Hallo Liebe Forumsmitglieder,
ersteinmal vielen Dank für dieses Forum, ich habe hier so viele Leute gesehen die zum Teil in einer noch präkerern Lage waren als ich und die jetzt das Leben üfhren, das ich auch führen will.
Kurz zu mir, ich min m, 40 Jahre und, es fiel mir schwer es einzugestehen, obwohl ich es ganz genau wusste, Alkoholiker. Ich bin Alkoholiker.
Diesen Satz nieder zu schreiben war schon ein Akt, ist schon was anderes wenn man das Geschriebene sieht und noch mal liest.
Weiter im Text: Ich habe bis zum letzten Jahr als Unternehmensberater gearbeitet. Ich hatte viel mit ausländischen Unternehmen zu tun, ganz besonders mit asiatischen Firmen. Kleiner Spoiler: Wer denkt, dass Asiaten nicht trinken können, der ist auf einem ganz falschen Dampfer. Alkohol ist dort teilweise die Entscheidung ob ein Geschäft läuft, oder nicht. Wer trinkt und fröhlich mit macht, geniesst Vertrauen. Auf die heftigen Eskapaden in höchsten Kreisen komme ich vielleicht später nochmal zu sprechen.
Ich hole mal ein bisschen aus, wird dem Kontext sicher nicht schaden. Meine Kindheit war wenig geprägt von Alkohol. Es gab einige Trinker in meiner Verwandschaft, viele davon sind auch nicht mehr unter uns, aber in meinem direkten Umfeld spielte Alkohol eher die Rolle einer Gesellschaftsdroge. Betrinken, Blödsinn machen, verkartert aufwachen und sich schwören, nie wieder zu trinken. Schliesslich klingelt der Wecker um 6 Uhr morgens. So in etwa habe ich es in Erinnerung. Nichts desto trotz, hat Alkohol bereits seit ich klein war, eine ungemeine Anziehungskraft auf mich gehabt. Schliesslich haben es ja die Erwachsenen gemacht und ich wollte unbedingt dazu gehören. Andere Kinder haben mich nie interessiert. Spiele mit irgendwelchen Fake-Pistolen, Fangen oder sich sinnlos schlagen und gucken wer der stärkere ist, das war mir alles komplett zu wieder. Ich fand es kindisch, ich wollte nie kindisch sein. War ich auch nie.
Irgendwann, ich meine es war so im Alter von 10 Jahren, habe ich das erste mal Sekt probiert. Es waren wohl nur 2 Gläser, aber dieser Rausch hat mich gefangen. Ich fühlte mich den anderen Kindern überlegen. Ich glaube es war auf einer Kommunion. Wie dem auch sei, ich war angesteckt.
Die nächsten Jahre passierte nicht viel, erst mit 14 hatte ich meinen ersten Vollrausch. So heftig, wie nie wieder. Ich wollte auf Klo und die Wände haben sich hin und her bewegt, wie als wenn ich auf einem Schiff bei starkem Seegang wäre. Keine Erinnerungslücken, ich habe es mehr wie ein Aussenstehender beobachtet. Aufregend, aber nicht erschreckend.
Irgendwann kam die Abi-Zeit, ich bin aufs Kiffen gekommen. Plötzlich war das erste was ich morgens machte einen zu bauen. Alkohol hat mich zu der Zeit null interessiert. Klar, es wurde getrunken, klar hab ich übertrieben, aber es war einfach nicht mein Ding. Wenn ich nichts zu rauchen hatte, bin ich notfalls um 2 Uhr morgens noch los um irgendwo was zu holen. Auf die Idee paar Bier zu trinken und einfach einzuschlafen wäre ich nie gekommen. Zu dem Zeitpunkt war Alkohol ja auch keine Option für sowas.
Ich hab mein Abi geschafft, Zivi gemacht, gekifft wie eh und je, lief alles.
Studium. In meinem Fachbreich war ich nicht der einzige der kifft. Hab ich jedenfalls beim ersten Asta Treffen rausgefunden. Getrunken wurde auch. War aber immer noch nicht meins. Paar Bier mit Joint, geht. Aber das Ende war nie absehbar bei solchen Aktionen.
Ausland. Ich war plötzlich in einem Land wo Saufen die absolute Regel unter Studenten ist. Kiffen geht gar nicht, ist vergleichbar mit Heroin, zumindest was die Strafen angeht. Alkohol hingegen, absolut in Ordnung. So habe ich umgesattelt. Das ging natürlich nicht wirklich gut, ich habe es allzu oft maßlos übertrieben. Da ich aber in bestes Gesellschaft war, fiel es nicht wirklich auf. Mich hat es mal ein wenig schockiert, als wir bereits Mittags in einer großen Gruppe trinken gegangen sind und mein Kollege mit zitternden Händen die Bestellung aufgab. Er meinte, er sei schon so weit, dass es ohne nicht mehr geht. Gut, dass mir das nie passieren wird....
