ich typischerweise jeden Morgen hatte mit dem mal mehr, mal weniger ausgeprägten Wunsch, es an diesem Abend endlich zu lassen. Was natürlich nicht gelang. Und die Schleife geht weiter. Am nächsten Morgen wieder das dumpfe schlechte Gefühl. Warum hab ich´s nicht einfach gelassen? Heute abend aber echt jetzt.

    Das Ego leidet darunter nicht zu knapp. Das weiß ich erst jetzt so richtig, seit ich nüchtern bin und feststelle, dass viele von diesen miesen Gefühlen einfach verschwunden sind. Nur, weil ich nicht mehr trinke!
    Natürlich finde ich mich jetzt nicht total super und natürlich sind alle meine Probleme noch da. Aber ich bin total schockiert / überrascht, dass ein Teil dieser dauernd schlechten Gefühle tatsächlich scheinbar nur konsumbedingt sind. Ich meine -- ich habe nicht mal einen Monat rum -- und meine Psyche wird schon (ein bisschen) eine andere?

    Oh-- soooo spät schon?
    Ich wünsche Euch allen eine schöne und erholsame Nacht und einen guten Schlaf!
    Schlaf ist spitze! :)

    Ach so --- ich kann mich übrigens auch einreihen: ich hab abends so übel Lust auf Süßkram... Und ich mochte jahrelang nichts Süßes mehr. Grrrr. Fieses Zeug. Ich habe sogar die Osterhasen gekillt -- das hätte ich früher nieeemals runtergekriegt.... WTF?? Das muss ich irgendwie wieder eindämmen, sonst wird der nächste Zahnarztbesuch unerfreulich...

    Liebe Grüße

    Mala

  • Hallo Mala,

    schön, daß du hier bist! Noch schöner ist, wieviel Tage du schon OHNE lebst - sind es nun 25 oder 26? Egal, jeder Augenblick zählt und du scheinst noch einige Augenblicke vor dir zu haben :) Es liest sich schön, was du schreibst. Da möchte ich mich doch MieLa gleich anschliessen und sage: "... die Idee mit dem Roman finde ich prima :lol: ..."

    Ich freue mich, dich weiter hier zu lesen!

    Viele Grüße

    Peter


  • Was du da schilderst sind typische Entzugserscheinungen, sei eher dankbar, dass nicht mehr passiert ist, kann auch mal in die Hose gehen.

    Der Rest: Schreibe dir das auf, hebe die Anfangseuphorie auf und trage sie mit dir :) es sind unglaublich schöne Gefühle, es wird auch schlechte Zeiten geben, da hilft es manchmal sich an die Zeit zu erinnern.


    Hast du dir mittlerweile nochmal Gedanken zur Suchthilfe gemacht? SHG oder Therapie? (ich habe da eine Hörbuchreihe aus dem Buch "Lieber schlau als blau" im Kopf) Einfach mal hingehen sich anhören evtl auch mal mit denen Reden ... mir hat das unglaublich geholfen und zumindest statistisch hilft das ;)
    Therapie muss auch nicht immer stationär sein ich habe zum Beispiel eine ambulante Therapie gewählt, 1-2 Abende die Woche, sonst normal arbeiten ... hilft mir immer noch grade weil der Therapeut auch recht gut auf mich eingehen kann und mir Baustellen zeigt an denen ich arbeiten kann und zum Teil auch schon Ideen zum WIE hatte.
    Und ob ich nu 2x die Woche Abends in der Stadt bleibe nach der Arbeit .... das ist ein großer Gewinn für mich und schränkt mich kaum ein es ist Zeit die mir gut tut, und die nehme ich gerne.

    Grüße

    Barthell

    Train to survive

    survive to train

  • Hallo Mala, ich hab gerade alles von Dir durchgelesen. Das was Du geschrieben hast... ich hab mich völlig zurück gesetzt gefühlt in die Zeit, in der es mir exakt genau so ging. Wie oft man sich vorgenommen hat, es ab „heute“ sein zu lassen und abends hat man doch wieder da gesessen. Was das alles mit der Psyche gemacht hat. Schrecklich!

