meine Tochter trinkt …

  • Hi,

    ich bin Franzi und habe eine alkoholkranke Tochter.

    Kurz zu mir: ich bin Mitte 50, verheiratet, habe einen 35 jährigen Sohn und eine 32 jährige Tochter.

    Meine Tochter lebt noch bei uns. Sie ist schon einige Jahre krank und ich sehe keinen Ausweg.

    Ich bemerkte vor Jahren, dass es bei ihr mehr ist, als beim Durchschnitt. Sie leidet unter Depressionen oder hat diese, wie ich vermute einfach wegen dem Alkohol.

    Sie hat schon so viel Mist gemacht. Sie hat ihren Führerschein verloren, die Arbeit verloren, ihre Beziehung vor die Wand gefahren, aber sie lernt einfach nichts daraus. Ich wurde auch schon häufiger von der Polizei angerufen, dass ich sie abholen soll oder kann.

    Ich könnte mir auch denken, was soll’s, ihr Leben, aber es ist meine Tochter. Ich würde mir wünschen, dass sie abstinent ist und bleibt.

    Ich hatte mir dem Gedanken gespielt Ihr eine Frist zu setzen, sie ist alt genug und soll alleine wohnen. Aber ich bring es nicht übers Herz. Sie droht häufig sich etwas anzutun. Und ich traue ihr das auch zu, möchte nicht mit einem solchen Gewissen leben.

    Es ist auch nicht so als könnte sie nicht ohne. Für mich macht es den Eindruck als ging es ohne. Wenn sie zu Hause ist, und ich wohlgemerkt auch, dann trinkt sie nicht. Über Tage oder gar Wochen. Aber sobald sich ihr die Gelegenheit bietet und ich zum Beispiel arbeiten muss, komme ich nach Hause und sie ist alkoholisiert.

    Ich könnte vermutlich Bücher füllen. Möchte jetzt hier in der Vorstellung auch nicht zu ausführlich werden. Aber ich bin verzweifelt auf der Suche nach Rat, Tipps oder Vorschlägen. Am liebsten nach der Wunderrezeptur um meiner Tochter zu helfen, denn dann ginge es mir besser, aber die wird es nicht geben :(

  • Hallo Franzi.


    Willkommen im Forum,

    grade als Mutter(oder Vater) ist es unglaublich schwer die Kinder gehen zu lassen.

    DU hast ihr alles mitgegeben um erfolgreich im Leben zu sein.

    DU kannst ihr (leider) nicht helfen, das muss sie ganz allein tun, tut weh sie gehen zu lassen aber so ist es leider...

    was du tun kannst ist für DICH Grenzen zu setzen, mit 32 ist sie in der Lage alle staatlichen Hilfen in Anspruch zu nehmen, alle Betreuungsangebote wahr zu nehmen, wenn sie nicht will: ist das wie damals mit 16 ... nurt dass DU jetzt nichtmehr für sie verantwortlich bist! lebe DEIN Leben, tanke Kraft für DICH.

    Der Objektive Rat wäre sie vor die Tür zu setzen und sich ab zu schotten ... aber als Mutter denke ich... Unmöglich ....

    Aber einfach für dich: dein Alkoholiker säuft wenn er kann und irgendwann weil er MUSS... und er tut viel (incl. Androhung von Suizid) um weiter zu trinken ... wenn sie sich was antun will ist das ein Fall für 110/112 Akute selbstgefährdung dann MÜSSEN Rettungsdienst/Polizei sie in Gewahrsam nehmen(und du bist raus) und Sie ist sich des Drucks den sie auf dich ausübt sehr wohl bewusst oder nutzt ihn ...

    Wunderrezeptur gibts keine... ausser Lebenslang anketten und dann landest du in den Medien, sie ist alt genug, DEINE Verantwortung ist vorbei egal wie sehr sie dich unter Druck setzt.

    Ich kann leider keine "schöne" Darstellung wählen :( sondern dir nur ganz viel Kraft wünschen.

    Grüße

    Barthell

    Train to survive

    survive to train

  • Hallo und willkommen franzi,

    als Mutter, als Eltern, ist es sehr, sehr schwer mit einem alkoholkranken Kind zusammen zu leben.

