• Komischer Titel ;) Ich versuche mal zu beschreiben was ich meine.

    Ich denke immer mal wieder darüber nach, was bei meiner jetzigen Abstinenz anders ist als die meisten Male davor.

    Abgesehen davon, dass ich mich mitgeteilt habe in der Familie, bei meiner Ärztin, auch kein „alkoholfreies“ Bier mehr trinke und die Wohnung alkoholfrei ist, was ja schon mal eine Menge ist, fällt mir folgendes auf.

    Ich habe in der Vergangenheit mal irgendwo gehört oder gelesen, dass man auf der einen Seite der Waage, also der Nüchternheit, vieles an positivem „legen“ soll, um der anderen Seite, dem Saufen, entgegen zu wirken.

    Ich hoffe das versteht jemand was ich meine ;)

    Was habe ich also früher anders gemacht und warum ist das diesmal bei mir anders?

    Früher habe ich von Tag 1 der Abstinenz an, wenn es ging, sofort vieles anders gemacht. Mit Laufen angefangen, die Ernährung umgestellt, neue Hobbys ausprobiert, usw. Ich habe also sehr viel Gegengewichte erzeugt. Wenn ich das jetzt so schreibe merke ich schon wieder den Stress, den ich dadurch auch erzeugt habe. So lange alles funktionierte ging es mir blendend. Ich hatte immer Erfolgserlebnisse und Energie für Neues - bis die ersten Rückschläge kamen. Verletzungen ließen den Sport erstmal ruhen, manche Hobbys waren nichts für mich oder die neue Ernährung schmeckte einfach nicht. Das löste bei mir Frust aus und ließ die Waage wieder in die andere Richtung kippen. Ich war also im Dauerkampf gegen die Sucht und brauchte immer etwas um dagegen zu halten.

    Was ist momentan, denke ich, anders bei mir? Ich kämpfe nicht gegen die Sucht, ich kann sie nicht besiegen auch nicht mit noch soviel Einsatz und Energie. Die Sucht ist ein Teil von mir und ich versuche heute zu erkennen wann es für mich gefährlich wird und diese Situationen zu vermeiden bzw. mich garnicht erst in solche zu begeben. Dabei helfen mir der regelmäßige Austausch hier und die Erfahrungen von euch sehr viel.

    Was ich auf keinen Fall damit sagen möchte ist, sich nichts gutes tun zu sollen. Ich werde auch wieder mit Sport anfangen sobald es geht und freue mich drauf. Auch Hobbys die ich aufgrund meines Saufens nicht mehr gelebt habe werde ich wieder

    reaktivieren. Und gegen bessere Ernährung ist ja generell nichts einzuwenden, ein bisschen Kochen kann ich ja.

    Aber als das Genannte mache ich dann für mich und nicht gegen die Sucht!

    Ich hoffe ich habe mich nicht komplett verrannt und irgendjemand konnte mir noch folgen.

    In diesem Sinne einen herrlichen Tag in der Sonne für euch alle

  • Ein interessantes Thema, danke dafür!

    Meiner Meinung nach, können auf die eine Seite der Suchtwaage auch Dinge, die keinen Stress erzeugen. Ein Spaziergang, ein bewusstes Frühstück beim Bäcker, das Lesen der vielen Geschichten im Forum, die ein richtig gutes Gewicht erzeugen.

    Du hast heute morgen zum Beispiel mit der Eröffnung dieses Themas ein kleines Gewicht auf die Waage gelegt, welches durch die kommenden Beiträge sicherlich schwerer wird.

    LG Cadda

  • Ich war also im Dauerkampf gegen die Sucht und brauchte immer etwas um dagegen zu halten.

    Du hast doch die Antwort schon ;)

    Was ist momentan, denke ich, anders bei mir? Ich kämpfe nicht gegen die Sucht, ich kann sie nicht besiegen auch nicht mit noch soviel Einsatz und Energie.

