Unschuldig EKA / Verantwortung CO- Alkoholiker

  • Hallo zusammen,

    nun läuft da einiges in den Thread, was selbst mir als waschechter Alkoholiker etwas aufstößt.

    Aus der CO Sicht ist es richtig und wichtig, bei einer zeitweise oder endgültiger Trennung dafür zu sorgen, den Spagat zu finden, dass die Kinder auch danach noch die Möglichkeit haben, nicht in Armut und ohne den alkoholisierten Elternteil aufzuwachsen. Es ist aber auch richtig und wichtig, dass diese Entscheidung nicht durch die eigene CO Brille objektiv betrachten werden kann. Da auch der CO eine krankhafte Sicht darauf hat oder mehr zu seinem als dem Nutzen der Kinder handelt. Das nicht immer bewusst, aber so aus seiner Sicht handeln muss.


    Jetzt zu meinem Anliegen

    Der übriggebliebene Alkoholiker geht dann in die Therapie und wird für das weitere Leben darauf, vorbereitet ich ohne Alkohol zu Recht zu finden. Da wird die Schuldfrage umschifft und er wird sanft auf die Verantwortung hingewiesen. So wie ich das verstanden habe. Ich war in keiner Therapie, die ich machte, war 16 Jahre Forum.

    Carl Friedrich hat geschrieben.

    Zu Beginn meiner Therapie wurden die Teilnehmer darauf hingewiesen, diesen Begriff erst mal zu umschiffen, um uns nicht zu sehr zu belasten. Verwendet wurde der Begriff der Verantwortung, indem wir für das was wir getan haben (Saufen, Angehörige „verletzen“) die Verantwortung tragen. Schuld bedeutet persönliche Vorwerfbarkeit, dass wir aufgrund unserer Kenntnisse und Fähigkeiten imstande waren, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen.

    Erstmal für mich fragwürdig, dass der Alkoholiker damit nur behutsam konfrontiert wird. Das hat für mich den Beigeschmack sich sanft in Watte gepackt sich trocken legen lassen. Ist aber nicht mein Anliegen, Therapien infrage zu stellen, nur weil mir ein Teil davon aufstößt.

    Ok, bisher ein langer Text und wie fast überall zu lesen sind die EKA wieder mal das letzte Glied in dieser Kette. Im nassen Haushalt aufgewachsen, mussten alles ertragen und nun als Erwachsener sollen sie gefälligst auch die richtige Wortwahl finden, damit es nicht zu einer Schuldzuweisung kommt und sie verstehen müssen, dass die Verantwortung der CO und Alkoholiker aus einem verzerrten Bild nicht übernommen werden konnte. Fertig, wieder abgebügelt in die Ecke gestellt und mit dem Gefühl alleine gelassen werden . Und das in eine Selbsthilfegruppe, die dafür zuständig ist.

    Schaut, wie ihr zurechtkommt, es war einfach so. Der arme Alkoholiker, der arme CO konnte ja nicht anderes. Ja, das mag ja stimmen, aber ich .

    Schuldfrage löst kein Problem, aber in diesem Fall hätte ich ohne Schuldzuweisung das Problem nicht. Ich brauche doch die Grundlage für mein nicht aufhörend wollendes Leid. Dass die Verarbeitung rückwirkend blickend nach vorn gereichtet, sein muss, ist sicherlich das richtige. Aber rückblickend ist eben das Erlebte mit den nassen Eltern, sei es CO oder Alkoholiker.

    Ich kann doch als Alkoholiker oder CO, wenn nachweislich selbst Bockmist gebaut wurde, das ertragen und versuchen, es auch ohne Verantwortlichkeit, anzunehmen und versuchen aus dieser Grundlage zusammen eine Lösung zu finden. Dieses ganze nachträgliche unter den Teppich kehren, das Versuchen es abzuwenden, wenn jemand gelitten hat, widerspricht meiner Natur. Das ist übriggebliebenes, „nasses Denken.“

    Liebe EKA, wie habt ihr eure Konfrontation mit den „unschuldigen“Verursacher erlebt?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Guten Morgen.

