Mitten im Leben und doch voll daneben

  • Ihr Lieben, danke für die wertvollen Tipps und Dir Karsten ein herzliches Danke Schön, weil Du Dich trotz Deiner angegriffenen Gesundheit hier weiter helfend einbringst. Carl Friedrich, Deine Strategie kann ich so voll mitgehen. Im Theater stehen die Leute schon in der Pause oft mit einem Weinglas in der Hand rum-da such ich mir mit meiner Liebsten halt eine ruhige Ecke und lasse sie zur Bar gehen. Im Kino genau so. Ins Restaurant geht es eh nicht so wahnsinnig oft. Ich werde versuchen, die entsprechenden Situationen zu meiden, wo es nur geht. Das vergangene Wochenende ging gang leicht vorüber, keinerlei Suchtdruck. Leider hat mich diese hartnäckige Erkältung wohl immer noch im Griff und das nun schon seit fast 4 Wochen. Sport geht im Moment gar nicht. Dafür habe ich heute Nacht 10 Stunden tief und fest geschlafen. Ich habe angefangen Tagebuch zu schreiben und mich darin damit auseinandergesetzt, wie ich eigentlich mit Alkohol im Berührung gekommen bin. Im Endeffekt lande ich immer wieder in der Auseinandersetzung mit meinem verstorbenen Vater, den ich entweder nur besoffen oder krank kannte. Mal schauen, ob dieses Bewusstmachen mir hilft. Danke für die Unterstützung Marius

  • Hallo Marius,

    ich finde es erstmal prima, daß Du bzgl. Deiner Verhaltensweisen vollkommen offen schreibst, ungeachtet der möglichen Reaktionen von anderen Usern.

    Egal, wie abgeklärt das hier manchmal klingen mag, aber zu Beginn der Abstinenz hatten wir alle noch dieses sogenannte nasse Denken intus und gewisse Gefahren noch gar nicht auf dem Schirm. Es ist ein Lernprozess und wenn man sich vor Augen führt, daß man sich über Jahre hinweg in die Abhängigkeit gesoffen hat, ist es mMn. logisch, daß es auch eine gewisse Zeit dauert, risikobehaftete Verhaltensmuster abzulegen.

    Risikominimierung ist essentiell wichtig - das bedeutet allerdings nicht, daß Du zum Einsiedler werden mußt und Dein restliches Leben mit Gesellschaftsspielen zuhause verbringen sollst.

    Theorie und Praxis sind zwei verschiedene paar Schuhe. Theoretisch kann ich jeden Ort meiden, an dem mich Saufdruck überkommen und ich in die Lage kommen könnte, diesem nachzugeben...praktisch scheitert das schon an der Tankstelle.

    Mir scheint es viel wichtiger zu sein, auf gewisse Situationen vorbereitet zu sein, um entsprechend gegenlenken zu können.

    Wir hatten ja schon das Thema Kontrollinstanzen...dabei geht es nicht darum, die eigene Verantwortung abzugeben à la "Kannst Du bitte auch mit drauf achten, daß ich nicht wieder trinke", sondern darum, sich ein gewisses Sicherheitsnetz aufzubauen.

    Nur, das das richtig ankommt - ich rate nicht zur absichtlichen Konfrontation mit dem Alkohol, wie Du sie oben beschreibst. Ich will nur davor warnen, so zu tun, als könnte man jeglichem Kontakt mit dem Alkohol aus dem Weg gehen - das ist aus meiner Sicht nicht möglich.

    Vielleicht nur ein Beispiel:

    Eine Eisdiele bringt man nicht unbedingt mit dem eigenen Trinkverhalten in Verbindung...trotzdem wirst Du in vielen Eisbechern auch Liköre finden und eine unachtsame Bestellung kann Dich Deine Abstinenz kosten.

    Jetzt bin ich garantiert der Letzte, der Dir raten wird, Eisdielen deshalb zu meiden...Du mußt Dir nur vorher über die Risiken klar sein, Dir bewußt machen, daß da eine gewisse Gefahr lauert.

