Joe - Der Alkoholiker, die Angst um mein Kind und die blanke Panik die falschen Entscheidungen zu treffen

  • Hallo,

    ich lebe seit einigen Jahren mit einem Alkoholiker zusammen. Als wir uns kennen lernten kam es gelegentlich vor das er trank, vllt 1 bis 2x im Monat, aber immer allein und immer heimlich. Dies fand ich schon immer seltsam aber es war so, ich kannte es nicht anders. Ich hatte nie das Gefühl das er nicht aufhören könnte, im Gegenteil war ich fast noch froh das er nicht mit Freunden am Wochenende sich betrank sondern es nur selten vorkam. Wir bekamen ein Kind und ab diesem Zeitpunkt wurde es extrem, es wurde häufiger bis es jetzt solche Ausmaße angekommen hat das er zwischen 15 bis 20 Flaschen Bier am Tag trinkt, ich mir nie sicher bin ob er wirklich mal einen Tag nüchtern bleiben könnte. Seit September geht er nicht mehr arbeiten aus gesundheitlichen Gründen. Er hat sich von einem liebevollen Mann in einen unausstehlichen Kerl voller gekränktem Stolz und falschen Einstellungen gewandelt.

    Lange Rede kurzer Sinn, ich würde am liebsten meine Sachen und mein Kind packen und gehen. Ich hab aber einfach Angst das falsche zu tun. Der Gedanke das Kind dem Vater alle 2 Wochen überlassen zu müssen, zermürbt mich. Zudem liebt dieses Kind seinen Papa abgöttisch, ich hab aber Angst das es mir irgendwann Vorwürfe macht warum ich nicht mit ihm gegangen bin.

    Ich bin verzweifelt, ich bin frustriert und ich habe riesige Angst um mein Kind. War schon mal jemand in einer ähnlichen Situation?

  • Hallo Joe,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Leider ist es so, dass sich viele Geschichten der Angehörigen bei uns im Forum ähneln.

    Es gibt Mütter, die mithilfe des Jugendamtes erwirkt haben, dass der Vater die Kinder nur unter

    Aufsicht sehen darf. Erkundige Dich doch vorher schon mal in diese Richtung. Denn wenn

    Du wirklich Deinen Partner verlassen willst, was in der derzeitigen Situation das Beste wäre,

    solltest Du das gut vorbereiten.

    Möchtest Du Dich im offenen Bereich mit den anderen Angehörigen austauschen?

    Hier ist der Bewerbungslink für Dich:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Anklicken und kurz etwas dazu schreiben. Dann wirst Du freigeschaltet für das offene Forum, und Dein Thema

    wird zu den "Erste Schritte für Angehörige" verschoben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Deine Bewerbung ist eingegangen, Joe.

    Du bist für die offenen Bereiche freigeschaltet und hier geht es weiter.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ich verstehe dich zu hundertprozent und fühle mit dir. Ich habe mich letzten Sommer mit meinen beiden Kindern von meinem alkoholkranken Mann getrennt. Mich haben die gleichen Sorgen belastet und tun es heute noch manchmal. Erstens kann ich dir sagen, dass meine Kinder nach der Trennung erstmal extrem aufgeblüht sind, obwohl ich vorher auch dachte es wäre für sie ohne Papa die Hölle. Zweitens muss ich leider sagen, dass sich die große Frage und Sorge um Umfänge nicht gestellt hat, weil er sehr schnell das Interesse an uns verloren hat und er ja nun ungestört trinken kann. Alle paar Wochen meldet er sich per WhatsApp, eine wirkliche Ernsthaftigkeit und Konsequenz steht aber nicht dahinter. Ich habe mir einen guten Anwalt gesucht und das würde ich dir auch raten. Versuch vielleicht noch Beweise zu sichern, dass er trinkt oder dokumentiere schlimme Tage. Du musst und sollst deine Kinder keinem Alkoholiker anvertrauen. Du kannst gemeinsame Umgänge machen, wenn das klappt und wenn das eben nicht klappt, weil er nicht nüchtern ist, unzuverlässig etc ist, stellst du das ein. Letztlich bliebe ihm nur der Weg vor Gericht zu ziehen. Das ist bei einem Alkoholiker äußerst fraglich, ob er das Geld und den Aufwand überhaupt aufbringen kann und will, insbesondere weil sie ja dann damit rechnen müssen, dass ihre Sucht offiziell wird. Die Sorge, dass die Kinder einem das vorwerfen kenne ich auch nur zu gut, habe die aber recht gut abgelegt. Bevor meine Kinder ständig versetzt werden, weil er einfach durch die Sucht gar nicht in der Lage ist, zuverlässig zu sein und ihr Papa bei jedem Treffen anders ist, ist es doch so besser. Meine Kinder hatten wie gesagt eigentlich fast gar kein Problem damit. Ich habe unheimlich gelitten und ewig gebraucht bis ich dieses Leben alleine annehmen konnte. Meine Kinder sind noch sehr klein aber ich habe gespürt, dass sie sich eigentlich nur gewünscht haben, dass wir ohne ihn eine glückliche Familie sind. Ich bin immer noch nicht ganz raus aber ich sehe das Licht inzwischen nah vor mir. Ich will mit meinen Kindern leben und ihnen die Welt zeigen mit Ausflügen und Urlauben und schönen Tagen, die nicht ständig von der Laune eines Alkoholikers abhängig sind. Es kostet so unglaublich viel Energie so einen Partner mit durchs Leben zu ziehen. Diese Energie haben deine Kinder verdient glaub mir. Man durchläuft nach der Trennung ganz viele Phasen, ich bin teils wirklich durch die Hölle. Ich hab durchgehalten, weil ich gemerkt habe, dass es meinen Kindern so besser geht und vorher habe ich ertragen, weil ich dachte, dass ich meinen Kindern zuliebe ertragen muss...

