Einige Monate sind vergangen. Zunächst vielen Dank für das große Echo, die zahlreichen Antworten!
Jetzt schiebe ich das Gespräch mit meiner Frau über ihr Alkoholproblem schon mindestens ein Jahr vor mir her - keine Leistung, auf die ich stolz bin.
Gestern eskalierte die Situation. Sie hatte ordentlich getrunken und fand wie so oft den Weg in 's Bett nicht. Dann wollte sie um ein Uhr morgens eine weitere Büchse aufmachen. Sie musste am nächsten Tag arbeiten und mir platzte der Kragen, eigentlich ein Fehler. Ich nahm die Büchse schnell weg vom Tisch.
Sie rastete aus, schlug nach mir, trat nach mir und griff zur zufällig herumliegenden Bratpfanne, wohl, um mir das Ding über den Schädel zu ziehen. So lange wollte ich aber nicht warten. Ich ergriff links und rechts ihre Unterarme, um sie zu stoppen. Sie trat weiter nach mir. Schlagen konnte sie ja nicht, weil ich ihre Arme festhielt. So rangelte sie da hin und her, ich kam mir ziemlich blöde dabei vor. Ich versuchte sie verbal zu beruhigen. Das hatte natürlich keinen Erfolg. Schließlich ließen ihre Kräfte nach und ich konnte sie loslassen. Sie hatte an den Unterarmen blaue Flecken von meinem Festhalten und die Haut an einem Unterarm war eingerissen.
Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. So eine Szene hatten wir im Ansatz noch nie gehabt....und so eine Szene will ich auch nie wieder erleben.
Sie rief ihren Bruder im Ausland an, erzählte, ich hätte sie geschlagen. Das ist natürlich völliger Quatsch, ich habe noch niemals eine Frau geschlagen - und sie natürlich auch nicht.
Am Abend des nächsten Abend, sie war noch nüchtern, sagte ich ihr, mir täte diese Eskalation sehr leid, wir haben da beide ohne Verstand gehandelt - und DANN SPRACH ICH ENDLICH DIESES ZUGRUNDELIEGENDE ALKOHOLPROBLEM AN!
Das hätte ich schon vor Jahren machen sollen. Es war ein kapitaler Fehler, das so lange vor mir her zu schieben. Ich bin total erleichtert, dass es raus ist. Der Anfang ist also gemacht. Es ist natürlich so, dass meine Frau alles andere als begeistert von diesem "neuen Thema" ist. Anscheinend versucht sie jetzt, um jedes Wort zu feilschen. Ich bin sicher, das Thema geht jetzt erst richtig los.
Ich habe wahrscheinlich im Netz so ziemlich jeden Artikel gelesen, in dem von der Gesprächsführung mit Alkoholikern die Rede ist. Aber so überlegt und konzentriert, so freundlich und souverän, wie das dort immer empfohlen wird, kann ich das nicht.
Bis denn erstmal,
Schratte