Rituale beim Abschied vom Alkohol?

  • Liebe alle,
    wie habt Ihr Euer Trockenwerden für Euch gestaltet?
    Gab es da auch bewußte Aschieds-Rituale?

    Ich frage deshalb, weil ich mich dabei ertappe, dass ich Stück für Stück wichtige Utensilien entsorge, die zu meinem "nassen" Leben gehörten.

    Das hat sich so nach und nach einfach ergeben...... konkret:
    Zunächst habe ich vor ca. einem halben Jahr (als ich vom Kopf her aufhören wollte.... hat natürlich nicht geklappt) meinen hübschen gedrechselten Weinflaschen-Verschluss-Korken (für angebrochene Flaschen) und den versilberten Tropfenfänger in die Mülltonne geschmissen. Ich dachte, dadurch wäre mir das Aufhören erleichtert. Als ich nach zwei Tagen wieder anfing zu trinken (soll heißen: Wein zu trinken), vermisste ich diese Sachen schon. Habe es also irgendwie flasch angefangen, und mir ist jetzt klar, dass die Reihenfolge nicht stimmte!
    Im Dezember 2009, nach meinem Arztbesuch und der Vereinbarung mit ihm, mind. 14 Tage nicht zu trinken, um zu sehen, ob ich das schaffe (und ich habe es nicht geschafft....), habe ich dann meine mundgeblasenen Wein- und Sektgläser sowie die Cognacschwenker lustvoll zerschmissen. Manche von denen stammten noch aus der Ehe mit meinem Exmann, die traumatisch vor 10 Jahren endete, so dass ich auch dieses Kapitel damit endgültig hinter mir lassen konnte. Zwei große Burgundergläser habe ich bei edit für einen Euro vertickt.
    Das war schonmal ein sehr gutes Gefühl, keine schicken Gläser mehr zu besitzen. Was mich allerdings nicht davon abhielt, zwischen Weihnachten und Neujahr die restlichen Weinflaschen, die ich hier noch gehortet hatte, im Wasserglas zu mir zu nehmen...... So was beklopptes.
    Nun bin ich trocken und werde es bleiben.
    Gestern machte ich dann meinen Wohnzimmerschrank auf, und mein Blick fiel auf das leere edit -Weinregal aus unbehandeltem Fichtenholz, in das ich früher (in meinem anderen Leben) immer die Rotweine reinsortiert und vor allem täglich entnommen habe. Das brauchte ich ja nun nicht mehr, und in meinem offenen Kamin prasselte schon das Feuer.... ja, genau, dachte ich mir, und habe das Regal Stück für Stück den Flammen übergeben.
    Die Erleichterung könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen! Eine Riesen-Befreiung!! Ich musste wirklich lachen, als ich es knacken hörte - vor lauter Freude! :P

    Kennt Ihr sowas auch? Wie habt Ihr Euren Abschied von der Droge erlebt? Hat es Euch beim Durchhalten geholfen, falls der Trinkdruck wiederkam?

    Allen schöne Grüße und ein gemütliches Winterwochenende,
    Eure kindi

    edit keine werbung einfügen danke hartmut

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hab noch was vergessen, für alle Kaminbesitzer und ehemalige Weintrinker:
    Ich hatte noch so ein paar Weinflaschen-Überzieher aus so plisisiertem Stretch-Altpapier, in die man Flaschen zum Schutz einpacken kann, z.B. zum Transport oder zum Verschicken.
    Habe festgestellt, dass man auch dünnere Brennholz-Scheite sehr hübsch damit verpacken kann, sie brennen dann umso freundlicher herunter....!!!!!!!!
    :D:D:D

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hallo kindi,

    ich hatte kein Bedürfnis nach deratigen Ritualen.

    In dem Augenblick, in dem ich mir eingestanden hatte, dass ich krank bin und gleichzeitig wusste, dass ich nie mehr trinken wollte, war mir auch klar, dass ich dem Alkohol und alles was damit zusammen hängt, keinen Stellenwert mehr in meinem Leben einräumen wollte.

    Also alles in eine Mülltüte und weg damit - auf nimmerwiedersehen.

    Lieben Gruß
    Eric

  • als ich mich zu einem abstinenten Leben entschlossen habe,
    habe ich meine Cola-Gläser weggeworfen, aus denen hatte ich
    meinen Wein getrunken. Die Biergläser habe ich behalten,
    weil ich sie sowieso immer nur für die Fruchtsäfte benutzte

  • Ach nee!

