Boss, Wenn das erste Bier den Tag beendet

  • Hallo, Boss,

    ich bin gerade mal seit gut drei Monaten abstinent, und mir geht es jetzt noch so wie dir: Es macht mir Angst, weil die Abstinenz so problemlos verläuft. Ich habe Angst davor, das alles auf die leichte Schulter zu nehmen, Angst vor einem Anfall von 'Übermut', weil mir der Verzicht auf Alkohol zum Beispiel weniger Mühe bereitet als der Entzug von Nikotin vor zwanzig Jahren. Neben meiner Überzeugung, dass ein Leben ohne Alk absolut das Bessere ist, und den Grundbausteinen ist es vor allem das Lesen im Forum, das meine Sensibilität für das Thema ganz weit oben hält. Obwohl Meinungen und Erfahrungen auseinandergehen können, erfahre ich hier tagtäglich einen mitreißenden 'Sog'. Das hilft mir enorm.

    Viele Grüße

    Mattie

    Hey Mattie,

    Du beschreibst es zu 100 % korrekt. Ich habe gerade angefangen, deinen Faden zu lesen (ich lese ihn heute Abend zu Ende). Du schreibst dort selbst, dass du öfter „Trinkpausen“ hattest. Genau davor habe ich auch Angst. Ich habe zwar noch nie ernsthaft versucht aufzuhören - das hier ist das erste Mal, aber ich habe Angst, dass es mich irgendwann kalt erwischt und ich mir die ganze Nummer schönrede.

    Und ganz nebenbei: Erst einmal Glückwunsch, dass du schon so weit gekommen bist. Wünschte' ich wäre auch schon so weit. Hab zwar schon etwas Abstand gewonnen, fühlt sich aber wackelig an.

    LG

  • Risikominimierung zieht sich wie ein roter Faden durch die Grundbausteine. Gerade im ersten Jahr bin ich noch nicht gefestigt, das Suchthirn ist noch zu aktiv und ich kann weder die Risiken noch mich selbst richtig einschätzen. Es hat einen Grund warum die meisten Rückfälle am Anfang passieren.
    Es ist aber kein Grund Angst davor zu haben. Meine Angst ist schnell dem Respekt vor der Aufgabe und meiner Verantwortung gewichen.

    Ich habe mich langsam vorgetastet, so wie auf dem Eis eines Sees, welches mich gerade trägt. Ich weiss, dass es brechen kann, wenn ich zu schnell und zu früh weiter rausgehe, nur ich weiss nicht wann und wo.
    Also warte ich bis das Eis dicker geworden ist - Risikominimierung.
    Dabei habe ich Erfahrungen gemacht. Da hat es mal hier und dort geknarrt , und das hat mir geholfen, Situationen einzuschätzen und vor allem mich selbst besser kennenzulernen. Was und wieviel kann ich mir wann zutrauen und was nicht.
    Und so habe ich das Vertrauen in mich selbst wieder zurückbekommen, das Gefühl, dass ich mich auf mich selbst wieder verlassen kann.

    Das ist ein Prozess, der viele Monate gedauert hat.

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          - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Risikominimierung zieht sich wie ein roter Faden durch die Grundbausteine.

    Ich kann nicht jedes Risiko minimieren. Die Dinge, die ich auf dem Schirm habe, bekomme ich in den Griff – aber das, was überraschend auf mich zukommt, eben nicht. Solange ich wachsam bleibe, den nötigen Respekt behalte und mit der Zeit stabiler werde, verwandelt sich die innere Angst Stück für Stück in Stabilität und Sicherheit. Dann ist das Wichtigste getan.

    Ob ich rückfällig werde oder nicht, ist nicht mein tägliches Brot. Es reicht völlig zu wissen, dass ich es theoretisch könnte und genau deshalb wachsam bleibe.

    Das ist ein Prozess, der viele Monate gedauert hat

    Und er hört nie auf:whistling:

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Risikominimierung zieht sich wie ein roter Faden durch die Grundbausteine. Gerade im ersten Jahr bin ich noch nicht gefestigt, das Suchthirn ist noch zu aktiv und ich kann weder die Risiken noch mich selbst richtig einschätzen. Es hat einen Grund warum die meisten Rückfälle am Anfang passieren.
    Es ist aber kein Grund Angst davor zu haben. Meine Angst ist schnell dem Respekt vor der Aufgabe und meiner Verantwortung gewichen.

