Neustart in ein Leben ohne Alkohol

  • Hallo,

    ich bin 45 Jahre alt und habe beschlossen mein Leben fortan ohne Alkohol zu bestreiten. Wen es interessiert, hier der link zu meiner Vorstellung im Forum:

    https://alkoholiker-forum.de/viewtopic.php?f=44&t=36477

    Heute ist Tag 12 ohne. Irgendwie doof die Tage zu zählen, das macht ja irgendwie nur Sinn, wenn man vorhat das bis zu einem bestimmten Tag x durch zuziehen und dann wieder anzufangen. Aber tatsächlich wünschte ich es wären nicht nur 12 Tage sondern schon 3 Monate oder noch länger, das gäbe mir irgendwie das Gefühl von Sicherheit. Warum brauche ich diese Sicherheit? Im Moment habe ich ja wirklich keinerlei Verlangen, ich habe nur Angst irgendwie, das mich jeder Tag länger, in einer trügerischen Sicherheit wiegt, andererseits wünsche ich mir schon einen längeren Zeitraum geschafft zu haben. Das widerspricht sich gerade nicht war? Verstehe es selbst nicht so recht, ich äußere gerade nur was mir durch den Kopf geht.

    Als erstes möchte ich auf die Beiträge im Vorstellungsthema noch antworten:

    Cadda : oh......ja, ich werde auch immer noch nachträglich rot wenn ich daran denke. Ich bin auch guten Mutes, aber hin und wieder habe ich trotzdem Angst, es nicht zu schaffen. Nicht weil es mir gerade schwer fällt, sondern eher darum weil ich weiß das eine Sucht sehr stark ist.

    Carl Friedrich : Also Veranstaltungen habe ich bisher nicht besucht, das wird aber in Zukunft auch eher nicht der Fall sein, weil ich einfach kein Mensch bin der regelmäßig auf Partys geht. Nur wie soll ich denn den Alkohol zu Hause umgehen. Ich habe beschlossen nichts mehr zu trinken, soll jetzt mein Partner ebenfalls damit aufhören, weil ich sonst gefährdet wäre? Nun das fände ich zwar besser, andererseits, das ist mein Entschluss für mich, ich kann ihn ja nicht dazu zwingen. Das muss ja jeder für sich selbst entscheiden. Und bisher hatte ich null Ambitionen mitzutrinken. Ob sich das ändert weiß ich natürlich nicht, sollte es so sein, würde ich es ihm auf jeden Fall sagen, wie er dann entscheidet muss man sehen.

    Hope : doch, die Kontrolle habe ich zum Schluss immer öfter verloren, aber halt nur auf den Abend bezogen wo ich angefangen habe. Aufgrund des extremen Katers danach, hatte ich gar nicht das Bedürfnis am nächsten Tag weiter zu trinken. Meistens lagen bei mir zwei bis 3 Tage dazwischen und dann führte auch nicht jeder Trinkabend zu einem Absturz, aber eben tendenziell häufiger. Und eigentlich ist jedes Mal einmal zu viel, das will ich nie wieder so erleben.

    Ja, ich habe "nur" Bier getrunken. Andere Formen in denen Alkohol verpackt war nur ganz selten und dann unter "Gruppenzwang". Das aber wirklich nur ein oder zweimal im Jahr auf Events. Ich weiß das Bier in Verbindung mit Kurzen keine gute Idee ist, das habe ich schon als Teenager gelernt und dann die Finger davon gelassen. Mischgetränke in jeglicher Form oder Sekt und Wein, mochte ich noch nie. Leider das Bier dann irgendwann schon, wobei es nie der Geschmack war, ich habe tatsächlich getrunken um eine Wirkung zu erzielen. Ich habe Problem schön getrunken und manchmal auch zur Belohnung nach großen Anstrengungen, den Erfolg damit "noch schöner" gemacht.

    Was den alkoholfreien Rückzugsort anbelangt. Ich habe es oben schon bei meiner Antwort an Carl Friedrich geschrieben. Wie soll ich das denn jetzt anstellen bzw. steht es mir denn zu, dass von meinem Partner einzufordern auf sein Feierabendbier zu verzichten? Der Vorschlag mit der Kneipe funktioniert insofern nicht, weil wir am Arsch der Welt wohnen und man hier nicht fußläufig in eine Kneipe gehen kann. Ich habe diese Entscheidung für mich getroffen, aber ob und wie er damit umgeht ist doch seine Entscheidung. Wir wissen alle das es zudem auch nichts bringt, jemanden zu verbieten zu trinken. Da muss man schon selbst drauf kommen. Ich sehe das Dilemma in dem ich da stecke durchaus, ich weiß nur nicht wie ich das lösen soll.

  • hallo Lunki,

    wir haben uns ja bereits bei deiner Vorstellung gelesen.

    Zitat

    steht es mir denn zu, dass von meinem Partner einzufordern auf sein Feierabendbier zu verzichten?