    Da seht ihr mal, was für eine brave Co ich war/bin!
    Ich habe die ganzen Wein- und Biergläser und -krüge verpackt.

    Hat meinen Mann aber auch nicht vor den Rückfällen verschont. :cry:

    LG Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo Kindi,

    Abschiedsrituale hatte ich nicht. Ich habe zugesehen, daß ich umgehend mein Zuhause alkoholfrei bekommen habe. Den Vorratsschrank auf Lebensmitteln überprüft, wo versteckter Alk drin sein könnte. Rotweinessig oder Pralinen mit Alkaroma z.B. entsorgt. Aus Gläsern, aus denen ich sonst Alk getrunken habe, trinke ich nicht mehr.

    Zitat

    Hat es Euch beim Durchhalten geholfen, falls der Trinkdruck wiederkam?

    Mir hat es geholfen, daß ich direkt mein nahes Umfeld davon unterrichtet habe, daß ich Alkoholabhängig bin und es von meinem Tag X an gar keinen Alkohol mehr für mich geben darf. So wussten sie "Bescheid" und mich hat das von vorneherein nicht in unangenehme Situationen gebracht, wo ich mich hätte erklären müssen und mich so ggf. bei einem schlechten Tag gefährlich hätte werden können. Ich habe mir Gedanken drüber gemacht, welche Hintertüren bei aufkommenden Suchtdruck für mich gefährlich werden können. Die habe ich versucht frühzeitig zu schließen.

    Lg Mieken

  • Hallo Kindi.

    Abschiedsrituale hatte ich nicht, es ist mein erster Abschied vom Alkohol und ich hoffe sehr, mein einziger.

    Als ich an dem Punkt angekommen war, an dem ich mir meine Alkoholabhängigkeit bedingungslos eingestehen konnte, war mir auch überhaupt nicht nach solchen Zeremoniellen, danach, dem Alkohol ein "Schnippchen zu schlagen" oder den Abschied zu feiern. Ich fühlte und fühle mich klein und demütig. Ich habe ihn nicht unter Kontrolle und werde ihn nie kontrollieren können. Ich weiß, dass ich einen langen, nicht leichten Weg zu mir vor mir habe. Vielleicht haben bei mir diese Gefühle und Gedanken auch keine "Anfangseuphorie" aufkommen lassen.

    Mein Umfeld ist alkoholfrei und ich trinke keine Getränke direkt aus der Flasche, wie ich es in den letzten Monaten mit dem Wein getan habe. Die Assoziationen, die ich damit verbinde, aktivieren mein Suchtgedächtnis.


    Liebe Grüße von Jule

  • auch für mich gab es kein abschiedsrituale , ich trinke wenn es sein soll aus der Flasche , auch die Gläser wo ich früher Alkohol aus getrunken habe stören mich nicht heute da raus zu trinken , ich denke es ist Kopfsache und natürlich auch wie weit man schon ist seine Krankheit zu akzeptieren und nicht mehr trinken zu wollen.

    Frans.

  • Jule schrieb:

    Zitat

    Die Assoziationen, die ich damit verbinde, aktivieren mein Suchtgedächtnis.


    Ich denke, darum geht es mir ja. Also nicht darum, irgendwie zu feiern oder so. Ich bin nicht stolz darauf, mir meine Abhängigkeit nun endlich einzugestehen, es ist eher demütigend, immer noch. Je mehr ich mir drüber klar werde und vor allem auch nach außen damit gehe, desto besser geht das aber.
    In dem Sinne ist auch Jules Verhalten, nichts mehr aus der Flasche zu trinken, ein Ritual, wie ich es meinte.

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hallo kindi1,

    ich hab' natürlich jegliche Gläser, die man irgendwie mit Alkohol in Verbindung bringen könnte, an meinem "ersten Tag" weggeschmissen. In dem Moment war es für mich ein Fakt mehr, ab sofort nie wieder in meinem Leben Alkohol anzurühren und es hat mir damals gut getan - ich war der Sieger! Viel mehr zum wegwerfen hatte ich nicht.

    Heute (ist zwar erst der 8. Tag) sehe ich das alles ein bisschen entspannter.