    Risikominimierung und Grundbausteine – das sind genau die richtigen Stichworte. Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und es folgen Weihnachten und Silvester. Zu Weihnachten wird es dieses Jahr keine größere Feier geben. Ich werde den 1. und 2. Weihnachtstag mit meinem Sohn verbringen. Für ihn werde ich es natürlich schön machen.

    Silvester steht allerdings schon eine „Party“ in meinem Freundeskreis an. Obwohl das kein "Säufer"-Freundeskreis ist, wird an Silvester natürlich etwas getrunken und aus diesem Grund werde ich dieses Jahr nicht teilnehmen. Das steht für mich so fest wie das Amen in der Kirche. Genauso meide ich alles, wo es vordergründig ums Saufen geht. Eine Disco wird mich nicht mehr von innen sehen. Wobei ich sagen muss, dass ich ohnehin höchstens einmal im Jahr in so einer Lokalität unterwegs bin. Es reizt mich einfach nicht mehr.

    Es gibt für dieses Jahr allerdings noch weitere Events. Zum einen habe ich Karten für zwei Konzerte, eines davon ist bereits am Donnerstag. Zum anderen bin ich Besitzer zweier Dauerkarten für einen Fußballverein. Erstmal der Reihe nach.

    Prinzipiell geht es mir bei Konzerten in erster Linie um die Bands. Für mich waren Konzerte nie ein Anlass, mich zu betrinken. Nichtsdestotrotz wird es dort Alkohol geben. Einer meiner Freunde trinkt sehr selten. Ich habe mich bereits als Fahrer angeboten (wir fahren ca. eine Stunde), und auf der Fahrt werde ich mich als Alki outen. Ich habe extrem viel Schiss und Scham davor. Die Grundbausteine sagen, dass man sein Umfeld einbeziehen soll, aber ich weiß gerade überhaupt nicht, wie ich das angehen soll. Streng genommen würden Risikominimierung und Grundbausteine mir das sogar eher "verbieten". Aber eigentlich will ich mir das nicht nehmen lassen.

    Auch das Thema Fußballspiel steht dieses Wochenende an. Ich gehe seit über 20 Jahren ins Stadion und möchte mir das nicht nehmen lassen. Für mich war das immer einfach: hingehen, Fußball schauen, heimfahren. Es ging nie ums Saufen davor oder danach. Aktuell nehme ich den erwähnten Kumpel mit, der nie trinkt.

    Trotzdem habe ich natürlich während der Spiele oder Konzerte Bier getrunken, während mein Kumpel bei Wasser oder Cola blieb. Das war mir immer extrem unangenehm, und ich freue mich ehrlich darauf, selbst einfach eine Cola zu trinken (wenn überhaupt, das kann man sich nämlich bei den Preisen mittlerweile schenken).

    Naja, ich bin mir in beiden Situationen trotzdem unsicher, ob ich das jetzt „darf“. Es geht mir nicht darum, eine Freifahrkarte zu bekommen - ich denke, die Antworten kenne ich. Aber vielleicht könnt ihr aus eurer Erfahrung berichten..

  • Wichtig ist nicht nur, Risiken zu meiden , auch wenn das im ersten Jahr absolut sinnvoll ist und genauso weitergeführt werden sollte. Genauso wichtig ist, diese leer gewordenen Zeiten mit etwas Neuem zu füllen. Etwas, das den Verzicht abfedert. ;)

    Am Anfang kann das zäh sein, ja. Aber mit der Zeit wird es leichter.

    Das erste Jahr dient nicht nur dazu, sich zu stabilisieren. Es ist auch dafür da, ein alkoholfreies Leben aufzubauen. Neue Gewohnheiten, neue Abläufe, neue Routinen. Wenn diese stehen, wird vieles von allein ruhiger.

    Was immer hilft, ist sich hier auszutauschen . Ungeschönt, ehrlich, ohne Vorhang. Besonders wichtig ist es, sich zu melden, bevor man wieder säuft, denn das ist ja im Kopf dann schon verankert.

    Gruß Hartmut

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    Trocken seit 2007

  • Naja, ich bin mir in beiden Situationen trotzdem unsicher, ob ich das jetzt „darf“.

    Der Einzige, der dir das verbieten kann bist du.

