Merlyn - Alkoholkranke Mutter bricht Brücken ab

  • Zitat

    möchte ich meinen Kindern nicht die Oma nehmen und habe ein schlechtes Gewissen

    Planst du, nach Australien auszuwandern? :wink:

    Sicher nicht, oder? Also besteht doch weiterhin wie auch immer die Möglichkeit, daß sich Enkel und Großeltern sehen können.

    Also ist DAS kein Hinderungsgrund, deine Pläne voranzutreiben.

    Aber was ist eigentlich das "schlechte Gewissen"?

    Es ist wie gesagt das schlechte Gewissen. Es ist ein schlechter Ratgeber. Es sind verinnerlichte Sprüche, die uns z. B. gegenüber den Eltern in der Kinderrolle halten sollen.

    Das gute Gewissen, das gehört uns allein. Kennst du das, wenn man sowas in der Art sagt: "Das konnte ich guten Gewissens so und so machen....." D. h., man steht 100 %ig hinter dem, was man sagt und deswegen getan hat.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Liebe Merlyn,

    ich habe wohl jahrelang da dran rum „gebastelt“, wie Kontakt zwischen uns stattfinden kann, ohne das es allen Beteiligten schlecht geht, vorher, hinterher oder währenddessen. In unserer speziellen Konstellation ging leider irgendwann nur noch Kontaktabbruch. Aber egal wie stark Geschichten sich hier oft ähneln, es bleibt ja immer ein ganz individueller Weg.

    Hier bei uns habe ich ganz viel ausprobiert und vor allem die Grenzen von jedem einzelnen ausgelotet. Respektvoller Umgang stand ganz oben auf meiner Wunschliste. Dafür habe ich zeitweise versucht Gespräche fast ausschließlich auf gut Wetter Niveau zu führen oder mich selbst ganz weit raus zu nehmen und eigentlich nur den Kontakt zwischen Oma und Enkeln zu flankieren. Ich habe geübt mich aus ihren Angelegenheiten raus zu halten, gezielt weg zu gucken. Leider hat meiner Mutter das aber gar nicht gefallen, sie wollte mehr von mir, mehr Aufmerksamkeit, tiefgreifendere Gespräch, mehr Details aus meinem Leben. Natürlich ohne gleichzeitige Einmischung meinerseits in ihre Angelegenheiten. Ich wollte ihre Wohnung nicht mehr betreten, weil ich dort nicht mehr weg gucken oder nicht nichts sagen konnte. Sie hat darauf bestanden, dass wir sie weiterhin in ihrer Wohnung besuchen, wollte aber das ich die Zustände komplett ignoriere. Sie war tödlich beleidigt, wenn ich auf Treffen außerhalb bestanden habe und hat die meiste Zeit geschmollt, sie konnte die Begegnung mit den Enkeln dann gar nicht wirklich genießen.

    Irgendwo bin ich auf die Frage gestoßen oder bin gestoßen worden, ob ich denn von diesen Treffen irgendwas hätte, so für mich selbst. Eigentliches Ziel war die Aufmerksamkeit auf die schönen Dinge zu lenken, da war aber leider nichts mehr. Eine schreckliche Erkenntnis, aber für mich waren Begegnungen ausschließlich belastend, da war nichts positives mehr. Also dachte ich eine ganze Weile, dann muss ich es eben für die Enkelkinder „ertragen“. Solange die etwas davon haben, ist das ja auch in Ordnung. Und Kinder brauchen ja unbedingt den Kontakt mit verschiedenen Generationen und Charaktere.

    Tja… und dann gab es tatsächlich einige Schlüsselmomente für mich. Eins war ein Geburtstag, mit dem sehnlichen Wunsch den auf den Abenteuerspielplatz zu verbringen. Oma und Opa waren eingeladen und aus Fairness ihr gegenüber, wollte ich meine Mutter auch dabei haben. Opa machte ebenfalls keinen nüchternen Eindruck, hielt sich aber diskret im Hintergrund. Meine Mutter hingegen war anfangs völlig überdreht und später das heulende Elend. Ich hab permanent nach ihr geguckt, mit ihr geredet oder darauf gewartet das sie wieder in meinem Blickfeld auftaucht, als Beleidigte Leberwurst war sie zeitweise nämlich auch verschwunden. Wann immer ich mich auf das Geburtstagskind konzentrieren wollte grätschte sie irgendwie dazwischen, ich selbst habe die schönen Momente an dem Tag verpasst oder nur so halb mit bekommen. Es war ein endloses Elend und die ganze Zeit war ich natürlich die schreckliche Tochter und der furchtbare Mensch. Nach diesem Besuch habe ich angefangen mich zu fragen, was haben die Kinder eigentlich wirklich von dem Kontakt mit dieser Oma. Und was geht gleichzeitig alles verloren. Ist es vielleicht so das wir ihnen durch den Kontakt sogar etwas wegnehmen - in diesem Fall war meine komplette Aufmerksamkeit nicht beim Geburtstagskind. Und es ging mir noch längere Zeit nach der Begegnung wirklich schlecht. Was ja nun auch keinem Kind gut tut.