    Also bei der Suchtberatung/ambulanten Therapie, wo ich war, wollte meines Erachtens eher vermittelt werden, dass die Schuldgedanken einen eben nicht weiterbringen. Dass es zwar richtig ist, dass die Verantwortung/Schuld beim Süchtigen lag, aber das es jetzt keinen weiter hilft, vor schlechtem Gewissen wegen der Schuld, die man (in dem Fall ich) hatte, traurig zu sein und ständig daran zu denken.

    Es wurde mir damals schon bestätigt, dass es natürlich in dem Sinne meine Schuld war, was alles passiert ist, dass Alkoholismus aber eben eine Krankheit ist, die sich eben dadurch kennzeichnet, dass man sich selbst nicht zeitig genug stoppen kann und trinken "muss".

    Wir wurden dort nicht mit Samthandschuhen angefasst. Es wurde klar gesagt, dass wir eben Verantwortung übernehmen müssen, für das, was durch unsere Krankheit entstanden ist (Vertrauensmissbräuche usw.). Dass wir dazu stehen sollten, was wir getan haben, um Verzeihung bitte können, wenn wir möchten und den Fokus darauf setzen sollen, es eben zukünftig besser zu machen.

    Wenn ich persönlich mit meinen Söhnen darüber spreche, was früher alles so war, dann habe ich schon das Gefühl, dass es meine Schuld war, dass sie leiden mussten. Wer denn auch sonst???

    Dass diese Schuld aber eben entstanden ist, weil ich eine Krankheit hatte/habe, macht die Sache für mich zwar nicht besser (und für meine Söhne sicherlich auch nicht), aber eben erklärbar.

    Das ist meine Sicht als trockene Alkoholikerin.

    Das Thema Schuld ist ja auch im Co-Abhängigenbereich natürlich vorhanden. Da sehe ich es aber ähnlich, wie oben beschrieben. Co-Abhängige sind eben Menschen, die nicht in der Lage sind, nach ihrem Verstand zu handeln. Sie sind emotional abhängig (das geht auch, ohne dass der Partner alkoholabhängig ist). Das Problem dabei ist eben, dass sie es nicht schaffen, sich zu lösen. Sie hoffen, dass es besser wird. So ging es mir auch.

    Auf der Strecke dabei bleiben die Kinder.

    Auch hier bin ich der Meinung, dass das Drama zwar erklärbar ist, weil es eben krankhaft ist, dennoch kann es nicht schön geredet werden, dass die Schuld definitiv beim Co-Abhängigen liegt, dass Kinder leiden mussten. Wer denn auch sonst????

    (Mal abgesehen vom Alkoholiker, aber da ist ja ebenfalls der Verstand ausgesetzt, wie oben beschrieben).

    Jemandem das im Nachhinein vorzuwerfen "Du hast Schuld, dass das Leid sich so lang zog" ist insofern ja richtig. Dennoch bin ich der Meinung, dass es niemanden voranbringt, das ständig hinterherzutragen. Wenn die Situation hinter einem liegt, man bereits auf einem guten Weg ist, finde ich nach vorne schauen wichtiger.

    Wenn sich jemand aber noch in der Situation - handlungsunfähig - befindet, finde ich es richtig, vor Augen zu führen, wer gerade die Schuld hat, dass es für die Kinder schlimm ist. Denn wie sollen sie sich denn sonst aus der Situation befreien, wenn sie in Watte gepackt werden und sie eben nicht den nötigen Druck spüren, um an den Tiefpunkt zu gelangen? Betroffene sind doch nicht hier, um NICHTS zu verändern, sondern sie sind hier, um etwas zu verändern und das funktioniert nur, indem die Wahrheit klar und deutlich gesagt wird, wie sie ist. Meine Meinung....

