Lara J. - Auch die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen

  • Liebe Lara,

    auch ich möchte Dich bestärken, alles zu delegieren und die Auseinandersetzung mit Deinem Vater den Profis zu überlassen.

    Für Deinen Vater steht das Suchtmittel an erster Stelle. Falls sich das ändern sollte, wird er Hilfe erhalten. Es gibt genug Stellen, an die er sich wenden kann (Suchtberatung etc). Überlass ihm das. Du kannst ihm nicht helfen.

    Ein Mal pro Woche Telefonkontakt ist schon viel. Das liegt daran, dass dieser Kontakt jedes Mal wieder alte Traumata aufbrechen lässt, die Dir eventuell gar nicht völlig bewusst sind. Für Deinen Körper ist das auch auf physiologischer Ebene extrem anstrengend, ganz abgesehen von der seelischen Belastung. Du wirst dann jedesmal in einen Alarmzustand versetzt. Es läuft ein physiologisches Überlebensprogramm ab. Wenn ein Mal der Säbelzahntieger vorbeischaut, ist das Programm gut und hilfreich. Aber es darf kein Dauerzustand werden. Die Gefahr daran zugrundezugehen, ist groß.

    Ich selber rufe meine alte, alkoholsüchtige und pflegebedürftige Mutter konsequent "nur" ein Mal pro Woche an. Immer wieder regt sich das Bedürfnis in mir, mehr für sie da zu sein, da mir ihr Schicksal sehr nahe geht. Ich spreche mir das dann von der Seele (mit meinen Nächsten, hier im Forum) und lasse es. Mehr Kontakt würde mich zu sehr vereinnahmen. Und bereits dieser reduzierte Kontakt ist sehr anstrengend. Ich benötige viel Energie, um dabei die Distanz aufrecht zu erhalten, die ich gut anderswo gebrauchen könnte.

    Das wichtigste ist, dass Du Dich selbst gut schützt. Schuldgefühle und Gewissensbisse sind nachvollziehbar, aber fehl am Platz. Dich trifft keine Schuld und Du darfst Dein Leben schützen!

    Ich schicke Dir Mal eine große Portion Kraft für Dich und Dein eigenes Leben Lara.
    Liebe Grüße Siri

  • Hallo Zusammen,

    danke für eure lieben Nachrichten.

    Wie es aussiehst, hast Du doch wieder näheren Kontakt mit Deinem Vater.

    Ja Hintergrund wieso ich nochmal mehr Kontakt habe war, dass sein Vermieter mich kontaktiert hatte, um mir mitzuteilen, dass er die Wohnung gekündigt bekommt. Ich habe Ihn daher in den letzten Wochen intensiv bei der Wohnungssuche unterstützt. In der Zeit war er auch zum Großteil nüchtern, sonst wären Besichtigungen nicht möglich gewesen. Es gibt potenziell eine neue Wohnung - allerdings bin ich mir nicht sicher, wie das alles unter den aktuellen Umständen überhaupt zu bewältigen ist.

    Leider kann ich ihm den von mir gewünschten Abstand nicht klar machen. Erst letzte Woche habe ich mit ihm darüber gesprochen, dass ich an bestimmten Tagen mit ihm zum Einkaufen fahre bzw. bei ihm vorbeikomme. Heute kam wieder die Nachricht, ob ich ihn zur Apotheke heute fahre, zum Brillengeschäft etc., obwohl Montag nicht der Tag ist, den wir ausgemacht haben. Das habe ich ihm auch so mitgeteilt. Danach wurde ich gefragt, ob ich heute mit ihm Essen gehen möchte. Eigentlich genau das gleiche Prinzip, zusätzlich habe ich ihm bereits am Wochenende zu verstehen gegeben, dass ich in seinem betrunkenen Zustand nicht mit ihm Essen gehen möchte.

    Allgemein bin ich heute von dem Tag bereits psychisch überfordert und ausgelaugt - es kamen seit heute morgen 24 Mails von ihm sowie 4 Anrufe. Mails habe ich einige beanwortet, einmal bin ich ans Telefon gegangen. Das Telefonat endete damit, dass ich einfach aufgelegt habe, weil er mich beschimpft hat. Er wollte nämlich, dass ich die Angelegenheiten mit seinen potenziell neuen Vermietern regele, obwohl dies seine Aufgabe ist und nicht meine. Wenn ich innerhalb einer Stunde nicht auf Mails reagiere oder zurückrufe, bekomme ich Mails in denen er mich beschimpft oder unter Druck setzt (und ich bin ja nunmal auch am arbeiten).