    Es geht mir nicht darum, eine Freifahrkarte zu bekommen - ich denke, die Antworten kenne ich.

    Warum? Weil du vermutest was richtig ist, oder weil du fühlst was richtig ist?
    Horch mal ganz tief in dich rein und lass zu, was du da zu hören bekommst. Ich habe Antworten bekommen, auch welche, die mir nicht gefallen haben.

    Aber eigentlich will ich mir das nicht nehmen lassen.

    Du bist noch nicht mal 10 Tage abstinent und möchtest dir nicht nehmen lassen, dein Leben so weiter zu führen, wie bisher, nur ohne Alkohol versteht sich.
    Es gibt hier einen Satz: "Nur nicht trinken reicht nicht".
    Ich habe ziemlich viel in meinem Leben verändert, alles was mit oder mittelbar mit Alkohol zu tun hatte, besonders am Anfang und vieles ist bis heute geblieben.

    Konzerte und Fussball sind nun mal Orte an denen ordentlich Alkohol konsumiert wird. Da ist zum einen, dass du von jemanden oder gar von deinem Suchthirn überrumpelt wirst und zum anderen, dass das Erlebte in dir nachwirkt, am Abend oder Tage später und zu Suchtdruck führen kann, was wiederum ein Risiko für dich wäre.

    "Wäre", "hätte",.....die Frage die ich mir gestellt habe war, "hat meine Abstinenz Prio 1 in meinem zukünftigen Leben?", oder muss sie auch mal beiseite treten, weil ich Spass haben will?

    Ich gehe heute wieder auf Konzerte, weil ich weiss, auf was ich bei mir achten muss, und was dann zu tun ist, und auch heute gehe ich nicht hin, wenn mir mein Vorhaben Unbehagen bereitet.

    Gibt dir Zeit, dein Club spielt auch nächstes Jahr noch Fussball und Konzerte wird es dann auch geben. Genau wie du es auch an Silvester hälst, genau richtig und nächstes Jahr entscheidest du neu.

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          - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Naja, ich bin mir in beiden Situationen trotzdem unsicher, ob ich das jetzt „darf“

    Hallo Boss, die frage ist nicht ob du darfst, die frage ist ob du musst, wirklich musst.

    Es geht mir nicht darum, eine Freifahrkarte zu bekommen

    Hier gibt es keine Freifahrkarten, jeder kann frei entscheiden was er macht. Ich lese da aber Zweifel deinerseits heraus, wenn du unsicher bist dann lass es auf jedenfall bleiben, was du ja eigentlich auch machen solltest.

    Für mich wäre der Zeitpunkt zu früh und denk bitte du auch nochmal darüber nach, auch wenn nichts verfällt du tust dir nicht gut. Bier, grölende Menschen und vielleicht verschüttet jemand was über dich..

    Das muss eigentlich nicht sein, zumindest nicht am Anfang.

    Gruß R/no

    P.S. ich schwöre das ich nayouk's post nicht gelesen hatte🤣

  • Ein emotionaler Moment welcher Art auch immer kann dein Vorhaben der Abstinenz von einem auf den anderen Moment beenden, besonders an großen Events wo du ja sicher mit Alkohol konfrontiert wirst, noch dazu an einem Ort an dem du immer getrunken hast. Dein Gehirn ist im Stadion doch automatisch mit Alkohol verknüpft wenn du die Gesänge, Gerüche etc. hörst und siehst. Auf jedenfall ist da die Faust in der Tasche, wahrscheinlich beide.

    Mir war am Anfang auch nicht bewusst das nur etwa 5 % der Alkoholiker erfolgreich abstinent bleiben, lass dir das auch mal durch den Kopf gehen. Wenn du das Ziel einer glücklichen Abstinenz erreichen willst solltest du in der Aufwärmphase keinen Hürdenlauf machen. Die älteren warnen uns ja nicht aus keinem Grund, sondern weil sie die 95% schon oft gesehen haben.

    So jetzt habe ich fertig 😬 denk nach und mach es dir leichter.

    LG R/no

  • Danke für die Nachrichten, das war jetzt exakt das, was ich in der Form nicht hören wollte. Jetzt sitze ich seit 2–3 Stunden hier und habe das Gefühl, etwas zu verlieren. Dass ich durch die Abstinenz das verliere, was ich eigentlich so sehr mag: Fußball und Musik. Das erzeugt gerade Druck, und die Stimme kommt von hinten, und ich verwickle mich in ganz komischen Gedankengängen…

    Persönlich hätte ich es mir jetzt zugetraut, aber:

    Du bist noch nicht mal 10 Tage abstinent und möchtest dir nicht nehmen lassen, dein Leben so weiter zu führen, wie bisher, nur ohne Alkohol versteht sich.