    Als mein xy trocken wurde, war das für mich gar keine Frage, und es bedeutet für mich auch keinen Verzicht.
    Unser Haus ist alkoholfrei und von Anfang an, habe ich das auch Freunden von mir mittgeteilt, es ist kein einziger weg geblieben.
    Such das Gespräch mit deinem Partner.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Lunki,

    herzlich willkommen hier im Forum! Schön, dass Du den ersten Schritt geschafft hast und Dir hier und in der Beratungsstelle Hilfe suchst!
    Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass einem am Anfang viele Schritte, die hier empfohlen werden, erst mal irgendwie erschreckend wirken, viel zu "hart". Aber ich kann Dir nur raten, befolge die Schritte wirklich konsequent, denn damit hast Du eine reelle Chance trocken zu werden!
    Und ein alkoholfreies Umfeld / Zuhause ist - meiner Meinung nach - der allerwichtigste Schritt. Und ja, dazu gehört dann auch, mit den in Deinem Haushalt mitlebenden Personen darüber zu sprechen und zu verdeutlichen, dass es Dir ernst ist mit dem Aufhören und dass dazu eben vor allem auch ein komplett alkoholfreies Umfeld gehört. Wer kein Problem mit Alkohol hat und etwas an Dir liegt, wird das verstehen und Dich unterstützen. Ich halte mich seit 6 1/2 Jahren strikt an das alkoholfreie Zuhause und es gab - gerade in der Anfangszeit - einige Situationen, in denen mich das vor einem Rückfall bewahrt hat (bzw. mit Alkohol im Haus die Gefahr, dass ich doch wieder getrunken hätte, um ein so Vielfaches höher gewesen wäre).
    Es geht hier um Dein Leben - daran solltest Du denken! Und da ist Selbstfürsorge (manche sprechen von Egoismus, das ist etwas, was ich damals angefangen habe umzuformulieren...) unentbehrlich!

    lg Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷


  • Heute ist Tag 12 ohne. Irgendwie doof die Tage zu zählen, das macht ja irgendwie nur Sinn, wenn man vorhat das bis zu einem bestimmten Tag x durch zuziehen und dann wieder anzufangen.

    Mir hat es die ersten Tage geholfen zu zählen, weil sich da der Erfolg gezeigt hat im Gegensatz zu den vorherigen Malen. Ich war auch sehr ungeduldig und wünschte mir direkt es wäre mehr gewesen.
    Aber das muss man halt einfach akzeptieren.

    Je mehr Tage es wurden, desto schwerer ist mir das zählen gefallen.
    Ich glaube nach dem ersten Monat musste ich nachgucken wie viele Tage es sind.
    Die Tage an sich haben für mich also etwas an Bedeutung verloren.
    Im Vordergrund steht die Vorsicht vor jedem einzelnen Tag.



    Aber tatsächlich wünschte ich es wären nicht nur 12 Tage sondern schon 3 Monate oder noch länger, das gäbe mir irgendwie das Gefühl von Sicherheit.

    Ich weiss nicht, ob man diese Sicherheit jemals hat bzw. sogar haben sollte. Zuviel Sicherheit artet auch gerne mal in Leichtsinn aus.
    Ich möchte diese Sicherheit nicht. Sie würde mich denken lassen, dass mein Problem vielleicht doch nicht so groß ist wie ich es mir zu Trinkzeiten ausgemalt habe.
    Ich möchte immer auf der Hut sein. Egal ob es 2, 50 oder 800 Tage sind bzw. werden.


    Dein Partner trinkt? Wie oft denn? Das ist aber ganz schön hart für dich.
    Ich persönlich hätte damit ein riesiges Problem. Da ist die Versuchung doch schon sehr groß.
    Aber mich würde da auch mal sehr die Erfahrung der LZT interessieren.

  • Ich verstehe das, was ihr mir sagen wollt, aber mein Partner ist auch Alkoholiker. Es ist nicht so wie bei euren Partnern, das er nur hin und wieder ein Bier getrunken hat. Er trinkt jeden Abend Bier, am Wochenende auch schon tagsüber. Der Unterschied zwischen ihm und mir ist, er fängt nicht an unkontrolliert zu trinken. Die Menge erhöht sich nicht, er hört einfach auf und geht schlafen. Auch auf Parties, bevor er wirklich betrunken wird, geht er. Auch wenn hier noch alles voller Gäste ist. Da er aber täglich trinkt, sieht er ein, das er ein Alkoholiker ist. Offensichtlich hat er aber für sich damit kein Problem. So kommt er mir auch ehrlich gesagt auch vor. Er sagt von sich selbst: Ich trinke für mein Leben gern Bier. Er trinkt keine Probleme weg wie ich, er wird weder aggressiv noch laut, noch zeigt er irgendwelche Ausfallserscheinungen. Er müsste aber sein Leben radikal ändern und ihr wisst ganz genau, das es dazu eine eigene innere Überzeugung bedarf. Und das ist genau das Dilemma. Ist es Anstoß genug, dass die Partnerin keinen Alkohol mehr trinken will? Braucht es um Aufzuhören nicht einen Leidensdruck? Wo soll der her kommen, wenn er bei ihm offensichtlich nicht da ist? Ich bin wirklich ratlos und wünschte ich hätte schon einen Therapeuten, mit dem ich über so was reden könnte. Aber ich warte ja noch auf den Platz in der Orientierungsgruppe. Vielleicht fahre ich morgen einfach nochmal in die freie Sprechstunde unserer Suchtberatungsstelle und spreche das an.

  • Twizzler : wir haben gerade zeitgleich geschrieben. ;)

    ja ich weiß was du meinst, eine Sicherheit gibt es wohl nie wirklich. Man muss jeden Tag als neue Herausforderung betrachten. Ich habe momentan noch nie das Gefühl gehabt jetzt trinken zu wollen. Ich mache statt dessen andere Dinge, die ich lange vernachlässigt hab, auch kulinarisch. Zum Beispiel hab ich ewig keine heiße Schokolade mehr getrunken.

    Ich denke einiges zum Trinkverhalten meines Partners habe ich bereits in meinem Beitrag geschrieben. Nicht unbedingt die einfachste und idealste Ausgangssituation...