    Sei froh, dass Du das los bist. Ich bin es auch :)

  • Guten Abend, die Herrschaften! :)

    Danke für Eure interessierten und vor allem interessanten Beiträge.

    Ja, Cadda, ich hab irgendwie das Bedürfnis, aufzuschreiben, wie es so ist, mein Saufen. Damit ich es für mich wieder lesen und mich hoffentlich in vollem Ausmaß erinnern kann, wenn ich mal einen Moment habe, in dem ich vielleicht zu übermütig werde.

    Und Barthell - in der Tat habe ich das noch auf meiner To Do-Liste. Eine Live-Gruppe. Aktuell schaffe ich das zeitlich nicht, aber ich habe die dunkle Ahnung, dass das in einer anderen Phase als dieser - und die wird sicherlich bald / irgendwann mal kommen - gut sein könnte, jemandem in die Augen gucken zu können...oder zu müssen... ;)

    Eine Therapie mache ich schon. Verhaltenstherapie. Seit einigen Monaten. Allerdings nicht mit Sucht-Schwerpunkt; aber mit Schwerpunkt Ich-Stärkung, was ich als Basis zur Überwindung von Sucht sehe. Ohne die Therapie wäre ich heute nicht da, wo ich gerade bin.

    Bei aller Euphorie-
    Ich habe eine Riesenangst, dass ich das irgendwann alles zu locker nehme, dass ich in 2 Monaten doch denke: ach komm, hast doch alles im Griff- willst Du jetzt wirklich immer Alkoholikerin sein? Unsinn... Das bist Du nicht. Ist doch jetzt alles gut.

    Oder ich wieder so verzweifelt bin, dass ich alles hinschmeiße und das tue, was ich gut kann. Wenn der Schmerz von Außen auf Dich einprasselt, tu Dir selbst weh. Das ist berechenbarer.
    Und es mir dann richtig übel gebe.

    Übrigens hatte ich diese letztere Situation bereits zweimal während meiner nüchternen Tage.
    Ich nenne das ab jetzt Wut-Trinken. Ich war so wütend, verletzt und verzweifelt (jaja, Beziehung, so ein Mist, das schaffen nur ganz nahe Stehende bei mir...), dass ich einfach nur trinken wollte. Beim ersten Mal durfte ich Aurora all meine Gedanken aufschreiben. Das hat so geholfen und mich über die Situation gerettet. Beim zweiten Mal war ich Spazieren und musste alleine damit zurecht kommen.

    Ich hab dann aber - und das ist neu - versucht, das, was gerade so über mich reinbricht, zu fühlen. Und zu benennen. Ja, ich war wütend und traurig und enttäuscht und so. So Gefühle, die ich sonst eher nur in einem großen Wust gemischt erlebe und nicht wirklich zulasse. Es sei denn ich bin betrunken und bekomme nen Wutanfall oder Heulkrampf.

    Und dann kam der Gedanke-- wenn ich doch auf DEN sauer bin-- warum will ich mich dann noch mehr quälen? Nee, will ich nicht.
    Damit war das Thema (für dieses Mal) durch. Schön. :)

    Aber -- kein Grund zum Entspannen-- ich muss ganz schön aufpassen auf mich.

    Danke, Aurora -- es ist ein Mich-Kennenlernen! Weiter geht´s...

    Liebe Grüße

    Mala

  • Liebe Viola-- entschuldige, ich habe mich verschrieben; der letzte Satz war doch an Dich gerichtet... :(
    Ich wünsche Dir einen schönen Abend; naja, eigentlich schon eine gute Nacht.
    Ich wurde eben freigeschaltet und habe viel zu lange gelesen. :)
    Liebe Grüße
    Mala

  • Guten Morgen, liebes Forum,

    das Wetter ist heute wieder schöner, ich hoffe, das hebt meine Laune etwas.