    Nach dieser Episode habe ich mich rund um Besuche mehr und mehr gefragt, warum wir sie eingeladen haben. Ob es den Kinder etwas bringt/gebracht hat oder ob es eher darum ging das sie es erwartet oder man das eben so macht. Leider musste ich irgendwann einsehen, es war zwar irgendwie nett mal ein Buch vorgelesen zu bekommen oder auch spannend eine weitere Person da zu haben, aber so rein Kosten Nutzen mäßig betrachtet kam eigentlich nichts dabei rum. Das klingt jetzt so schrecklich kalt, aber am Ende waren wir wohl genau da angelangt.

    Es gab noch einige Treffen und ganz fürchterliches Benehmen ihrerseits und einige Situationen in denen ich völlig die Beherrschung verloren habe. So hatte mein Mann mich noch nie erlebt und die Kinder auch nicht. Ich hatte keine Kraft mehr es still zu ertragen. Aber so wollte ich mich meiner Familie auch auf keinen Fall zumuten, die hatten das nämlich am wenigsten verdient.

    Ich habe dann in einem Telefonat mitgeteilt, dass ich erstmal eine Pause brauche was Besuche und auch Kontakt angeht. Ich wollte Abstand und diese Gefühle sortieren. Manchmal denke ich, wenn sie meine Wünsche und Bedürfnisse in dem Moment akzeptiert hätte wären wir nach einigen Monaten oder einem Jahr in die nächste Runde gestartet. Es bleibt ja immer die Hoffnung es würde sich etwas ändern, meine Mutter will das aber gar nicht und es bring auch nichts mehr, mein Leben damit zu vergeuden, auf ihre Einsicht zu warten.

    Es gab dann freundliche Anrufe, flehende Anrufe, ganz ganz übel beschimpfende Anrufe. Nachdem ich nicht mehr dran gegangen bin musste die Mailbox herhalten. Ich hab anfangs auf alles reagiert, wollte mich erklären oder hatte Hoffnung oder beides. Dann wurde der Kontakt irgendwann so reduziert, das sie sich eigentlich nur noch gemeldet hat, wenn sie etwas wollte. Ich hab gelernt nicht alles an zu hören oder zu lesen und inzwischen ist es manchmal ein ganzen Jahr lang komplett ruhig. Ruhig von ihrer Seite, aber auch ruhig was meine Gefühle angeht. Die kommen natürlich immer mal raus, zu besonderen Anlässen, Feiertagen oder weil ich nen schlechten Tag habe und auf den Arm einer Mutter will. Aber die meiste Zeit ist es einfach nur ruhig und so viel friedlicher als früher.

    Ich hoffe deine Fragen irgendwie beantwortet zu haben, es ging wohl nur so ausschweifend und etwas wirr 🙈 Wenn du denkst es hilft dir oder ich war zu unklar, frag gerne nochmal nach. Es ist alles so ein schmerzhafter Prozess und da den richtigen Weg für einen selbst zu finden ist echte Schwerstarbeit.

    Liebe Grüße

  • Liebe Lea, vielen Dank für deinen überwältigend offenen Bericht! Ja, das hilft mir sehr weiter, weil ich trotz aller Individualität in den Erlebnissen so vieles von uns darin wieder erkenne. Und ich kann jetzt besser sehen, dass ein Kontaktabbruch manchmal vielleicht sogar die sanftere Art sein kann, mit dem Konflikt umzugehen, Aussicht ständig aneinander aufzureiben. Denn ohne es zu wollen tue ich ihr sicherlich auch weh mit meinen Äusserungen, weil ich dieses Schönwettergerede und die Schauspielerei im Privaten gar nicht gut kann und will.