    Ich selber rufe meine alte, alkoholsüchtige und pflegebedürftige Mutter konsequent "nur" ein Mal pro Woche an. Immer wieder regt sich das Bedürfnis in mir, mehr für sie da zu sein, da mir ihr Schicksal sehr nahe geht. Ich spreche mir das dann von der Seele (mit meinen Nächsten, hier im Forum) und lasse es. Mehr Kontakt würde mich zu sehr vereinnahmen. Und bereits dieser reduzierte Kontakt ist sehr anstrengend.

    Es tut gut zu lesen, dass es dir auch so geht. Dann fühle mich nicht so alleine mit meinen Gedanken. Ich empfinde das alles als sehr anstrengend. Und ich habe auch diese Episoden, in denen ich mich schlecht fühle, wenn ich so gegenüber meinem Vater reagiere wie ich es manchmal tue, um diesen (auch wenn geringen) Abstand zu gewinnen - aber wie du sagst "konsequent" ist hier wohl das Stichwort. Es fühlt sich oft so an als hätte ich kein eigenes Leben, als könnte ich nicht durchatmen und hätte einen riesigen Stein auf meiner Brust.

    Ich hoffe ihr habt bisher einen schönen Tag gehabt.

    LG

  • Hallo Linde,


    irgendwie wurde meine Nachricht nicht vollständig versendet.

    Ich hatte eigentlich noch geschrieben:

    Oder möchtest du ihn ernsthaft pflegen bis zum Schluß?

    Nein ich möchte ihn auf keinen Fall pflegen! Ich wollte nächste Woche die Untersuchung und die Arztgespräche abwarten, was denn als Behandlungsmöglichkeit vorgeschlagen wird oder ob überhaupt noch etwas möglich ist.

    Mich hat die Reaktion meines Vaters überrascht. Er redet seit Jahren davon, dass er nicht mehr leben möchte und froh ist, wenn sein Leben vorbei ist, hat aber jetzt erwähnt, dass er wohl eine Chemo oder auch OP in Erwägung ziehen würde. Ich frage mich halt, was das ganze bei seinem Lebensstil bringen soll, den er scheinbar nicht ändern möchte.


    LG

  • Liebe Lara,

    die fordernde Haltung, die Dein Vater an den Tag legt, finde ich nicht akzeptabel.

    Meine Mutter macht mir immerhin keine Vorwürfe, dass ich "nur" ein Mal die Woche anrufe. Sie weiß durch einen jahrelangen Kontaktabbruch, dass sie sonst meine Vorsorgetätigkeit aufs Spiel setzen würde. Sie bedankt sich auch oft, wenn ich anrufe oder bei ihr war.Auch merke ich, dass sie sich wirklich freut über die Anrufe. Über diese Entwicklung bin ich froh und ihr wiederum dankbar.

    Allerdings: wenn mein Mann oder ich mal vor Ort sind, dann ähnelt das Verhalten meiner Mutter doch auch immer wieder Mal dem Deines Vaters. Das Sich-rar-machen und der konsequente Abstand helfen also im Umgang. Wenn meine Mutter unverschämt oder beleidigend wird, dann gehe ich zum Beispiel konsequent aus dem Raum oder beende das Telefongespräch. Mein Mann macht es ebenso.

    Lindes Vorschlag, den medizinischen Dienst einzuschalten, finde ich sehr gut. Vielleicht ermöglicht Dir dies, den Kontakt deutlich zu minimieren oder abzubrechen.

