Jump! aus dem Hamsterrad

  • Lieber Stromer, ach, weißt du: mein Mann hat ja schon seit vielen Jahren immer wieder längere nüchterne Zeiten. Also jeweils nach Rehas oder Entgiftung. Klar hoffe ich immer wieder diesmal wird daraus eine echte Trockenheit. Aber das Risiko gehe ich nicht mehr ein. Da bin ich ganz sicher mit meiner Entscheidung.

    Und nein, er wird keinerlei Hebel in Bewegung setzen, damit ich bleibe. Er versteht das.

    DAS ist der Grund weshalb ich so lange hier geblieben bin. Er zeigt sich ja immer wieder einsichtig, macht sehr viel um nüchtern zu bleiben. Er ist ein sanfter, zurückhaltender Mensch, kein Schwätzer. Aber jetzt ist eben der Punkt an dem ich ausziehe, weil ich für mich sorgen muss.

    Und falls er diesmal trocken wird, dann umso besser. Dann werde ich aber trotzdem sehr gerne in meiner eigenen Wohnung sein. Das ist jetzt dran.

    Stromer, ich finde überhaupt gar nicht, dass du meinen Faden in irgendeiner Weise zuspamst! Du kannst sehr gerne auch von dir selbst erzählen. Darum geht es doch hier. Jemand schreibt was und das erinnert mich an ein eigenes Erlebnis oder löst einen Gedanken aus. Und den schreibe ich dann. Aber klar kannst du im eigenen Faden manches noch vertiefen und hast es dann ja auch zum Nachlesen besser parat.

    orientiere Dich an den Eisdielen

    😂 Das finde ich, ist ein super Leitspruch für mich! Sozusagen mein emotionales Navi für die nächste Zeit.

    Aber jetzt nochmal zu dir: ich finde es so rührend, dass du deinen Stromer so tief in dein Herz gelassen hast. Ich glaube nicht, dass es bei Trauer ein Ablaufdatum gibt. Aber ich verstehe auch, dass du spürst, dass da vielleicht auch noch eine andere Bedeutung für dich drin steckt.

    Ich liebe meine Kater sehr. Aber ich muss sagen ich hatte vorher auch einen Herzens-Kater, zu dem die Verbindung sehr tief war und an den ich noch so oft denke. Da war was Besonderes. Das kann auch nicht ersetzt werden. Und zuerst wollte ich danach auch keinen anderen mehr. Aber da hat mein Mann gefragt ob denn mein Herz so klein ist, dass da nicht noch mehr drin Platz haben. Und so war es. Aber jeder Kater ist ganz anders.

    Und Stromer, Weinen ist doch auch etwas Gutes. Bei mir löst sich dann jedenfalls etwas.

    Alles Liebe, Jump! 🏵️

  • Wie geht es Dir? Bist Du in der Zwischenzeit umgezogen? Wie läuft es so bei Dir?

    Bei mir ist gerade eine schöne innere und äußere Ruhe eingekehrt.

    Die letzten Wochen waren anstrengend, wegen dem Umzug. Fast alle Möbel und Sachen sind nun drin. Dort wohnen kann ich aber erst ab Oktober. Ich freue mich, aber hab' auch ein bisschen Bammel. Alles fremd. Alles anders. Dann wiederum finde ich es super spannend. Kommt immer auf meine innere Verfassung an. Aber eigentlich bin ich mir sicher, dass ich mich dort wohl fühlen werde.

    Mein Mann ist nun in der Reha. Seine Resignation wechselt aktuell zu vorsichtiger Hoffnung, denn die Einrichtung gefällt ihm sehr. Eigenveratwortung wird dort groß geschrieben. Ich sag's mal in meinen Worten: die Klinik scheint keine Angst vor Abbrechern zu haben. Und lebt quasi ein Anti-Co-Konzept, indem es weder Kontrolle noch Schonung gibt, sondern die eigene Motivation verlangt und vorausgesetzt wird.

    Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mir überhaupt keine Hoffnung mache. Aber ich bleibe realistisch und plane für mich selbst alles so, dass ich nicht mehr auf ihn angewiesen bin.

    Im Moment will ich auch gar nicht mehr so viel nachdenken. Ich will einfach nach vorne schauen. Das Durchhaltevermögen, das mich so lange bei meinem Mann gehalten hat, das setze ich jetzt voll für mich selbst ein. Und wenn ich erst mal einen Weg eingeschlagen habe, dann verfolge ich den auch stur.