    Oder, um es vielleicht kürzer zu formulieren:

    Gefahren einschätzen und richtig beurteilen halte ich persönlich für wesentlich wichtiger als so zu tun, als könnte ich mir einen eigenen Mikrokosmos ohne Alkohol schaffen.

    Oder anders formuliert: Saufkneipe definitiv nein - Bistro, Theater und Kino halte ich dagegen mit den entsprechenden Vorkehrungen (z.B., indem man nicht alleine dort hingeht, sondern jemanden mitnimmt, der über die eigene Alkoholkrankheit Bescheid weiß - und damit meine ich keinen alten Saufkumpan) für durchaus machbar.

    Schönen Gruß und schöne Zeit (und gute Besserung)

    Andreas

  • Hallo Marius,

    Zitat

    Und egal, ob es im Theater ist, im Kino oder im Restaurant, da wird überall Alkohol konsumiert. Wie macht Ihr denn das?


    Also meine Begleitungen in Restaurants oder im Theater wissen von meinem Alkoholismus oder besser: von meinem Wunsch, keinen Alkohol zu konsumieren.
    Ich habe niemals jemanden gebeten nichts zu trinken, wenn er mit mir zusammen ist. Allerdings wissen alle, dass sie in meinem Haus keinen Alkohol bekommen. Und wenn ich mal unterwegs bin, ist es bisher so gewesen, dass meine Begleitung nichts trank, weil keine Gesellschaft zum Trinken da war oder weil es einfach nicht so wichtig war. Entspannt und unerhaltsam waren die Konzerte oder andere Events dann trotzdem.
    Weil Andreas es hier anbringt, die Tankstelle war für mich ein sehr neuralgischer Punkt. In den ersten Jahren fuhr ich sie ganz bewusst nicht abends an, weil ich früher regelmäßig abends nochmal Bier für mich dort holte.
    Morgens hatten die Sixpacks im Regal eine ganz andere Wirkung (nämlich fast keine) auf mich.
    In den ersten Wochen ging ich erstmal gar nicht im Supermarkt einkaufen, später nur in Begleitung. Das funktionierte wahrscheinlich deshalb, weil ich von mir, meinem Alkoholismus und meiner damals durchaus vorhandenen Unsicherheit, trocken bleiben zu können, erzählte.

    Viele Grüße,
    Penta

  • Hallo Leute, hallo Carl Friedrich, jetzt musste ich aber doch herzlich lachen. Da hat mir der gute Carl Friedrich doch sinnbildlich die Ohren lang gezogen, weil ich mich in der Anfangsphase meiner Abstinenz zu vielen Risikosituationen aussetze. Ich bin froh über diese Direktheit. Da wird nicht rumgeeiert, sondern klar darauf hingewiesen, was ich da für ein gefährliches Spiel treibe. Und dann gerate ich zufällig in Carl Friedrichs erste Posts aus dem Jahr 2015 und siehe da: der gute hat nicht nur den selben Mist veranstaltet, wie ich (Stammkneipe besuchen etc..), nein, er hat von den anderen auch genau so auf die Ohren bekommen;-)).
    Das weckt in mir doch große Hoffnungen im Bezug auf die Lernfähigkeit auch des alkoholkranken Menschen.
    Ich habe mir vorgenommen, auch vorerst nicht ins schönste Stadion der Welt zu meinem schwarz-gelben Lieblingsverein zu gehen. Die schönen Stunden in der gelben Wand verbinde ich doch sehr mit literweisem Biertrinken. Ich habe mir den Bezahlsender abonniert und verbringe den Samstag dann lieber mit einer Tasse Kaffee vor der heimischen Glotze. Da ich z.Z. grippebedingt kaum aus dem Haus kann, hält sich der abendliche Suchtdruck auch einigermaßen in Grenzen. Gruß an alle, Marius

  • Zitat von Marius52

    Und dann gerate ich zufällig in Carl Friedrichs erste Posts aus dem Jahr 2015 und siehe da: der gute hat nicht nur den selben Mist veranstaltet, wie ich (Stammkneipe besuchen etc..), nein, er hat von den anderen auch genau so auf die Ohren bekommen;-)).
    Das weckt in mir doch große Hoffnungen im Bezug auf die Lernfähigkeit auch des alkoholkranken Menschen.