    Im Moment machen mir meine Beziehungen etwas zu schaffen. Ich weiß, ich habe schon gelesen, es ist normal. Dass wenn man sich verändert, das natürlich auch Einfluss auf die Beziehungen hat, die man zu Menschen hat.
    Schwierig ist es trotzdem. Partnerschaft, Freundschaft - vieles fühlt sich gerade nicht richtig an. Dass mir Dinge nicht gefallen oder gut tun, die ich vorher gar nicht mehr gesehen habe. Oder nicht gespürt habe.

    Ob das jetzt ein Prozess ist und ich Wege finden kann, wie ich innerhalb der Beziehungen zufriedener werde oder ob diese Beziehungen vielleicht einfach nicht gut tun, weil sie nicht gut für mich sind als solche kann ich einfach gerade nicht unterscheiden. Es fühlt sich nur irgendwie falsch an. Und löst bei mir einen inneren Drang nach Veränderung aus. Da ich aber keine wirklichen Werkzeuge zur Hand habe, wie ich das innerhalb der Beziehungen ändern kann, würde ich am liebsten gerade alles beenden, was nicht gut tut.
    Das ist heute nur eine Momentaufnahme, ich bin sicher, ich werde auch wieder konstruktiver. Wünscht mir Erfolg. :)

    Nachdenkliche Grüße

    Mala

  • Liebes Forum und alle, die noch nicht angemeldet sind,

    am 23.05. kann ich anfangen, in Monaten zu rechnen... gar nicht mal so schlecht!! :)

    Mir geht es körperlich eigentlich ziemlich gut insgesamt. Ich schlafe immer noch richtig gut und wache manchmal sogar - ausgeschlafen- vor dem Wecker auf.
    Auch komme ich grundsätzlich besser mit dem Verbringen meiner Freizeit zurecht. Ich langweile mich nicht mehr so bzw. bin nicht mehr so unruhig, was als nächstes zu tun ist.

    Bislang bin ich ja von einem To-Do zum nächsten gejagt; ich muss noch, und dann, und das noch schnell, um dann danach irgendwann die Erlösung in der "totalen Entspannung" zu finden. Mittlerweile fange ich an, zu merken, was wirkliche Entspannung ist.
    Und kann einfach auch mal nichts machen. Die ersten Tage bin ich ständig in der Wohnung hin und hergetigert, weil das abends "nur" auf der Couch sitzen langweilig, unbefriedigend, fast unnatürlich war. Trotz voll gepacktem Arbeitstag, einkaufe, aufräumen etc vorher.
    Mittlerweile geht es besser. Und ich kann allmählich auch unterscheiden, ob ich eigentlich chillen möchte und mache es dann auch oder ob ich eigentlich Aktivität bräuchte, die ich dann suche. Vorher war beides nicht mehr spür- / unterscheidbar. Alkohol hat alles gedeckelt, was an eigentlichen Bedürfnissen da war.

    Wobei mir auffällt, dass bei mir immer noch regelmäßig mal Unruhe aufkommt. Dieses akut nichts-mit-sich-anfangen-können.
    Dann gehe ich eine rauchen. Relativ oft am Tag. Das stört mich schon langsam etwas. Ich rauche mehr als früher und weiß nicht so ganz, wie ich der ganzen Sache Herr werden soll. Vielleicht ist das jetzt auch etwas viel auf einmal. Merke jetzt, da der Alk aus dem Körper ist, dass einiges an Angespanntheit und Unwohlsein wohl tatsächlich von den Kippen kommt.
    Aufhören ist aber aktuell noch nicht drin. Würde aber gerne öfter wirklich ganz entspannt sein können, ohne wieder ne Fluppe anzünden zu müssen/wollen.
    Weil Müssen mag ich nicht mehr!

