Mutter Alkoholikerin und verstorben

  • Hallo,

    ich bin 24 und mit 20 ist meine Mutter an der Krankheit verstorben. Sie war mindestens 10 Jahre Abhängig und die letzten 5 waren die schlimmsten. Nach einem Entzug ging es ihr besser und sie wollte ein gutes Verhältnis aufbauen. Für mich war dies nicht möglich, da so viel passiert ist und ich nicht einfach alles vergessen konnte, da sie sich auch nicht bei mir entschuldigt hat. In dieser Zeit wo sie trocken war, war ich sehr gemein zu ihr, da sie schon Polyneuropathie und Delir entwickelt hatte. Einmal war ich so gemein, dass sie sogar geweint hat… auch während der Sucht war ich oft sehr gemein zu ihr und sehr oft wütend. Das Verhältnis war alles andere als gut. Ich hab sehr starke Schuldgefühle deswegen und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Ich habe viel versucht zu lesen, ob es Kinder gibt die auch so reagiert haben, oder ob sie trotz allem noch zu und hinter ihren Eltern standen. Ich hoffe mir kann jemand weiter helfen

  • Hallo CD2997,


    Willkommen im Forum,und mein Beileid zu deinem Verlust, so es denn einer war.

    Ich möchte dir auf den Weg geben: es ist nicht deine Schuld!

    Unter

    Das Forenteam
    5. Januar 2022 um 17:09

    Sind ein paar Infos zusammen gefasst.

    Ich hoffe das hilft evtl. etwas, aber ganz wichtig, Schuldgefühle brauchst du nicht zu haben, das war dein Weg mit der Situation um zu gehen und du hattest nicht gelernt das anders zu bewältigen.


    Grüße

    Barthell.

    Train to survive

    survive to train

  • Hallo Cd,

    herzlich Willkommen hier bei uns in der Gruppe.

    Mit deinen widersprüchlichen Erfahrungen und Gefühlen bist du nicht alleine! Wenn man mit alkoholkranken Eltern aufwächst, ist es nahezu unmöglich, daß sich einfach so ein gutes Verhältnis entwickeln kann. Einfach weil zu viel geschehen ist. Es ist ein langer Prozeß.

    Mein Beileid zu deinem Verlust. Man kann die Zeit nicht zurückschrauben. Aber vielleicht ein Stück weit seinen Frieden mit all dem finden.

    Schau mal in Barthells Link. Da wiederum findest du einen weiterführenden Link zum einem Thema: "Merkmale für ein EKA". Den möchte ich dir sehr ans Herz legen.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Hier ist unser Bewerbungslink. Einfach anklicken und ganz kurz ausfüllen. Dann schalten wird dich fürs offene Forum frei und du kannst dich mit den anderen Betroffenen austauschen.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Guten Morgen Cd,

    ich habe Dich für den offenen Bereich freigeschaltet und Dein Thema direkt dorthin verschoben. Melde Dich bitte noch einmal, falls das nicht ok sein sollte. Ansonsten geht es nun HIER für Dich weiter :)

    LG Cadda

  • Es tut mir übrigens sehr leid, dass Du solche Schuldgefühle hast, weil Du Deine Mutter zum Weinen gebracht hast. Aber weißt Du, das ist doch auch in einer Familie, wo es nicht um Alkohol geht, "normal", dass es mal Worte gibt, die verletzend sein können. Du hast dazu noch Deine Gründe gehabt. Es wird ja oftmals auch sehr schwer für Dich als Tochter gewesen sein. Ich bin mir sicher, dass Du wegen ihr auch schon geweint hast.

    Du betonst, dass diese Dinge, die Du gesagt hast passiert sind, als sie schon trocken war. Dennoch sind Deine Verletzungen doch aber aus der Vergangenheit auch noch in Dir drin gewesen. Das stellt sich doch nicht mit der Trockenheit Deiner Mutter ab.

    Streit und Verletzungen und dann stirbt der Mensch. Das ist immer eine Sache, an der man zu knabbern hat. Ich habe meinem Vater vor einigen Wochen auch einige Dinge an den Kopf geworfen. Er ist nun auch gerade vor Kurzem erst verstorben und natürlich denke ich auch ab und zu an diesen Streit. Aber das gehört zum Leben dazu, manchmal lässt sich das nicht vermeiden. Du hast durch die Alkoholkrankheit Deiner Mutter mit Sicherheit sehr viel mitmachen müssen und hast bestimmt darunter gelitten. Da finde ich es völlig normal, dass diese Verletzungen, die Du erlitten hast, auch mal ans Tageslicht gekommen sind.