    Hallo!

    Da siehst Du mal, welche Entwicklungen möglich sind, auch bei dir. Trockenheit muss man erlernen und sich erarbeiten. Das dauert nun mal. Sie fällt einem nicht in den Schoß. Wichtig ist, den Risiken so gut es eben möglich ist, aus dem Weg zu gehen. Das ist dann schon die halbe Miete. Das Prinzip scheint bei dir angekommen zu sein. Freut mich.

    Gruß Carl Friedrich

  • Hallo Marius,
    nur mal als Anregung, weil meine Anfänge hier vor über sieben Jahren im Geschlossenenbereich zu lesen sind:
    Ich bin gerade in einer fremden Stadt mit 15 fremden Leuten auf einem externen Lehrgang. Heute erster Tag, das Programm ging ich bin gerade in einer fremden Stadt mit 15 fremden Leuten auf einem externen Lehrgang. Heute erster Tag, das Programm ging bis 18:45 Uhr.
    Nun das übliche, man hat sich zum Abendessen verabredet in irgend so einem Brauhaus in der Innenstadt. Und ich? Gehe nicht mit. Bin jetzt hier auf meinem Zimmer und fühle mich wohl.
    Vor dem Alkohol habe ich keine Angst, aber Lust auf die bekannte Atmosphäre dort auch nicht. Erklärt habe ich nichts, denn auch darauf hatte ich keine Lust. Mir ist nur wichtig, dass ich mit mir selbst im Reinen bin. Und wozu etwas riskieren, was nicht not tut? Darin sehe ich keinen Sinn.

    Und auch wenn ich mich als stabil einschätze und wieder sucht Druck hatte noch einen Rückfall - keine Ahnung, ob nicht eine Kombination aus Müdigkeit, neuen interessanten Menschen, und eine Erinnerung an unzählige solcher Abende in meinen Rezeptoren irgendeinen Mist verursachen kann.
    Ich habe keine Lust, es herauszufinden. Gute Nacht.

    LG viola

    Da, wo es piekt, da geht es lang!

  • Oh ja, Fortbildung in einer fremden Stadt und abends in die Hotelbar. Mensch, da habe ich über die Jahre viele Dinge erlebt und auch mitgemacht. Für einige schäme ich mich heute noch.
    Ich war beim Hausarzt und habe ihm erklärt, dass es mir in vielen Jahren nun endlich gelungen ist, ein massives Alkoholproblem zu entwickeln. Er hat mich gefragt nach der Entwicklung der Trinkmenge, nach Trinkgelegenheiten und -verhalten, nach Abstinenzversuchen und Dosisreduktion. Als ich ihm alles berichtet hatte, hat er mich angeschaut und gesagt: Es sieht so aus, als wäre die Abstinenz für Sie der richtige Weg. Kein Beschönigen, kein Dramatisieren. Dann hat er mich nach meinen Plänen befragt und ich habe vom Forum berichtet, meinen Versuchen zur Risikominimierung und Rückfallprophylaxe. Schließlich meinte er, ich habe den richtigen Weg eingeschlagen, bei dem er mich gerne unterstützen würde. Die körperliche Untersuchung inkl. Ultraschall war ohne Befund, die Blutwerte bekomme ich am Freitag.
    Puh, jetzt geht es mir besser. Habe mir schon einen ziemlichen Kopf gemacht, was der von mir denkt, usw.. Bzgl. Abstinenz geht es mir weiterhin richtig gut; kein Saufdruck und eigentlich im Moment ganz gute Stimmung. Morgen geh ich mit meiner Frau zu einem klassischen Konzert und am Freitag haben wir einen Tisch in einem tollen Restaurant reserviert. Meine Frau wird dort auch auf Alkohol verzichten. Aber ich glaube eh nicht, dass mir das dort Probleme bereiten würde. Aber sicher ist sicher.
    Hat jemand noch einen Tipp für ein gutes Buch über Alkoholabhängigkeit?
    Gruß
    Marius