    Innerlich ist es so durchwachsen. Aber immerhin bin ich zwischendrin sogar wieder richtig fröhlich; heute morgen sogar einen Moment richtig glücklich-- dafür lohnt es sich schon!!! Ich halte mir diese Momente innerlich hoch, wenn der negative Kram an mir zerrt. Und das macht er aktuell leider schon recht gerne. :(

    Schöne Pfingsten an alle!!

    Mala

  • Liebe Mala

    das ist schön, dass du das müssen nicht mehr magst.
    Sei geduldig mit dir, und denke daran, welch eine lange Zeit du mit dem Alkohol verbracht hast. Da braucht es auch seine Zeit, neue Gewohnheiten und neues Tun und lassen ein zu üben. Das kommt schon noch, mach einfach in deinem Tempo weiter.

    Dir auch noch schöne Feiertage, LG Viola

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Liebe Viola,

    danke für Deinen lieben Worte. Du hast recht. Soviele Jahre. Das braucht seine Zeit. Ich entdecke auch meine Ungeduld wieder. Das bin auch ich. :-))

    Ich wünsche Dir einen schönen und ruhigen Abend,

    Mala

  • Liebes Forum,

    ich kann ab heute in Monaten zählen! Der erste Monat ist geschafft!
    Es war zwar eine große Überzeugung in mir, aufzuhören, aber so ganz hab ich mir - vor allem in den ersten Tagen - nicht über den Weg getraut. Und war nicht sicher, ob ich es überhaupt bis hierhin schaffe.

    Dass ich nicht gleich wieder umgefallen bin und das ganze Elend ganz schnell von neuem losging, habe ich auch Euch zu verdanken.
    Es tut so unglaublich gut, zu wissen, dass Ihr da seid! Dass Ihr wisst, worum es geht. Dass Ihr ermutigt, ermuntert und aufbaut! Dass man auch in kriselnden Situationen ein offenes Ohr findet und zu seiner eigenen Stärke zurückfinden kann.

    Ich wünsche mir sooooo sehr, dass ich immer weiter "wollen" werde und es weiterhin schaffe. Ich weiß ja, wie schnell es geht, wieder aufzugeben.

    Und ich will nicht mehr aufgeben.
    Weder mich, noch mein Leben, noch meine sich langsam wieder entwickelnden Träume.

    Ich will nicht mehr aufgeben, dass ich abends natürlich müde werde, dass ich nachts durchschlafe, dass ich merke, wenn ich sauer werde und nun sogar manchmal weiß warum und dann gleich was sagen kann, statt es in mich hineinzufressen.

    Ich will nicht mehr aufgeben, dass ich mir langsam wieder etwas zutraue, dass ich mich nicht mehr dauer-schäme, dass ich keine Supermärkte mehr wechseln muss, kein Altglas mehr wegbringen muss, mit allen Nachbarn zu jeder Zeit sprechen kann, zu jeder Zeit mit dem Auto fahren kann. Ich will nicht mehr aufgeben, dass ich nicht mehr überlegen muss, ob ich genug zuhause habe; dass ich mich nicht mehr ärgere, doch an der teuren Tanke noch was nachkaufen zu müssen.

    Ich will nicht mehr aufgeben, dass ich anfange, meinen Körper und meine Gefühle zu spüren.

    Ich will auch nicht mehr aufgeben, dass ich mich mit jedem treffen kann, wenn ich das möchte und nicht wieder absagen muss, weil ich getrunken habe oder trinken werde.

    Ich will nicht mehr aufgeben, dass ich nicht mehr total ausraste und mich meiner Emotionen schämen muss; denn diese übertriebenen Gefühle sind nüchtern ganz anders und nicht mehr so uferlos! Und: ich platze auch nüchtern, wenn mich was aufregt! Das war gar nicht der Alk! Das bin ich! Und ich finde das gut! Und ich rege mich lieber gleich auf, als alles zu dämpfen, bis es total eskaliert. Und ich beruhige mich auch viel schneller. Und kann auch schneller wieder lachen oder mal die Komik in einer Situation sehen.