    Alles Liebe von Jump! 🏵️ die es sich zur Zeit gemütlich macht 🦦

  • Gerade ist mir etwas sehr wichtiges bewusst geworden: selbst wenn mir jemand eine 100%-Garantie geben könnte, dass mein Mann für immer trocken bleibt - selbst dann würde ich jetzt ausziehen. Weil ich einfach mal mit mir alleine sein will.

  • Sehr gute Einstellung Jump! ! Schau nach vorne, sorge für Dich selber, lass es Dir so richtig gut gehen, mach einfach mal Dinge, die Du sonst niemals machen würdest aber gerne möchtest! Wenn nicht jetzt, wann dann? Ein bisschen verrückt sein, passt zu Dir *finde ich*

    Du bist doch sicher nicht auf den Mund gefallen. Also ab ins (Eis) Cafe wo keine Plätze mehr frei sind und setz Dich irgendwo dazu und fang ein Gespräch an. Wenn Dir nichts einfällt, frag nach der Uhrzeit, selbst wenn da eine übergroße Uhr hängt. Das ist nett und kann extrem lustig werden. Ich bin ja ehr der verschlossene Eigenbrödler aber meine Frau ist das krasse Gegenteil von mir und bringt schon mal so etwas. So hat sie mich aus meinem Schneckenhaus geholt was mir sehr gut tut. Immer wieder neue nette Erlebnisse mit ihr.

    Eigentlich auch etwas für den internen Bereich aber ich erzähle es einfach mal, sind hier ja unter uns ;): Meine Frau habe ich über das Motorradfahren kennengelernt. Wir wohnten weit von unserem Elternhaus entfernt und ca. 30Km auseinander. Als wir uns so kennenlernen stellten wir fest, daß wir aus dem selben Dorf kommen, zur selben Schule gingen und den selben Freundeskreis hatten uns aber nicht kannten. Sie ist 2 Jahre älter als ich und ich habe mich einfach nicht für die älteren Mädels interessiert und sie sich nicht für die jungen Typen. So sind wir die vielen Jahre immer aneinander vorbei gelaufen und kannten uns gar nicht. Wir sind uns aber auch einig, daß wir uns damals niemals gemocht hätten. Uns musste erst das Leben und die vielen Rückschläge so prägen, daß wir heute so sind, wie wir nun sind. Und das ist auch gut so.

    Schau weiter nach vorne. Wie gesagt: kümmere Dich nur um Dich, lass es Dir mal so richtig gut gehen. Sei der wichtigste Mensch in Deinem Leben. Du hast Dir das verdient! :)

  • Also ab ins (Eis) Cafe wo keine Plätze mehr frei sind und setz Dich irgendwo dazu und fang ein Gespräch an.

    Oh je, nein 😳 das würde ich niemals machen. Nicht nur weil ich mich nicht trauen würde, sondern weil ich tatsächlich gerne so für mich alleine bin, mein Eis selig schlecke und die Leute beobachte. Im Gegenteil fange ich selbst an "zu fauchen" , wenn sich bei mir einfach jemand dazu setzt.

    Deine Frau und du, ihr seid ja echt ein gutes Team. Wart ihr denn schon zusammen als du noch getrunken hast?

    Ein schönes Wochenende von Jump! 🏵️

  • Hallo Jump

    Oh je, nein 😳 das würde ich niemals machen. Nicht nur weil ich mich nicht trauen würde, sondern weil ich tatsächlich gerne so für mich alleine bin, mein Eis selig schlecke und die Leute beobachte. Im Gegenteil fange ich selbst an "zu fauchen" , wenn sich bei mir einfach jemand dazu setzt.

    Da habe ich mich offensichtlich vollkommen falsch ausgedrückt, sorry. Oh weia, was denkst Du jetzt von uns :-| Natürlich setzen wir uns nicht einfach so irgendwo zu. Aber je nach Situation, wenn nichts frei ist und jemand schon signalisiert, das er fertig ist oder einfach so entsprechend Zeichen gibt, kommt es vor, daß wir uns dann dazu setzen. Ich wollte damit hauptsächlich ausdrücken, daß meine Frau mich verschlossenen Eigenbrödler unter Anderem so aus seinem Schneckenhaus geholt hat. Ich habe dadurch gelernt, das es schön ist und vor allem interessant, mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Natürlich setzen wir uns nicht einfach irgendwo dazu.