    Ich hatte meinen ersten Mann, der Alkoholiker war (inzwischen ist er verstorben) und da fiel mir schon die Trennung sehr schwer. Bei einem Kind ist das noch mal eine ganz andere Hausnummer.

    Du kannst dich gerne für den Austausch in den offenen Bereichen freischalten lassen.

    Gehe oben in der blauen Leiste auf "Vorstellen" und dann auf "bewerben"


    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Ja es ist wirklich schwer.

    Ich handle sicher nicht so, wie ich es eigentlich tun müsste. Aber es ist meine Tochter und auch wenn ich eigentlich keine Pflicht mehr ihr gegenüber habe, so bleibt sie immer meine Kleine. Und ich möchte ihr gerne irgendwie helfen. Und wenn es nur das kleinste Fünkchen Hoffnung gibt, dann versuche ich es zu suchen.

    Ich kann es einfach nicht akzeptieren. Sie ist ein so guter Mensch, wenn sie nüchtern ist. Aber das lese ich von vielen betroffenen hier :(

  • Liebe Franzi

    Ich kann ein wenig erahnen, wie du dich „gefangen“ fühlst als Mutter deiner „Kleinen“. Ich habe eine Tochter Mitte 30ig, die exzessiv trank - Depressionen inklusive. Bei ihr waren zuerst die Depressionen da, resultierend aus einem grossen persönlichen Unglück vor 10 Jahren mit unsäglichem Schmerz als Folge, den sie zu Beginn mit Medi und viel Alkohol glaubte in Schach halten zu können, bis zum endgültigen Zusammenbruch. Seit ein paar Monaten, nach 2 heftigen Einbrüchen mit anschliessendem Klinikaufenthalt, ist sie aktuell recht gut unterwegs - jedoch ohne Gewähr.

    Wieso schreibe ich dir das alles - ich habe ja auch keine Wunderrezeptur, um meiner Tochter zu helfen. Auch will ich dir keinen Rat geben, denn dies ist eine zu leichtfertige Gabe an dich, in einer so „unmöglichen“ Situation. Einzig getraue ich mich einiger meiner Gefühlsmomente und Einsichten zu meiner Situation mit dir zu teilen.

    Wie du, trage auch ich das kleines Fünkchen Hoffnung für meine Tochter in mir und das wird nie erlöschen, bis ihr oder mein Lichtlein ausgeht. Ich werde immer versuchen, sie auch in aller Ausweglosigkeit zu unterstützen; soviel ist mir mittlerweile gewiss, auch wenn ich ein „Kopfmensch“ bin.

    Es waren die schier endlosen Gespräche über immer das Gleiche mit meiner Frau, die als ihre Mutter noch eine ganz andere Last zu schultern hat, die mir in den grauenhaftesten Momenten geholfen haben.

    Die Ursache für das ganze Schlamassel, so glaube ich, war für meine Tochter ein vermeintlich persönliches Versagen ihres Körpers, das sie sich und ihm nie verzeihen wird. Ihr ist dabei ihre Eigenliebe abhanden gekommen. Lange konnte sie nicht alleine sein; eine Hilfe scheinen rückblickend die vordergründig fruchtlos scheinenden Gespräche und das schier endlose gegenseitige Anschweigen zu sein. Letztendlich Sinn und Kraft, um weiter zu machen, hat sie durch die Liebe ihrer Kinder erfahren. Heute will sie mit mir nicht mehr über ihre dunkle Zeit sprechen - zuerst ging sie voll auf Distanz, in letzter Zeit geschieht eine sachte Annäherung über belanglose Dinge und die Kinder.

    Was ihr hilft ist die bedingungslose Liebe ihr Kinder.

    Was ihr schadet sind sind die einsamen Momente - sie kann nicht alleine sein.

    Quintessenz - ich werde nie mehr frei sein, denn ich werde niemals ganz Nein sagen zu meiner Tochter oder sie komplett fallen lassen, komme was wolle - mein Preis ihr Vater sein zu dürfen.

    Meine Ausführungen sind dir wohl kaum eine Perspektive oder ein Trost, aber vielleicht nur - vielleicht hilft es ein wenig - dass du nicht alleine bist mit einem Gefühl, wehrlos gefangen und gleichwohl innig verbunden zu sein mit einer Tochter - für immer.