    Und ich will wissen, wie das weitergeht. Ich fange an, meine Gedanken schweifen zu lassen. Es bilden sich leise, zarte Ideen, was mir Spaß machen könnte, was ich am Leben eigentlich gut finde, was ich gerne noch machen würde.
    Es kommt wieder, obwohl ich lange dachte, da wäre nichts mehr. Tot. Leer.
    Das will ich nicht mehr aufgeben. Und zu wissen -- Joaaah... Da bin ich und ich bin gar nicht mal verkehrt!
    Manchmal finde ich mich sogar richtig gut!

    Bei allen Schwierigkeiten, die sind und die kommen werden: so habe ich mich lange nicht mehr gefühlt. Und wusste auch nicht mehr, wie das ist. Und es ist manchmal wirklich nicht leicht, mit mir und allem klar zu kommen. Aber es ist anders schwerer gewesen...

    Passt alle gut auf Euch auf und habt einen schönen Abend!

    Liebe Grüße und bis bald

    Mala

  • Hallo Mala ,
    gefällt mir sehr, wie du deine erste Zeit erlebst und beschreibst.
    Mein Lieblingssatz davon ist:
    "Ich will wissen, wie das weiter geht ".

    Erinnere mich an viele ähnliche Gedanken.
    Mein Erleben war anfangs auch sehr verdichtet, alles war positiv aufregend.
    Gleichzeitig war ich sehr kritisch und konnte mich durch die Infos hier gut "abgleichen " wo ich denn stehe.
    Ach wie schön, wenn der Nebel sich langsam lichtet.

    Gruß taxi

  • Hallo Mala!
    Unruhige Zeiten hatte ich auch in "meiner ersten eigenen Wohnung allein"! Nach meinem Auszug nach über 34 Jahren Ehegemeinschaft. :roll: Da half mir mein Hund, und dann entdeckte ich wieder meine Kreativität. Unruhe am Abend oder zwischendurch - gab es nicht, da ich ständig etwas zum Häkeln, Stricken, Filzen.... hatte. Einmal die Woche ging ich in einen Aquafitnesskurs. Fest angemeldet! Ohne zu Schwänzen. Struktur. Dazu gehört immer noch der Besuch meiner SHG, einmal im Monat. Und mit der Ältesten daraus ( es war auch meine erste Ansprechpartnerin) hält mich eine gute Freundschaft, und wir unternehmen öfter etwas zusammen.
    Es ist wirklich etwas Anderes, sich gegenüber zu sitzen, und von seinen eigenen Problemen zu reden. Seine eigenen Fehler auch einmal vor anderen hinzulegen, damit rechnen zu müssen, dass sie zerpflückt und erkannt werden. Aber mir war es auch immer wieder eine Hilfe, die anderen Meinungen zu durchdenken, und mir das Wertvolle herauszuholen, das andere sahen ! Andere Perspektiven sind sehr oft wichtig!
    Manchmal empfand ich diese "Einmischungen" sicherlich schmerzhaft! Ärgerte mich, "die haben ja keine Ahnung..", aber ich habe gelernt, Kritik zu durchleuchten und für mich Teile als Hilfe herauszukristallisieren.. So oder so.
    Aber das Aussprechen und die lange Zeit, die wir miteinander verbringen, hat uns zu einer festen Gruppe geschweisst, in der Menschen sind, die ich im Notfall anrufen kann, die mir Soforthilfe geben können. Und natürlich umgekehrt auch!
    Ich möchte sie nicht missen!
    Jetzt - nach 1 1/2 Jahren - fühle ich mich frei, auch mal etwas völlig Sinnloses zu machen. Oder neue Wege zu gehen.
    Habe auch nach langer Abstinenz wieder eine Häkelarbeit begonnen. :D
    Der alte Spruch ist immer noch gültig: Wer will findet Wege - wer nicht will findet Gründe.
    LG Gotti

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Du hast es für mich genau auf den Punkt gebracht, Mala. Gerade das mit dem nicht mehr schlafen können, habe ich auch so empfunden. Ich wünsche dir alles Gute, Mala.