    Beim Umgang mit den Diensten und Behörden weise ich, falls nötig, darauf hin, dass ich aufgrund von Missbrauchserfahrungen keinen engen Kontakt zu meiner Mutter haben kann, weil es meine eigene Gesundheit gefährdet. Das ist völlig in Ordnung und wird akzeptiert. Mir wurde dies sogar geraten, als ich meine Mutter nach Jahren wiedergesehen habe. Die von mir kontaktierte Mitarbeiterin des psychosozialen Dienstes vor Ort hat das extrem abwertende Verhalten meiner Mutter mir gegenüber einmal hautnah mitbekommen und mir eindringlich zum Abstand geraten. Auch einige Mitarbeiter vom psychosozialen Dienst in den Heimen, die ich damals durchtelefoniert hatte, um einen Platz in der Kurzzeitpflege für meine Mutter zu bekommen, haben mir zugeraten, den Kontakt auf ein Minimum zu reduzieren bzw. abzubrechen. Sie haben mir vermittelt, dass das völlig in Ordnung sei und ich deshalb kein schlechtes Gewissen haben müsse. Das war sehr hilfreich für mich und ich bin diesen Mitarbeitern dankbar für ihre Hinweise und Empathie. Die Profis in den Einrichtungen wissen um die Problematik. Zugleich verurteilen sie die alkoholkranken Menschen nicht.

    Wenn man mit einem Alkoholiker aufgewachsen ist, gibt es wohl immer Erfahrungen von Missbrauch und Instrumentalisierung sowie Rollenumkehr oder sonstige traumatisierende Erlebnisse. Das allein rechtfertigt den völligen Kontaktabbruch. Selbst in der Situation, in der sich Dein Vater nun befindet, darfst Du Dein Wohlergehen an erste Stelle setzen! Dein Vater ist nicht Dein Kind.

    Was mir zudem noch in den Sinn kommt: Es gibt in manchen Städten und Gemeinden Heime/Hospize für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen in Not, darunter auch Suchtkranke. Vielleicht findet sich hier eine Möglichkeit für Deinen Vater, wenn es mit der eigenen Wohnung nicht mehr klappen sollte?

    Mich hat die Reaktion meines Vaters überrascht. Er redet seit Jahren davon, dass er nicht mehr leben möchte und froh ist, wenn sein Leben vorbei ist, hat aber jetzt erwähnt, dass er wohl eine Chemo oder auch OP in Erwägung ziehen würde.

    Diese Widersprüchlichkeit kenne ich von meiner Mutter auch. Ich habe aufgehört, es verstehen zu wollen. Seit ich solche Dinge nicht mehr zu verstehen versuche und damit dann auch irgendwie implizit bewerte, geht es mir besser.

    Liebe Grüße Siri

  • Hallo Siri,

    vielen Dank für deine ausführliche Nachricht zu deinen eigenen Erfahrungen und die hilfreichen Tipps.

    Es klingt als hättest du einen guten Weg im Umgang mit deiner Mutter gefunden. Und es ist auch super, dass sie deine Entscheidungen akzeptieret. Ich hoffe ich finde auch einen Weg im Umgang mit meinem Vater. Bei ihm ist es so, dass er sich für eine Sache bedankt, aber zwei Stunden später ist es bereits möglich, dass er die gleiche Sache niedermacht und klein redet, z. B. dass ich das ja bereits vor Monaten hätte machen können.

    Wenn man mit einem Alkoholiker aufgewachsen ist, gibt es wohl immer Erfahrungen von Missbrauch und Instrumentalisierung sowie Rollenumkehr oder sonstige traumatisierende Erlebnisse.

    Das ist wohl wahr. Ich glaube jeder der mit einem alkoholabhängigen Elternteil aufgewachsen ist hat in diese Richtung einiges erlebt. Für den einen weniger bewusst als für den anderen. Man wird als Kind extrem dadurch geprägt, die Folgen sind als Erwachsener natürlich spürbar. Daher finde ich es auch so toll, dass es möglich ist in diesem Forum Austausch zu finden. Es ist das eine sich mit Freunden oder anderen nahestehenden Personen auszutauschen, die sind zwar für einen da, können aber solche Situationen nicht so nachvollziehen wie die Menschen im Forum.

    Wie gesagt werde ich die Untersuchung nächste Woche abwarten, bis ich überhaupt zu 100% weiß was die Ärzte meinen.
    Für mich steht auf jeden Fall fest, ich kann und möchte meinen Vater nicht pflegen. Das kann ich psychisch nicht.

    Diese Widersprüchlichkeit kenne ich von meiner Mutter auch. Ich habe aufgehört, es verstehen zu wollen. Seit ich solche Dinge nicht mehr zu verstehen versuche und damit dann auch irgendwie implizit bewerte, geht es mir besser.

