Schratte - Vorstellung Schratte

  • Guten Morgen zusammen,

    ich hoffe, ich bin hier richtig im Vorstellungsbereich gelandet, ansonsten bitte verschieben.

    Ich bin Schratte, männlich, 69 Jahre alt, seit fast 30 Jahren verheiratet, kinderlos. Meine Frau ist 59 Jahre alt und ziemlich wahrscheinlich Alkoholikerin. Es ist heute das erste Mal, dass ich sie so bezeichne.

    Ich selber trinke seit vier Jahren nichts mehr. Das aufzugeben fand ich nach fünfunddreißig Jahren täglich Bier trotzdem relativ einfach, genauso wie übrigens auch das Rauchen aufzuhören (Ex-Kettenraucher). Ich empfand das als einfach, weil ich halt eine medizinische Motivation hatte - da war für mich die Sache klar. Ich hatte immer die leise Befürchtung, dass ich von Alkohol möglicherweise abhängig war. Da mir der völlige Verzicht auf Alkohol aber so leicht fiel, glaube ich das heute nicht mehr.

    Der Vater und auch die Mutter meiner Frau waren Alkoholiker. Ihre beiden Brüder trinken - natürlich - Alkohol, aber, so wie ich das einschätze, ist das wohl hoffentlich problemfrei.

    Ich lernte meine Frau als Studentin kennen. Sie arbeitete in einer Studentenkneipe, in der ich verkehrte. Wir tranken beide Bier in unserer Ehe, täglich vier 0,5l-Büchsen. Es war das bekannte Feierabend-Entspannung-Bier und ich habe mir nichts dabei gedacht. Allerdings hatte ich aber auch damals schon den Eindruck, dass die Affinität meiner Frau zu Alkohol größer war als meine eigene. Da sie aber mengenmäßig eher weniger als ich selber trank, habe ich dieser Tatsache keine Bedeutung beigemessen. Das war sicher ein Fehler von mir. Frauen vertragen halt wegen ihres geringeren Körpergewichtes weniger und so hat sie vielleicht relativ sogar mehr getrunken als ich - who knows.

    Und so lief das halt mit dem abendlichen Trinken immer weiter. Wir sprachen nie darüber. Ich ahnte manchmal, dass da ein Tiger im Gebüsch lauerte. Richtig gesehen habe ich ihn aber nicht.

    Die letzten acht Jahre waren für uns sehr belastend. Aber besonders belastend waren sie für meine Frau. Sie verlor ihren Top-Job, konnte auf dem gleichen Level altersbedingt nichts mehr finden und wurde so "nach unten durchgereicht". Diese acht Jahre ausgehalten zu haben, war eine extreme psychische Leistung und ich fürchte, sie zahlt jetzt den Preis dafür. Sie hat ihr sowieso noch nie besonders stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein fast komplett eingebüßt. Glücklicherweise hat sie mittlerweile jetzt nach etlichen Fiaskos einen Job, der ihr gefällt.

    Heute trinkt sie jeden Abend eine Flasche Wein plus zwei bis vier 0,5l-Büchsen Bier, nicht gerade wenig. Ich glaube, es ist allerhöchste Zeit, das etwas passiert. Während ich das hier so schreibe, wird mir klar, dass ich schon seit langem etwas hätte unternehmen müssen, um ihr - und uns - zu helfen, aus dieser Katastrophe wieder herauszukommen. Dies ist der erste Schritt dazu. Ich bin quasi im "Information-über-Alkoholismus-Modus" und wühle mich durch 's Netz. Ihren Alkoholismus werde ich sehr bald ansprechen müssen und ich bemerke, wie ich mich vor diesem Gespräch drücke. Ich habe eine ziemliche Angst davor und fürchte das Schlimmste.

    Das ist ein langer Text geworden. Hoffentlich wird er trotzdem gelesen.

    Schratte

  • Hallo Schratte,

    ja klar wird dein Text gelesen!

    Herzlich Willkommen hier bei uns.

    Ich gebe dir gleich unseren Bewerbungslink, den füllst du bitte nur noch kurz aus, dann können wir dich für den Erfahrungsaustausch im Forum freischalten.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Ich hoffe, du kannst hier für dich weiterkommen mit deinen Fragen.. Es geht ja vielen besorgten Angehörigen ähnlich.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Guten morgen Schratte,

    ich habe dich freigeschaltet. Nun kann der Austausch richtig losgehen und ich hoffe, dass du Antworten auf deine Fragen erhältst.

    Willkommen im Forum, auch wenn es ein trauriger Anlass ist.

    Gruss

    Alex

    Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. – Mahatma Gandhi

  • Hallo Schratte,

    willkommen im Forum. Wie geht es Dir mit der Situation? Was denkst Du tun zu können, damit deine Frau nicht mehr trinkt? Ich weiß nicht, wie Deine Erfahrungen sind, aber Du kannst deine Frau nicht trocken lieben. Der Willen zur Abstinenz muss von ihr kommen.

    sonnige Grüße

    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Hallo Schratte,

    ich verstehe, daß du Angst hast, sie könnte es als Angriff sehen und sofort dicht machen, in den Verteidigungsmodus gehen, alles verharmlosen.

    Was könntest du dir als Argument zurechtlegen, außer daß Alkohol schädlich ist?

    Ihre Gesundheit? Wie kannst du ihre Vernunft, ihr Verständnis erreichen?

  • Wie geht es Dir mit der Situation?

    Tja, nicht so toll, aber ich bin sicher, das auszuhalten.

    Was denkst Du tun zu können, damit deine Frau nicht mehr trinkt?