  • Hallo Lunki,

    ich stelle mir das langfristig auch schwierig vor, wenn du deinem Freund täglich beim Bier trinken zusehen musst... Ich kenne das vom Fasten: an machen Tagen hat es mich nicht gestört, wenn um mich herum gefuttert wurde, an anderen bin ich fast durchgedreht vor Appetit und musste mich in Sicherheit bringen... :shock: (wobei Fasten ja nun noch eine ganz andere Dramatik (=geringere) hat...)


    1) Der Unterschied zwischen ihm und mir ist, er fängt nicht an unkontrolliert zu trinken. Die Menge erhöht sich nicht, er hört einfach auf und geht schlafen.

    2) Braucht es um Aufzuhören nicht einen Leidensdruck?

    3) Vielleicht fahre ich morgen einfach nochmal in die freie Sprechstunde unserer Suchtberatungsstelle und spreche das an.

    1) Ich weiß nicht, ob das was mit Kontrolle zu tun hat, ins Bett zu gehen, bevor man anfängt sich daneben zu benehmen... Ich hatte null Kontrolle über meinen Konsum und war trotzdem (so gut wie) nie sichtlich betrunken! Ich bin vorher auch ins Bett gegangen, das hat mir vielleicht ein paar Peinlichkeiten erspart... ändert aber nichts daran, dass es ein Kontrollverlust ist, soviel zu trinken, dass man ins Bett muss, statt mit den Anderen weiterzufeiern... :(

    2) Wenn er es nicht aus Liebe zu dir oder purer Vernunft tun möchte, dann braucht er wahrscheinlich einen Leidensdruck, ja... Aber auch, wenn er ein anderes Trinkschema als du an den Tag legt, liegt er mit seiner täglichen Alkholmenge weit über den Empfehlungen der WHO... und schadet dadurch permanent seiner Gesundheit, seinem Körper, seinem Hirn... Alkohol ist ein Zellgift.

    3) Vielleicht kannst du ihn in die Suchtberatung mit einbeziehen, dass er mal mitkommt und von fachkundiger Seite erklärt bekommt, was sein Verhalten für dich bedeutet / bedeuten kann...?

  • In deiner Situation ist das trocken werden meiner Meinung nach so gut wie zum scheitern verurteilt.
    Mag hart klingen aber ich bin ein Freund klarer Worte. Mich wundert, dass hier nicht wie bei anderen Themen ein LZT mal Tacheles redet.

    Wie oft wird gesagt ein alkoholfreies Umfeld sei das non plus ultra und wie oft wird gewarnt vor Feiern, Gaststätten usw grade zu Beginn.
    Hier leben zwei Alkoholiker zusammen und nur einer von beiden moechte trocken werden. Wie soll das gehen?
    Ja es gibt diese 0,0001 Prozent. Die gibt es auch beim kontrollierten Trinken und ich bin die erste der es wichtig ist das auch zu berücksichtigen ABER es ist nunmal seh unwahrscheinlich unter den Umständen ein trockenes Leben aufzubauen. Nasses Umfeld, nasse Gedanken (kein Kontrollverlust ergo kein Problem.. Ja ich überspitze natürlich).
    Ich denke die beste Chance das zu schaffen besteht wenn man eben ganz klar sagt "so wird das nichts". Nicht demoralisierend sondern aufrichtig besorgt.

    Deine Beziehung geht mich nichts an und darum werde ich mich dahingehend zurückhalten.
    Sorg für Dich

  • Hallo Lunki,

    eine schwierige Situation. Ich kenne das. Als ich aufgehört habe zu trinken, war ich zwar schon in meine eigene Wohnung gezogen, aber ich war noch mit meinem Ex-Lebensgefährten zusammen, der Alkoholiker ist und heute noch trinkt. Natürlich wirst Du hier weder von einem Langzeittrocknen, noch von jemand anderes hören, dass das gut gehen kann. Aber ich denke, der Grund, weshalb hier nicht direkt jeder aufschreit ist, dass Du erstmal alles sacken lassen musst. Keiner kann verlangen, dass Du sofort handelst und z.B. eine Trennung herbeiführst. Da würdest Du ja direkt entmutigt werden und es wäre Dir alles zu viel auf einmal. Vielleicht geht er ja auch Deinen Weg mit, wer weiß das schon.

    Erst einmal ist es wichtig, dass Du selbst erkennst, dass diese Situation für Dich gefährlich ist. Das ist schon einmal viel wert. Nun schau Schritt für Schritt, wie es weitergeht. Ich kann Dir aber eines langfristig gesehen mit auf den Weg geben:
    Ich habe meinen Ex-Partner sehr geliebt und mir war er sehr wichtig. MEIN Leben war mir jedoch wichtiger.

  • Ich muss auch etwas zurueckrudern weil ich da eventuell manchmal zu hart bin bzw einfach nicht empathisch genug. Das tut mir leid.
    Gut, dass Du für dich den Schritt gehst und ehrlich ich haette keine 5 Tage mit einem Partner trocken sein koennen der trinkt also Hut ab.
    Was hart klingt zeigt einfach meine Sorge. Es wäre so schade, wenn die Umstände zu "verlockend" sind und Du es nicht packst.

    Ich wuensch dir viel Energie und hoffe du kannst das für Dich loesen.


  • Ich muss mich ja nun innerhalb von 4 Wochen entscheiden ob es mir das Forum wert ist, dafür zu bezahlen, muss man sehen.