    Wart ihr denn schon zusammen als du noch getrunken hast?

    Ein schönes Wochenende von Jump! 🏵️

    Natürlich habe ich da schon getrunken. Jahrzehnte hatte ich da schon getrunken. Das ist allerdings wieder etwas für den internen Bereich.

    Ich war ja nicht der typische Alkoholiker sondern wusste gar nicht, das ich einer bin bzw. habe das verdrängt / wollte es nicht wahrhaben. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie lange ich süchtig bin, es müssen Jahrzehnte sein. Einerseits passt Alkohol gar nicht in mein Leben. Wie gesagt fahre ich schon seit Jahrzehnten Motorrad und war viele Jahre auch auf Rennstrecken unterwegs. Ich wandere aber auch sehr gerne und halte mich sehr gerne in der Natur auf. Das kann ich dann mit einem weiteren Hobby von mir, der Fotografie ganz toll verbinden. Zu dem allen passe Alkohol einfach nicht dazu. Anderseits war ich aber auch immer derjenige, der geschaut hat, daß er nicht mit dem Auto zurück Jahren musste, damit ich trinken kann. Seit ich 18 Jahre alt bin habe ich Alkohol als einschlafhilfe mißbraucht. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Auch als ich meine Frau kennen lernte. Ich habe mich ja nie richtig besoffen. Ich konnte ja durch die jahrelange sauferei ordentlich was vertragen, die 2 Flaschen Bier und der Liter Wein abends hat sie mir gar nicht angemerkt. Doof wurde es dann halt erst, als mein Körper auch tagsüber Alkohol wollte, ich aus Prinzip das aber nicht wollte. Den Rest hast Du ja sicherlich gelesen.

  • Ich war ja nicht der typische Alkoholiker sondern wusste gar nicht, das ich einer bin bzw. habe das verdrängt / wollte es nicht wahrhaben

    Doch das ist, geschweige denn das es keine typischen Alkoholiker gibt, ein typisches Symptom.;) Alkoholabhängigkeit ist unabhängig von Lebensstil, Bildungsniveau oder sozialem Status. Typisch ist nur, dass sich einige Alkoholiker davon abgrenzen wollen.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Über die Stelle war ich auch gestolpert, Stromer. Du warst wohl ziemlich lange (wie ich auch) ein irgendwie noch funktionierender und "unauffälliger" Alkoholiker, während andere laut Berichten hier vielleicht schneller in nicht mehr zu verheimlichende Exzesse abgerutscht sind, aber untypisch ist das auch nicht ....

    Aber ich ahne, was Du meinst: Bei dem Wort haben viele meist das Endstadium vor Augen, deshalb sträuben sich auch viele Betroffene, sich selbst so zu nennen.

  • Ihr beide habt natürlich vollkommen recht. Auch da habe ich mich wieder mal falsch ausgedrückt. Natürlich bin ich nicht nur ein bisschen Alkoholiker oder Teilzeitalkoholiker oder ein besserer Alkoholiker. Das sollte echt nicht so rüber kommen und war auch nicht so gemeint.

  • Das sollte echt nicht so rüber kommen und war auch nicht so gemeint.

    Alles Gut. Es ist nichts, was gepostet wird, als Angriff zu sehen. Wir unterstützen uns gegenseitig, damit wir so bleiben können, wie wir sind – "Trocken".

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Da habe ich mich offensichtlich vollkommen falsch ausgedrückt

    Hey Stromer, schon mal drüber nachgedacht, ob es vielleicht auch dein Gegenüber einfach falsch verstanden hat? 😜

    Und wenn schon, dann kannst du es ja klar stellen. Macht ja nix.

    Ist wirklich interessant, denn folgendes passt gerade gut zu meiner neuesten Erkenntnis:

    deshalb sträuben sich auch viele Betroffene, sich selbst so zu nennen.

    In Bezug auf Alkoholiker wird das ja oft geschrieben. Aber ich habe festgestellt, dass dies bei mir auch in Bezug auf Co-Abhängigkeit passt.

    Mit Co-Abhängigkeit habe ich Leute verbunden, die nicht Nein sagen können, nachgiebig sind, sich schnell schuldig fühlen, nicht allein sein können etc. Diese Eigenschaften werden ja auch oft damit verbunden. Und daher dachte ich: neee, ich doch nicht.