    Ich hoffe, ich kann in ihr das Bewusstsein wecken, dass es da ab jetzt ein Problem zu lösen gibt, was größer und gefährlicher ist als alles, was uns bisher passiert ist. Ziemlich sicher ist wohl, dass ich zumindestens den Anstoß dazu geben muss.

    Regnerische Grüße,

    Schratte

  • sie könnte es als Angriff sehen und sofort dicht machen,

    Exakt. Genau so. Das sehe ich im Moment mit Abstand als die allergrößte Gefahr an. Dann wäre ja sofort alles zum Scheitern verurteilt.

    Allerdings bin ich mir eigentlich sicher, dass sie sich IRGENDWELCHE Gedanken um ihr Trinkverhalten schon einmal gemacht hat. Ich hoffe, diese Gedanken herauszufinden und daran irgendwie anzuknüpfen.

    LG, Schratte

  • Tja, nicht so toll, aber ich bin sicher, das auszuhalten.

    Schratte, aber diese Situation aushalten, nimmt doch schon ne Menge Lebensqualität oder? Bei mir war es jedenfalls damals so.

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • ne Menge Lebensqualität

    Ja, klar. Diese Tatsache ist aber im Moment jedenfalls so und ich lebe damit. Zum Glück schaffe ich das. Ich habe es leider nicht in der Hand, das 'mal eben abzuschalten.

    ich vermute, die meisten Menschen haben ein Paket zu tragen. Da ist Alkoholismus wahrscheinlich nur eines von vielen denkbaren.

  • Man weiß in der Regel selbst, daß man viel zu viel trinkt, gerade bei 1 Weinflasche+ /Tag, nur die Scham ist so groß, sich selbst gegenüber. Anderen gegenüber ist die Scham noch viel größer!!

    Du kennst deine Frau … versuche herauszubekommen, wie du dich zu ihrem Verbündeten machen kannst, ganz vorsichtig.

    Oft hilft auch ein geschriebener Brief, in dem du deine Sorgen ausdrückst und sie nicht sofort reagieren muß, sie nicht das Gefühl hat, sich sofort rechtfertigen zu müssen.

  • Aber sie hat eben wegen dieses Bewusstseins totsicher auch einen eigenen selbstgestrickten Rechtfertigungsbackground.

    Drum mußt du versuchen, daß sie erst gar nicht in die Lage kommt, sich rechtfertigen zu müssen.

    Ich weiß, sehr schwierig und individuell. Sie "muß" praktisch von selbst darauf kommen ...

  • Ich weiß, sehr schwierig und individuell.

    Extrem schwierig. Ich kann natürlich nicht über Alkoholismus sprechen, ohne dieses Wort nicht irgendwann später auch einmal auszusprechen. Für die Eröffnung allerdings muss das nicht sein.

    Ich denke, das wird das wichtigste Thema unserer letzten zwanzig, dreißig Jahre auf dieser schönen Welt werden.

    Frage: Sind bei der beschriebenen Menge - 1 Fl. Wein plus 3 Halbliterbüchsen Bier tgl. - körperliche Entzugserscheinungen zu erwarten und könnte man die noch ohne Arzt zu Hause "aussitzen"? Oder ist das für dieses Forum eine nicht geeignete Frage.....?

    LG, Schratte

  • Frage: Sind bei der beschriebenen Menge - 1 Fl. Wein plus 3 Halbliterbüchsen Bier tgl. - körperliche Entzugserscheinungen zu erwarten und könnte man die noch ohne Arzt zu Hause "aussitzen"?

    Das kann nur ein Arzt entscheiden. Demzufolge ist es auch wichtig, dass deine Frau sich in ärztliche Behandlung begibt und die Karten auf den Tisch legt.

    Ein plötzliches Absetzen von Alkohol ist lebensgefährlich.

    Schau mal hier:

    Das Forenteam
    14. Mai 2021 um 22:29

    Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt. – Mahatma Gandhi

  • Willkommen Schratte,

    ich find das ganz toll, wie liebevoll und klar du euch, sie und die Situation beschreibst.

    Sie kann froh sein, dich zu haben - so wie ich das herauslese.

    Drück euch die Daumen,

    LG

    Hera*

  • Frage: Sind bei der beschriebenen Menge - 1 Fl. Wein plus 3 Halbliterbüchsen Bier tgl. - körperliche Entzugserscheinungen zu erwarten und könnte man die noch ohne Arzt zu Hause "aussitzen"? Oder ist das für dieses Forum eine nicht geeignete Frage.....?

    Entzugserscheinungen sind sehr wahrscheinlich.

    Doch wie heftig, bleibt im Reich der Spekulationen. Niemand kann genau sagen wie ein Körper reagiert, drum wird auch immer eine ärztliche Begleitung empfohlen, alles andere wäre grob fahrlässig.

    Lies dir bitte der Artikel „Kalter Entzug“ durch.

    Das Wort Alkoholismus ist ein "Kampfwort" , ein Stigma, es kann nicht sein, was nicht sein darf! Vielleicht kannst du dich herantasten (??) ... weniger trinken, später ... aufhören. Ich weiß, es ist ein sehr sensibles Thema, wie ein rotes Tuch.

    Kannst du deine Frau über das Thema Gesundheit (vorwurfsfrei) erreichen?

  • Kannst du deine Frau über das Thema Gesundheit (vorwurfsfrei) erreichen?

    Sie hat eigentlich keine großen dauerhaften Gesundheitsprobleme - zum Glück.

    Ich denke, der Einstieg geht eigentlich nur über das, was in ihr sowieso schon in irgendeiner Firm vorhanden ist.

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