    Ein verwandtes Thema ist der Vorwurf "Egoismus".

    Das sehe ich etwas anders. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Alkoholiker und ein Co-Abhängiger nicht so handelt, wie er eben handelt, weil er egoistisch ist. Nein. Er handelte so, weil er krank ist.

    Für mich ist es so: Solange der Alkoholiker oder Co-Abhängige sich seiner Schuld bewusst ist (ja, das drücke ich absichtlich so aus) und weiß, dass es im Grunde genommen nicht richtig ist, wie es gelaufen ist und es ihm im Nachhinein, wenn sich der Zustand verbessert hat leid tut, dann sind die Weichen gestellt für eine bessere Zukunft. Denn dann bin ich als Betroffene, z. B. co-Abhängige Mutter darum bemüht, es nicht mehr wieder soweit kommen zu lassen und an mir zu arbeiten.

    Wenn es aber im Nachhinein, wenn der Zustand gezwungenermaßen geendet hat, heißt: "Ja, ich hab das so und so gemacht, weil ich das und das gern wollte und das ist dann nun mal eben so", es also im Nachhinein offenbar als Tatsache sieht, die man auch zukünftig nicht anders machen würde, dann finde ich es schon egoistisch.

    Es kommt also immer auf die Haltung und Einstellung an.

    LG Cadda

  • Liebe EKA, wie habt ihr eure Konfrontation mit den „unschuldigen“Verursacher erlebt?

    Gerade das hier noch wahrgenommen. Entschuldige Hartmut. Ich bin nicht EKA. Ich bin "nur" aufs Thema Schuld angesprochen und da meine Kinder (zwar nicht erwachsene) Söhne einer Alkoholikerin sind, habe ich mich irgendwie mit angesprochen gefühlt.

    Ich erlaube mir mal, meinen Text stehen zu lassen, überlasse jetzt aber den EKA´s, die ja angesprochen sind, das Feld und bin schnell wieder weg..... :saint:

  • Aus meiner Sicht ist es vergeudete Energie - es sei denn „der Verursacher“ wie Du sagst, stellt sich von sich aus der Vergangenheit und möchte was klären. Ansonsten hilft es mir, als Betroffene, mich darauf zu besinnen, was bei mir „kaputt gegangen“ ist und wie ich es heilen kann und zwar ohne den anderen. Das heißt nicht, dass da kein Schmerz ist oder Bedauern oder auch Wut und Enttäuschung. Aber am Ende bin ich dafür zuständig, ob ich für den Rest meines Lebens Energie verschwende indem ich weiter vor die Wand laufe oder im Groll stecken bleibe … oder eben meine Energie darauf verwende, was ich selbst ändern kann. So sehe ich das - zum Glück - inzwischen.

  • Gerade das hier noch wahrgenommen. Entschuldige Hartmut. Ich bin nicht EKA.

    Das ist doch in Ordnung, aber eben dann auch aus anderer Sicht. Ich habe selbst keine Berührungsängste mit Schuldfragen. Ich habe ja Antworten.

    Dass diese Schuld aber eben entstanden ist, weil ich eine Krankheit hatte/habe, macht die Sache für mich zwar nicht besser (und für meine Söhne sicherlich auch nicht), aber eben erklärbar.

    Ich sollte doch aus der Verantwortung heraus den Kindern, die an mich herantreten, es auch erklären und nicht abbügeln. Erklären heißt nicht, dass ich die richtige oder erwartende Antwort habe.

    Wenn hier im Forum „Vorwürfe“ kommen, sind sie hier auch berechtigt. Deswegen sind wir doch alle hier. Vorwürfe helfen doch in sich mal genauer zu schauen. Ein betroffener Hund bellt, jemand der gar nichts mitzutun hat, bleibt recht gelassen. Habe ich als Lebensmotto mitbekommen.