    Deine Mutter war am Ende zwar trocken. Aber ich vermute einfach, dass Deine Art ihr gegenüber ein Schutz war, den Du Dir selbst zugelegt hast.

    Vielleicht liege ich da auch falsch, ich will hier nicht einen auf Psychologin machen :)

    Aber ich finde, das ist irgendwie naheliegend.

    LG Cadda

  • Hallo Cadda

    Vielen Dank für deinen Beitrag, du hast mir damit wirklich viel geholfen!!! Ja ich hab sehr oft wegen ihr geweint, das stimmt.. und es stimmt auch das verletzende Sachen gesagt werden wo nicht solch eine Thematik im Spiel ist. So hab ich das noch gar nicht gesehen.. vielen Dank wirklich! Ich habe fast jeden Tag damit zu kämpfen und natürlich versucht mir meine Therapeutin zu helfen und auch andere Patienten in der psychosomatischen Klinik, aber keiner hat solche Erfahrungen mit Alkoholikern durchgemacht und somit glaubt man den Menschen nicht so ganz, verstehst du was ich meine? Und dank dir, hab ich endlich mal jemanden der das auch kennt und ich fühl mich etwas verstanden.. mein Beileid wegen deinem Vater, das tut mir sehr leid..

    ja es stimmt schon, ich war sehr verletzt und wütend, da sie sich nie entschuldigt hat was alles in meiner Kindheit und Jugend passiert ist und ich wollte nur einmal hören, dass es ihr aufrichtig leid tut und da das nie der Fall war, hat sich meine Wut immer mehr aufgestaut.. nach dem Tod hab ich ganz anders von ihr gedacht und ich würd sie jetzt einfach gerne in den Arm nehmen und endlich helfen, aber dafür ist es leider zu spät.. damit versuch ich mich abzufinden und auch mit den Schuldgefühlen. Ich danke dir von Herzen für deinen Beitrag!

    Lg

    Carina

  • Hallo CD,

    auch mein Vater starb nach jahrelangen Alkoholexzessen, zum Schluss war er auch „trocken“ .

    Auf der einen Seite war ich erleichtert, aber auch recht betrübt, es war ja mein Vater.

    Auch er hatte sich nie bei mir entschuldigt, ich sehe das mittlerweile als typische Schutzfunktion.

    Erst als ich ihm verzieh, er konnte ja nicht mit seiner Umwelt umgehen, konnte ich mit dem Thema abschließen.

    Ich mußte ihm vergeben, all seine Garstigkeiten, Verfehlungen der letzten Jahrzehnte.

    Viele Grüße

  • Liebe Carina,

    ich habe gerade erst meinen Vater an deren Alkohol verloren und kenne das schlechte Gewissen und die Schuldgefühle, die sich immer wieder einschleichen sehr gut. Du hast aus einem ganz bestimmten Grund so gehandelt wie du gehandelt hast. Ich war im letzten Jahr meinem Vater gegenüber kühl und reserviert, aus Selbstschutz, aus Liebe zu mir selbst und ein Stück weit auch aus Liebe zu ihm, denn das war die einzige Hilfe, die ich ihm und mir geben konnte. Aber wenn der Tod der Person eintritt, vergisst man gerne die guten Gründe, die man hatte. So geht es mir auch.

    Auch wenn deine Mutter trocken war, deine Wunden der Vergangenheit sind wie Cadda schreibt damit nicht ungeschehen. Nur weil jemand trocken wird, heißt das nicht, dass nun alles vergeben werden muss. Manches kann man eben erst nach langer Zeit oder eben erst nach dem Tod loslassen. Die Trauer und die Wut, die ich dabei gleichzeitig für ein und die selbe Person empfinde, finde ich normal und irgendwie total verständlich.