    Ich kann ja auch nicht meine Küche in den Mülleimer werfen, weil das im Winter mein "Trinkplatz" war oder meinen Balkon abreißen lassen, weil es im Sommer immer so schön gemütlich mit dem Rotwein war! Auch alles Dinge, die für mich über die Jahre mit "Trinken" zu tun hatten und Orte, die ohne Alkohol nicht vorstellbar waren.

    Anfangs konnte ich meine Küche kaum noch betreten, ohne dass ich an meine Trinkerei gedacht habe. Ich hasste diesen Raum. Aber das Problem habe ich mit einem Eimer Farbe, einem Tag "klinisch sauber machen" und ein bisschen umräumen und dekorieren gelöst!

    Ich finde auch, dass ein leckerer Cocktail (natürlich alkfrei) im Sommer viel mehr zu genießen ist, wenn ich ihn aus einem schönen Glas ( und da gehört ursprünglich eigentlich Alkohol rein) trinke, als aus einem faden Wasserglas.

    Irgendwie glaube ich, dass man sich das Trockensein damit nur noch schwerer macht. Ich muss doch nicht die Gläser austauschen, sondern den Inhalt. Ich kann doch trotzdem noch "gepflegt" Flüssiges zu mir nehmen, aber eben ohne Alkohol.

    Und kindi1, Du solltest dann Deinen Kamin abreißen, oder ...? Ich glaube, das geht auch anders, weil es im Kopf passieren muß, die Dinge anders zu sehen.

    Das hört sich ziemlich klugsch... an, ich weiß, aber ich denke, dass es keinen Sinn hat, Dinge, Rituale oder andere Menschen für sein Trinkverhalten verantwortlich zu machen und mit dem Trockenwerden/sein zu entsorgen. Für das, was war und sein wird, bin nur ich alleine verantwortlich.

    Oder...?

    LG Tiffy

  • Zitat von Tiffany


    Das hört sich ziemlich klugsch... an, ich weiß, aber ich denke, dass es keinen Sinn hat, Dinge, Rituale oder andere Menschen für sein Trinkverhalten verantwortlich zu machen und mit dem Trockenwerden/sein zu entsorgen. Für das, was war und sein wird, bin nur ich alleine verantwortlich.

    Oder...?


    Hallo Tiffany,
    ich würde aus meinem Bierkrug "von damals" kein Wasser oder etwas anderes alkoholfreies trinken wollen.
    Für mich persönlich wäre das nasses Verhalten...erst kommt der Krug, dann das alkoholfreie Bier etc.pp. .
    Ich hab diese ganzen Kompromisse schon alle hinter mir und weiß das sowas für mich auf dauer nicht funktioniert.
    Ich finde es sehr wichtig mit Dingen oder Ritualen zu brechen, einfach um die Reize für das Suchtgedächniss so gering wie möglich zu halten.
    Klar, ist man letztlich für sich alleine Verantwortlich und sicher ist Willenstärke wichtig beim trocken werden/bleiben.
    Nur wir als Suchtkranke haben jahrelang keine/kaum Willenstärke gehabt, sonst hätten wir schon früher mal nein sagen können.
    Wenn man dann ohne Alkohol nun wieder so etwas wie innere Stärke empfindet, finde ich, das man diese demütig als Geschenk annehmen sollte und sie nicht unnötig immer wieder aufs neue Herrausfordert.
    Das Leben bietet auch so schon genug Herausforderungen.
    Viele Grüße
    Mario

  • Hallo Mario.

    Da hast Du gute Worte für das gefunden, was ich bei dieser Diskussion empfinde.

    Ich habe den Alkohol nicht besiegt, ich habe seine Macht über mich erkannt. Deswegen vermeide ich nach Möglichkeit das, was Verhalten aus meiner nassen Zeit ist.