  • Hallo liebes Forum!
    Es waren bewegte Wochen, die hinter mir liegen. Ganz viel Neues, viel Altes, viel Stress und vor allem das Erleben, wie ich damit jetzt so umgehe.
    Ich habe hier wenig geschrieben und kaum gelesen, weil mir die Zeit fehlte und ich habe mich darauf gefreut, heute Abend endlich mal wieder Zeit für mich zu haben und wieder zu schreiben.

    Gotti, wie wahr. Vielen Dank für Deine Worte! Das hört sich großartig an. Ja, es ist wichtig, jemanden zu haben, bei dem man aufrichtig sein kann und der versteht, was los ist. Das fehlt mir ein bisschen. Das habe ich aktuell hauptsächlich hier. Das mit einer realen Gruppe habe ich auch noch auf meinem Zettel...

    Kabut, ich muss bald mal bei Dir lesen! Ich wünsche Dir auch alles Gute!

    Es sind nun fast 1,5 Monate, die ich frei leben kann.
    Ich hatte auch seltene Momente, in denen ich wieder etwas trinken wollte. Vor allem in den letzten Tagen. Ich habe gemerkt, an was es lag. Es war Überforderung.
    Und mein Wunsch, einfach tatsächlich ganz abzuschalten.
    Da half mir wieder, den Gedanken zu Ende zu denken. Dass ich nicht abschalten werde; zumindest nicht so, wie ich mir das wünsche. Ich kann ja keinen kurzzeitigen Hirntod einleiten. Ich bin dann nur betrunken. Und am nächsten Tag wieder verkatert und das Spiel geht dann ziemlich sicher wieder weiter.

    Ich merke auch, dass Ihr hier mit der Risikominimierung goldrichtig liegt.
    Es macht mir im ersten Moment nichts aus, an all den Straßencafés in der Stadt vorbeizugehen; sämtliche Leute beim Feierabend-Bier zu sehen. Beim Chillen/Grillen im Park. Im ersten Moment. Und dann schleicht sich etwas Kleines in mein Hirn. Ich habe dann Gottseidank keinen Saufdruck, aber es ist etwas da, was ich mit Darüber-Nachdenken wieder verbannen muss. Und das wäre ohne diese Impulse von Außen gar nicht da. Gerade jetzt in der Sommerzeit kann ich gar nicht vermeiden, ständig an Alkohol und alkoholtrinkenden Menschen vorbeizukommen. Tja, unglaublich, wo und wieviel in so einer großen Stadt überall ständig getrunken wird.
    Es ist für mich nicht zu vermeiden. Ich fänd es aber netter für mich, wenn ich nicht unnötig mehr Arbeit leisten müsste und die Impulse einfach per se weniger wären. Aber gut.

    Sonst läuft es wirklich ganz gut. Außer, dass ich im Moment ständig müde bin. Ich würde so gerne sooooo viel schlafen. Schlafen schlafen schlafen. Der Schlaf ist auch mega-toll. Ich schlafe wie ein Stein. Und kuschelig.
    Ja, ich weiß - ich schreibe so oft vom Schlafen. Es ist halt einfach immer noch so mega-gut, ich feiere das immer noch! :)

    Ich merke, dass ich insgesamt besser auf mich achte. Ich nehme mehr wahr, wann mich etwas nervt und kann mich auch mal abgrenzen. Ich sage auch öfter, wenn ich etwas nicht möchte. Bisher habe ich einfach funktioniert. Es durchgezogen. Gar nicht wirklich darüber nachgedacht, warum ich mich jetzt so abhetzen sollte für etwas, was mir persönlich vielleicht gar nichts bringt.
    Und ich mache mich auch aktuell nicht mehr so verrückt-- ja mein Gott -- dann wasch ich halt morgen Wäsche. Und? Und putzen kann ich auch wenn ich tot bin. Keine Sorge, sieht alles noch schick aus bei mir... :) Aber wenn ich mal keine Lust habe, dann mach ich halt einfach nichts.