    Lunki, musst du das...? Du bist seit dem 29.11. registriert... wenn ich es richtig verstanden habe, gilt die Bezahlregelung erst ab 1.12. ...? :?:

  • Salve Lunki

    Oft las ich in diesem Forum, dass Männer auf Druck der Partnerinnen mit dem Trinken aufhörten (Entweder der Alk oder ich). Diese Pistole-auf-die-Brust-setzen Methode ist sicher keine Garantie, dass der Partner die Trinkgewohnheiten aufgibt, aber er wird gezwungen sein zw. Dir und dem Alk zu entscheiden.
    Ihr seid jung und habt noch viele, viele Jahre vor Euch. Der Alk ist gefräßig und ein Nimmersatt. Der Konsum wird stetig steigen. Stell Dir Dein Leben in 10 Jahren vor, wenn Dein Freund weiterhin an der Bierflasche nuggelt.

    Cadda schrieb: "Ich habe meinen Ex-Partner sehr geliebt und mir war er sehr wichtig. MEIN Leben war mir jedoch wichtiger"

    Ja, so ist es!

    Sei lieb zu Dir und ich wünsche Dir viel, viel Kraft!
    Lieber Gruss
    Ernest

  • Guten Morgen Lunki,

    auf die Fragen, die Du in meinem Thread "tausendmal probiert" gestellt hast, habe ich Dir geantwortet.
    Wenn Du magst, kannst Du ja mal kurz reinschauen.
    Auf alle Fälle wünsche ich Dir bei Deinem Neustart viel Erfolg.

    Viele Grüße
    Correns

  • Guten Morgen,

    vielen Dank für eure Rückmeldungen.
    Mir geht es heute sehr schlecht. Gestern erhielt ich den Brief mit dem Ergebnis der Blutuntersuchung, den ich noch nicht angeschaut habe. Ich weiß nicht, warum es mir solch ein Problem bereitet da rein zu gucken. Es ändert ja nichts an der Sache an sich. Aber das ist ein Teil meiner Persönlichkeit und vielleicht auch ein Grund warum ich getrunken hab. Von jeher tendiere ich dazu, bei Problemen den Kopf in den Sand zu stecken. Mein Verstand weiß zwar das sie dann trotzdem noch da sind, aber im Verdrängen war ich wohl schon immer Weltmeister. Ich bin ein Mensch, der intuitiv sehr gut spürt was gut und richtig ist. Dennoch ignoriere ich diese innere Stimme immer wieder, weil der Kopf mir was anderes sagt. Z.B. meine jetzige Arbeitsstelle. Mein Bauchgefühl was die Menschen dort anbelangt, war von Anfang an miserabel. Aber ich war schon 11 Monate arbeitslos und hatte unzählige Bewerbungsgespräche hinter mir, dass ich diese Stimme einfach ignoriert hab. Naja, von irgendwas muss man ja auch leben. Und du kannst dich ja trotzdem nebenher woanders bewerben, sagte die Kopfstimme in mir. Jetzt nach fast 8 Monaten, weiß ich nicht wie ich das bis zum Ende des Arbeitsvertrages (war auf ein Jahr befristet und verlängern werde ich ihn definitiv nicht) durchhalten soll. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon einige Firmen erlebt, aber diese ist nochmal eine Nummer für sich. Der Druck auf die Mitarbeiter ist immens. Man hat ein Pensum, das man selbst mit täglichen Überstunden nicht bewältigen kann. Es gibt für die geleistete Arbeit, nicht die geringste Anerkennung (auch für langjährige Mitarbeiter nicht, die fachlich wirklich top sind) Die Leute die dort langjährig arbeiten, haben sich zu einer Art Notgemeinschaft zusammen gefunden und lassen sich gegenseitig in Ruhe und arbeiten auch relativ gut zusammen, aber neue Leute und Auszubildende werden da nicht mit einbezogen. Es wird ständig nach Fehlern gesucht um diese dann in der täglichen Besprechung, bei Anwesenheit der Vorgesetzten demjenigen aufs Butterbrot zu schmieren. Und da wird akribisch gesucht und egal wie banal das auch sein mag, es wird vorgetragen bzw. vorgeführt. Ein konstruktives Miteinander ist dort ein Fremdwort. Wenn ich einem Mitglied aus meinem Team eine fachliche Frage gestellt hab, bekam ich öfter die Antwort, das hätte man mir schon 5 mal erklärt (was definitiv nicht stimmt) und ich solle danach googeln. Es waren einfach Fragen, ein ja oder nein hätte gereicht. Vor drei Wochen war ich wegen einer Erkältung 4 Tage krankgeschrieben, als ich wiederkam, war von meinen Sachen nichts erledigt, stattdessen hatte ich einen Haufen auf dem Tisch, den ich selbst dann nicht bewältigt hätte, wenn ich jeden Abend bis 22.00 Uhr gearbeitet hätte. An dem Tag nun, der in der Alkoholfahrt mit Aufenthalt bei der Polizei endete, war jener Tag, also der erste Arbeitstag nach meiner Erkrankung. Mit dem bereits riesen Haufen auf dem Tisch, bekam ich von einem Teammitglied noch weitere Aufgaben zugeteilt die ich vorher noch nie gezeigt, bzw. erklärt bekam. Fragen ist ja nicht wirklich erwünscht, also was tun. Ich nahm also meinen ganzen Mut zusammen und den Stapel von meinem Tisch und ging zu meinem Vorgesetzten und wies darauf hin (ich finde das ist ja auch meine Aufgabe als Arbeitnehmerin, im Rahmen meiner Sorgfaltspflicht, meinen Vorgesetzten darauf hinzuweisen, das ich die mir gestellte Arbeit nicht bewältigen kann, bevor z.B. Kunden sich beschweren, weil sie nicht zeitnah eine Antwort erhalten) Das ganze endete damit, das ich mich mit dem Geschäftsführer, meinem Vorgesetztem und einem langjährigen Mitarbeiter aus meiner Abteilung in das Büro der Firmenleitung zitiert wurde und der Tenor war, was mir denn einfiele, solche Banalitäten nicht erst Mal im Team zu erörtern. Da würde mir doch jeder helfen. Nun hätte ich das im Gespräch richtigstellen können (müssen?) dass es nicht an dem ist, also die Hilfe im Team ja nicht vorhanden ist. Nun ist es aber meine Art so gar nicht, Kollegen bei der Geschäftsleitung anzuschwärzen. Ich kämpfte mit den Tränen, wie so oft in den letzten Wochen und Monaten. Ich begriff, du wirst hier niemals gehört werden. Egal wie sehr du dich engagiert hast und wie viele Überstunden du machst, es wird nie genug sein. Das rechtfertigt natürlich nicht sich abends die Birne zuzusaufen und sich dann ins Auto zu setzen. Aber es zeigt dieses Muster was ich auflösen muss, es reicht eben nicht, nur nichts zu trinken. In den 14 Tagen ohne Alkohol habe ich verstanden, dass ich an diesem Verhalten arbeiten muss. Nicht hinsehen, verdrängen, irgendwie durchhalten ist nicht der richtige Weg. Ich muss auch Konflikte ansprechen und das aushalten und gleichzeitig mich aus Situationen und von Menschen befreien, die mir nicht guttun. Diese Firma tut mir nicht gut. Wie oft bin ich in den letzten Wochen und Monaten heulend nach Hause gekommen, die Wochenenden verbrachte ich mit einer dumpfen Angst in mir, bald ist wieder Montag. In den Nächten fand ich keinen Schlaf, weil ich immer wieder gedanklich am arbeiten war, woran muss ich unbedingt denken, was darf ich nicht vergessen.
    Was mich regelmäßig zur Verzweiflung treibt und das zieht sich eigentlich durch mein ganzes Leben, ich verstehe Menschen nicht, denen es offensichtlich Freude bereitet, andere zu verletzen, vorzuführen, klein zu machen. Das ist so meilenweit weg, von meiner eigenen Persönlichkeit, dass ich jedes Mal wieder an den Punkt komme, wo ich verzweifle. Irgendwie gehe ich davon aus, da ich Menschen fair und achtsam ihren Gefühlen gegenüber begegne, dass ich das gleiche erwarten darf. Warum bin ich nur jedes Mal wieder aufs Neue verzweifelt darüber das dies nicht so ist und nie so sein wird?