    Es tut mir sehr Leid für dich, dass du das in so schmerzhaften Momenten wie dem Kindergeburtstag erfahren musstest. Bei uns war es bei Besuchen auch oft so, dass sie erst überdreht ist, mit Geschenken an alle um sich wirft und mit meiner Tochter intensiv spielt, bis es dann plötzlich kippt und sie türenknallend rausläuft, böse Blicke verteilt und schnaubend antwortet. Und dann verstummt alles, weil sich dann niemand mehr wirklich traut, irgendwas zu sagen.

    @Linde: nach Australien nicht gerade, aber wir wohnen jetzt schon 400km weit weg von ihnen. Wenn wir uns gegenseitig besucht haben, dann immer gleich für mehrere Tage und mit Übernachten. Da ist Abstand halten nicht wirklich möglich und den Besuch vorzeitig beenden auch schwierig. V.a., wenn mein Vater hier als Kinderhütedienst engagiert ist, kann ich sie ja nicht ausweisen, falls es mir zu viel werden sollte. Und Autofahren tut sie zum Glück seit Jahren nicht mehr. Zug ist sie noch nie gefahren, da fühlt sie sich wohl auch zu sehr kontrolliert, beengt, im Rauchen und trinken eingeschränkt...immerhin dauert der Weg per Zug auch 8Stunden von Tür zu Tür. Wenn wir also die Besuche mit Übernachten einstellen, werden ihre Enkel sie nicht mehr sehen. Allerdings ist sie auch noch nie zu meinem Bruder und seinen Kindern gefahren und der wohnt nur etwa 1 Stunde entfernt, ist also wohl auch mehr die gefühlte Distanz, die Schuld daran ist, wenn man sich nicht sieht.

    Vielen Dank an euch für eure Worte, ich brauche wohl noch ein paar solche Schlüsselerlebnisse, bis ich bereit bin, über weiteres nachzudenken.

    Ich kann „guten Gewissens“ hinter den Grenzen stehen, die ich ziehe, es ist nur so schwer, sie wertfrei zu formulieren und nach Schulz von Thuns Ohrenmodell hat sie darin immer einen Angriff, auch wenn ich es noch so neutral als Ich-Botschaft formuliere. Und so wird es immer schwerer, überhaupt Grenzen zu ziehen, ohne dass es in einem Riesenstreit und Geheule ausartet.

    Die nächste Grenze, die ich mir vorgenommen habe, zu ziehen, bezieht sich auf einen respektvollen Umgang miteinander. Ich will ihr sagen, dass ich sie nicht mehr von mir aus anrufen werde, wenn sie mitten im Telefongespräch nochmal auflegt. Für mich ist das Gefühl wie eine Ohrfeige und ich fange danach total an zu zittern. Vielleicht ein erster Schritt.

  • Vielleicht wäre das was für dich: Könntest du herausfinden, wo die nächste Jugendherberge ist? Die machen top Angebote für Familien. Dort könntet ihr übernachten, essen, spielen...

    Die Jugendherberge könntet ihr als Basislager nehmen und von dort aus Ausflüge zu bzw. mit den Großeltern machen.

    Ich bin schon so oft in Jugendherbergen gewesen und kann es nur empfehlen. Es ist auch nicht teuer. Man kann übers Internet vorbestellen.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Lindes Vorschlag ist so wahnsinnig hilfreich und gleichzeitig so einfach.

    Hier hat es unheimlich Spannung raus genommen, seit dem sämtliche Großeltern bei Besuchen nicht mehr hier schlafen. Eventuell gibt es auch Gästezimmer oder private Ferienwohnungen ganz in der Nähe von euch. Das könnte eine tolle Lösung sein, wenn dein Vater zum Kinder hüten kommt. Ein Rückzugsort in Laufnähe würde deine Mutter sicher gefallen und falls es mal hart auf hart kommt, kannst du sie auch problemlos raus setzen. Eventuell das aber auch einfach nur genug Freiheit, um sich genau dann zu treffen, wenn die Stimmung entsprechend passt und ansonsten irgendwo hin zu können. Mir hat es zum Beispiel total gut getan, abends nicht mehr zusammen zu sitzen und bei jeder neuen Flasche ärgerlicher zu werden. Ausblenden kann ja ein guter Übergangsweg sein.

    und mit meiner Tochter intensiv spielt, bis es dann plötzlich kippt und sie türenknallend rausläuft, böse Blicke verteilt und schnaubend antwortet. Und dann verstummt alles, weil sich dann niemand mehr wirklich traut, irgendwas zu sagen.

