Vorstellung - Raus aus der Co-Abhängigkeit

  • Hallo,

    auf der Suche nach Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholikern bin ich auf euer Forum gestossen und habe mir hier schon einige Vorstellungen und Antworten durchgelesen. Ich suche den Austausch mit Gleichgesinnten.

    Mein Mann ist Alkoholiker. In den 21 Jahren unserer Ehe war die Alkoholabhängigkeit immer ein Thema mit Auszeiten. Er hat eine stationäre sowie eine halbtags Behandlung bereits hinter sich. Nach den Behandlungen war er zwei/drei Jahre abstinent, bis die Abhängigkeit sich wieder schleichend verstärkt hat. Die Gründe kenne ich nicht. Er ist ein sehr verschlossener Mensch und redet nicht gerne über seine Probleme, sondern versucht alleine damit fertig zu werden. Und wenn er sich nach einem Vorfall erklärt hat, habe ich es nicht verstanden, weshalb er sich nicht mir oder jemandem anderen anvertraut hat. Ich, Familienangehörige und Freunde habe versucht ihm zu helfen. Dann konnte er wieder eine zeitlang ohne Alkohol klar kommen, bis das nächste für ihn unlösbare Problem kam. Die Behandlungen/Therapien, die er gemacht hat, hat er auf Einreden von mir, Familienangehörigen und Freunden gemacht - zumindest ist das jetzt meine Schlussfolgerung.

    Seit Oktober ist er ausgezogen, da ich diese Hoch und Tiefs nicht mehr mitmachen möchte. Seine Versprechen hält er nicht, seine Lügen ertrage ich nicht mehr und die Angst, wie er womöglich (ich meine in welchem Zustand) nach Hause kommt, möchte ich nicht mehr haben. Früher habe ich das alles versucht geheim zu halten, bis ich erkannt habe, dass das nicht geht. In den letzten zwei Jahren habe ich meinem engen Freundeskreis und Familie erzählt, wenn das Alkoholproblem akut war. Es trat immer phasenweise auf. Nach unserem Sommerurlaub jedoch, habe ich gemerkt, dass er täglich getrunken hat. Auch wenn er es bestritten hat. Bis der völlige Absturz kam und ich diesmal die angedrohte Konsequenz - Trennung durchgezogen habe.

    Anfangs habe ich Wut, Enttäuschung und Verletzung gespürt und war erleichtert, dass er nicht da ist. Einerseits bin ich froh, dass ich keine Angst mehr haben muss, da er für sein Leben selbst die Verantwortung trägt, aber anderseits ertappe ich mich, dass ich mir Sorgen mache, ihn als liebevollen Partner vermisse und ich einfach nicht weiß, wie ich es anstellen soll mein Leben zu leben.

    Ich wünsche mir durch eure Erfahrungen und Tipps Ansätze für mich zu finden.

  • Hallo Meg,

    herzlich willkommen in unserem Forum.

    Ich kann deine Erleichterung gut verstehen, und auch die Sorgen die du dir trotzdem machst.

    In diesem Spannungsfeld werden Angehörige hin - und her gerissen. Ich kenne das von mir selbst auch.

    Es ist gut, das du Menschen an deiner Seite hast, die Bescheid wissen, wo du dich nicht mehr verstellen mußt. Das war damals für mich auch eine große Erleichterung.

    Du kannst deinem Mann nicht helfen, wenn er keine Krankheitseinsicht hat.

    Erinnere dich vielleicht mal als erstes daran, was dir mal gut getan hat, oder was du gerne mal tun würdest. Sich umstellen funktioniert nicht von heute auf morgen. Ich habe damals mit Kleinigkeiten angefangen und auch da fiel es mir schwer, sie durchzuhalten.

    Hab bitte Geduld mit dir, denn du hast Jahrzehnte damit verbracht, das zu tun, was anderen gefällt.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Meg,

    Auch von mir Willkommen im Forum.

    Gut, dass du es durchgezogen hast!

    Du hast 21Jahre für jemanden anderen gelebt, jetzt darfst du mit allem Recht der Welt und ohne schlechtes Gewissen für dich leben!