    Ich hatte mich jetzt nochmal beschäftigt mit den "Kriterien", die für Co-Abhängigkeit gelten und daher auf die verschiedensten "Tests", die es so gibt, zurück gegriffen. Ich fand da vieles sehr unspezifisch. Und dann ist mir klar geworden, dass es bei mir im wesentlichen auf folgende Punkte hinaus läuft, die dann wiederum sehr an Alkoholismus erinnern:

    • Das ständige gedankliche Kreisen um den Süchtigen
    • Körperliche Reaktionen wie Unwohlsein auf dem Heimweg, Unruhe, Schlafstörungen, Migräne
    • Das langsame Gleiten in die Co-Abhängigkeit über Jahre im Sinne einer zunehmenden Gewöhnung
    • Die "Ungläubigkeit" es zu sein
    • Die Überzeugung es passiert eine Katastrophe, wenn ich mich nicht mehr kümmere

    Ich hatte ja auch immer das Gefühl ich würde mich dann hinter dem Label "Co-abhängig" verstecken, so nach dem Motto: ich kann ja nichts dafür, ich bin halt so geprägt. Und das ist so gar nicht meine Einstellung.

    Was mich geärgert hat war, dass irgendwo stand, dass der Begriff co-abhängig umstritten sei, weil er ja eine Krankheit suggeriere. Und statt dessen "suchtbegünstigendes Verhalten" besser wäre. Also diesen Ausdruck finde ich noch unpassender, denn das hört sich für mich nach Schuld an. Und mein eigenes Leid, wird dann ja auch darauf reduziert was es mit dem Alkoholiker macht, anstatt die Auswirkung auf mich selbst in den Vordergrund zu stellen.

    Womit ich auch nichts anfangen kann ist, dass dieses Auf und Ab suchtähnlich sein soll. Ich war nie euphorisch oder glücklich, wenn mein Mann nüchtern war, ich war einfach nur beruhigt.

    Ha ha und jetzt zitiere ich mich selbst:

    selbst wenn mir jemand eine 100%-Garantie geben könnte, dass mein Mann für immer trocken bleibt - selbst dann würde ich jetzt ausziehen

    Und zwar weil ich viel zu lange um die Sucht meines Mannes gekreist bin. Deshalb halte ich es jetzt für wichtig auszuziehen, egal ob er trocken oder nass ist. Da muss wieder was ins Gleichgewicht gebracht werden bei mir. Und dafür brauche ich meinen eigenen Raum und eine klare Grenze.

  • Hallo Jump,

    Das ständige gedankliche Kreisen um den Süchtigen
    Körperliche Reaktionen wie Unwohlsein auf dem Heimweg, Unruhe, Schlafstörungen, Migräne
    Das langsame Gleiten in die Co-Abhängigkeit über Jahre im Sinne einer zunehmenden Gewöhnung
    Die "Ungläubigkeit" es zu sein
    Die Überzeugung es passiert eine Katastrophe, wenn ich mich nicht mehr kümmere

    die Kriterien, die du für dich zusammengestellt hast, passen auch auf mich. Damals in der Coabhängigkeit mit meinem ersten Mann. Außer die Ungläubigkeit.

    Dass sich mein Zustand " Coabhängigkeit " nannte und im Zusammenleben mit einem suchtkranken Alkoholiker " normal" war, also dass das ganz, ganz oft zusammengehört, das hat mich erleichtert. Denn da wurde mir immer mehr bewusst, dass ich nicht schuld an allem war sondern dass es eine Folge aus dem Suchtsystem ist.

    Für mich gibt es aber noch ganz viele weitere und auch sehr wichtige Aspekte, dass ich coabhängig werden konnte. Aber das ist ja klar dass Persönlichkeitsstrukturen und Prägungen auch eine Rolle spielen. Jedenfalls sehe ich das so.

    Womit ich auch nichts anfangen kann ist, dass dieses Auf und Ab suchtähnlich sein soll. Ich war nie euphorisch oder glücklich, wenn mein Mann nüchtern war, ich war einfach nur beruhigt.

    Ja, so war das bei mir auch.

    Viele deiner Beiträge lassen in meinem Kopf was abgehen. Positiv gesehen. Danke dafür.

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!