    LG von Jule

  • hallo kindi!

    ich habe zu beginn alles entsorgt, was unmittelbar mit meinem saufen zu tun hatte: gläser vor allem natürlich.

    danach flog auch der rest langsam raus:

    untersetzer, korkenzieher, flaschenöffner, sektkühler... alle diese dinge.

    heute habe ich nichts mehr aus meinem früheren trinkerhaushalt, was ich mit dem alkohol in verbindung bringen würde. für mich war das wichtig..., denn es unterstrich auch meinen neuanfang.

    mein neuer flaschenkühler für heisse sommertage ist übrigens von einem mineralwasser-hersteller :)

    ja, es ist auch ein ritual... aber ein GUTES! denn es ist der anfang eines freien, selbstbestimmten lebens... da gönn´ ich mir doch gern ein paar rituale!!

    lieben gruss
    peter

  • Hallo Peter,
    danke für deine Rückmeldung - nun ja, ein paar Korkenzieher habe ich schon noch hier..... was, wenn Besuch kommt? Hm, am liebsten würde ich die auch einfach jetzt mal wegschmeißen.
    Der Kühlbottich für Weißwein kann auch sofort weg, danke, dass du mich auf die Idee gebracht hast.
    Ich denke nur selten an Alkohol und erfreue mich abends an meinem Käutertee (neues Ritual, Kerze, Stövchen, Glaskanne, bestimmtes Teeglas.....).
    Viele Grüße, kindi

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Hallo Kindi,

    Zitat

    nun ja, ein paar Korkenzieher habe ich schon noch hier..... was, wenn Besuch kommt? Hm, am liebsten würde ich die auch einfach jetzt mal wegschmeißen.

    ich habe ein alkoholfreies zu Hause und brauche deswegen keinen Korkenzieher. Für mich nicht und schon gar nicht für einen Besuch, ändere ich da meine Denkweise oder mein Schutz/alkoholfreies Umfeld. Es wird in meiner Wohnung kein Alkohol , egal von wem , getrunken.

    Rituale um Abschied vom Alkohol zu nehmen, hatte ich in meinen Trinkpausen gemacht. Ich hatte aber immer wieder wieder ein Ritual gefunden um wieder anzufangen :wink: Es ist kein Ritual, sondern eine Lebenseinstellung für mich ,nichts mehr zu trinken und alles dazu beizutragen das es so bleibt.

    Das waren mal mein Gedanken und Erfahrungen dazu.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Kindi
    Seit wann bist du trocken,wenn ich fragen darf?
    Ich habe 97 als ich das erste mal wirklich wegkommen wollte,freiwillig in eine Klinik ging,mein Bierglas entsorgt,demonstrativ die Bierkrüge zum wiederauffüllen abgegeben mit den Worten,ich Trinke nicht mehr.Ich sagte es damals nicht nur,ich wollte es auch.Genutzt hat es nicht wirklich,ich bin ganz langsam,aber wieder reingeschliddert.Dieses Mal habe ich dergleichen nicht getan,das Glas ist noch da,der Krug steht auch noch,dieses mal eher ein Mahnmal für mich,falls ich ihn mal sehe.Der Krug ist mir eher egal.Ich beschäftige mich mehr damit,wodurch ich wieder reingeschliddert bin,das war ich selbst und mein nicht Nein sagen können in vielen Situationen.Ich fühle mich im Vergleich zu damals viel unsicherer und denke das ist gut so.Meine Gruppe und das schreiben hier,helfen mir mich daran zu erinnern was ich nicht mehr will.Die befreiung muss meiner Meinung nach innen stattfinden.Ich arbeite noch daran,bin erst am Anfang,wünsche Dir alles Gute für Deinen Weg.
    l.g.
    Sylvie

  • Das einzig wichtige für mich ist momentan die Suchtmittelfreie Zone zu Hause. In meiner Vitrine stehen noch ne Menge Weizenbiergläser. Aus denen kann ich auch Apfelschorle trinken. Der Entschluss keinen Alk zu trinken ist wichtig für mich. Unsere SHG trifft sich auch in einer Gaststätte und auch dort gibts Apfelschorle aus Biergläsern. Daran stört sich niemand und einige sind schon 15 Jahre trocken. Die innere Überzeugung ist meineserachtens die Grundlage um bestehen zu können.

    »Entscheide Dich, ob Du leben oder sterben willst ... nur darum geht es« (aus "Die Verurteilten")

  • Ist ja eine interessante Diskussion hier!
    Ich stimme Euch zu, die innere Haltung ist das A und O. Dann sind die nach außen gerichteten Rituale eigentlich egal. Manchen hilft es wohl, anderen steht nicht der Sinn danach. Ist doch gut so. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen.
    Pusteblume, ich bin seit 8 Tagen trocken. Hört sich vielleicht kurz an, aber ich werde es bleiben. Frag mich in einem Jahr oder in zehn Jahren nochmal.

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

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