    Zudem ist, je nachdem ob EKA, Alkoholiker oder CO, es auch keine Einbahnstraße. Aber beginnt denn nicht jede Selbsthilfe erstmal auch mit einem Vorwurf? Entweder nach außen oder an sich selbst?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich sollte doch aus der Verantwortung heraus den Kindern, die an mich herantreten, es auch erklären und nicht abbügeln

    Absolut! Das ist sogar extrem wichtig. Wenn ich es abbügeln würde, dann würde ich es mir verdammt einfach machen, was wieder zu Lasten der Kinder gehen würde.

    Hier würde dann auch wieder das Wort „egoistisch“ ins Spiel kommen, denn das fände ich egoistisch und nicht im Sinne der Kinder.

    Aber beginnt denn nicht jede Selbsthilfe erstmal auch mit einem Vorwurf? Entweder nach außen oder an sich selbst?

    Für mich ganz klar: Ja!

  • Nun wird ja sehr viel sich um die Wortwahl oder die Sprache gekümmert, als das, was dahintersteckt oder gesprochen wird. Ist auch so ein Teil der Ablenkung von sich selbst. ;)

    Gruß Hartmut

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  • Hey Hartmut, spannende Fragen 😊

    Liebe EKA, wie habt ihr eure Konfrontation mit den „unschuldigen“Verursacher erlebt?

    Ich merke, dass sie ein wenig sacken muss, es den richtigen Moment braucht, um da so richtig in mich zu gehen.

    Aber als neugieriger Mensch würde mich auch interessieren, wie du deine eigene Frage beantworten würdest. Du hast ja verschiedene Perspektiven in dir und die vom EKA finde ich naturgemäß besonders spannend 😎

    Viele Grüße und einen schönen Sonntag, Lea

  • Liebe EKA, wie habt ihr eure Konfrontation mit den „unschuldigen“Verursacher erlebt?

    Wow, das ist mal eine Fragestellung. Da muß ich bissel dran rumdenken.

    Sowas bringt einem weiter. :thumbup:

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Als ich vor knapp einem Jahr hier ankam,konnte ich mit dem Begriff EKA nichts anfangen,hatte keine Ahnung und las viel darüber in der Folgezeit. Das hat mich lange beschäftigt und umgetrieben.

    Hab 3 erwachsene Kinder. Einfach so drüberwegzusehen ist auch nicht mein Ding. Hinschauen, auch wenn es schmerzhaft ist,muss sein.so habe ich es in den Therapien gelernt.

    Habe mit allen drei gesprochen und das genauso gesagt,wie oben beschrieben. Und angeboten zu jeder Zeit in Zukunft darüber zu sprechen, wenn sie wollen.

    Mein ältester hat darauf einige Sachen von früher erwähnt,wie es für ihn war.

    Ich hab mich geschämt und auch entschuldigt, nicht glatt gebügelt sondern angenommen. Wegdrücken und kleinreden bringt mir nix.

    Ich kann nur dafür sorgen,das das Vergangenheit bleibt und sich nicht wiederholt. Mit den Jahren ist wieder Vertrauen gewachsen und Respekt voreinander.

    Das hat sehr lange gedauert, denn ich hatte alles verspielt,durch die sauferei.

    Die Fehler von früher nicht wiederholen ist alles was ich heute noch tun kann.

    Trockenbleiben komme was wolle.

    Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

  • Inzwischen? War also auch mal anders.?