  • Hallo Ihr Lieben, herzlichen Dank für die Tipps. Ich habe ein paar der Bücher bestellt und werde darüber schreiben, sobald ich was gelesen habe. Heute ist Tag 50 meiner Abstinenz und ich fühle mich im Großen und Ganzen gut. Saufdruck habe ich nicht oft und auch nicht sehr stark. Ich bin aber darauf vorbereitet, dass das sich blitzschnell ändern kann. In zwei Wochen wollen meine Frau und ich für eine Woche nach Portugal. Wir haben ein Auto gebucht und machen eine Rundreise durch den Norden. Meine Frau will im Urlaub auch komplett auf Alkohol verzichten. Das tut sie ohnehin in meiner Anwesenheit. Wir sind darauf eingestellt, die Abende eben nicht wie früher in irgendwelchen Bars zu verbringen, sondern haben viel Lesestoff dabei, um die Zeit zu füllen. Ich fühle mich im Moment auch immer noch top motiviert und glaube, dass ich die Woche auch ohne Alkohol gut schaffe. Unser Ausgehverhalten hat sich in den letzten Wochen sehr verändert, in der Form, dass wir viel mehr zu Hause sind und eher zum Essen in gute Restaurants gehen, bzw. ins Theater, in die Oper und ins Kino. Den Besuch von Kneipen meiden wir komplett.
    Ein Problem zeichnet sich ab: Meine Frau und ich haben eine gemeinsame gute Freundin, die wir oft besuchen und die auch oft zu uns kommt. Die Dame raucht, wie ein Schlot und hat ein grenzwertiges Verhalten in Bezug auf Alkohol. Da gab es in der Vergangenheit auch schon einige hitzige Diskussionen, was insbesondere das Rauchen angeht. Sie hat uns bei sich zu Hause schon öfters ganz schön zugequalmt, so dass wir versucht haben nur im Sommer zu ihr zu gehen, wenn wir auf der Terrasse sitzen konnten. Sie verlangt quasi von uns, dass wir ihr Gequalme akzeptieren und ertragen sollen. Früher hat sie wohl auch Drogen genommen, heute nicht mehr. Ab und zu fallen dann Sätze, wie: "Ich habe doch ein Recht auf einen Rausch", etc..
    Meine Frau und ich glauben beide, dass sie eigentlich ziemlich unglücklich ist mit ihrer kompletten Lebenssituation. Würde sie aber nie zugeben. Jetzt haben wir in den letzten Wochen aufgrund meiner Erkältung die gegenseitigen Besuche eingestellt. Sie weiß von mir, dass ich meinen Alkoholkonsum als kritisch einschätze und in der Vergangenheit schon mehrere Abstinenzpausen eingelegt habe. Dass ich jetzt völlig abstinent leben will, weiß sie noch nicht. Klar ist, dass ich ihr bei uns zu Hause keinen Alkohol mehr anbieten werde. Ich kann mir aber auch z.Z. nicht vorstellen, sie bei sich zu Hause zu besuchen und ihr zuzuschauen, wie sie sich 2 Liter Rotwein reinkippt. Ich werde wohl nicht umhin k0ommen, ein klärende Gespräch mit ihr zu führen und dann wird sich ja zeigen, ob sie willens ist einen alkoholfreien Kontakt mit uns zu haben oder eben nicht. Da hat meine Gesundheit wirklich Vorrang.
    Frage an alle: Habt Ihr Euch eigentlich auch von guten langjährigen Freunden verabschiedet? Habt Ihr auch erlebt, dass andere Eurer Abstinenz kritisch oder ablehnend gegenüber standen?
    Wie geht Ihr generell damit um, wenn andere ihr Trinkverhalten bagatellisieren? Geht Ihr in die Diskussion und lasst ihr sie quatschen und beendet den Kontakt?

    Schönen Sonntag
    Marius

  • Hallo Marius,

    ich gratuliere zu Tag 50!
    Auf dass es so weiter geht.

    Der größte Kritiker in meiner Anfangszeit
    war dummerweise mein eigener Bruder.
    Er kam einfach nicht damit zurecht,
    dass ich diese Sache durchziehe.
    In dieser Zeit musste ich den Kontakt etwas
    heruntergefahren, um auf meinem Weg zu bleiben.