    Gruss Ste

  • Danke für deinen Beitrag Ste,

    ja es ist zum Verrückt werden. Ich dachte sie wäre schon am Boden, ganz unten angekommen. Sie hat vor kurzem den Führerschein verloren, wurde mit 2,4 Promille angehalten. Allein die Vorstellung, Wahnsinn.

    Sie hatte die Kurve bekommen, so dachte ich. Hatte einen neuen Job und war durch die 6 Monatsgehalts Probezeit. Rückfälle gab es an Wochenenden, bzw. Abstürze … dann begann sie auch wieder in der Woche zu trinken, auch in der Arbeit, wo sie dann Heim geschickt wurde. Jetzt ist sie schon ca. 8 Wochen „krank“ geschrieben. Ob man in ihrer Arbeit weiß was Sache ist, ich bezweifle. Sie denkt an eine Wiedereingliederung, aber das schafft sie niemals.

    Ihren Freund hat sie ebenfalls vor kurzem verloren. Sie trauert ihm sehr hinterher, macht sich noch Hoffnungen. Aber Alkohol war der Grund, warum er sie nach unendlich vielen Eskapaden hat sitzen lassen.

    Und trotz all dem, macht sie weiter. Ich weiß es ist eine Krankheit, jeder Apell an ihre Vernunft ist vergebens. Aber ich kann nicht loslassen.

    Wenn sie das Haus verlässt, da bin ich mir sicher, holt sie sich immer etwas zu trinken.

    Jetzt ist sie gerade wieder los. Sie wird sich wieder irgendwo betrinken. Sie wollte zu ihrem Ex. Bisschen quatschen. Vorher vermutlich Mut antrinken. Um nachher wieder die komplette Kontrolle zu verlieren. Mein Mann und ich sitzen zu Hauye, angespannt und voller Sorgen, wie diese Nacht endet. Meldet sich heute wieder die Polizei? Liegt sie irgendwo im Krankenhaus weil jemand den Notruf alarmiert, wenn sie irgendwo volltrunken auf der Straße liegt? Oder ist sie nachher wieder so frustriert, dass sie mir schreibt, dass sie sich das Leben nehmen möchte?

    Mein Mann wird sie nachher sicherlich wieder suchen und die bekannten Adressen abfahren. Er bringt sie dann, widerwillig nach Hause oder sie ist schon so voll, dass sie das gar nicht mehr richtig mitkriegt.

    Zu Hause kann es dann im Streit eskalieren oder sie legt sich direkt schlafen. Ich nehme ihr dann all den Alkohol weg und schütte alles weg. Wenn sie einigermaßen nüchtern aufwacht, akzeptiert sie das und bleibt dann völlig deprimiert in ihrem Zimmer. Oder sie ist noch so stark alkoholisiert, dass sie Stress macht.

    Gefühlt dreht sich mein Leben nur noch um sie. Ich verlasse das Haus am besten nur mit ihr, damit sie nicht die Gelegenheit hat, sich etwas zu holen. Verlässt sie das Haus ohne mich, drehen sich meine Gedanken wieder darum, was sie tun könnte. Ich kann nichts planen. Ist sie am Abend vorher unterwegs ist der nächste Tag gelaufen. Lasse ich sie allein, habe ich sorge um sie. Und auch um die Wohnung, schläft sie betrunken ein und lässt etwas auf dem Herd stehen?

    Einerseits wäre es richtig, sie rauszuwerfen. Aber ich hätte dann keine Ruhe. Und tut sie sich dann etwas an, würde mich das bis an mein Lebensende verfolgen. Aber klar ist, so kann es auch nicht weitergehen. Mein Mann und ich gehen an diesem Terror kaputt. Und es gibt gefühlt keinen Ausweg. All Ihre Versprechen sind leere Worte.

    Ich wüsste nicht, was passieren soll, dass es Klick macht. Gefühlt bringt sie jedes Tal nur noch weiter da rein …

  • Verfolgen tut es euch ja eh schon. Den eigenen Suizid androhen & anderen sie Schuld dafür in die Schuhe zu schieben anzumerken, ist bei Alkoholikern offenbar recht beliebt.