    Gruß

    Barthell

    Train to survive

    survive to train

  • Hallo Meg,

    willkommen in unserer Online- Selbsthilfegruppe.

    Du kannst es stolz auf dich sein, dass du das mit der Trennung durchgezogen hast. Diese ganzen Gedanken, die du da gerade hast kenne ich auch. Leider.

    Ich bin damals nach 26 Ehejahren ausgezogen, da war einerseits die riesige Erleichterung, andererseits das schlechte Gewissen...

    Du schreibst, du möchtest dich weiter austauschen. Dann klicke bitte auf den Link:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    fülle das Formular aus und dann kann es losgehen.

    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Vielen Dank für eure lieben und aufbauenden Worte.

    Aurora   Morgenrot :

    Wie seid ihr mit den Gefühlen „schlechtes Gewissen“ und „das hin und her gerissen sein“ umgegangen?

    Manchmal hab ich Tage, da verkrieche ich mich und manchmal habe ich die Kraft bspw. Meine Schwester besuchen zu gehen.

    Ich bin ein zielstrebiger Mensch und das Ziel ist jetzt weg … ich weiß zwar, dass es jetzt Zeit braucht bis ich wie ne Freundin sagte, meine umgestoßenen Legosteine wieder sortiert habe, aber das fällt mir schwer!

    Wie verhält man sich gegenüber gemeinsamen Freunden, die es wissen und trotzdem uns beide zu einer Feier einladen?

    Ich habe mich heute mit einer ehemaligen Arbeitskollegin getroffen. Das machen wir in unregelmäßigen Abständen. Es war sehr schön.

    Liebe Grüße

    Meg

  • Hallo Meg,

    auch von mir willkommen!

    Außer dem Forum hier, helfen mir tatsächlich am meisten meine Freundinnen, die ich lange vernachlässigt hatte. Aber als ich mich um mehr und intensivere Kontakte bemüht habe, waren sie zum Glück wieder da.

    Sie helfen mir bei meinem schlechten Gewissen, weil sie es lange nicht verstanden habe, warum ich in einer Situation bleibe, unter der ich so leide. Und keine einzige sieht auch nur die geringste Chance, dass sich etwas an der Situation meines Sohnes verbessert, wenn ich so weiter mache wie bisher. Außerdem bringen sie Spaß, Ablenkung und neue Impulse in mein Leben. Und sie stärken mein Selbstbewußtsein, weil sie präsent und fürsorglich sind. Ich habe mir neulich ein Loch in den Bauch gefreut, als ich morgens noch im Bett lag und zwei Nachrichten bekam, eine Freundin wollte wissen, wie es mir geht, die andere, ob wir uns treffen. Das ist natürlich nicht immer so. Aber das hat mir gut getan.

    Und ich versuche Dinge zu finden, die ich schon immer mal machen wollte und probiere sie aus, wenn es geht. Das macht manchmal sogar richtig Spaß und für eine Weile denke ich gar nicht an das andere.

    Ich wünsche Dir alles Gute für Deinen neuen Lebensabschnitt!

    Gio

  • Hallo Meg,

    Wie seid ihr mit den Gefühlen „schlechtes Gewissen“ und „das hin und her gerissen sein“ umgegangen?

    Ich habe mich zuerst wie eine Verräterin gefühlt, als ich begann darüber zu reden.

    Das "komische" war , es wußten viele schon und keiner hatte etwas gesagt, um mich nicht zu verletzten.

    Ich habe gelitten und mich als Opfer gefühlt, und immer wieder gedacht: Es muß doch mal jemanden auffallen, wie schlecht es dir geht.

    Dann als ich begann zu reden, hatten viele etwas zu sagen und einiges konnte an Beispielen auch festgemacht werden.

    Zuerst hat es mich wütend gemacht, das ich alleine gelassen wurde.

    Das war aber nur kurz, denn ich konnte die Beweggründe verstehen. Ich hätte doch niemanden geglaubt, weil ich selbst noch nicht soweit war.

    Das schlechte Gewissen wurde ich nur schwer los, ich habe mich oft gefragt, darf ich das eigentlich,was ich da gerade vorhabe?