    Ja, ich hab sehr daran geknabbert, was in meiner Ursprungsfamilie alles vorgefallen ist und was das so mit mir bzw. aus mir gemacht hat. Und ich hab gedacht, wenn ich nur die richtigen Worte finde, dann endlich verstehen das auch mein Vater bzw. meine Mutter. Aber ich hab mir die Zähne dran ausgebissen, weil sie nicht verstehen konnten oder wollten. Und statt Liebe oder Erlösung hab ich immer wieder neu Schmerz erfahren, Ohnmacht, Enttäuschung - und mich so in meiner Opferhaltung selbst blockiert. Und weil ich es zu Hause nicht „geschafft“ habe, geliebt zu werden (weil meine Eltern das einfach nicht geben konnten, aber das habe ich erst spät verstanden) hab ich es in Freundschaften bzw. Beziehungen vergeblich (weiter-)ver- bzw. gesucht. Und so bin ich auch in die Beziehung zu meinem Ex-Freund geraten. Der hatte zumindest sehr einsichtige Momente und ich hab wieder gestrampelt, weil ich dachte, diesmal kriege ich es hin - wenn ich nur genug selbst tue, um ihm zu helfen, wird endlich alles gut - also auch für mich! Dann habe ich endlich das, was vermeintlich alle haben: jemanden der zu mir gehört, jemanden der mich liebt, jemanden mit dem ich schöne und schwierige Momente teilen kann, mit dem ich reden und wachsen kann … Aber natürlich hat auch das nicht funktioniert- wie ihr wisst, wenn ihr meine Geschichte verfolgt habt. Aber ich habe trotz des unbeschreiblich tiefen Schmerzes endlich begriffen: Mir helfen weder Groll auf meine Eltern, die mir keine besseren Startvoraussetzungen mitgeben konnten, noch Selbstmitleid. Aber ich hab es in der Hand die Segel neu zu setzen und nicht länger Energie an das zu verschwenden, was ich nicht mehr - oder grundsätzlich nicht - verändern kann. Und seitdem ich mich nicht mehr an anderen abarbeite - sondern an mir arbeite - mir meinen Selbstwert klar mache (unabhängig von anderen) und versuche im Hier und Jetzt zu bleiben, geht es mir w e s e n t l i c h besser.

  • Du hast ja verschiedene Perspektiven in dir und die vom EKA finde ich naturgemäß besonders spannend 😎

    Nun ist EKA in meiner Zeit nie ein Thema gewesen, es gab das Thema einfach nicht. Das Thema EKA gab es erst für mich hier im Forum. Zudem ich nahtlos in die Suchtspirale weiter gegangen bin. Also selbst keine objektive Sichtweise mehr hatte. Als Kind war es eben normal. Ausgesprochene Gedanken wurden unter den Co Teppich gekehrt oder abgemildert. Es wurde auch von dem nicht trinkenden Elternteil auch einen gewissen (meist zur Eigennutz) Schutzschirm über die Kinder gespannt. In meiner trockenen Zeit konnte ich auch die Fragen nie wieder stellen. Eltern lebten da nicht mehr.

    Aus der Sicht des trockenen Alkoholikers bin ich offensiv auf meine Kinder zugegangen. Da wusste ich ja, dass ich der „unschuldige“ Verursacher war. (an andere Stelle mehr davon)

    Ich wusste auch jetzt, was EKA bedeutet. Ich wusste auch, was ein CO ist. Und konnte dadurch sehen, was für mich „nasses“ und „trockenes Denken“ ist. Was es in allen Bereichen gibt. Bei EKA und Co bei Alkoholiker sowieso ;)

    Unter Teppich kehren ist „nass“. Teppich hochheben, nachschauen, der Weg,. Teppich entsorgen, Staub aufwirbeln, bereinigen ist „trocken“.

    Es wird für einen EKA nichts besser in der Vergangenheit herumzuwühlen, aber das Verstehen „warum und wieso“ hilft in Zukunft besser damit umzu gehen können.

    Zu meiner Zufriedenheit als trockener Alkoholiker ist unweigerlich das verursachte Leid, wenn überhaupt verursacht, aus meiner Vergangenheit mit verbunden. Zumindest das, was noch sichtbar zum Vorschein kommt.