    Aber selbst da gilt: Keiner windet ihr den Strick um den als sie selbst.

    Genauso wie keiner ihr die Flasche an den Hals setzt. Das ist ihr Tun, ihre Entscheidung & es ist höchste Zeit zu lernen, auch ihre Verantwortung.

    Hat eure Tochter eigentlich jemals außerhalb des Elternhauses gelebt?

    Höchste Zeit also für einen Kurswechsel, Ziel ruhiger Lebensabend.

    Eine Maßnahme, die mir ganz spontan einfällt: Sollte T. wieder irgendwo besoffen aufgesammelt werden, kommt keiner, sie abzuholen. Soll sie in die Ausnüchterungszelle.

    Das liest sich erst 1x ziemlich brutal, aber ihr werdet alle etwas davon haben: Ihr lernt, nicht länger das Saufleben von T. mitzuleben,

    T. lernt, dass es keinen mehr geben wird, der sich ihre anmaßende Vereinnahmung wird gefallen lassen.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • ja es ist zum Verrückt werden. Ich dachte sie wäre schon am Boden, ganz unten angekommen. Sie hat vor kurzem den Führerschein verloren, wurde mit 2,4 Promille angehalten. Allein die Vorstellung, Wahnsinn …

    • Einerseits wäre es richtig, sie rauszuwerfen. Aber ich hätte dann keine Ruhe.
    • Und tut sie sich dann etwas an, würde mich das bis an mein Lebensende verfolgen.
    • Aber klar ist, so kann es auch nicht weitergehen. Mein Mann und ich gehen an diesem Terror kaputt. Und es gibt gefühlt keinen Ausweg.
    • All Ihre Versprechen sind leere Worte.
    • Ich wüsste nicht, was passieren soll, dass es Klick macht.

    Liebe Franzi,

    deine Zeilen machen den ganzen Wahnsinn, die schiere Ausweglosigkeit förmlich fühlbar - ich würde euch so gerne helfen, aber ich kann es nicht.

    Was in eurer Situation nun das Richtige oder das Falsche ist, das kann sich meiner Meinung nach nur danach richten, was dir und deinem Mann hilft nicht daran kaputt zu gehen, davon hat niemand etwas - auch nicht eure Tochter.

    Auch meine Tochter konnte kaum ein Versprechen halten oder sie wollte/konnte sich an diese nicht mehr erinnern - eben, leere Versprechungen. Aber es waren nicht unbedingt leere Worte. Oft schwang eigene Enttäuschung und Verzweiflung in ihrem Gestammel mit, die plötzlich in offene Aggression kippen konnte … und wieder zurück. Sie offenbarte dabei, wie grauenhaft unglücklich sie war, dass sie ihr ganzes Dasein als völlig sinnlos erachtete - eine Last für all ihre Liebsten, die durch einen stillen Abgang entlastet wären.

    Vermutlich hat es bei ihr rund um den 2. Klinikaufenthalt Klick gemacht. Einerseits durch die Ärztliche Hilfe und die Schicksale anderer Patienten, oder etwas krasser ausgedrückt, die traurige Biografien von Stammgästen; andererseits der neu erwachte Lebenssinn, die Sehnsucht nach Eigenverantwortung und Freiheit für sich und ihren Kids.

    Mittlerweile glaube ich, es ist die Sinnhaftigkeit unseres Tuns, die uns in der Spur hält und uns zufrieden machen kann. Das gilt nicht nur für meine Tochter, das gilt auch für mich und wahrscheinlich auch für Andere. Meiner Tochter war der Lebenssinn abhanden gekommen und sie hat ihn glücklicherweise einstweilen wieder gefunden, der ihr hilft, abstinent zu bleiben, hoffentlich für lange.

    Vielleicht geht es ja deiner Tochter ähnlich, sie hat womöglich auch den Faden, den Lebenssinn seit längerem verloren und weiss sich nicht mehr zu helfen, wie sie in wieder finden kann - fühlt sich nutzlos und verzweifelt - gefangen in einer Sackgasse. Ohne fremde professionelle Hilfe kommt sie da kaum mehr raus, das ist vermutlich alleine auch kaum zu schaffen - mindestens meine Tochter konnte es nicht.

    Ich wünsche euch ein Wunder - Ste

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