    Mittlerweile hat er sich an meinen Zustand gewöhnt.
    Unser Verhältnis ist wieder entspannt. Meist zumindest.

    Viele Grüße
    Correns

  • Hallo!

    Urlaub nach 50 Tagen? Eine Herausforderung für einen frisch Abstinenten. Das Suchtgedächtnis wird sich wahrscheinlich mehrfach und heftig melden. Warum? Du dürftest im Urlaub stets ordentlich gebechert haben. Also bereite dich mal gedanklich darauf vor, dass sich der Druck spätestens in Situationen melden wird, in denen Du früher typischerweise getrunken hast. Habe das bitte vorher auf dem Schirm und entwickel bereits jetzt eine Gegenstrategie. Vorbereitung ist das A&O.

    Ich gehe mal davon aus, dass sich womöglich gleich einige Forianer melden, um darauf zu verweisen, dass sie in den ersten Jahren gar nicht im Urlaub waren. Ich habe meinen ersten Urlaub nach 5 1/2 Monaten gemacht und bis auf eine kritische Situation dank entsprechender Vorbereitung gut überstanden. Nur sind wir nicht in einem AI-Hotel oder Hotel mit Verpflegung abgestiegen.

    Nimm dir 2 der bestellten Bücher mit in den Urlaub und lies regelmäßig darin. Dann entfernst Du dich gedanklich nicht so sehr von deiner "Baustelle".

    Diskussionen mit Herrschaften, die selbst einen grenzwertigen Alkoholkonsum pflegen, kannst Du ja mal ausprobieren. Meine Erfahrung: Sie bringen nichts. Lass sie also weiter saufen bis sie selbst innerlich so weit sind, sich zu ändern. Ich habe bei solchen Gesprächen bemerkt, dass solche Leute rasch versuchen, das Thema zu wechseln. Ich hatte wohl einen wunden Punkt getroffen.

    Oder hättest Du in der Spätphase deiner aktiv konsumierenden Zeit eine intensive Diskussion über die Schädlichkeit des Alkohols und deiner "Schlagzahl" führen wollen? Eher nicht.

    Kontakte zu trinkfreudigen Herrschaften sind bei mir ausgelaufen, Abbruch wäre ein zu harter Ausdruck. Er wurde einfach nicht fortgesetzt. Und glaub mir, es fehlt mir nichts. Meine Welt ist jetzt anders als früher.

    Da die besagte Dame eine gute Freundin von euch ist, kannst Du sie ja einweihen. Mal schauen, wie sie reagiert.

    Einen notorischen Luftverpester würde ich nicht in meine Bude lassen. Er/sie darf dann auf dem Balkon/Terrasse der Nikotinsucht frönen.

    Abschließend möchte ich auf einen guten Spruch einer bekannten Komödiantin und Entertainerin verweisen: "Ich bin mittlerweile zu alt, um Dinge zu tun, an denen ich keine Freude habe." Recht hat sie.

    Schönen Urlaub

    wünscht Carl Friedrich

  • Hi,
    Glückwunsch erstmal zu deinen 50 Tagen.Wie Carl-Friedrich schon schreibt verliert sich im Laufe der Zeit der Kontakt zu leuten die grenzwertig Trinken.Ist bei mir jedenfalls so.Die Geburtstage meiner Geschwister besuch ich auch meist zum Kaffee und wenn der Alkpegel steigt kann ich jederzeit gehen.Kneipen meide ich nach wie vor.Nur ab und an in eine Frühstücksgaststätte wo vorwiegend Handwerker verkehren und es dort nur um Kaffee und Frühstück geht.
    atze

  • Hallo Marius,

    ich bin in der ersten Zeit Situationen/Gruppen und auch trinkenden Freunden aus dem Weg gegangen, um mich erstmal zu stabilisieren. Ich wusste am Anfang noch gar nicht so richtig, wo es für mich lang ging, und hatte Angst, dass andere mich verunsichern würden. Nach und nach habe ich dann auch wieder Verabredungen getroffen, war aber Freunden gegenüber offen, dass ich nicht mehr trinke. Mit einigen habe ich mich dann auch nicht mehr getroffen, weil es dann einfach nicht mehr gepasst hat. Das war meine neue Freiheit: kein Alkohol mehr, und die Entscheidung darüber, mit wem ich meine Freizeit verbringen will. Mein soziales Leben ist seither tatsächlich nicht ärmer, sondern reicher geworden, weil meine Freundschaften eine neue Qualität gewonnen haben.