    Kampf aufgegeben, erkannt das es mit Kampf nicht funktioniert. Innerlich kapituliert.

    Aber das, was du mit früher beschriebst, waren bei mir Trinkpausen. Den Körper mal "resetten" (Gesund machen) Mit Sport oder ähnliches ausfüllen, die mir das Gefühl gaben, noch kein Alkoholiker zu sein, um folge dessen dieses Gefühl nach einer Zeit wieder begießen zu können

    Ich denke das ich auch das typische Beispiel von funktionierenden Alkoholiker, die erst gegen die Sucht ankämpfen, bis sie merken das keinen Sinn mehr macht .

    Ich hoffe ich habe mich nicht komplett verrannt und irgendjemand konnte mir noch folgen.

    Solange du dir noch folgen kannst, ist alles in Ordnung. :mrgreen:

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ja, ich denke auch, dass eine krampfhafte Dauerselbstbespaßung, um mir selbst zu beweisen, wie glücklich ich doch jetzt ohne Alkohol bin, nicht zielführend ist. Das artet doch nur in Stress aus.

    Eine kontinuierliche Alltagsumstellung hat mir da weitaus mehr gebracht.

    Besser ist es mir, ohne Alkohol, sowieso erst mal gegangen. Und geht es noch. Jeden Tag.

  • Das sind sehr schöne Gedanken, die du dir da machst, finde ich.

    Ich habe in der Vergangenheit mal irgendwo gehört oder gelesen, dass man auf der einen Seite der Waage, also der Nüchternheit, vieles an positivem „legen“ soll, um der anderen Seite, dem Saufen, entgegen zu wirken.

    Ich lege gar nicht so viel bewusst auf die ‚Nüchternseite‘.

    Ich halte die Augen offen und sehe das viele Schöne, was ich erst nüchtern sehen kann.

    Ich fühle das viele Schöne, was ich erst nüchtern fühlen kann.

    Ich erlebe das viele Schöne, was ich ich erst nüchtern erleben kann.

    Ich bin frei, ich lebe meine freie Zeit so, wie ich das möchte und ich liebe es, immer zu wissen, was gestern war.

    DAS bringt so viel Gewicht auf die ‚Nüchternseite‘, dass die ‚Saufseite‘ meiner persönlichen Waage schon ganz schön weit unten ist.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Waage bedeutet für mich dauerndes Auspendeln damit sie nicht kippt. Klingt anstrengend. Ist aber sinnbildlich verständlich und als erstes Hilfsmittel evtl. brauchbar.

    Für mich gibt es der Einfachheit halber nur zwei Seiten...ohne Waage und Grautöne dazwischen.

    Suff, Qual und Tod auf der einen Seite, - Leben, Entscheidungsfähigkeit, Trockenheit auf der anderen Seite.

    Ich bin übrigens nicht stolz auf meine Trockenheit. Nur froh das ich nicht mehr trinken muss. Klingt komisch...is aber so :mrgreen:

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • moin, jo das beispiel ist recht anschaulich. man braucht den ausgleich. ich empfinde es als eine art schutzwall aus zufriedenheit den ich mir aufgebaut habe, eine mauer durch die der problembeladene rammbock nicht durch kommt. das leben ist nun mal kein ponnyhof und oftmals kriegt man bildlich gesprochen so richtig eins in die fr....., wenn man genug zufriedenheit um sich rum aufgetürmt hat, kommt man klar wie immer die zufriedenheit auch aussieht. ( ich male zb dann um den frust abzubauen). es hilft auch yoga oder ähnliches um mal abzuschalten, man kann probleme nämlich durch zu viel darüber nachdenken auch gigantischt aufblähen und so aus ner mücke nen elefanten machen. merkt man oft gar nicht. es ist ein lernprozess die dinge im richtigen licht zu sehen und damit umzugehen ohne sie ersäufen zu wollen.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

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