    Gruß Hartmut

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  • Ich habe jetzt ein paar Stunden darüber nachgedacht, warum ich meine Mutter nie mit ihrer Alkoholsucht konfrontiert habe bzw. sie nie gefragt habe, warum es dazu gekommen ist. Ganz ehrlich... ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich mir relativ sicher bin, dass sie nicht mit mir darüber gesprochen hätte. Ich glaube, sie wollte selbst nicht über die Gründe bzw. die Vergangenheit nachdenken bzw. mich damit belasten (wobei das aber reine Spekulation ist). Die letzten Jahre vor dem Tod meiner Mutter war sie - denke ich - trocken. Aber ich hatte mich emotional auch schon sehr distanziert bzw. abgegrenzt, denn so war es für mich leichter, das alles zu ertragen. Außerdem wohnte ich auch schon einige Jahre nicht mehr daheim, auch wenn ich meine Mutter täglich gesehen habe. Das war für mich auch so in Ordnung und auch wichtig, denn keinen Kontakt zu haben und nicht zu wissen, was mit ihr ist, damit wäre ich schlechter zurecht gekommen. Durch diese (emotionale) Abgrenzung konnte ich mit dem "Ist-Zustand" einigermaßen umgehen, da ich schon lange begriffen hatte, dass ICH es eh nicht ändern kann. Vielleicht war auch das der Grund, warum ich nie gefragt habe.

    Wenn ich das Wort "konfrontieren" anders auslege, und zwar in der Hinsicht, dass ich meine Mutter mit meinem Wissen über ihre Sucht "konfrontiert" habe, dann war das bereits als Kind. Ich kann mich erinnern, dass ich sie, wenn es mal wieder ganz schlimm war, angefleht habe, doch endlich mit dem Trinken aufzuhören. Aber da war ich in einem Alter, da wollte ich einfach nur, dass das alles ein Ende hat und ich habe mir keine Gedanken über die möglichen Gründe gemacht. Dafür war ich auch einfach noch zu jung.

    Wieso und weshalb meine Mutter zur Alkoholikerin wurde, werde ich nicht mehr erfahren. Ob mir ein Gespräch und eine Erklärung in meinem weiteren Leben geholfen hätte... ich weiß es nicht. Mein Leben ist, wie es ist und ich muss mit den Auswirkungen der Krankheit meiner Mutter auf mein Leben - auch 20 Jahre nach ihrem Tod - klar kommen.

  • Ich kann doch als Alkoholiker oder CO, wenn nachweislich selbst Bockmist gebaut wurde, das ertragen und versuchen, es auch ohne Verantwortlichkeit, anzunehmen und versuchen aus dieser Grundlage zusammen eine Lösung zu finden.

    Ein gutes Anliegen.

    Inwiefern haben EKAs aus ihren erlebten Familiensystemen denn die Möglichkeit, mit hier aufschlagenden Alkoholikern und Cos zusammen eine Lösung für deren Kinder in einem anderen Familiensystem zu finden? Zusammen verstehe ich dabei als individuell nach Fähigkeit und Möglichkeiten der Betroffenen abgestimmten Lösung.

    Genau das wird hier andererseits verneint unter Verweis auf letztlich nur eine "richtige" Lösung zum Schutz des Kindeswohls, wenn der Alkoholiker seine Krankheit nicht stoppen will. Dann müssen die Kinder von ihm weg, er muss verlassen werden und Co muss dafür die Initiative ergreifen.

    Damit das geschehen kann, ist natürlich das Einsehen erforderlich, zukünftig anders handeln/entscheiden zu müssen. Kann so ein Einsehen tatsächlich durch einen Pauschalvorwurf begünstigt/beschleunigt werden?

    Vorwürfe produzieren bei den meisten keine Annahmebereitschaft von Kritik, sondern Abwehr oder Ignoranz.

    Bei Dir Hartmut verstehe ich es gerade so, als ob Vorwürfe nicht nur irgendwie entlastend und daher legitim für die leiderfahrenen EKA, sondern auch Basis für eine herbeizuführende Veränderung sein sollen.