  • Lese Eure Geschichten, Joe und Hope, und bin in einer sehr ähnlichen Situation wie Joe.

    Es ist sehr schwer, da raus zu kommen. Neu. Mann trinkt jeden Tag - heimlich meistens- große Mengen. Eigentlich ist er fast nie mehr nüchtern, aber er kann es gut verstecken. Allerdings hat er keine Emotion mehr für mich und lügt mich an und hat seltsame Einstellungen entwickelt. Manchmal bin ich froh, wenn er besoffen im Bett liegt und meine Tochter und ich Ruhe haben. An anderen Tagen tut er mir leid und ich denke, ich muss mich kümmern.

  • Du kannst gemeinsame Umgänge machen, wenn das klappt und wenn das eben nicht klappt, weil er nicht nüchtern ist, unzuverlässig etc ist, stellst du das ein. Letztlich bliebe ihm nur der Weg vor Gericht zu ziehen. Das ist bei einem Alkoholiker äußerst fraglich, ob er das Geld und den Aufwand überhaupt aufbringen kann und will, insbesondere weil sie ja dann damit rechnen müssen, dass ihre Sucht offiziell wird.

    Soweit ich informiert bin, bin ich gar nicht in der Position Umhänge zu vereinbaren. Wir haben geteiltes Sorgerecht.

    Zählen meine Beweise überhaupt vor Gericht?

    Ich bin wirklich an dem Punkt wo ich sage: ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr und ich will das der Spuk endlich ein Ende hat.

    Aber die Vorstellung das er das Kind (wenn auch nur übers Wochenende) bekommt, zerreißt mir das Herz.

    Wenn ich mich trenne wird es zu keiner friedlichen Einigung kommen. Sein Wesen hat sich so zum schlechten gewandelt und er wird nichts auf sich sitzen lassen oder etwas zum wohle des Kindes entscheiden. Es macht mir solche Angst.

    Der Mensch dahinter tut mir aber auch so unendlich Leid, aber ich kann ihm einfach nicht helfen

  • Der Mensch dahinter tut mir aber auch so unendlich Leid, aber ich kann ihm einfach nicht helfen

    Genau das kenne ich so gut! Mir hat auch immer nur der Mensch dahinter so leid getan. Das hat mich dazu veranlasst Verständnis, Verständnis und noch mehr Verständnis für ihn zu haben und für alles eine Entschuldigung oder Ausrede zu finden. Dieses Mitgefühl sorgt aber dafür, dass du erstens für dich und dein Kind gar kein Mitgefühl mehr über hast und dass er so bleiben kann, wie er ist.

    Ich habe mir angewöhnt, sobald mein Mitgefühl für meinen Exmann anspringt dies als Alarmstufe Rot zu sehen, dass ich dabei bin schon wieder total coabhängig zu reagieren und mich selbst zu verlassen.