    Entschuldigt diesen Monolog. Aber das hilft mir gerade, das einfach so niederzuschreiben.

    Was ich aktuell gerade noch unternehme:
    Ich stehe ja auf der Warteliste für die Orientierungsgruppe der Suchthilfe, wo ich ja auch bereits ein Einzel Gespräch hatte. Nur das dauert mir zu lange. Ich habe bisher nichts gehört und ich brauche jetzt Hilfe.
    Alternativ habe ich mir jetzt zwei SHG in meiner Nähe raus gesucht und werde heute dort anrufen. Ich habe zwar Angst davor dort hinzugehen, aber ich muss und werde diese Angst überwinden. Ich schäme mich so sehr über das was ich getan hab, dies „öffentlich“ zu machen fühlt sich so unüberwindbar an. Aber ich glaube das muss sein, ich muss dazu stehen und es nützt ja nichts das ich mich täglich selbst zerfleische.
    Ich glaube ein Teil von mir kann das nicht akzeptieren, weil es mein eigenes Selbstbild zerstört. Ich war immer ein Musterschüler. Also ein Kind was immer geglänzt hat. Sehr gute Noten in der Schule, Erfolge im Sport, keine Eskapaden als Teenager, immer war ich ein Mensch der sich darüber definiert hat. Diese Situation jetzt kratzt an dieser „Fassade“ Diese Abgründe in mir, will ich offensichtlich nicht sehen, das passt nicht in mein Bild von mir selbst.

    Aktuell habe ich so viele widersprüchliche Gedanken Da ist ein Sehnen nach Verständnis und andererseits auch so viel eigenes Unverständnis darüber, wie mein direktes Umfeld mit der Tatsache jetzt umgeht. Also damit meine ich, dass es aus meiner Sicht bagatellisiert wird. Das ist schon so vielen passiert, wirst nicht die erste und nicht die letzte sein. Auch andere, denen das gleiche wie mir passiert ist, hatten eher die Gedanken darauf gerichtet, wie sie jetzt schnellstmöglich den Führerschein wiederbekommen. Das ist für mich so zweitrangig gerade. Es ist die Tatsache an sich, dieses Auseinandersetzen mit dem Problem Alkohol an sich, was bei mir so viel präsenter ist als das. Ich weiß nicht wie ich die Scham und diese Abscheu vor mir selbst aktuell überwinden kann. Mir scheint es so, als ob ich das nicht darf, weil wenn mein Umfeld mich nicht verachtet, dann muss ich mich wenigstens selbst verachten. Das scheint mir wie eine gerechte Strafe.

    Und da Ernest, kamen mir die Tränen als ich deinen Beitrag gelesen hab. Sei gut zu dir selbst schreibst du und ich dachte, ich habe es nicht verdient gut zu mir zu sein.

  • Hallo Lunki,

    ich glaube, ich kann ganz gut nachvollziehen, wie es dir geht... ich war in den letzten Monaten auch oft in so einer Stimmung... Ungerechtigkeiten und man kann nichts daran ändern... das Gefühl, als erwachsener, gestandener Mensch nicht mehr mit seinem Leben klar zu kommen und man kann (gefühlt) nichts daran ändern... allumfassende Ausweglosigkeit... Bin nicht sicher, ob das jetzt deine Gefühlslage richtig beschreibt, aber so liest es sich für mich...