    Sollte ich wahrscheinlich auch versuchen. Ich merke immer wieder, dass mein Vater und ich uns in fast allen Lebenseinstellungen unterscheiden. Für mich ist vieles was er sagt widersprüchlich. Das was er täglich verlangt und fordert ist für mich vollkommen unverständlich. Ich begreife seine Einstellung nicht und verzweifle an Diskussionen. Diese rauben mir auch viel Energie. Meinen Standpunkt klar zu machen bringt zu in 99% der Fälle nichts. Das ist auch denke ich der Grund, wieso er meine Grenzen nicht akzeptiert, diese scheinen für ihn völlig unverständlich zu sein.

    Ich wünsche dir eine gute Nacht.

    Lg Lara

  • Liebe Lara, es wurden schon so viele richtig gute Dinge gesagt, ich mag dir aber trotzdem noch etwas von meiner grundsätzlichen Perspektive mit geben, wenn du möchtest 😊

    Ich glaube nicht daran, dass Kinder ihren Eltern etwas schuldig sind, es geht für mich immer um Freiwilligkeit und die eigene Motivation warum wir etwas tun.

    Kein Kind wendet sich grundlos von seinen Eltern ab, das passiert nie ohne die Notwendigkeit sich selbst schützen zu müssen.

    Und sogar wenn wir uns selbst damit Schaden zufügen, erscheint es oft unmöglich sich ab zu wenden.

    Das ist Okay!

    Jede Variante die du wählst ist okay.

    Ich selbst habe schon Familienmitglieder durch schwere Krankheit und bis zum Tod begleitet. Bei diesen Menschen hatte ich das Gefühl etwas zurück geben zu wollen und deshalb hatte ich zu dem Zeitpunkt auch die notwendig Kraft dafür.

    Bei meinem Vater habe ich mich für einen Kontaktabbruch entschieden und diese Entscheidung auch dann schweren Herzens erneuert, als er krank und bedürftig war. Das ist mir nicht leicht gefallen, aber streng genommen hatte ich gar keine Wahl, denn ich wäre daran zerbrochen, den Kontakt zu intensivieren oder sogar in die Pflege ein zu steigen.

    Für mich ist es moralisch absolut vertretbar mein eigenes Leben am wichtigsten zu nehmen.

    Auch nach seinem Tod bereue ich diese Entscheidung nicht. Es tut mir leid, dass wir kein anderes Eltern Kind Verhältnis hatten und ich hätte es mir für ihn genauso anders gewünscht wie für mich.

    Aber es wäre niemandem geholfen gewesen, wenn ich wieder eingestiegen wäre, in dieses kranke Spiel von Schuldgefühlen, Vorwürfen, Anspruchshaltung und Beschimpfungen.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und einen klaren Blick auf dich, deine Möglichkeiten und deine Grenzen.

    Alles Liebe, Lea

  • Wie Lea finde ich es sehr wichtig zu lernen, dass wir unseren Eltern nichts schuldig sind. Viele EKAs haben das anders beigebracht bekommen. "Liebe" gegen irgendwelche Bedingungen zum Zweck der Manipulation.

    Ich sehe das Leben als ein großes Geschenk, eine Art Gewebe, an dem immer weiter fort gewoben wird. Geschenke muss man nicht "zurückzahlen". Das wäre ja sogar ein Affront. Das große Geben und Nehmen funktioniert ja nicht wie eine Rechnung. Oftmals ist es doch so, dass man von jemandem etwas erhält, sehr dankbar ist, aber gar nicht in die Lage kommt, diesem einen etwas zurückzugeben, außer natürlich dem Dank und der daraus resultierenden Verbundenheit.

    Wichtig ist beides: Geschenke annehmen können und auch anderen etwas aus freiem Herzen geben zu können. Dann wächst einem auch die Kraft zu in Momenten der Not für andere da zu sein. Wenn das Menschen sind, denen wir dankbar sind, kommt diese Kraft vielleicht gerade deshalb, weil diese Menschen aus freiem Herzen gegeben haben und da nichts offen geblieben ist.

    Für mich war beides schwer zu lernen, vor allem auch das Annehmen von Geschenken (oder auch Komplimenten, Lob etc.), ohne gleich zu grübeln, welche Motivation dahinter stecken könnte, ob es einen Hintergedanken gibt. Es kann sehr verletzend sein für einen Schenkenden, wenn die Beschenkte erst einmal stutzt und sozusagen über die Bücher geht, sich gar nicht richtig freuen kann.