  • Das Mitgefühl bringt man besser sich selbst und seinen Kindern entgegen. Da ist es definitiv besser investiert.

    Das wirkt erstmal wahrscheinlich ‚hart‘ und ungewohnt, den Fokus auf sich selbst, sein eigenes Wohlergehen und die eigene Rettung aus der Situation zu legen, aber glaub mir, alles andere ist eine abschüssige Straße, in der das Drama immer schnellere Fahrt aufnimmt.

    Ich war so lange total entgegenkommend, verständnisvoll, hab mir alle Mühe gegeben und an das Gute geglaubt - mit dem Resultat, dass es mir im Nachhinein noch schlecht ausgelegt und Lügen über mich verbreitet wurden. Hätte ich mir alles sparen können.

    Konzentriere dich auf sich selbst und dein Kind, das dich braucht.

    Alles Liebe!

  • Direkt beim Jugendamt anrufen und das Problem schildern. Ich hab das damals auch gemacht. Die Dame war super kompetent und meinte "wenn Sie ihr Kind einen Alkoholiker zur Betreuung geben und es passiert was ist das Verletzung Ihrer Aufsichtspflicht." Da war ich sehr erleichtert. Es war auch meine größte Sorge dass er (oder meine Liebe Schwiegermutter für ihn) auf sein Umgangsrecht besteht und ich die Kinder völlig allein bei ihm lassen muss.

  • Liebe Joe,

    mir wurde beim Jugendamt das gleiche geraten:

    "wenn Sie ihr Kind einen Alkoholiker zur Betreuung geben und es passiert was ist das Verletzung Ihrer Aufsichtspflicht."

    Es ist jedenfalls ratsam da frühzeitig eine Meldung zu machen und die Familiensituation zu schildern. Das wird nämlich auch bei Gericht verwendet, die holen sich Infos vom Jugendamt. Und dann gibst du die Kinder nicht unbegleitet zum Vater. Er muss sich dann um sein Kontakrecht kümmern. Entweder es wird dann gemeinsam vereinbart, wer den Kontakt begleiten kann. Oder es geht vors Gericht und dort kannst du auf begleitete Umgänge bestehen. Du brauchst da auch kein schlechtes Gewissen haben. Er ist erwachsen und trägt die Verantwortung für sich selbst. Du schaust nur darauf, was die Kinder brauchen!

    Hole dir Informationen und Hilfe von außen, dann bekommst du einen Überblick, wie es funktionieren kann. Das macht es für dich einfacher.

    LG,

    Kintsugi

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • Das Sorgerecht hat nichts mit dem Umgang zu tun. Auch wenn er kein Sorgerecht hätte, hätte er recht auf Umgang. Alkoholismus gehört aber zu den wenigen Gründen, die ein Umgangsrecht einschränken. Ja, deine Beweise zählen und du verweigerst den Umgang ja nicht sondern schützt deine Kinder und stellst lediglich die Forderung, dass er eine Grundlage schafft, um Umgang zuverlässig haben zu können. Sprich, das Familiengericht könnte zum Beispiel tatsächlich anordnen, dass er Abstinenz nachweisen muss durch unangekündigte Urinproben etc. Aber soweit kommt es wahrscheinlich gar nicht. So hart und verletzend es ist aber meiner Erfahrung nach warten sie förmlich darauf, dass wir Frauen ihnen den Umgang verwehren. Dann können sie in Ruhe trinken, die Frau ist Schuld, dass er seine Kinder verloren hat, dadurch hat er noch einen Grund mehr noch mehr zu trinken und daran bist dann auch noch du schuld. Da musst du dich darauf einstellen... Ich hätte das vor der Trennung niemals gedacht, wie egal ihm nach kurzer Zeit bereits die Kinder sind...

  • Dem kann ich mich nur anschließen. Nach kurzer Zeit waren die Kinder unwichtig. Abschnittsweise klar war mein Mann sogar dankbar dafür, dass ihn seine Kinder nicht als Wrack sehen müssten. Seine eigenen Worte.

  • Noch ein Nachsatz: Alkoholismus ist schließlich eine Krankheit keine böse Absicht des Erkrankten. Und wenn zwischendurch klare Momente eintreten ist es dem Betroffenen furchtbar unangenehm was er tut und wie er wirkt. Insofern tut man nicht nur den Kindern einen Gefallen wenn sie ihn oder sie in den schlimmsten Momenten nicht erleben müssen.

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