    Das hat ganz schön getroffen.

    Bier, grölende Menschen und vielleicht verschüttet jemand was über dich..

    Gott sei dank ist das kein Steher sondern ein Rentersitzer. Aber ich kann nicht verneinen, dass da leider auch mal Bier geflogen kommt...

    Wir haben noch zwei Heimspiele dieses Jahr. Die Karten kann ich abgeben, das geht. Das nächste Spiel wäre dann erst in zwei Monaten, was bedeutet, dass ich bis dahin mal schauen kann, auf welchem Fundament die Abstinenz steht. Das ist nun entschieden.

    Das mit dem Konzert triggert mich allerdings sehr, weil ich da wirklich super gerne hingehen möchte. Dazu habe ich noch keine finale Entscheidung getroffen. Darüber muss ich erstmal schlafen. Gut, dass ich die Bombe heute habe platzen lassen und nicht erst am Donnerstag, aber na ja… Gerade fühlt es sich richtig scheiße an.

    LG

  • Hallo Boss,

    du erweist dir einen riesen Dienst damit, dass du dich offen und ehrlich mit den Rückmeldungen auseinandersetzt.
    Es ist nicht immer üblich und selbstverständlich schon gar nicht.

    Gerade fühlt es sich richtig scheiße an.

    Du bist alkoholsüchtig und du wirst dich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht einfach nur ohne Alkohol aus der Sucht schleichen können und dann können Dinge passieren, die sich noch mehr Sch...e anfühlen.
    Du hast dich auf den Weg gemacht, und das schaffen viele erst gar nicht. Jetzt geht es darum das Richtige zu tun, und alle Hilfe anzunehmen, die du kriegen kannst,
    und wenn du die Sache ernst nimmst, kann ich dir sagen, dass es sich sehr gut anfühlt.

    Viele Grüsse

    Nayouk

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  • Jetzt sitze ich seit 2–3 Stunden hier und habe das Gefühl, etwas zu verlieren

    Guten Morgen Boss, du verlierst nichts, im Gegenteil, du gewinnst dein Leben zurück, die Sucht will Dir natürlich genau das Gegenteil vorgaukeln, sie verliert ja einen Kunden.

    Wir haben noch zwei Heimspiele dieses Jahr. Die Karten kann ich abgeben, das geht. Das nächste Spiel wäre dann erst in zwei Monaten, was bedeutet, dass ich bis dahin mal schauen kann, auf welchem Fundament die Abstinenz steht

    Super, so machst du das. Du bist echt entschlossen mit deinem Vorhaben, ich war da Beratungsresistender.

    Das mit dem Konzert triggert mich allerdings sehr,

    Du wirst es überleben und nächstes Mal wird um so besser. Ich weiß wie schwer es ist in deinem Alter diese Entscheidung (Abstinenz) zu treffen. Ich hab mir immer wieder Gedanken über meinen Alkoholkonsum gemacht aber es war nie nachhaltig. Bei mir kam die Erkenntnis erst als ich körperlich und psychisch massive Probleme bekam. Mit Anfang 30 war ich gerade in einer Hochphase. Schau dir einfach an was auf dich zukommen kann wenn du nicht die Reissleine ziehst.

    So und jetzt fang deinen Tag positiv an. Du kannst es wie jeder schaffen, du musst nur glücklich sein mit deinem neuen Leben.

    Viele Grüße R/no

  • Das mit dem Konzert triggert mich allerdings sehr, weil ich da wirklich super gerne hingehen möchte.

    Dass ich durch die Abstinenz das verliere, was ich eigentlich so sehr mag: Fußball und Musik.


    Eine Frage: Ist dein Leben nach einem Jahr vorbei?

    Ich habe mich zuerst auf heute konzentriert, dann auf morgen und Schritt für Schritt weiter. Der Rest hat sich gefügt. Trocken zu werden hieß für mich, langfristig zu denken , nicht alles auf einmal, sondern Tag für Tag.