    Ich freu mich für mich, dass du beim Arzt warst und dort eine positive Erfahrung gemacht hast.
    Zusätzlich zur Lektüre und zu diesem Forum kann ich eine reale SHG auch empfehlen.

    Ich wiederhole nochmal meine Frage von meinem letzten Eintrag bei dir: was konkret hast du in deinem Alltag geändert, seit du nicht mehr trinkst?

    Viele Grüße und dir einen guten Start in die neue Woche.

    Thalia

  • Hallo Marius!
    Ein verspätetes Willkommen im Forum😊
    Zu Deiner Frage: ich habe eine lange Weile niemanden besucht, der Alkohol im Haus hat. Die erste Zeit haben wir auch niemand eingeladen. Ich wollte die Krankheit und das Trockensein erstmal für mich klarkriegen. Später haben wir dann anders eingeladen. Zum Frühstück. Da spielt Alkohol keine Rolle und ich könnte sozialen Kontakt nüchtern erstmal einüben, ohne gleich meine Krankheit zu thematisieren. Das hab ich dann später gemacht. Die Freundschaft hab ich niemand gekündigt, ich hab die Kontakte eben angepasst. Aber ich muss dazusagen, dass auch keiner meiner Freunde und Bekannten viel trinkt.
    Viele Grüße
    Calida

  • Hallo Marius,

    ich heiße Dich auch noch herzlich willkommen. Bin momentan auch in der Phase dass ich einen trinkenden Bekanntenkreis habe, der sich über die Jahre aufgebaut hat als ich selbst noch trank und ich nun Kontakte aussortieren, wegschieben, verringern oder verändern will.

    Genau dies hatte ich bei meinen letzten "Versuchen" aufzuhören bzw. Trinkpausen mit voraussehbarem Ende immer falsch gemacht. Das Umfeld nicht meinen Bedürfnissen (kein Alkohol in der Nähe) angepasst und hatte deshalb IMMER früher oder später auch wieder die Flasche in der Hand.

    Von einigen "Freunden" / Bekannten wie auch immer wird man sich ohne Zweifel verabschieden müssen bzw. hat so manche Bekanntschaft wohl gerade der Alkohol zusammengebracht oder zusammengehalten.

    Im Grunde weis ich, mit welchen Leuten ein Treffen sowieso keinen Sinn macht in Bezug auf alkoholfreies Umfeld. Und wo ich eine Chance sehe, suche ich das Gespräch und erläutere / erkläre meine Situation. Falls dann akzeptiert wird dass bei mir kein Alkohol konsumiert werden darf, kann mich der Freund dann auch besuchen.

    Was ich aber auch schon lernen musste war, dass dies ohne Ausnahme zu gelten hat da ich mich sonst selber in Gefahr bringe.