    Solange die Kinder klein genug waren, lässt sich sowas ja recht gut überspielen oder kurz erklären. Meine haben irgendwann angefangen Fragen zu stellen, aus denen klar wurde das sie nach meinem Anteil an dem Streit gesucht haben. Oder sogar gedacht haben ich wäre gemein zu Oma. Das hat mich auch sehr nachdenklich gemacht. Inwieweit ist es wirklich möglich ihnen die Situation zu erklären, ab wann geben sie vielleicht mir die Schuld daran das es nicht schön ist oder das Oma so selten „kommen darf“ oder was sonst noch so alles an Beschimpfungen stattgefunden hat.

  • Hallo Merlyn,

    die Idee mit einer Unterkunft finde ich ganz toll. Bei uns wäre aber auch das ein Riesen Drama. Ah auf deine Kinder soll ich aufpassen aber sonst darf ich hier nicht rein. Oder warum willst du hier nicht übernachten sind wir dir nicht mehr gut genug…

    Beim Lesen werden mir oft durch die Parallelen, die wir haben oft auch immer mehr bewusst.

    Zum Beispiel

    Es bleibt ja immer die Hoffnung es würde sich etwas ändern, meine Mutter will das aber gar nicht und es bring auch nichts mehr, mein Leben damit zu vergeuden, auf ihre Einsicht zu warten.

    So ist es auch bei meiner Mutter und es ist sehr traurig, dass sie es sich selbst und auch wir nicht Wertgenug sind sich selbst mal zu hinterfragen.

    Wir planen jetzt tatsächlich einen Auszug um eben auch mehr Abstand zu bekommen.

    Zu den Festen wollte ich noch schreiben, dass ich das auch gut kenne. Durch Corona gab es ja keine mehr, aber da trinkt sie auch immer zu schnell und Zuviel. Früher hat sie gerne große Familienfeste bei uns organisiert und ist dann am frühen Abend betrunken ins Bett gegangen und hat sowohl uns als auch die Gäste stehen lassen. Jetzt graust es mir schon vor Weihnachten, wobei die Orga seit ca 4 Jahren auch schon an uns hängen bleibt. Dennoch ist sie Wochen vorher schon in Panik mit der Planung die sie ja selbst gar nicht mehr hinbekommt. Gruselig. Mein Papa erträgt sie geduldig, hat Nachsicht für alles im Zweifel deckt er ihre Ausflüchte und sagt ihr ab und an mal wieder na jetzt ist es aber Zuviel. Meist schüttet sie sich dann erst recht noch mal nach. Oder trinkt heimlich. 🙈

  • Hallo Merlyn, hallo an alle Anderen

    Ich las all eure Beiträge und fand mich darin wieder. Ich habe ähnliches durch, mit meinem Vater, zuerst trank er regelmäßig, dann soff er täglich bis zu Umfallen. Mit zunehmenden Alkoholisierungsgrad wurde er immer aggressiver und beleidigender und es tat weh, sehr weh. Anfangs ertrug ich es und flüchtete dann, wenn ich es nicht mehr ertrug, es zu viel wurde. Das ging so ca. 10 Jahre, irgendwann war ich so verletzt, daß ich es nicht mehr ertragen wollte und brach den persönlichen Kontakt (Besuche) völlig ab. Ich fragte mich: warum tu ich mir das alles an, wenn all meine Versuche nicht fruchteten. Es war reiner Selbstschutz. Natürlich brach ich den Kontakt zum Vater nicht völlig ab, ich versuchte mit ihm zu telefonieren, doch blieb der Alkoholiker beim Alkohol. Dann irgendwann starb er. Ich bin heute noch erstaunt, daß ein Körper einen > 20 Jahre andauernden permanenten Alkoholmissbrauch aushalten konnte.

