Vor einer Woche hat sich mein Mann das Leben genommen. Es tut so weh. Wann hört dieser Schmerz auf? Meine Schuldgefühle lähmen mich. Ich schlafe nur noch bei Licht.
Die Hälfte meines Lebens habe ich mit ihm verbracht. Kinderehe nennt man es, wenn man als Teenager (ich 19, er 20) zusammen gekommen ist. Die letzten Jahre unserer Ehe waren getrübt durch seine Alkoholsucht. Die letzten Wochen waren so schlimm, dass ich nun fest den Entschluss fasste, mich zu trennen. Wir waren wandern, er hat es keinen Kilometer geschafft. Ich habe weinend den Heimweg genommen. Bei jedem Streit hat er sich extrem betrunken und oft erbrochen. Ich hatte kein Mitleid mehr, keine Wut, nur noch Verachtung. Ich habe alle Annäherungsversuche abgeblockt, mich in mein Zimmer verzogen und ihm nicht mehr geantwortet. Ich wünschte, er würde einfach gehen, habe ich ihm ins Gesicht gesagt. Am letzten Abend wollte er sich kurz zu mir auf die Couch hinlegen und ich habe es nicht zugelassen. Seinen traurigen Blick werde ich nie mehr vergessen. Sein trauriger Gang. Ein paar Tage zuvor hat er mir mein Lieblingsessen besorgt und mein Auto komplett gereinigt. Ich war so undankbar. Ein kaltes herzloses Miststück. Es ist alles so furchtbar.
Er wusste, dass ich es nun ernst meine. Und er ist gegangen. Direkt beim ersten Mal hat er es geschafft, sich umzubringen. Ich musste die Feuerwehr holen, da er sich im Zimmer eingeschlossen hatte. Seit einer Woche durchleide ich Höllenqualen und wünsche ihn mir nur zurück. Immer diese Fragen. Hätte ich ihn besser unterstützen müssen? Warum musste ich so gemein sein. Er wollte sich doch nur kurz zu mir legen.
Noch nicht einmal einen Abschiedsbrief hat er hinterlassen.
Wenn ich ihm davor gesagt habe, dass ich ihn verlassen werde, hat er gesagt, dass er sich umbringt. Das ist so unfair. Er konnte mich doch nicht zwingen, so ein Leben weiterzuführen.
Er hat seine perfekte Rache. Dabei bin ich schon vorbelastet. Mein Bruder hat sich vor 10 Jahren das Leben genommen. Das hatte uns beide sehr mitgenommen. Und jetzt tut er mir das wieder an. Ich werde keinen einzigen frohen Tag mehr verbringen können.