    Ich hatte in meinem alten Job auch große Probleme mit mehreren Kolleginnen im Team... habe bis heute nicht verstanden, was ich falsch gemacht habe, es war eine schlimme Zeit... nach einigen Monaten konnte ich meinen Chef (der war zum Glück ein guter) zu einem Teamwechsel bewegen und das neue Team war super... aber das wird bei dir wahrscheinlich nicht zu bewerkstelligen sein... :-|
    Im neuen Team ging das Elend dann irgendwann weiter, da waren zwar die Kollegen top, aber die Arbeit an sich und das ganze System hat mich ausgebrannt... wieder schlimme Zeiten, keine Ahnung, wie es weitergehen soll :(. Anfang dieses Jahres die Entscheidung zum Jobwechsel, auf Anhieb den vermeintlichen "Traumjob" gefunden... Naja, es ist nicht alles Gold, was glänzt... auch hier wieder ein tolles Team, aber schlechte Arbeitsbedingungen, ein krankes System, es geht eigentlich nur um Kohle... und damit komme ich genausowenig klar, wie mit "schlechten Menschen", da geht es mir wie dir... ich mag auch nicht jeden, aber schlimmstenfalls gehe ich denen dann höflich aus dem Weg... andere Menschen absichtlich abzuwerten und schlecht zu behandeln ist inaktzeptabel und kann durch nichts entschuldigt werden :evil:. Ich komme dann schnell in eine Schleife, vom Kleinen ins ganz Große... unser Gesellschaftssystem, Egoismus, Gedankenlosigkeit, Gier, Machthunger, Profit, Konsum, scheiß auf die Mitmenschen und die Umwelt, Hauptsache, ich kann meine Belange maximieren... wenn ich da drauf einsteige, könnte ich durchdrehen... Okay, das geht jezt vielleicht zu sehr von deinem Thema ab...

    Hast du nach einem anderen Job gesucht oder fehlt dir dafür die Energie...? Hast du einen guten Hausarzt? Du könntest dich längere Zeit krank schreiben lassen... Rücksicht auf deine Kollegen musst du ja nicht nehmen, oder? Ich finde es übrigens sehr mutig, dass du eine Überlastungsanzeige gemacht hast :!:

    Tja, und was dein Selbstentwertungsverhalten angeht: du hast schonmal erkannt, dass es so ist, das ist viel wert...! Weiß gerade nicht, ob du schon was bzgl. Psychotherapie geschrieben hattest...? Das wär dann sicher ein guter Ansatz, um aus den alten Mustern rauszukommen...

    Und zu guter Letzt: auch wenn es dir jetzt gerade total mies geht, es geht auch wieder bergauf, es kommen Momente, wo du durchschnaufen kannst... wo die Hoffnungslosigkeit ihren Griff lockert und du Pläne für die Zukunft schmieden kannst (ist zumindest meine Erfahrung)...

    Head up high...

  • Hallo Lunki,

    ich finde es toll, dass Du Deine Gedanken hier schreibst - das ist so viel wert!
    Ja, es gibt Tage, da fühlt man sich echt mies, aber die gehen vorbei, auch wenn es abgedroschen klingt...
    Zu Deiner Jobsituation: ich kann das gut nachvollziehen, wenn man sich nicht wohl fühlt bei den Kollegen, sich nicht verstanden und integriert fühlt. Und es tut gut, sich das mal von der Seele zu schreiben. Aber dann solltest Du etwas unternehmen, denn vom Jammern alleine wird sich ja nichts ändern :wink: (ist nicht böse gemeint!). Ich kann mich auch an viele Situationen erinnern, in denen ich sehr unzufrieden und unglücklich war (unabhängig davon, in welchem Bereich, also ob privat oder beruflich). Und erst mal bleibe ich da oft "hängen" und "suhle mich ein bisschen im Selbstmitleid" (wie ich das gerne bezeichne). Ich habe aber im Laufe der Jahre gelernt, dann auch mal aus diesem Loch rauszukommen und in Aktion zu gehen. Denn ohne, dass ich selbst etwas ändere, wird sich kaum etwas an der Situation ändern. Ja, das ist unbequem und manchmal denkt man, man hat die Kraft dazu nicht - aber aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, wenn man den ersten Schritt gemacht hat, ist viel mehr möglich, als man denkt!
    An erster Stelle steht jetzt erst einmal das Trockenwerden! Wie stark wirkt sich die berufliche Situation denn auf Dein allgemeines Befinden aus? Entweder Du kannst die nächsten Monate überstehen nach dem Motto "Augen zu und durch" und Dich voll und ganz auf das Trockenwerden konzentrieren? Oder - falls die berufliche Situation da eine Schwierigkeit darstellt, die das Trockenwerden gefährden könnte - dann solltest Du Dich aktiv um eine andere Stelle bemühen? Ist schwierig gerade, das kann ich mir vorstellen. Aber Du solltest überlegen, was nötig ist, um trocken zu werden.

    Den Arztbrief ungeöffnet liegen zu lassen, wird es nicht besser machen :wink: Vielleicht ist das Ergebnis ja gar nicht so schlimm, wie Du befürchtest? Wenn Du den Brief öffnest, weisst Du zumindest woran Du bist und kannst entsprechend handeln! Nur Mut!

    Mein erster Besuch in einer (realen) SHG hab ich auch noch gut in Erinnerung - ich hab mich so geschämt und es war mir unglaublich "peinlich". Und soll ich Dir was sagen: es tat so unglaublich gut!! Es war ein wichtiger Schritt, mich mit meiner Abhängigkeit auseinander zu setzen, es stärkt, man bekommt Rückhalt und fühlt sich nicht so "abartig" (zumindest war es bei mir am Anfang so), sondern sieht, dass es da ganz viele andere, "normale" Menschen gibt, die das gleiche Problem haben. Ich bin mir sicher, Du wirst es als positive Erfahrung wahrnehmen!