    Ich kam zu der Erkenntnis, wenn ein Alkoholiker nicht will, ist man als Außenstehender völlig machtlos. Anfangs beteuert der Betroffene „Besserung“ , ist man dann weg, wird weiter getrunken, traurig, aber wahr. Meiner Ansicht nach sind Alkoholiker einsame, unsichere Menschen, der Alk macht sicher und stark (für den Moment, die Momente werden verlängert). Kritik am Konsumverhalten wird als „Angriff“ betrachtet, das macht Angst/ unsicher – ein Teufelskreis.

    Selbst die kleinste Kritik, eine Bemerkung und sei es nur ein Augenrollen werden als „Angriff“ wahrgenommen. Den Betroffenen in Ruhe lassen, auch ein Fehler = keiner interessiert sich für einen. Sicher ein krankhaftes Verhalten. Wenn man nicht nur die Wirkung bekämpfen will, muß die Ursache beseitigt werden! Das bedeutet in gewisser Weise „Isolation“ (weg vom Alkohol) – wir wissen, das funktioniert nur, wenn auch der Betroffene es will.

    Diese, unsere Machtlosigkeit läßt uns verzweifeln.

    Ich, mittlerweile 58, „geriet“ vor ein paar Jahren in eine ähnliche Situation … erst trank ich, dann soff ich täglich (min. > 1 Promill/ Tag), alles, Bier, Schnaps, Wein, Hauptsache es wirkte. In einer Euphorieblase zerstörte ich so nach und nach mein Leben. Fahrerlaubnis weg, Job weg, Wohnung weg, Ersparnisse verprasst – ja, ich war übel drauf. Ich trank aus o.g. Gründen: u.a. Unsicherheit, Realitätsflucht. Nach ca. 1 Jahr des Mißbrauchs machte es „klick“ , nun bin ich 1 Jahr trocken und mir fehlt der Alkohol absolut nicht.

    So im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, man hätte mich vorher gestopt. Hätte...

    Ein Alkoholiker weiß was er tut und weiß, das es ihm nicht gut tut, doch er ist zu schwach aus eigenem Antrieb sein Treiben zu beenden. Ihn zu zwingen wird fruchtlos bleiben, überreden kann funktionieren, wenn das Umfeld stimmt.

    Wäre es so unvorstellbar, ein Mal mit deiner Mutter allein (!) zu reden, an einem Ort wo niemand stören kann ohne Zeitdruck, ggf. auch mal einen zu trinken (das schafft Vertrauen und verringert die Distanz). Kluge Tips, Vorhaltungen, die berühmten wohlgemeinten Ratschläge scheinen eher kontraproduktiv zu sein. :roll:

    ... schönes Wochenende.

  • Hallo Merlyn

    Wäre es so unvorstellbar, ein Mal mit deiner Mutter allein (!) zu reden, an einem Ort wo niemand stören kann ohne Zeitdruck, ggf. auch mal einen zu trinken (das schafft Vertrauen und verringert die Distanz). Kluge Tips, Vorhaltungen, die berühmten wohlgemeinten Ratschläge scheinen eher kontraproduktiv zu sein.

    ich kann mir vorstellen, das du mit deiner Mutter schon sehr oft geredet hast. Du kannst ihr nicht helfen und du kannst auch keinen nassen Alkoholiker stoppen.

    Wenn ich mir vorstellen würde, ich hätte mit meinem nassen xy trinken müssen um angeblich Distanz zu verringern, bekomme ich Gänsehaut.

    Der Vorschlag macht mich ehrlich gesagt sehr wütend.

    Nur noch eine Variante mehr um sich als Angehöriger zu verbiegen.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Merlyn!

    Wäre es so unvorstellbar, ein Mal mit deiner Mutter allein (!) zu reden, an einem Ort wo niemand stören kann ohne Zeitdruck, ggf. auch mal einen zu trinken (das schafft Vertrauen und verringert die Distanz). Kluge Tips, Vorhaltungen, die berühmten wohlgemeinten Ratschläge scheinen eher kontraproduktiv zu sein.

    Ich finde diesen Vorschlag schon absurd denn es hilft genausowenig wenn deine Mutter nicht aufhören will. Bei mir war es der Ehemann der getrunken hat. Wenn ich so vorgegangen wäre hätte er wahrscheinlich noch mehr getrunken nach dem Motto: "Die trinkt doch auch und will mir was sagen". Für mich wäre es ein totales Verbiegen gewesen denn ich trinke nicht und würde nicht einsehen damit anzufangen.