    Oder habe ich das falsch verstanden?

  • Vorwürfe produzieren bei den meisten keine Annahmebereitschaft von Kritik, sondern Abwehr oder Ignoranz.

    Und das ist der Knackpunkt. Wenn mich eines jedoch die Sucht gelehrt hat, sie ist anders und läuft eben nicht nach Norm. Wie ich mit Vorwürfen umgeh, ist für mich eine Form meiner Selbsthilfe. Wie ich mit harten oder weiche Worte umgehe, ebenso. Lob und Kritik kommt in dieselbe Schublade. Praktisch jedes Wort, was Sucht betrifft. Es kann so einfach sein. Aber ich haue auch mal irgendwas raus, was ich in den nächsten Tage andere sehe

    Es kommt aber auch darauf an, in welcher Phase der Sucht ich stecke. Will ich erstmal nichts davon hören, weil ich mich durch die Vorwürfe belasten und ich mich selbst schützen will oder bin ich schon so weit, sie an mich heranzulassen um genauer hinzuschauen.

    Ich habe es etwas auch einfacher als der CO. Ich komme hier rein, bekenne mich als Alkoholiker und bin auf dem Weg. Dann kommen Angehörige hier rein und wissen noch gar nicht, dass sie CO sind. Und deswegen auch das Ausmaß, was die Kinder betrifft, noch gar nicht so recht auf dem Schirm haben.

    Da haut dann schon mal so ein Vorwurf rein. Was jedoch in meinen Augen erstmal nichts anderes sind als eigene Projektionen.

    Inwiefern haben EKAs aus ihren erlebten Familiensystemen denn die Möglichkeit, mit hier aufschlagenden Alkoholikern und Cos zusammen eine Lösung für deren Kinder in einem anderen Familiensystem zu finden?

    Ich habe das Gefühl, dass du irgendein Weg suchst, der eine Allroundlösung beinhaltet? Den gibt es jedoch nicht. Hier ist nur Selbsthilfe. Für mich war wichtig vieles von den Erfahrungen, die hie geschrieben worden sind, für mich mitzunehmen.

    verstehe ich es gerade so, als ob Vorwürfe nicht nur irgendwie entlastend und daher legitim für die leiderfahrenen EKA, sondern auch Basis für eine herbeizuführende Veränderung sein sollen.

    Für wen entlastend? Für den EKA oder meintest du belastend für den Alkoholiker? Und sind Vorwürfe denn nicht immer legitim, zumindest bis sie be oder entkräften werden? Na ja, mir hat es schon geholfen, wenn Beteiligte mit mir ein Gespräch suchten. Zumindest änderte sich danach der Blickwinkel oder das Verstehen. Mittlerweile sind ja auch 16 Jahre bei mir vergangen und es ist so weit alles geklärt.

    Jetzt muss ich mir den Vorwurf machen, von dem Thema weg gekommen zu sein. :mrgreen:

    Gruß Hartmut

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  • Vielleicht, weil ich mir relativ sicher bin, dass sie nicht mit mir darüber gesprochen hätte.

    Oder vielleicht dass du sie nicht damit konfrontieren wolltest, da du das Gefühl hattest, dass es sie aufregt? Sie schützen wolltest, weil du ja das so erlernt hattest? Das wären meine Gedanken gewesen.

    Gruß Hartmut

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  • Oder vielleicht dass du sie nicht damit konfrontieren wolltest, da du das Gefühl hattest, dass es sie aufregt? Sie schützen wolltest, weil du ja das so erlernt hattest? Das wären meine Gedanken gewesen.