    LG Christian

  • Hallo Leute, heute ist Tag 55, ich habe heute frei, habe ausgeschlafen und fühle mich richtig wohl!
    Mein Alltag hat sich schon sehr verändert, seit ich nicht mehr trinke. Es ist viel ruhiger geworden. Als ich noch getrunken habe, habe ich mir tagsüber auf der Arbeit schon überlegt, wie und wo ich abends mein Trinken gestalten wollte. Oft habe ich meine Frau dann mehrmals pro Woche aus dem Haus in irgendeine Kneipe getrieben, auch wenn sie schon total erschöpft von der Arbeit kam. Es hat mich sehr oft rausgetrieben, irgendwo hin, wo es was zu saufen gab und wo was los war. Dann habe ich mir in der Kneipe schon mal eine Flasche Wein in den Kopf gehauen. Wenn wir dann nach Hause gekommen sind, hat sich meine Frau ins Bett verabschiedet und ich brauchte noch einen oder mehrere Absacker. Dann war nochmal mindestens eine halbe Flasche Wein fällig oder 2 bis 3 Grappa, oder, oder, oder... Letztendlich war ich sternhagel voll und wußte oft gar nicht mehr, was ich eigentlich im TV gesehen hatte und wie ich überhaupt ins Bett gekommen bin. Das ist vorbei, Mann, bin ich froh!!!
    Heute gehen wir nicht mehr so oft aus, in Kneipen schon mal gar nicht. Wir gehen ins Theater, ins Kino, in die Oper, etc. meistens nur am Wochenende. Drei Mal in der Woche gehen wir am frühen Abend ins Fitness, essen danach was Leckeres, sehen fern oder lesen. Ich sitze abends noch manchmal am PC und surfe im Forum rum. Komischerweise fehlt mir das Ausgehen gar nicht, obwohl ich das viele Jahre so praktiziert habe. Die Kontakte fehlen mir auch nicht, war sowieso meistens nur völlig oberflächlich und hatte fast immer mit Alk zu tun. Ich habe ein großes Bedürfnis nach Ruhe, Entspannung und Konzentration auf den Prozess der Abstinenz. Ich lese viel darüber. Da ich Fußballfan bin, habe ich mir jetzt das Buch von Uli Borowka "Volle Pulle" bestellt, in dem er über sein Leben als alkoholkranker Fußballprofi berichtet.
    Wie gesagt, die Bude ist natürlich alkoholfrei, wenn Besuch kommt, gibt es natürlich auch nur alkoholfreie Getränke. Ich stelle fest, dass ich auf der Arbeit deutlich leistungsfähiger bin. Ich vergesse nicht mehr soviel, kann mich viel besser konzentrieren, habe keine Angst mehr aufzufliegen und entwickle langsam wieder Spaß an der Arbeit.
    Gesundheitlich geht's auch besser. Der jahrelange Durchfall ist endlich weg, der ständig geblähte Bauch ebenso. Meine Blutwerte sind in Ordnung und ich fühle mich auch körperlich wieder leistungsfähiger.
    Und meine Frau sagt mir ständig, wie froh sie ist. Sie hatte wohl die Horrorvorstellung, im Alter plötzlich alleine dazustehen, weil ich mich tot gesoffen habe.
    Also, ich bin sehr froh darüber, bis hierhin gekommen zu sein. Der Saufdruck hält sich in Grenzen und ich bin optimistisch.
    Ich habe mit mir selbst vereinbart, dass ich, wenn ich es diesmal wieder Erwarten nicht schaffen sollte, zu einer SHG vor Ort gehen werde. Aber mal abwarten, vielleicht kann ich mich auch so schon selbst davon überzeugen, dass es sehr hilfreich wäre dort hin zu gehen. Ich ringe mit mir selbst.

    Danke, dass Ihr da seid.
    Marius

  • Hallo Marius,

    das klingt richtig gut, was du schreibst.

    Ansonsten: hab Geduld und lass die Dinge (dich selbst) sich verändern. Die Veränderung, das Trockenwerden, geht ja immer weiter. Ich hab mich zum Beispiel erst nach anderthalb abstinenten Jahren bei einer realen SHG angemeldet, die mir mittlerweile wirklich wichtig geworden ist. Aber ganz am Anfang konnte ich es mir noch nicht vorstellen. Das musste sich erst entwickeln.

    Ein schönes Wochenende!
    Thalia

  • Hallo!

    Du bist noch recht frisch dabei im Geschäft mit der Abstinenz. Daher wäre es aus meiner Sicht ratsam, mal eine R-SHG zu probieren. Lass einfach mal eine solche Gruppe auf dich wirken. Meistens man etwas aus der Gruppe mit und sei es festzustellen, wie gut es einem doch eigentlich geht.

    Übrigens das mit dem Durchfall und den Blähungen kann ich nur bestätigen. Beides ist schlagartig verschwunden.

    Gruß Carl Friedrich

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