    Da verändert sich eine Menge , sogar Dinge, die mir am Anfang völlig unmöglich erschienen. Meine Musik ist immer noch da, Fußball auch. Nur eben nicht mehr als „Ich muss“, sondern als „Ich kann“. Das Ganze angepasst an meine Sucht und nicht dagegen..

    Gehst du mit Grippe, Infekt oder gebrochenem Knochen ins Stadion oder auf ein Konzert? Oder wartest du da nicht auch, bis du wieder fit bist?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Mir ist der Ausstieg aus dem aktiven Teil der Sucht erst gelungen, als ich bereit war, meine Gesundheit und somit meine Abstinenz an erste Stelle zu setzen und ihr alles andere unterzuordnen.

    Karten für ein Konzert oder Fußballspiel sind demgegenüber minder bedeutsam.

    Wäge wohl ab, was Dir wichtiger ist, das Gegröle von irgendwelchen Suffköppen oder Deine Gesundheit und damit Dein Leben.

    Also ich weiß, wie ich mich in so Situationen entscheide. Da muss ich gar nicht erst nachdenken.

    Und das ist genau der Grund, warum bestimmte Leute hier im Forum seit vielen Jahren unfallfrei unterwegs sind. Das nennt sich Risikominimierung.

    Ich wünsche Dir die nötige Erkenntnis, die richtige Entscheidung zu treffen.

  • Guten morgen,

    du erweist dir einen riesen Dienst damit, dass du dich offen und ehrlich mit den Rückmeldungen auseinandersetzt.
    Es ist nicht immer üblich und selbstverständlich schon gar nicht.

    Ey, ich melde mich in einem Alkoholiker-Forum an, beichte, dass ich Alkoholiker bin und lebenslange Abstinenz anstrebe. Ich frage euch nach eurer Meinung bzw. eurer Sicht. Genau aus diesem Grund habe ich mich hier angemeldet: damit ich von denen lernen kann, die schon länger erfolgreich abstinent sind.

    Ich habe von vielen Dingen Ahnung und bin in vielen Bereichen auch ein Klugscheißer. Zum Thema Alkohol und Sucht habe ich mir ebenfalls schon viel Wissen angeeignet, aber Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe. Vielleicht gefallen mir eure Antworten nicht, aber wer bin ich schon?

    Insofern bedanke ich mich bei jedem, der sich Zeit nimmt, seine Lebenszeit opfert, um mir, dem naiven „ein paar Tage ohne Alkohol“-Alki, ein paar Worte dazulassen. Das ist nicht selbstverständlich und es ist auch eine Sache des Respekts sich darüber auch gedanken zu machen.

    Du wirst es überleben und nächstes Mal wird um so besser. Ich weiß wie schwer es ist in deinem Alter diese Entscheidung (Abstinenz) zu treffen.

    Ich weiß nicht, was das gestern Abend bei mir war. Ich kam von einem neutralen Gemütszustand in eine kurze Depression mit Gedanken wie: „Wenn ich jetzt auch noch auf XY verzichten muss, dann war das Leben mit Alkohol doch viel schöner.“
    Das ist natürlich nicht meine Einstellung, und das ist auch nicht mein Gedanke. Das war die Suchtstimme.

    Zum Alter: Spielt das wirklich eine Rolle? Natürlich ist es schöner, früher mit dem Alkohol aufzuhören. Die Geschichten hier sind für mich auch ein Mahnmal, aber warum sollte es in meinem Alter eine schwierigere Entscheidung sein? Im Gegenteil: Respekt an diejenigen, die 20–30+ Jahre dabei waren. Das stelle ich mir deutlich schwieriger vor.
    Wobei das hier auch kein Anaconda-Vergleich sein soll 8o. Sucht ist Sucht.

    Eine Frage: Ist dein Leben nach einem Jahr vorbei?

    Wenn ich Alkohol trinke, vielleicht.

    Gehst du mit Grippe, Infekt oder gebrochenem Knochen ins Stadion oder auf ein Konzert? Oder wartest du da nicht auch, bis du wieder fit bist?

    Mit einer Grippe nicht, aber mit einem Infekt oder einem gebrochenen Knochen war ich schon im Stadion :D. Ich weiß aber was Du meinst und:

    Mir ist der Ausstieg aus dem aktiven Teil der Sucht erst gelungen, als ich bereit war, meine Gesundheit und somit meine Abstinenz an erste Stelle zu setzen und ihr alles andere unterzuordnen.