    Ich wünsch Dir schon mal ein schönes 2. Adventswochenende,
    lg Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Hallo Feldmaus, ja da haben wir gleichzeitig geschrieben…. 😉

    Nein, in ein anderes Team kann ich mich nicht versetzen lassen. Der Entschluss dort nicht mehr arbeiten zu wollen steht….. ich würde da gerne ausführlicher ausgehen, drum habe ich auch einen erweiterten Forenzugang beauftragt, denn ich fühle mich jetzt schon nackt und fürchte man könnte mich erkennen, Rückschlüsse ziehen, auch wenn ich nicht glaube das jemand aus meiner Firma hier mit liest. Aber weiß man es? Kann ja sein das der eine oder andere auch schon mal auf die Idee gekommen ist, das der eigene Alkoholkonsum riskant ist. Nur weil die im Alltag funktionieren, heißt das ja noch nicht das sie sich jeden Abend die Kante geben. Wir wissen ja das es zumindest eine zeit lang gut funktioniert, ohne das das direkte Umfeld was merkt.

    Zitat

    Ich komme dann schnell in eine Schleife, vom Kleinen ins ganz Große... unser Gesellschaftssystem, Egoismus, Gedankenlosigkeit, Gier, Machthunger, Profit, Konsum, scheiß auf die Mitmenschen und die Umwelt, Hauptsache, ich kann meine Belange maximieren... wenn ich da drauf einsteige, könnte ich durchdrehen... Okay, das geht jezt vielleicht zu sehr von deinem Thema ab...

    Also für mich kommst du hier gar nicht vom Thema ab, im Gegenteil. Als ich das gelesen habe war ich total erstaunt, das hätte ich zu 100% genau so schreiben können. Ich finde unsere Gesellschaft krank, wenn ich das mal so sagen darf. Unsere Regierung legt eine derartige Doppelmoral an den Tag, daß ich mich immer wieder aufs neue wundere, wie man die noch wählen kann. (Außer man ist Vorstandsvorsitzender einer riesen Firma, stinkreich etc.) aber die breite Masse, müsste doch, wenn sie hinschaut was da passiert, auf die Barrikaden gehen! Wasser predigen und Wein saufen, das ist es doch was diese Herrschaften tun. Wir jagen Terroristen und nehmen Flüchtlinge auf, während wir gleichzeitig Waffenexporte in Millionenhöhe durchführen, Wir lassen zu das Millionen Menschen ausgebeutet werden und obwohl sie Vollzeit arbeiten, ihren Lebensunterhalt nicht verdienen können. Und um mal beim Forenthema zu bleiben, Alkohol wird geringfügig besteuert und beworben und gleichzeitig ist man erschrocken darüber, dass Jugendliche, die Alkohol missbrauchen immer jünger werden. Das passt doch alles nicht zusammen! Oh da würde mir noch viel mehr einfallen.

    Was meine persönliche Situation anbelangt, wie ich hier schon mehrfach gelesen habe, nur nicht trinken reicht nicht. Drum habe ich beschlossen einen beruflichen Cut zu machen. Ich möchte mit meiner Arbeit dieses System nicht mehr unterstützen, denn zu nix anderem taugt diese. Sie sorgt dafür das jemand seinen persönlichen Gewinn maximiert und sich die Taschen voll haut. Aber auch ganz persönlich für mich, möchte ich eine Arbeit leisten die mich befriedigt, weil ich Menschen helfe.

    Ich habe mich schon mehrfach beworben, allerdings noch im alten Bereich, der Entschluss etwas völlig anderes zu machen, ist erst nach dem Ausstieg erfolgt. Ich habe verstanden das meine Unzufriedenheit und Verzweiflung auch sehr viel damit zu tun hat und ich möchte etwas ändern.
    Ja Psychotherapie…. darum hatte ich mich schon im letzten Jahr bemüht, allerdings erfolglos. Man nähme keine neuen Patienten derzeit, etwas das ich hier in meiner Strukturschwachen Region öfters zu hören kriege. Sogar als ich nach meinem Umzug einen neuen Hausarzt suchte, wurde ich abgewiesen. Annahme stopp.

    Und ja nun meine Hausärztin, auch so ein Thema. Als ich ihr von den Problemen im Job erzählen wollte, fiel sie mir ins Wort, das würde sie alles nicht interessieren, das würde den zeitlichen Ramen sprengen. Als ich da so heulend vor ihr saß und ihr sagte das mich mein Job krank macht, ich nachts seit Wochen nicht mehr schlafen kann, abends heulend nach Hause kommen und aus dieser Gedankenspirale so gar nicht mehr raus komme, fragte sie mich, ob ich wieder arbeiten gehen könnte, wenn ich einen Traum Job mit netten Kollegen hätte, was ich bejahte. Darauf meinte Sie dann, siehste dann biste ja nicht arbeitsunfähig. Hm…

    Danke Feldmaus, das du dir die Zeit nimmst mir so ausführlich zu antworten.

    Hallo Sue,

    danke für dein Feeback.

