in einer Woche hab ich meinen ersten trockenen Geburtstag...

  • Hallo,

    ich bin der Marco und nun seit ca. 5 Monaten trocken.

    Nun ich weiß nicht wie ich das handhaben soll, am 5ten April hab ich Geburtstag und es ist mein erster trockener. :(
    Für mich stellt sich die frage gar nicht, ob bei mir im Haushalt getrunken werden dürfte, noch zu sehr habe ich so ein unsicheres Gefühl wenn ich jemanden trinken sehe. Oder es ist eher wie eine Gefühlsstarre, ich bin einerseits entsetzt, andererseits ist da so eine Unsicherheit, ob ich in der Lage wäre auf dauer (z.B. eine Party oder Gasthaus) zu wiederstehen.
    Sicher ist, dass ich mit dem Alkohol schon viel verloren habe und einiges auf dem Spiel steht. Selbst wenn mein Tiefpunkt irgendwann mal erreicht war, heißt es leider nicht dass die Inneren Kämpfe deshalb leichter werden.

    Laut meinen Freunden aus der SHG soll ich darauf verzichten erstmal dem Alkohol im offenen Kampf zu begegnen.

    So weit so gut.

    Jetzt kommt mir aber die ganze Sache recht seltsam vor.... je näher der Geburtstag kommt, umso melancholischer werde ich insgesamt, als würde ich in meinem inneren versuchen dem Alkohol nachzutrauern oder so was.
    Oder es kommen mir so komische alte Erinnerungen in den Sinn, sogar schon Schlaf wenn ich träume. Vor allem Ereignisse aus meiner nassen Zeit...

    Ich weiß nicht was ich davon halten soll, aber es macht mir Angst ! Ich will nicht mehr trinken !

    Weihnachten war es genau das selbe, nur habe ich damals gedacht, dass man sich nach 2 Monaten Trockenheit halt noch nicht so gut fühlen kann. Die Stimmung eher traurig usw wie oben beschrieben. Ich will gar keinen Geburtstag verdammt.....

    Dann rufen mich alle an, oder wollen mit mir dann feiern und ich will das alles gar nicht.. Ich komme mit der Situation gerade nicht klar....
    Schlimmer noch, ich wurde eingeladen zum lecker Essen in so ein italienisches Gasthaus. Am liebsten würde ich mich verkriechen und von diesem Tage nichts wissen wollen.

    Die Sache ist mir noch zu frisch und es fühlt sich gleichzeitig wie ein Sieg an wenn man schon fast halbes Jahr trocken ist, aber auch Verlust denn es folgen neue Probleme.

    So wie meine Emotionen gerade durcheinander sind, würdet ihr mir raten essen zu gehen (dort wird halt auch sicher getrunken...) ? oder soll ich es noch lassen und gemütlich daheim bleiben...
    Ich habe Angst, dass ich einen großen Fehler begehe wenn ich da auftauche.

    Nicht, dass mich die Melancholie überwältigt und ich nach dem Essen zur Tanke renne.... *grübel* Das würde ich mir sicher nicht so einfach verzeihen.

    Grüße Marco

  • Ja das wissen sie, und ich weiß dass auf unserem Tisch nichts alkoholisches stehen wird. Ich habe eher Angst, dass ich nachher auf blöde Gedanken komme. Oder dass ich emotional irgendwie ausbreche.... mir ist gar nicht danach zu feiern weißt....

    Ich habe die letzten Jahre eher katastrophale Erinnerungen an meinen Geburtstag.
    Man erinnert sich doch so gerne an die Errungenschaften des Jahres, nun bei mir hat man sich eher an Fehlschläge des Jahres zusammen mit damaligen "Freunden" und "Familie" erinnert und Sticheleien a la : "und wenn du 30 bist machst deinen Führerschein noch oder?" oder ähnliche sind des öfteren gefallen. Ich war so ca 8 Jahre auf allem möglichen unterwegs, von Cannabis bis Amphetamin, und danach rundete der Alkoholismus alles ab als ich mit Drogen aufhörte. Klar, dass da der eine oder andere blöde Spruch fällt...

    Zugegeben, ich würde da jetzt mit meiner Familie "feiern", aber es ist mit so vielen alten und leider schlechten Erinnerungen verknüpft dieser verhexte Tag....

    Ich würde mich am liebsten daheim einsperren, den Haustürschlüssel schlucken usw....
    Ich möchte nicht, dass es zu einem Unangenehmen Gespräch kommt über ein uraltes Thema und ich danach sauer werde oder ähnliches. Trotzgedanken inklusive dann....

    Und dann noch erschwerend dazu, der italienische Wein auf anderen Tischen.... und der Geruch einer Kneipe halt so wie mans kennt.

    Weiß echt nicht, aber wenn ich mir das alles so vorstelle, mag ich gar nicht mehr feiern.