    Es gibt ja Angehörige die mittrinken aber erreichen kann man damit gar nichts. Was soll man denn noch alles tun oder nicht tun um den Trinker zur Einsicht zu bringen, irgendwo sind einfach Grenzen die man einhalten sollte um sich selber zu schützen.

    LG Marie

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Hallo Achelias,

    stimmt, eine Angehörige zum Mitsaufen zu motivieren ist kontraproduktiv. :thumbdown:

    Bekommst eine Verwarnung von mir.

    Jemandem zum Mitsaufen motivieren und das auch noch als vertrauensbildende Maßnahme verharmlosen? Unmöglich. :roll:

    Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo achelias,

    danke für dein Verständnis.


    Hallo Merlyn,

    wie gehts dir denn jetzt inzwischen und wie war dein Wochenende? Alle unterwegs, Süßes oder Saures rufen und die Leute erschrecken? :wink:

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo zusammen,

    Es ist toll, dass ihr mir durch eure vielen Kommentare das Gefühl gebt, nicht alleine zu sein und euch mit mir gemeinsam Gedanken zu dem Thema macht.

    Man muss sich um mich wirklich keine Sorgen machen, dass man mich zum Alkohol verführen könnte, alles gut, da kann sich jeder entspannen. Ich bin so weit weg von Genussmitteln, dass so ein Versuch total gestellt herüber käme. In meinen Jugendjahren habe ich mir tatsächlich mal überlegt, ob es Sinn machen würde, mit ihr bzw. Vor ihr eine nach der anderen zu Rauchen, zu husten wie sie und dazu Alkohol zu konsumieren bis zum buchstäblichen Erbrechen, um ihr damit zu zeigen, dass das keinem Körper gut tut und darauf zu hoffen, dass die Erkenntnis käme: Wenn ich nicht will, dass meine Tochter mich so zum Vorbild nimmt und sich kaputt macht, dann höre ich besser selbst auf. Aber dazu wäre ich nie bereit gewesen und es hätte wohl auch nichts gebracht.

    Ich denke, manchmal hat sie sich sowas sogar heimlich gewünscht, um jemanden zum Verbrüdern zu haben und nicht in der Familie immer ausgeschlossen zu sein, weil sie als einzige zum Rauchen nach abseits gegangen ist und alleine nachts so lange wach war zum Ungestörten Trinken.

    Aber mal im Ernst, es ist ja nicht abwegig, nach Wegen zu suchen, mit ihr auf eine Ebene zu kommen. Nur ist das gar nicht mehr möglich.

    Achelias, ich danke dir für deine offene Schilderung von deiner Geschichte. Was du beschreibst ist ja genau die Zwickmühle, in der ich hier die meisten Angehörigen und Betroffenen sehe. Ein alkoholkranker Mensch kann sich nicht selbst aus der Sucht befreien, will aber auch keine Hilfe annehmen. Bei den Beispielen, die ich gehört habe, wo jemand mit der Hilfe Von anderen aussteigen konnte, waren das fast immer Leute aus dem weiter entfernten Kreis, Chefs oder Nachbarn, aber selten jemand aus de eigenen Familie. Und dieses Problem sehe ich auch bei mir. Das Feindbild wechselt ab zwischen meinem Vater, meinem Bruder, meiner Oma und mir, aber wir haben schon zu viele Gespräche dazu angesetzt als dass wir noch als neutrale Helfer akzeptiert werden könnten.

    Linde, danke für die Nachfrage, wie es mir geht. Einerseits gut, weil ich mich im Bekanntenkreis und hier im Forum inzwischen so gut austauschen konnte, dass ich mich halbwegs vorbereitet fühle auf die zu erwartenden Entwicklungen. Andererseits bin ich gerade sehr aufgeregt, weil meine Eltern heute anreisen werden und bis Freitagmorgen bleiben werden. Ich werde euch dann berichten, wie es war. Mein Mann und ich haben beschlossen, dieses Mal keine Konfrontation zu forcieren, uns aber zumindest für die Besuche bei Ihnen anderer Optionen zu prüfen.

    Die Idee mit der Jugendherberge finde ich super, das kann uns wirklich wieder ein bisschen mehr Gestaltungsspielraum geben.