    Ja, da ist was dran... Meine Mutter hatte immer wieder "Trinkphasen", wenn etwas passiert war, also sie etwas aufgeregt/belastet hat. Das war zwar für mich bzw. uns (meinen Vater und mich) oft nicht nachvollziehbar, aber vielleicht (oder eher wahrscheinlich) habe ich uns alle schützen wollen. Meine Mutter vor der Aufregung und ggf. dem erneuten Auslösen einer Trinkphase und mich/uns vor den dadurch entstehenden Belastungen.

  • Danke Hartmut, für dieses Thema und auch für den Einblick in deine Persönliche Geschichte 😊

    Liebe EKA, wie habt ihr eure Konfrontation mit den „unschuldigen“Verursacher erlebt?

    Ein EKA Thema und die Frage, wie ich etwas erlebt haben, wow…

    Und noch mitten in meinen Gedanken kommt dann sowas

    Inwiefern haben EKAs aus ihren erlebten Familiensystemen denn die Möglichkeit, mit hier aufschlagenden Alkoholikern und Cos zusammen eine Lösung für deren Kinder in einem anderen Familiensystem zu finden?

    Was ist denn jetzt los, warum wird sogar in einem Thema, in dem es einfach mal um die Perspektive der Kinder gehen könnte, sofort wieder die Fähigkeit von EKAs ganz allgemein angezweifelt?

    Noch dazu von jemandem, der den Absprung nie selbst geschafft hat. In seinem eigenen Tagebuch sein eigenes zentrales Bedürfnis im Erhalt er Ehe definiert und an erste Stelle gestellt hat. Alles Leid was daraus folgte als „das ist eben der Preis“ runter gespielt hat. Für mich als EKA ist das der reinste Schlag ins Gesicht.

    Fertig, wieder abgebügelt in die Ecke gestellt und mit dem Gefühl alleine gelassen werden . Und das in eine Selbsthilfegruppe, die dafür zuständig ist.

    Ich fang mich wieder, bin mitten in meinem Prozess, habe vertrauen!

    Aber muss ich mir das und so einige andere Dinge wirklich sagen lassen.

    In meiner Selbsthilfegruppen 🤔

    Sonnige Grüße, Lea

  • Aber muss ich mir das und so einige andere Dinge wirklich sagen lassen.

    In meiner Selbsthilfegruppen 🤔

    Aus dem Kontext gerissen, um mal etwas Allgemeines dazu zu schreiben.

    Wäre im Umkehrschluss dasselbe, was Alkoholiker EKA vorwerfen. Muss ich mir als EKA Vorwürfe anhören oder ist es ein Prozess der mich weiter bringt? Wie weit bin ich das abzuschmettern, wie sehr belastet es mich noch.

    Ich versuche es mal anders zu formulieren. Wer kein EKA ist, kann sich da auch nicht reinversetzen. Wer nicht suchtkrank ist, kann sich zwar Wissen aneignen, aber nicht reinversetzen, nicht fühlen, nicht spüren und auch den Prozess nicht erkennen, wie weit der Suchtkranke mit seiner eigenen Verarbeitung ist. Es geht eben nicht nach Schema F. Der eine steckt es innerhalb von Tagen weg, der andere knabbert ein Leben lang daran.

    EKA impliziert auch erstmal. „Kinder“. Was jedes Elternteiles, ob suchtkrank oder „nur“ Angehörige, hochschrecken lässt. Zumindest hat es mich erstmal geschüttelt. Mir kam da der Gedanke „Habe ich was in der Erziehung falsch gemacht“ Habe ich meine Kinder etwas ausgesetzt was ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Hatte ich etwas ausgeblendet, weil ich es nicht sehen wollte oder extra ausgeblendet, weil ich es gesehen habe.

    Nur sind es hier keine Kinder mehr , die hier aufschlagen, sondern Menschen, die etwas erlebt haben, was auf sie vehement belastet. Wer in einem EKA Haushalt aufgewachsen ist, hat doch ein reales Bild davon, trägt das Erlebte in sich.

    Freut mich, das der Thread Fahrt aufnimmt.

    Gruß Hartmut

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