    Vorhin saß ich auf der Couch und dachte: man, ist das Leben gerade schön!

    Wie oft habe ich das das letzte Jahr gedacht? Die letzten Jahre? Nicht so arg oft. Nicht aus tiefster Überzeugung. Und ich kann es wieder fühlen.

    Gleichzeitig bin ich öfter genervt. Ich entwickle gerade Widerwillen gegen das Arbeiten an sich... lol... Warum bei diesem Traumwetter im Büro sitzen? Wozu?
    Es macht mir etwas Sorgen, dass sich langsam wieder diese Sinn-Fragen stellen.
    Wenn ich ehrlich bin, habe ich diese lange vermieden. Und musste sie mir in all den Jahren des Zudröhnens auch nicht mehr stellen. Ich habe funktioniert. Und mich danach weggeschossen. Kein Platz, keine Zeit für Sinn.
    Jetzt fange ich an, mir Fragen zu stellen, auf die ich aktuell noch keine Antworten weiß.
    Ich weiß nur, dass ich viel zu sicherheitsbewusst bin, was Finanzen etc. angeht, um jetzt einfach das machen zu können, wozu ich Lust habe. Deshalb machen mir diese Gedanken etwas Sorgen.
    Ich versuche, sie einfach ganz leicht auf mich zukommen zu lassen. Nicht voreingenommen zu sein und nicht gleich Panik zu kriegen. Muss ja morgen nicht Aussteiger werden und in den Himalaya zur Sinnsuche steigen...
    Aber klar-- wenn ich das mit dem Büro-Gehocke eigentlich vielleicht nicht so gut finde.... Dann muss ich, wenn ich mir ein schönes Leben machen will, vielleicht auch über einen anderen Weg nachdenken.
    Aber noch nicht heute. Gemach, gemach.... :) Gottseidank. :)

    Mir ist noch etwas klar geworden: ich könnte jederzeit genauso weitermachen, wie ich aufgehört habe. Ich könnte morgens trinken, wenn ich nicht zur Arbeit muss, ich könnte den ganzen Tag trinken, ich könnte nach einem Kater direkt weitertrinken.
    Das, was mich hält, ist meine Haltung, dass ich nicht trinken will und dass ich so nicht mehr leben will. Und der Gedanke, wie es mir damit ging und gehen wird.

    Ich bin sowas von am Anfang; es wird dauern, bis ich Distanz zwischen mich und dieses alte Muster gebracht haben werde. Auch wenn ich mich schon manchmal so fühle, als sei das eine Millionen Jahre von mir entfernt, dieses besoffene Leben.

    Noch was: ich seh noch besser aus... :-))) Guck mich wieder bewusster im Spiegel an. Und die Sommerfarbe ist auch nicht hinderlich. Gott - ich habe noch vor 1,5 Monaten gar nicht mehr richtig hingeguckt, wenn ein Spiegel vor meiner Nase war.

    Ich sehe langsam wieder mich!

    Euch allen einen wunderschönen lauen Sommerabend,
    liebe Grüße

    Mala

  • Mala, nur kurz, da vom Handy:

    Danke für Deinen erfrischenden Bericht gestern Abend :-
    Ich habe das Gefühl, Du schreibst einfach drauf los und viele Gedanken kommen mir bekannt vor. Du wirkst auf mich wirklich unglaublich sympathisch, das wollte ich mal kurz loswerden :)

    „Man ist das Leben gerade schön“.... Ja!!! Das denke ich auch erst jetzt wieder, zu Saufzeiten nicht mehr so bewusst.

    Das Leben ist wirklich schön. Und wenn man so gut aussieht, lässt Dich auch das „Büro-Gehocke“ leichter ertragen :D

    Aber nun erstmal ein schönes Wochenende....

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