    Vielleicht ist genau das das, was ich lernen muss: mir vorübergehend einzugestehen, dass ich darauf temporär "verzichten" muss, weil ich die Abstinenz an erste Stelle setze. Langfristig möchte ich natürlich wieder auf Konzerte und ins Stadion gehen können. Aber dafür ist es einfach noch zu frisch. So denke ich heute darüber, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe.

    Ich weiß nur noch nicht, wie ich das meinen Kumpels verklickern soll, dass ich morgen nicht dabei sein kann. Und ich weiß auch noch nicht, ob ich ihnen tatsächlich von meiner Alkoholerkrankung erzählen soll. Ich glaube, sie denken es sich ohnehin schon insgeheim. Andererseits habe ich auch einen Sohn, und wenn ich damit öffentlich hausieren gehe, weiß ich nicht, ob das nicht irgendwo ein Nachteil für ihn sein könnte.

    Es kommt mir gerade so vor, als wäre ich gestern betrunken gewesen, nur mit dem Unterschied, dass ich die Dinge gedacht, aber nicht ausgeführt habe. Heute fühlt es sich wie ein Kater an, so nach dem Motto: "Wie konnte ich gestern so denken?" usw.

    So und jetzt fang deinen Tag positiv an.

    Weißt du was? Ich habe heute meinen Sohn in den Kindergarten gebracht. Auf dem Rückweg habe ich angefangen zu pfeifen :). Ich merke so eine viel bessere Grundstimmung - als hätte ich gerade einen richtigen Dopaminausstoß bekommen. Früher war jeder Tag irgendwie gleich bzw. gleichgültig.

    Liebe Grüße

  • Zum Alter: Spielt das wirklich eine Rolle?

    Weiß ich nicht, ich glaube bloß das man mit 30 ohne körperliche Probleme eher weniger die Motivation hat abstinent zu werden und zu bleiben als in meinem Alter und irgendwelchen Gebrechen.

    Ich weiß nur noch nicht, wie ich das meinen Kumpels verklickern soll, dass ich morgen nicht dabei sein kann. Und ich weiß auch noch nicht, ob ich ihnen tatsächlich von meiner Alkoholerkrankung erzählen soll.

    Mach damit mal langsam, ich würde es nur meinen besten engsten Freunden erzählen. Wie gesagt lass dir Zeit du musst nichts überstürzen.

    Andererseits habe ich auch einen Sohn, und wenn ich damit öffentlich hausieren gehe, weiß ich nicht, ob das nicht irgendwo ein Nachteil für ihn sein könnte.

    Deswegen Ruhe bewahren, manche Eltern würden ihr Kind nicht bei einem Alkoholiker spielen lassen. Wenn du mal gefestigt bist kannst du besser damit umgehen.

    Ich weiß nicht, was das gestern Abend bei mir war. Ich kam von einem neutralen Gemütszustand in eine kurze Depression mit Gedanken wie: „Wenn ich jetzt auch noch auf XY verzichten muss, dann war das Leben mit Alkohol doch viel schöner.“

    Das ist die Sucht, ist ha erst 10 Tage her, sie wittert noch ihre Chance dich wieder zu übernehmen. Wahrscheinlich lässt sie deine Mannschaft noch gewinnen damit du im Siegesrausch vielleicht leichter zur Flasche greifst😬

    Du triffst auf jedenfall die richtige Entscheidung wenn du zuhause bleibst bzw. nicht ins Stadion/Konzert gehst.

    Wenn ich dir schreibe, wegen dem Alter usw. Denk ich auch an mich, ich war damals zu blöd oder halt zu schwach die Entscheidung zu treffen...

    Gruß R/no

  • Weiß ich nicht, ich glaube bloß das man mit 30 ohne körperliche Probleme eher weniger die Motivation hat abstinent zu werden und zu bleiben als in meinem Alter und irgendwelchen Gebrechen.

    Nee nee, ich habe zu oft gelesen und gehört, dass Menschen trotz schwerer Krankheit weitergesoffen haben. Außerdem: Wer sagt denn, dass ich keine Gebrechen davongetragen habe?

    Weiß ich nicht, ich glaube bloß das man mit 30 ohne körperliche Probleme eher weniger die Motivation hat abstinent zu werden und zu bleiben als in meinem Alter und irgendwelchen Gebrechen.