Wir spulen kurz vor. Mittlerweile bin ich berufstätig, für eine asiatische Firma. Meine Frau, Asiatin. Oh Wunder. Jedenfalls fiel ihr irgendwann auf, dass mein Alkoholkonsum nicht mehr normal ist. Da gabe es Situationen auf die ich nicht stolz bin, sicher gibt es hier mehr als eine Person im Forum die ählich wenig stolz ist auf einige Erlebnisse.
Es kam häufig vor, dass ich bereits nach der Arbeit 3 Bier drin hatte und zuhause nachgelegt wurde. Da ging es im Prinzip noch. Gelegentlich kamen härtere Sachen hinzu.
Gegen Ende, also kurz bevor ich den Job wechselte, war eines meiner größten Probleme die zahllosen leeren Wodka Flaschen in meinen Schubladen. Gut, ich habe nie während der Arbeit getrunken, aber wenn alle aus dem Büro raus waren hab ich noch 2 Std. Youtube und Wodka gemacht. Natürlich bis zu dem Level wo meine Frau es nicht merkt. Naja, dachte ich jedenfalls...
Mit der Zeit geriet das völlig ausser Kontrolle. Ich war bereits 3 Jahre in der Firma, alles lief blendend (es lief in der Tat gut), kamen immer mehr Aussetzer am Abend. Meine Frau erwischt mich, wie ich bei uns in einem anderen Zimmer stehe und allend versuche zu erklären, wieso ich dort war. Dumm nur, dass ich mich daran nicht erinnern konnte am nächsten morgen. Genauso wenig wie an einen anderen Abend, wo ich versucht habe in den Kleiderschrank zu pinkeln. Null Erinnerung.
Arzt. Ich habe festgestellt, ich brauche wirklich Hilfe. Versuche das Trinken zu minimieren endeten relativ schnell ohne Erfolg. Ich habe mich an meinen Hausarzt gewandt. Der hat mich bei meinem Entzug begleitet. Mittlerweile war ich bei einer Tagesdosis von 0.5L Wodka am Tag, und immer nur Abends ab 5pm. Er hat mir - edit, Medikamente - verschrieben, die wirklich geholfen haben. Die ersten Tage waren komisch, besonders das Gefühl zwischen Auge und Nase war am Anfang irritierend, aber ich hatte kein Craving, keine Entzugserscheiningen und war danach 4 Jahre trocken. (Falls jetzt irgendjemand meint, das könne nicht stimmen, da kein Arzt - edit - verschreibt, ich habe das Rezept und die Packung aufgehoben. Riskant, ja, aber es hat funktioniert. Ne Weile.)
Neuer Job. Seit Anfang letzten Jahres habe ich einen neuen Job. Ich habe ein komplettes Büro übernommen und bin verantwortlich für das Geschäft in Europa. Sehr herausfordernd, besonders weil ich mit sowas noch keine Erfahrung hatte. Aber es ging, zumindest die ersten paar Monate. Parallel, hielt ich es wohl für ne tolle Idee, ab und zu wieder mal was zu trinken. Wie das endete, können sich die meisten denken. Das Büro ist Geschichte, ich hab ein neues Konto bei der Agentur für Arbeit. Täglich mindestens 5 euro für Wodka. Meine Frau hat davon nicht viel mitbekommen, denn mittlerweile war ich auf dem Level, dass ich nach 0.5l Wodka nicht berauscht war. Ich war evtl. bisschen neben der Spur, aber immernoch klar im Kopf. Zumindest besser, als ohne Wodka. Ein paar mal hab ich es versucht, 2-3 Tage nicht zu trinken. Aber die Ausfallerscheinungen waren zu heftig, dazu später mehr.
Arzt, zweiter Versuch. Wir sind wieder bei den - edit, Medikament - gelandet, auf mein Verlangen übrigens. Es war nicht einfach zum Arzt zu gehen. Beim ersten mal, fühlt man sich wie jemand der Hilfe braucht. Beim zweiten mal, wie jemand der Hilfe bekommen hat, aber weil er so ein willensschwacher Versager ist, es eben in den Sand gesetzt hat. Problem nur, ohne Arzt und fremde Hilfe würde ich aus dieser Spirale NIE rauskommen. Das mit den Medikamenten wird jetzt seit heute ca. 1 Woche so laufen, damit ein Delir ausgeschlossen werden kann. Anschliessen bekomme ich - edit - gegen das Craving.
Das größte Problem was ich jedoch sehe, was sind die Gründe? Ich war bei mehreren Psychologen, die konnten mir auch nicht wirklich helfen. Spezialisiet auf Süchte von anderen Stoffen, aber nicht Alkohol. Entweder inkompetent oder die haben sich nicht wirklich "für die Materie" interessiert.
Ich. Ich denke nicht dass ich ein verlorener Fall bin. Ich weiss, dass ich Alkoholiker bin. Ich weiss, dass ich für immer Alkoholiker sein werde. Ich weiss, dass ich trockener Alkoholiker werden kann, das strebe ich an.
Vielen Dank an alle die bis hierher gelesen haben.
Paul