    Aber es wäre niemandem geholfen gewesen, wenn ich wieder eingestiegen wäre, in dieses kranke Spiel von Schuldgefühlen, Vorwürfen, Anspruchshaltung und Beschimpfungen.

    Das sehe ich genauso und es ist wichtig, die Verantwortung zu übernehmen, wenn dieses Spiel weitergeht, und zu gehen, falls es nicht gelingt, es zu stoppen. Das hat man nicht allein in der Hand. Wichtig ist es auch zu gehen, weil die eigene Aufmerksamkeit und Energie anderswo gefragt sind, zum Beispiel bei den eigenen Kindern, der eigenen Ausbildung, dem Beruf, dem Partner. Kinder zu haben, kann, denke ich zumindest, heilsam sein, denn eines kann man von ihnen lernen: was reine Freude ohne jeden Hintergedanken ist.

    Viele liebe Grüße

    Siri

  • Hallo Lea,

    zurzeit spielen meine Gefühle Achterbahn. Daher habe ich mich gestern nicht gemeldet.

    , in dieses kranke Spiel von Schuldgefühlen, Vorwürfen, Anspruchshaltung und Beschimpfungen.

    Ja dieses Spiel wird zurzeit fast täglich gespielt und zehrt an meinen Kräften.
    Aber ich weiß ich kann mich zurzeit nicht so viel abwenden, wie ich es gerne würde. Schuldgefühle und der Gedanke, dass mein Vater niemanden hat, machen es sehr schwierig. Und was alles noch auf ihn aufgrund dieser Krankheit zukommt…aber wie bereits erwähnt, ihn zu pflegen kommt für mich nicht in Frage. Hierfür werde ich die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit die Pflege durch eine außenstehende und geschulte Person durchgeführt wird.

    Ich selbst habe schon Familienmitglieder durch schwere Krankheit und bis zum Tod begleitet.

    Die Pflege von Angehörigen stelle ich mir so schon nicht einfach, wenn ein gutes Verhältnis zur Person besteht. Ich bewundere jeden, der dies für seine Angehörigen tut.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und einen klaren Blick auf dich, deine Möglichkeiten und deine Grenzen.

    Vielen Dank 🙏

  • Liebe Lara, du bist jetzt ja auch wieder an einem anderen Punkt, da ist es nicht verwunderlich, wenn du vielleicht sogar in alte Muster zurück fällst.

    Hierfür werde ich die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit die Pflege durch eine außenstehende und geschulte Person durchgeführt wird.

    Wenn du diese Dinge geregelt hast, fällt es dir bestimmt auch wieder leichter den für dich selbst notwendigen Abstand zu erreichen.

    Das nimmt ja auch viel Last von deinen Schultern und es kümmert sich jemand anderes um seine Belange.

    Aber ich weiß ich kann mich zurzeit nicht so viel abwenden, wie ich es gerne würde. Schuldgefühle und der Gedanke, dass mein Vater niemanden hat, machen es sehr schwierig.

    Vergiss bitte nicht, es sind nur Gedanken. Wen und wieviele Menschen dein Vater in seinem Leben hat, liegt absolut nicht in deiner Verantwortung. Egal was er dir erzählen mag, es ist durchaus möglich das es ihm gefällt ausschließlich in dieser kranken Symbiose mit dir fest zu stecken.

    Rückblickend kann ich sagen, dass „Einsamkeit“ und „Bedürftigkeit“ mir die stärksten Druckmittel meiner Mutter waren, um mich in ihren Fängen fest zu halten.

    Beides setze ich in Anführungszeichen, denn ich bin heute nicht mehr sicher was echt und was extra für mich erschaffen wurde.

    Liebe Grüße, Lea

  • Guten Morgen Zusammen,

    mein Vater nimmt seinen Termin zur Untersuchung heute nicht wahr. Soviel zu diesem Thema.

    Aufgrund der aktuellen Situation habe ich überlegt, ob ich nicht nochmal zur Psychotherapie gehen sollte. Ich hatte bereits in der Vergangenheit schonmal tiefenpsychologische Psychotherapie gemacht.
    Hat jemand von euch bereits Psychotherapie gemacht? Eventuell Verhaltenstherapie oder sogar Hypnotherapie? Ich überlege nämlich, welche Therapieform wohl die für mich aktuell sinnvollste sein könnte.
    Ich würde mich freuen, wenn ihr eure Erfahrungen mit mir teilen würdet.