    Ich hatte hier im Forum Menschen die mich geduldig begleitet haben, das hat mir sehr viel geholfen, wenn ich mal wieder dachte, ich gerate zwischen alle Fronten.

    Langsam und Schritt für Schritt habe ich mich freimachen können, und meinen Weg zu gehen.

    Für mich war es sehr wichtig Konsequenz zu lernen, denn immer nur ankündigen und es dann doch nicht tun, führt dazu, das dich der nasse Alkoholiker nicht mehr ernst nimmt.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Meg,

    herzlich Willkommen auch von mir :) Ich habe Dich für den offenen Bereich freigeschaltet. Soll ich Deinen Thread direkt an die richtige Stelle im offenen Bereich verschieben?

    LG Cadda

  • Hallo Morgenrot,

    Das "komische" war , es wußten viele schon und keiner hatte etwas gesagt, um mich nicht zu verletzten.

    Das war bei mir auch so. Viele/Alle wussten es und keiner hat was gesagt. Besonders wütend hat es mir bei Familienangehörigen besonders von seiner Seite gemacht. Da hätte ich erwartet, dass es angesprochen wird und dass man versucht zu helfen. Das verstehe ich heute noch nicht. Meine Eltern bspw haben es gemerkt und dass Gespräch mit mir gesucht. Ihn direkt angesprochen haben sie es nur dann, nach einem Vorfall.

    Ich war manchmal richtig hilflos und wusste nicht weiter. Ich bin mir sicher, dass es mir geholfen hätte, denn ich hätte das Gefühl gehabt, dass man mir/ihm/uns helfen/ unterstützt. Wie gesagt meine Familie hat das gemacht. Allerdings war ich überfordert von den Ratschlägen, den Vorwürfen etc. . Ich hätte mir manchmal gewünscht, dass sie ihm das sagen.

    Ich hätte sicherlich in einigen Fällen ihnen geglaubt, denn mein Mann hat immer alles verneint und mich hingestellt als hätte ich Hirngespinste. Ach keine Ahnung!

    Liebe Grüße

    Meg

  • Hallo Gio,

    Und sie stärken mein Selbstbewußtsein, weil sie präsent und fürsorglich sind.

    Das ist leider nicht der Fall bei mir. Ich meine hier zwei meiner besten Freundinnen (deren Männer unternehmen mit meinem Mann viel wie ich mit ihnen). Als ich ihnen bereits angedeutet habe im September, dass die Alkoholsucht meines Mannes mich belastet und es schwierig bei uns ist, haben sie mich angehört. Dann hat keiner mehr gefragt in den nächsten Tagen wie es mir geht oder ob die Situation angespannt ist. Dennoch habe ich mich wieder gemeldet und habe dann die Trennung von meinem Mann Ende September verkündet.

    Wir haben uns dann getroffen ich habe mich bei ihnen aussprechen können. Ich erhielt die Antwort, dass jeder eine Last trägt. Seitdem haben sie sich nicht mehr gemeldet oder mich gefragt, wie es mir so geht. :(

    Eine hat uns (meinen Mann, Kinder und mich) zum Geburtstag ihres Sohnes eingeladen, dass war’s.

    Als Familie (mein Mann, Kinder und ich) will ich da nicht hin. Allerdings alleine ich oder mit meinen Kindern auch nicht.

    Da auch andere ihrer Freunde da sein werden und ich mich denen nicht bzw noch nicht stellen will. Ich bin enttäuscht von den beiden. Soll ich meine Kinder alleine schicken?

    Liebe Grüße

    Meg

  • Hallo Meg,

    Wie seid ihr mit den Gefühlen „schlechtes Gewissen“ und „das hin und her gerissen sein“ umgegangen?

    Das hattest du mich gefragt.

    Ich habe es ausgehalten. So gut es ging. Ich habe mir gesagt dass es ja einen guten Grund gab, weswegen ich mich getrennt hatte. Habe mir in's Gedächtnis gerufen, wie schlimm es die letzten Jahre gewesen war. Ich habe mir ein Feindbild aufgebaut.

    Ich habe bewusst genossen, meine Ruhe zu haben. Ich habe viel hier im Forum gelesen, geschrieben und auch einige Freunde gefunden.