    Und um wieder ein offenes Gesprächsfenster mit meinem Vater und meinem Bruder zu erreichen, muss ich wohl leider den nächsten Absturz abwarten, so makaber mir das auch vorkommt. Aber momentan in der Schönwetterphase haben alle das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Mit meinen Nachfragen dazu, wie man künftig damit umgehen möchte, wenn Pflegebedürftigkeit entsteht, wenn nochmal eine Varizenblutung oder evtl. mal ein Delirium kommt oder wenn bei der Abwesenheit meines Vaters mit Selbstmord gedroht wird, möchte sich momentan niemand ausser mir befassen.

  • Nun wollte ich gerade nachfragen, wie der Besuch so geklappt hat, da merke ich es ist erst Donnerstag 😂

    Also lass ich nur fix ein „ ich denk an dich“ hier und hoffe es läuft gut!

    Liebe Grüße, Lea

  • Hallo, nun ist es Freitag und meine Eltern sind wieder weg. Alles in allem ist es so gut gelaufen, wie möglich, würde ich sagen.

    Meine Kinder hatten sehr viel Spass beim spielen mit ihr, das macht sie wirklich ganz innig, jedes blöde Rollenspiel 100 mal mit zu spielen.

    Mein Mann und ich waren ja alle Tage arbeiten und abends haben wir nur zusammen ferngesehen, geredet wurde nicht viel. Ich war immer etwas angespannt, wenn Raum zum Reden gewesen wäre, habe aber tagsüber gar nicht dran gedacht und konnte abends auch gut ohne Gedanken daran einschlafen.

    Es könnte einigermassen normal sein.

    Ich mag mich selber nicht, wenn ich dauernd misstrauisch daran denke, wann wohl der nächste Rückfall und Absturz kommt…würde so gerne mit ihr gemeinsam fiebern und unterstützen, wie ich es hier in manchen Threads mitbekomme.

    Aber insgesamt kann ich wohl sehr zufrieden sein mit dem Besuch, den Kindern hat’s gefallen, wir konnten ruhigen Gewissens arbeiten und meine Eltern wirken miteinander stabil.

    Geärgert hat mich nur, dass mein Vater zu zwei Abendessen Bier getrunken hat. Das kann ich nicht nachvollziehen, wieso man das als Partner nicht einfach weglassen kann in so einer sensiblen Phase.

  • Liebe Merlyn, es hat mich so gefreut das zu lesen!

    Ich finde, es lässt sich unter erfolgreiches Treffen verbuchen 😊

    Geht es dir mit etwas Abstand noch immer gut damit?

    Liebe Grüße, Lea

  • Schön, dass ihr mir zuhört und nachfragt. Ich versuche möglichst, momentan nicht darüber nachzudenken und habe auch genügend anderes zu tun.

    Eine gewisse Kälte ist noch im Raum, die mich traurig macht und ich habe auch keine Lust, den Kontakt zu suchen, aber da sie es auch nicht tut, ist es jetzt eben einfach ein bisschen eingefroren.

  • Hallo zusammen,

    Nun habe ich mich längere Zeit nicht gemeldet. Es war lange stabil bei uns, keiner hat das Thema Alkohol oder Rauchen angesprochen, meine Mutter hat scheinbar seit Oktober auf Alkohol verzichtet, auch wenn ich es nicht überprüfen kann.

    Letzte Woche waren meine Eltern mal wieder bei uns, um die Kinder zu hüten, während ich tagsüber bei einer Weiterbildung und mein Mann arbeiten war. Wir haben uns nicht viel gesehen und entsprechend wenig gesprochen, aber es hat alles gut funktioniert und sie hat enorm viel ins Spielen mit den Kindern investiert.

    Leider haben sich meine Eltern bei uns wohl eine böse Erkältung eingefangen. Beide sind krank geworden, meinem Vater geht es mittlerweile wieder gut. Bei meiner Mutter aber hat es sich zu einer Lungenentzündung entwickelt. Gestern Nacht wurde sie noch zuhause wiederbelebt, ins Krankenhaus gebracht und liegt jetzt dort im Koma.

    Ich fahre gerade zu meinem Vater, um ein paar Tage dort zu bleiben, mental zu unterstützen und wenigstens einmal auch meine Mutter zu besuchen, auch wenn man nicht weiss, ob sie so etwas mitbekommt.

    Ich wünsche ihr so, dass sie im Frieden mit sich und der Welt ist, da, wo sie jetzt ist… sie hat so viel Wut und Traurigkeit in sich getragen.

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