    Ich wünsche euch eine schöne Woche.

    LG Lara

  • Liebe Lara, wenn ich das so offen sagen darf, vermutlich fährt da gerade ein riesen Karren voller Mist auf dich zu.

    Er geht nicht hin, also machst du dir noch mehr Gedanken und bist wieder fester an ihn gekettet. Es gibt viele Gründen, warum er sich gegen solche Termine sträubt, durchaus auch nachvollziehbare. Aber das ist alles seine Sache.

    Falls du nicht zufällig daneben gestanden hast oder den medizinischen Bericht in der Hand hattest, dann kannst du auch nie wissen was aus seinen Erzählungen der Wahrheit entspricht und was nicht.

    Das ist keine Aufforderung Kontrolle aus zu üben sondern nur ein Hinweis darauf wie undurchsichtig jeder Kontakt und jede einzelne „Krise“ sein kann und das der wahre Zweck dahinter dir durchaus verborgen bleiben könnte.

    Abgrenzung deinerseits, darf nicht daran gekoppelt sein wie es ihm gerade geht oder ob er in einer besonders schlimmen Phase steckt.

    Es muss immer um dich gehen und darum was du tragen kannst und willst und was eben nicht.

    Ich finde es super, dass du dir für diese Phase deines Lebens Unterstützung holen willst 😊

    Mir selbst hat eine Verhaltenstherapie (mein erster Kontakt mit Therapie) gefühlt recht wenig gebracht. In der Rückschau denke ich allerdings, dort wurden die ersten inneren Veränderungen angeschoben, wodurch ich dann lernen durfte mich besser ab zu Grenzen.

    Einzelne Gespräche mit einem Verhaltenstherapeuten haben mir in akuten sehr Krisen geholfen die Situation besser ein zu ordnen. Ich habe das Entlastungsgespräche genannt, weil mir das sehr passend erschien.

    Und womit ich wirklich gute Erfahrungen gemacht habe war therapeutische Arbeit, die auch den Körper einbezogen hat, da steckt bei mir sehr viel vom Schmerz, der Ohnmacht und so einiges mehr. Ohne Begleitung hätte ich viellicht nie die Kraft zum endgültigen Kontaktabbruch entwickelt. Und ich hätte alleine auch nicht die Klarheit gefunden was ich überhaupt will.

    Das finde ich persönlich besonders wichtig, überhaupt mal den Zugang zu finden was man wirklich will, losgelöst von den alten Mustern und äußeren Erwartungen.

    Wen oder was will ich in meinem Leben haben und wie sehen meine eigenen Bedingungen dafür aus.

    Wo stehe ich und wo will ich sein.

    So, das war jetzt etwas persönlicher als geplant, aber ich hoffe du kannst etwas damit anfangen.

    Viele liebe Grüße, Lea

  • tiefenpsychologische Psychotherapie

    Guten Morgen. Die habe ich zuerst gemacht. Danach die Verhaltenstherapie.

    Ich glaube heute, andersherum hätte es mehr gebracht. Erst die Abgrenzung lernen und dann ins Eingemachte gehen.

    Habe meinen Stiefvater vor vielleicht 15 Jahren das letzte Mal gesehen und weiß nicht, wo er ist. Und das ist gut so.

    Ich glaube, das sind aber andere Voraussetzungen. Jedenfalls würde ich Dir die andere Reihenfolge empfehlen. Tiefenpsychologie dauert länger und greift nicht so schnell. Kann erstmal sehr unangenehm werden. Aus dem Grund finde ich eine stabile Abgrenzung dafür erforderlich.

  • Liebe Lara,

    mir hat eine langjährige Psychoanalyse sehr geholfen, um einen inneren Freiraum für mich zu gewinnen. Ich habe am Ende dieser Therapie den Kontakt zu meiner Mutter ganz abgebrochen. Dem folgten viele Jahre Körpertherapie.