    Dadurch, dass mein Exmann nach der Trennung nüchtern wurde und auch im gleichen Wohnkomplex wie ich wohnte, hatten wir noch immer auch Kontakt. Das war nicht wirklich gut... damals hat es mich immer wieder hin- und her gerissen. Ich habe dann versucht mein schlechtes Gewissen auch mit Freundlichkeit ihm gegenüber zu beruhigen, ich habe mit ihm Dinge zusammen unternommen usw. Obwohl ich es im Grunde genommen gar nicht wirklich wollte hat mich da irgendwas festgehalten. Unter anderem eben das schlechte Gewissen.

    Ich würde es heute anders machen! Es hat mich viel Energie gekostet und alles sehr erschwert. Mein Exmann hatte dann auch Hoffnung, dass wir wieder zusammen kommen. Und mich dann sehr unter Druck gesetzt.

    Ich empfehle das echt keinem! Das war auch Zeitverschwendung und hat weder mir noch ihm was gebracht. Irgendwann, ca 1 Jahr nach meinem Auszug, konnte ich dann endgültig einen Schlussstrich ziehen. Da hatte ich natürlich auch Schuldgefühle, habe die ausgehalten, eine Therapie begonnen und dann wurde das immer besser und besser.

    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Ich glaube das Problem ist bei Aussenstehenden und bei dem Alkoholiker, dass das Leiden der Angehörigen überhaupt nicht richtig wahrgenommen wird... "Der arme Alkoholiker" bekommt Hilfsangebote, Therapie usw. Angehörige sind die bösen weil sie die Situation nicht mehr aushalten und aus Selbstschutz gehen.

    Der Alkoholiker ist ja "nur" krank und kann da nichts für. Der Angehörige ist der Böse weil er den kranken Menschen fallen lässt.

    Wer diese Situationen nicht selbst erlebt hat kann es sich nicht vorstellen wie das ist. Ich habe auch Schuldgefühle, weil ich ihm nicht helfen konnte und die Beziehung aufgegeben habe. Aber sich selbst aufgeben ist ja auch keine Lösung...

  • Du hast es auf den Punkt gebracht Lykka.

    Seit dem 01.10. sind wir nun getrennt und es fällt mir schwer. Heute war mein Mann kurz da, hat sich mit unseren Jungs unterhalten und Fußball geschaut. Er erzählte dann ein wenig über seine Aktivitäten heute. Nicht alles aber etwas. Ich habe mich gefragt, was das soll?! Er kann jetzt machen was er will, braucht mir keine Rechenschaft ablegen. Das habe ich ihm auch gesagt.

    Redet mit mir wie mit einem Freund. Zumindest habe ich das Gefühl. Ich bin seine Frau, die mit seinem Alkoholproblem nicht mehr zusammen sein will. Er hofft darauf, dass wir wieder zueinander finden. Aber er redet nicht über das was geschehen ist und versucht es nicht einmal. Wie soll das dann funktionieren?

    Ich fühle mich alleine und traurig. 😔

  • Bis man diese ganzen Gefühle ordnen konnte, wird es wohl leider noch dauern.

    Wie alt sind denn eure Jungs und wie kommen sie mit der Situation zurecht?

    Ich glaube solche "normalen" Situationen sind extrem schwierig. Wenn er bei euch Fußball guckt und dich dann anquatscht.

    Kannst du dich zurückziehen, wenn er da ist? Lädt er sich selbst ein? Eigentlich wäre Abstand nötig. Aber mit Kindern ist das natürlich echt schwierig.

  • Meine Jungs sind 19 und der jüngste ist gerade 18 geworden. Beide gehen unterschiedlich damit um. Der Ältere konzentriert sich auf seine Ausbildung und ist unter der Woche nicht da, nur am Wochenende. Der jüngere macht auch eine Ausbildung, ist aber zu Hause. Hat eher Kontakt zu seinem Vater.

    Ja, ich merke, dass das Neuordnen dauern wird und ich weiß, dass ich da durch muss. Aus diesem Grund habe ich ihn gebeten, dass er die Kinder zu sich einladen soll, damit ich auch den Abstand habe. Mal sehen …

    Danke Lyyka 🥰

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