    Grüßle

  • Hallo Marco, dann schluck lieber den Schlüssel und bleib daheim, wenn Du schon vorher so ein ungutes Gefühl hast und Dich nicht sicher fühlst, bei dem was Du tust. Vielleicht hast Du am nächten Geburtstag wieder ein gutes Gefühl für eine nüchterne Feier. Dein Unterbewusstsein sagt es Dir doch schon so deutlich, dann würde ich auch darauf hören. Riskier nichts..
    consuela

  • Hallo Marco,
    muss es denn wirklich das italienische Restaurant zum Geburtstag sein ? Warum feiert Du nicht bei Dir zu Hause ? Erkläre es doch, dann werden die anderen es hoffentlich verstehen. Oder Du sagst Deinen Geburtstag wirklich einfach ab und machst statt dessen z.B. einen Saunaabend.

    Herzlichen Glückwunsch zu ca. 5 Monaten Abstinenz ! Im ersten Jahr der Nüchternheit passiert vieles zum ersten Mal, das liegt in der Natur der Sache. Mit der Zeit werden diese Premieren aber weniger und damit wird es auch einfacher. Glaub mal, mir ging es ähnlich zu Beginn !

    Nicht umsonst wird hier übrigens auch dazu geraten in der ersten Zeit, also ung. im ersten Jahr, alle Orte zu meiden, an denen Alkohol konsumiert wird. Dazu gehört der Geburtstag beim Italiener um die Ecke meiner Meinung nach genauso, wie der laue Sommerabend im Biergarten :wink:.

    Grüße
    Tina

  • Hallo Marco,

    deine Alarmanlagen funktionieren und du kümmerst dich VORHER um deine Angelegenheiten, das finde ich prima.

    Wenn das innendrin für dich dieses Jahr einfach nicht stimmt, dann kannst du deinen Geburtstag ausfallen lassen.

    Kannst ja sagen, daß ihr eventuell vielleicht wenn es für dich stimmt mal im Sommer bei dir Kaffee und Kuchen haben könnte oder sowas - aber nur, wenn das für DICH stimmt. Müssen mußt du gar nix! Ist ja schließlich deine Sache.

    Nimm dich wichtig. Kein Fest ist es wert, daß du dich triggerst und hinterher mit Saufdruck rumrennst. Das muß nicht sein.

    Wenn dein Geburtstag ein gemütlicher Wohnzimmertag wäre, vielleicht mit Fernsehen oder hier im Forum lesen, dann ist das völlig in Ordnung.

    Viele Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Marco!

    Es ist dein Geburtstag und den solltest du so gestalten dass du dich wohlfühlst. Es bringt ja nichts sich anderen Leuten zuliebe in Gefahr zu begeben. Sie müssen es nicht ausbaden wenn du Suchtdruck bekommst.

    Es geht um dich und dein Wohlbefinden und wenn die Freunde das nicht einsehen sind es keine guten Freunde.

    Liebe Grüsse
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Danke für die viele Antworten, ihr habt mir Mut gegeben die Sache von der anderen Seite zu sehen !

    Für mich steht nun fest, dass es sicher keine schlechte Entscheidung ist die Sache erstmal abzusagen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich meine Angehörigen nicht enttäuschen möchte in dem ich einfach absage.

    Ich rede nochmals mit ihnen, das ist es scheinbar wert.

    @ Tina ja es ist in der tat wie eine Premiere und ich denke auch, dass da der Hund begraben liegt. Danke, dass du mir wieder Zuversicht geschenkt hast, denn sie ist das größte Geschenk für einen frisch trockenen Alkoholiker der es schwer hat zu glauben, dass alles auch irgendwie "ohne" geht und alles mit der Zeit anders wird. Ich danke dir !

    @Linde - die Alarmsache, hmm genau da frag ich mich manchmal ob ichs nicht mit der Angst übertreibe oder zu viel Angst in meinem Leben zulasse. Aber scheinbar ist das gesünder als ich wieder gedacht habe... :)

    Danke nochmals an alle für die schnellen Antworten, ich fühle mich jetzt schon viel besser !

    Ich sage einfach ab. Trocken bleiben ist mir doch das wichtigste, ich gehe lieber in ein AA Meeting an dem Tag um ein paar alte / neue Freunde zu treffen.

    Grüße Marco

  • @marco,

    ich habe diesen Geburtstag allein "begangen".
    Ich würde niemals auf die Idee kommen, dies mit anderen Personen zu "feiern". Ich bin nicht für andere Menschen abstinent - nur für mich.
    Ich spreche in der SHG oder im Forum vielleicht darüber, daß ich ein weiteres Jahr abstinent gelebt habe und akzeptiere dann gern Glückwünsche.
    Eine Party werde ich dafür sicher niemals ausrichten.
    So wichtig isser nun auch nicht, dieser einzelne Tag.

    In diesem Sinne : Herzlichen Glückwunsch ! und Gut !

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Danke für die lieben Wünsche ! :)

    Es ist in der tat besser so, ich feier heute mit einem Freund zusammen und es wird gekocht abends... und wir legen zusammen ein paar gute Schallplatten auf die Teller.

    Mit Musik kann ich sehr gut feiern, auch ohne Alkohol.

    Hauptsache ist, dass ich nicht gezwungen werde mich in eine Trinkerumgebung zu begeben, weil meine Familie mich dort gern
    eingeladen hätte.