    Nach der Kontaktaufnahme meiner Mutter im vergangenen Jahr und der Bitte um Hilfe habe ich den Kriseninterventionsdienst über Monate in Anspruch genommen. Das waren Entlastungsgespräche, um den treffenden Begriff von Lea aufzugreifen. Ohne diese Unterstützung sowie Gespräche mit dem gerontopsychiatrischen Beratungsdienst wäre ich untergegangen. Der erneute Kontakt zu meiner Mutter hat mich retraumatisiert. Anfang Mai fange ich endlich eine tiefenpsychologische Gruppentherapie an. Gerade von der Arbeit in der Gruppe verspreche ich mir viel.

    Bei der ersten Therapie kam das Thema Alkoholismus gar nicht vor. Wie massiv die Auswirkungen der Sucht meiner Mutter auf mein eigenes Leben waren, habe ich erst nach dem erneuten Kontakt zu ihr erkannt. Auch der Austausch hier im Selbsthilfeforum ist für mich sehr wichtig. Mittlerweile kann ich es ganz gut steuern, wie viel ich meiner Mutter geben will und kann und wo ich klare Grenzen ziehe.

    Viele liebe Grüße

    Siri

  • Hallo Zusammen,

    vielen Dank für euere persönlichen Einblicke und Erfahrungen.

    vermutlich fährt da gerade ein riesen Karren voller Mist auf dich zu

    Das trifft es ziemlich - ich hänge mit allem in der Luft. Ich weiß nicht wie es weiter geht und wie ich mich darauf vorbereiten soll, wenn mein Vater ein Pflegefall wird. Ich kann ohne ihn ja nicht wirklich etwas klären. Ich habe mal seinen Arzt kontaktiert, ob dieser mir vielleicht wenigsten im Allgemeinen erklären könnte, auf was ich mich krankheitstechnisch einstellen muss. Den Arztbericht habe ich gesehen. Klar könnte ich mir im Internet alles möglich durchlesen, aber speziell hier würde mir eine fachliche Meinung helfen.

    Die Verhaltenstherapie oder wie du es nennst Entlastungsgespräche wären wohl in meiner jetzigen Situation nicht verkehrt. Natürlich Bedarf die Aufarbeitung von allem viel mehr Zeit. An eine Körpertherapie hatte ich bislang nicht gedacht. Dies werde ich auf jeden Fall im Hinterkopf behalten. Ich habe allgemein eine sehr extreme Grundspannung im Körper (dies sagt mir auch immer mein Physiotherapeut).

    Meine tiefenpsychologische Therapie hatte mir in der Vergangenheit auf jeden Fall dabei geholfen einige Muster und Strukturen in der Beziehung mit meinem Vater aufzudecken und besser zu verstehen. Aber ich muss dies wahrscheinlich irgendwann nochmal aufgreifen um alles verarbeiten zu können.

    Zum Thema Psychoanalyse werde ich mich ebenfalls schlau machen.

    Ich hoffe ich finde irgendwo schnell einen Platz. Das ist leider ja nicht so leicht. Monatelange Wartezeiten ...

    LG Lara

  • Ich weiß nicht wie es weiter geht und wie ich mich darauf vorbereiten soll, wenn mein Vater ein Pflegefall wird. Ich kann ohne ihn ja nicht wirklich etwas klären.

    Liebe Lara,

    es ist meiner Ansicht nach auch gar nicht möglich, sich darauf vorzubereiten bzw. zu versuchen, es Deinem Vater leichter zu machen, zumal er nicht mitmacht. Die Hausärztin meiner Mutter hat mir das vor kurzem nochmal mit Nachdruck gesagt. Wenn meine Mutter sich weigert, Vorsorge für sich zu treffen bzw. treffen zu lassen, muss sie im Fall der Fälle mit dem Vorlieb nehmen, was dann möglich sein wird.

    Das einzige, was Du lernen kannst, ist zu schauen, dass es Dir gut geht. Dieser Satz wird hier im Forum immer wieder geschrieben und er ist absolut zentral.

    Es ist sehr wichtig zu verinnerlichen, dass Du nicht für das Schicksal Deines Vaters verantwortlich bist.