    Achelias sagt, dass es wichtig ist der Person zu vergeben, zumindest ein Stück weit, um selbst Frieden zu finden. Das kann ich für mich so bestätigen. Was für mich aber noch wichtiger ist gerade, dass ich mir SELBST vergebe. Alle kalten und vermeintlich bösen Worte (oder als böse von meinem Vater interpretierten Worte), die ich gesagt habe, alle Anrufe und Besuche, die ich nicht gemacht habe, waren damals für mich richtig und haben mich geschützt. Das musste ich für mich aufschreiben und wiederhole es in regelmäßigen Abständen in Dauerschleife in meinem Kopf, schreibe es hier im Forum, weil es einfach Tage gibt, an denen das schlechte Gewissen die Oberhand gewinnt. Aber es heißt ja nicht umsonst SCHLECHTES Gewissen, weil es eben schlecht ist und nicht gut tut ;).

    Ich hoffe sehr für dich, dass auch du dir vergeben kannst, denn aus dem was du schreibst, lese ich eine Tochter, die auf sich selbst aufgepasst hat und Ihre Mutter, trotz der harten Jahre und zugefügten Verletzungen, am Ende geliebt hat.

    Ganz liebe Grüße,

    Helena

  • Hallo Carina,

    auch ich kenne das - die Schuldgefühle... Mein Vater ist ebenfalls vor Kurzem verstorben. An meinem Geburtstag im November hat er mir abends geschrieben, dass er hofft, mich noch einmal zu sehen. Er muss eine Vorahnung gehabt haben - ich habe nie darauf geantwortet. Erst an dem Tag seines Todes Anfang Januar habe ich ihm mal wieder ein Foto geschickt - das hat er nicht mehr gesehen. Als ich seine Sachen aus dem Krankenhaus abgeholt habe, war die Nachricht noch ungelesen auf seinem Handy.

    Ich konnte schon die Jahre vorher Dank Therapeutin (die ich erstmals aufgesucht habe um den Schmerz über den Alkoholismus vom Papa zu ertragen und dann immer mal wieder) und Unterstützung meines Mannes schon ein bisschen "vorbauen" für die jetzige Situation.

    Beide haben mir immer wieder klar gemacht, wenn ich ins Zweifeln kam all die Jahre, ob ich mehr tun könnte, usw. - dass ich niemals Schuldgefühle haben soll, weil ich den Kontakt abgebrochen habe.

    ALLES WAS PASSIERT IST, IST NICHT UNSERE SCHULD!

    Wir haben uns diese Situation und unsere Herkunft nicht ausgesucht. Alles was passiert ist, ist eine Reaktion auf das was der Alkohol aus unseren Eltern, Vätern, Müttern und deren Handlungen gemacht hat. Wir sind die Kinder und knabbern daran schon genug.

    Verzeihen ist wichtig und heilsam - und was bleibt ist die Liebe, sofern sie nicht komplett vernichtet wurde - aber bitte such die Schuld für Dein Handeln, Nichthandeln oder "Dichtmachen" niemals bei Dir! Wenn Du gemeine Sachen gesagt hast, hatte das einen Grund - nicht im besagten Moment, ok, aber in dem was dazu geführt hat! Es hatte nichts mit Boshaftigkeit zu tun, sondern mit schmerzenden Wunden, die Du hattest.

    Alles Liebe!

    Steffi

  • Hallo Cd,

    bin jetzt ungefähr so alt wie du und habe mich von meiner Schwester (nicht wie mein Vater alkohol-, aber auch krank) ganz früh genauso abgegrenzt.

    Als ich 13 war, hatten wir einen riesigen Streit, nach welchem sie weglief und erstmal nicht auffindbar war. In ihrer Wut sagte mir meine Mutter dann, dass ich schuld sei, wenn sie sich jetzt das Leben nähme. Das tat meine Schwester dann viele Jahre später. Und jetzt gibt es einfach zu viele Sachen, die ich ihr noch gerne gesagt hätte, und jedes Wort wäre das Gegenteil von dem, was ich ihr manchmal an den Kopf geworfen hatte, wenn es mir einfach zu viel wurde.

    Aber das ist doch der Punkt, nicht? Der Verlust macht doch all deine alten Gefühle nicht ungeschehen und delegitimiert sie auch nicht - du hast zu jedem Zeitpunkt das Recht gehabt, zu fühlen, vor allem als Kind und Jugendlicher. Die Schuldgefühle sind immer noch da, und wegen meines Vaters werden neue dazukommen - ich glaube, wir können mit ihnen nur leben lernen, wenn wir sie erst einmal akzeptieren.

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