    Also, wenn ich mir nochmal deinen Faden präsent mache, dann bist Du alles nur eines nicht: schwach:!:

    VG

  • Vielleicht ist genau das das, was ich lernen muss: mir vorübergehend einzugestehen, dass ich darauf temporär "verzichten" muss, weil ich die Abstinenz an erste Stelle setze. Langfristig möchte ich natürlich wieder auf Konzerte und ins Stadion gehen können. Aber dafür ist es einfach noch zu frisch. So denke ich heute darüber, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe.

    Früher bin ich auch öfter im Stadion gewesen. Seit ich nüchtern durch die Gegend laufe, nicht mehr. Warum? Ich fühle mich da nicht mehr hingezogen. Mein Blickwinkel und meine Sichtweise auf viele Dinge im Leben haben sich nicht nur durch mein voranschreitendes Alter, sondern vor allem durch meine Abstinenz enorm verändert. Fußball kommt da nur noch am Rande vor, dafür reicht mir dann TV.


    Schlaf 'ne Nacht und schau mal, wie es morgen für Dich ausschaut.

    Wen Du alles informierst, ist Dir überlassen. Dafür gibt es keine Patentrezepte. Die einen binden es halt vielen auf die Nase, die anderen, zu denen ich gehöre, haben den Kreis der Informierten bewusst sehr eng gehalten. Ich fahre mit meinem Kurs gut und behalte ihn bei.

  • Wen Du alles informierst, ist Dir überlassen. Dafür gibt es keine Patentrezepte. Die einen binden es halt vielen auf die Nase, die anderen, zu denen ich gehöre, haben den Kreis der Informierten bewusst sehr eng gehalten. Ich fahre mit meinem Kurs gut und behalte ihn bei.

    Das mit dem Wissen war so gemeint, dass ich in Bezug auf die Abstinenz keine Ahnung habe ^^. Ich weiß noch nicht, was mein Rezept ist. Ich gehe auch nicht nur manchmal ins Stadion, sondern ich bin da hardcore seit meiner Kindheit. Ich verstehe aber, dass ich vorerst Orte meiden sollte, an denen Alkohol getrunken wird. Wie ich irgendwann einmal damit umgehen werde, ist jetzt nicht wichtig.

  • In Hamburg-FC St. Pauli gibt’s die „weiß-braunen Kaffeetrinker“. Selbsthilfegruppe etc. für Fans des Fußballs dieses Vereins.

    Hab mal eine interessante Reportage darüber gesehen.
    Vielleicht ….gibt’s- wann auch immer, die WBKler wirken seit annähend 30 Jahren scheinbar ohne Nachahmer in anderen Vereinen - bei vielen größeren Fußballvereinen solche 0,0 Fanclubs….

  • Ich weiß nur noch nicht, wie ich das meinen Kumpels verklickern soll, dass ich morgen nicht dabei sein kann. Und ich weiß auch noch nicht, ob ich ihnen tatsächlich von meiner Alkoholerkrankung erzählen soll.

    Wenn du viele "Freunde" brauchst und gerne auch viele oberflächliche Gespräche führst. Dann nicht. ^^

    Ich hatte sehr viele "trinkfeste" Freunde früher. Da bei ihnen aber Treffen nur in Verbindung mit viel Alkohol stattfinden, habe ich ihnen gesagt was Sache ist. In einer WhatsApp-Gruppe, als sie sich gerade zum Vorglühen, vor dem Besuch eines Brauhauses, verabredet haben.

    Sie haben sich fast alle einzeln gemeldet, dass sie sich melden, wenn sie etwas unternehmen, bei dem Alkohol nicht im Mittelpunkt steht.

    Das war vor über 3 1/2 Jahren. Wenn ich einen zufällig treffe, haben wir uns eigentlich nichts zu sagen. Ergo, es waren keine wirklichen Freundschaften. Nur Beigut zum Trinken. Die Freunde, die ich jetzt noch habe, sind wirkliche Freunde. Und so ist mir das auch viel lieber.

    An deiner Stelle würde ich da mal nichts überstürzen. Sonst argumentiert deine Suchtstimme vielleicht wieder auf der Verzicht-Schiene. Auch weiß ich nicht, was für ein Menschentyp du bist. Vielleicht bist du ja sehr extrovertiert. Ich bin es halt nicht.

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