    Um mit den Schuldgefühlen, der Verzweiflung und dem ganzen Gewirr aus unterschiedlichen Gefühlen zurecht zu kommen, habe ich viele Gespräche und den Austausch hier im Forum gebraucht. Diese Unterstützung war und ist essentiell. Alleine hätte ich es nicht geschafft, die Schuldgefühle mehr und mehr abzulegen und zu akzeptieren, dass es nicht in meiner Macht steht, das Schicksal meiner Mutter dahingehend zu beeinflussen, dass es kein schlimmes Ende für sie nimmt. Diese Vorstellung hat mich zu Beginn des erneuten Kontakts zu ihr verzweifeln lassen. Ich war wie verloren in diesem Strudel aus Gefühlen und Panik, ein Gefühl absoluter Boden- und Aussichtslosigkeit, so als müsste ich mit ihr untergehen.

    Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen: das wird alles besser, sobald Du Dich ins Zentrum Deiner Fürsorge stellst!

    Den Arztbericht habe ich gesehen. Klar könnte ich mir im Internet alles möglich durchlesen, aber speziell hier würde mir eine fachliche Meinung helfen

    Hierzu fällt mir noch ein, dass Du Dir vielleicht diesen fachlichen Rat bei Deiner eigenen Hausärztin bzw. einem Arzt Deines Vertrauens einholen könntest. Da die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es um Deinen Vater steht, auch Deine Gesundheit beeinträchtigt, denke ich, wäre das möglich. Mir hat es geholfen, die Situation meiner Mutter und die Auswirkungen auf mich mit meiner eigenen Ärztin zu besprechen. Sie hat damals aus meinen Berichten eine Einschätzung zur kognitiven Verfassung meiner Mutter gegeben, die sich später als zutreffend erwiesen hat (Korsakow). Für mich war das damals wichtig, um ihr Verhalten besser einordnen zu können.

    LG Siri

  • Hallo Siri,

    es ist wirklich traurig, dass auch deine Mutter sich nicht helfen lässt. Aber es ist super, dass du Wege gefunden hast, besser mit der Situation umgehen zu können.

    Danke für deine Tipps und das Teilen deiner persönlichen Erfahrungen mit deiner Mutter.

    Sich wirklich bewusst zu machen, dass ich selbst nicht für das Schicksal meines Vaters verantwortlich bin, wird mit Sicherheit noch ein langer weg für mich sein und auch mich selbst in den Mittelpunkt meiner Fürsorge zu stellen. Aber ich gehe es Schritt für Schritt an.

    LG Lara

  • Ganz wichtig finde ich, dass Du erkannt hast, dass Du Dich selbst in den Mittelpunkt stellen musst und Dich nicht vereinnahmen lässt von Deinem Vater, Lara!

    Alles hat seine Grenzen!

    Meine Mutter versuchte auch immer mich an sich zu binden, indem sie sich als "bedürftig" darstellte.

    Aber ich war als Tochter nicht dafür verantwortlich, wie sie ihr Leben geführt hat. Das war alleine ihre Entscheidung und sie selbst hätte es ändern können. Tat sie nicht.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo,

    wie sich herausstellt haben die Ärzte in der Klinik trotz Absage meines Vaters über seinen Fall gesprochen.

    Er soll morgen spontan zum OP-Gespräch vorbeikommen, zu welchem mein Vater nun gehen möchte. Ich muss ihn fahren, weil es weiter weg ist.

    Ich verstehe es nicht, Montag geht er nicht zu seinem Termin. Heute sagt er dann er will morgen aber zu dem Termin.

    Ich frage mich was das alles bringen soll bzw. wo das alles noch hinführt. Immerhin habe ich so die Chance mit einem der Ärzte zu reden.

  • Liebe Lara, von der reinen Auskunft von Ärzten, hin zu einer medizinischen Vollmacht, ist es manchmal nicht weit.

    Bitte überlege dir ganz genau, welche Verantwortungen du wirklich aus ganzem Herzen übernehmen und dann auch tragen willst.

    Ich stand mal vor der Wahl die Verantwortung zu übernehmen oder keinerlei Informationen mehr zu bekommen. Da war ich drauf und dran zu unterschreiben - vielleicht um die Illusion Kontrolle nicht abgeben zu müssen 🤔

    Zum Glück habe ich gemerkt das es eigentlich egal ist, wieviele Informationen ich bekomme.

    Die Entscheidungsgewalt lag trotzdem nie bei mir und ich hätte sie auch nicht irgendwann übernehmen wollen.

    Es ging nie darum meine Eltern zu retten sondern darum selbst nicht mit ihnen unter zu gehen.

    Pass bitte besser auf dich auf, als auf deinen Vater.

    Liebe Grüße, Lea

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