    Ich habe es mit Tränen erklären müssen, dass es mir leid tut, weil ich
    mir vorkam wie ein Versager. Das nicht trinken können an sich ist kein
    Manko, sondern eher ein Gewinn für mich. Es ist einige Zeit vergangen, bis ich das kapiert habe. Nur gerade an einem Geburtstag, hmm da ist es in einem anders.

    Alles gute für euch auch und danke für die Hilfe, gute 24 !

  • Hi,

    Auch von mir alles Gute zum Geburtstag!

    Du bist das genaue Gegenteil von einem Versager, und mit der Zeit wirst Du das auch fühlen. Ich kenne das, man denkt, man hätte jetzt irgendwie seine Leute im Stich gelassen, aber meine Erfahrung zeigte mir immer, dass im Nachhinein niemand einen wirklich vermisst oder gar sauer auf einen ist, wenn man nicht zur Feier aufkreuzt. Und wenn man selbst die Verantwortung für seine eigene Trockenheit übernommen hat, ist man schon einen großen Schritt voraus.

    Viel Spaß heute Abend!

    Gruß, Bruce

  • Hi Muruk

    Alles Gute nachträglich zum Geburtstag.

    Total klasse, was du da so umgesetzt hast an deinem Geburtstag.
    Sich eine Schwäche einzugestehen ist immer schwer. Wenn man dabei noch im Mittelpunkt steht und Zweifel an dem Verständnis seiner Mitmenschen hat, dann ist das wahre Charakterstärke.

    Die Welt um einen herum kann manchmal echt mies ausschauen und auch das eigene Schicksal ist vor Talfahrten nicht gefeit, aber solche Leistungen werden früher und später belohnt! Davon bin ich überzeugt!

    Wenn du dich als Versager siehst, hast du offensichtich (auch ;) mit deinem Selbstbewusstsein deine Problemchen. Wird Zeit, dass du dich an der einen und/oder anderen Stelle mal vom Gegenteil überzeugen lässt.

    Hut ab!

    LG, Erik

  • Hi Krazzhoopper,

    Danke für die Glückwünsche !

    Ich interpretierte diese unfähigkeit zu trinken öfters mal als ein Manko oder eine Art Versagen, erstaunlicherweise immer erst dann, wenn ein Fest bevorstand wie mein Geburtstag. An Weihnachten und Silvester ging es mir ähnlich.

    Nur da konnte ich mich schön in ein Meeting verziehen und die Sache war in Ordnung. Abhauen löst die Sache aber nicht. Wenn dich dann jemand einlädt weil er sich erhofft, dass meine "Therapie" in der Klinik (Tagesklinik) wirksam war und ich mit Alkohol nun einfach so umgehen kann. Also im Beisein von trinkenden Widerstandsfähigkeit beweise.

    Nun da ich von euch weiß, dass ich das nicht muss, ist es eine megamäßige Erleichterung !
    Klar fühlte ich mich in dem moment wie ein Versager, wenn doch das "trinken" für andere Menschen so wichtig ist. Wenn auch nur zum angeblichen Genuss. Ich denke aber heute etwas anders.
    Mein einziges Versagen mir gegenüber lag darin, dass ich mit eigenen seelischen Problemen nicht umgehen konnte. Ich litt jahrelang ohne es zu wissen an wiederkehrenden Depressionen. Diese wurden immer stärker, der Alkohol spielte erst die letzten 3 Jahre eine Rolle, vorher war es die tägliche Kifferei die ich nach und nach sein ließ.

    Ich bemerkte diese Suchtverlagerung / Veränderung nicht bewusst, zumindest damals nicht. Heute staune ich selbst, wie ich das geschafft habe :)

    Aber ich habe gelernt, dass solange ich die Verantwortung für meine Krankheit übernehme, brauche ich mich nicht wie ein Versager zu fühlen.
    Seit ich in der Klinik war, geht es mir auch mit meinem Selbstbewusstsein nun viel besser.

    Ich kann tatsächlich so etwas wie mir selbst ein Ziel setzen, und es dann irgendwann erreichen.... wovon ich Jahrelang nicht so sehr überzeugt war.... alles erschien mir entweder als Glück oder Zufall, keineswegs die eigene Fähigkeit.

    Aber das haben Depressionen so an sich. :)

    Was ich super fand und ich immer noch Kraft daraus schöpfe ist, dass hier die Leute sehr schnell hilfreiche Antworten schrieben. Ich betrachte dies als mein Geburtstagsgeschenk, denn Hilfe kann man nicht mit irgendwas kaufen.

    Ich bin bereits Entlohnt, jeden einzelnen Tag, an dem ich aufstehe und dem Universum danken kann, dass ich existiere und alles nun irgendwie einen Sinn macht. Trocken, versteht sich.

    Gute 24

    Grüße Marco

  • glück auf marco

    Zitat von muruk HAi

    Ich bin bereits Entlohnt, jeden einzelnen Tag, an dem ich aufstehe und dem Universum danken kann, dass ich existiere und alles nun irgendwie einen Sinn macht. Trocken, versteht sich.

    n sehr schöner satz.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

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