    Ich denke aus dem Jammermodus war ich schon vor drei Monaten raus, denn da habe ich angefangen mich anderweitig zu bewerben, noch in meinem jetzigen Job allerdings. Ich hatte bisher auch schon ein Vorstellungsgespräch, man wollte sich melden, was allerdings nie passiert ist. Das ist auch so eine Sache, das man selbst nach einem Vorstellungsgespräch noch nicht mal absagt. Das ist doch menschlich gesehen total daneben. Ok, in so einer Firma möchte ich gar nicht arbeiten, da käme ich wohl vom Regen in die Traufe. Es ist halt leider in dieser strukturschwachen Region nicht besonders leicht einen Job in dem Bereich wo ich jetzt arbeite, zu finden. Ohne zwei Stunden Fahrzeit pro Tag, geht da fast nix. Evtl. bekommt man etwas über eine Zeitarbeitsfirma aber nun habe ich ja sowieso den Entschluss gefasst, mich umzuorientieren.
    Meine Berufliche Situation belastet mich gerade sehr stark. Ich habe wirklich Angst davor wieder hinzugehen. Und das dann auch mein Verlangen nach Alkohol zurückkommt. Denn das waren genau die Situationen, in denen ich getrunken habe. Am Wochenende oder an Abenden nach Tagen, wo ich in der Firma vor Angst kaum atmen konnte, ich den ganzen Tag krampfhaft versucht habe die Tränen zu unterdrücken und stark zu bleiben. Es macht die Situation für einen neuen Job als Alltagsbetreuer auch nicht gerade leichter, das ich die kommende Monate oder Jahre ohne Führschein bin. Aber das ist so wie es ist, meine eigene Schuld und damit muss ich jetzt leben.

    Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, das das Arbeitsamt mir eine Umschulung bezahlt, denn ich bin ja gut qualifiziert in meinem Beruf. Naja Fragen kostet nix.

    Zusammengefasst bin ich momentan emotional sehr instabil. Es gibt zwischendurch Lichtblicke und gute Phasen aber dann auch wieder Angst vor der Zukunft und ein Gefühl der Ausweglosigkeit.

    Das Gute was ich berichten kann ist, dass es mir im Moment hier zu Hause nicht im Geringsten schwer fällt auf Alkohol zu verzichten. Ich hatte in der ganzen Zeit nur ein einziges Mal ein Gefühl der Leere, was einem Verlangen ähnlich kam, stellte sich dann aber als Hunger heraus und als ich gegessen hatte war davon nix mehr übrig. Ich habe allerdings wirklich Angst davor wie es sich anfühlt, wenn ich wieder zur Arbeit muss. Kann ich das dann auch aushalten? Ich hatte ja schon öfter versucht auf Alkohol zu verzichten und dann nach einem neuen Vorfall in der Firma abends dann doch wieder getrunken: Ist ja sowieso alles egal… Ja ich weiß, ein Alkoholiker wird immer eine Entschuldigung finden warum er trinken muss. Stress und Druck ist dafür keine Rechtfertigung. Ich frage mich nur selbst ob ich schon so stabil bin das jetzt zu testen und auszuhalten.


  • 1) Sie sorgt dafür das jemand seinen persönlichen Gewinn maximiert und sich die Taschen voll haut. Aber auch ganz persönlich für mich, möchte ich eine Arbeit leisten die mich befriedigt, weil ich Menschen helfe.

    2) Und ja nun meine Hausärztin, auch so ein Thema. Als ich ihr von den Problemen im Job erzählen wollte, fiel sie mir ins Wort, das würde sie alles nicht interessieren, das würde den zeitlichen Ramen sprengen. Als ich da so heulend vor ihr saß und ihr sagte das mich mein Job krank macht, ich nachts seit Wochen nicht mehr schlafen kann, abends heulend nach Hause kommen und aus dieser Gedankenspirale so gar nicht mehr raus komme, fragte sie mich, ob ich wieder arbeiten gehen könnte, wenn ich einen Traum Job mit netten Kollegen hätte, was ich bejahte. Darauf meinte Sie dann, siehste dann biste ja nicht arbeitsunfähig. Hm…

    3) Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, das das Arbeitsamt mir eine Umschulung bezahlt, denn ich bin ja gut qualifiziert in meinem Beruf. Naja Fragen kostet nix.

    4) Ich habe allerdings wirklich Angst davor wie es sich anfühlt, wenn ich wieder zur Arbeit muss. Kann ich das dann auch aushalten?

    Hallo Lunki,

    zu 1) Das kann ich voll und ganz nachvollziehen... :(. Ich wünsch dir, dass dein neuer Weg der richtige für dich ist...
    Ich bin auch vor vielen Jahren von einer ganz anderen Branche in den sozialen Bereich gewechselt, weil ich was sinnvolles tun wollte, Menschen helfen... Diesen Wunsch hat das System inzwischen "kaputtgespart"... unter Zeit- und Kostendruck eine zufriedenheitsfördernde Arbeit zu leisten ist mir leider nicht gelungen... ich habe im Moment keine Energie mehr, mich auch noch beruflich um die Probleme Anderer zu kümmern... ich will weg aus dem sozialen Bereich, weiß bloß nicht wohin... :cry:

    zu 2) Das ist wirklich übel :(. Kannst du nicht was von psychosomatischen Dauerdurchfällen erzählen oder so?

    zu 3) Für eine Umschulung wäre wahrscheinlich der Rententräger zuständig, oder hast du noch nicht lange genug eingezahlt? Wenn ein Gutachter dir bescheinigt, dass du psychisch nicht mehr in der Lage bist, in deinem bisherigen Beruf zu arbeiten, wird eine berufliche Umorientierung normalerweise bewilligt. Allerdings ist es schwierig, in den sozialen Bereich zu wechseln, weil die Gutachter einem oft die notwendige Stabilität dafür absprechen... Kann funktionieren, kann aber auch nach hinten losgehen...

    zu 4) Auch das kann ich absolut nachempfinden... meine Erfahrung: der Alkohol hat meine Ängste immer kurzfristig gedämpft (ca. Glas 1-3)... insgesamt hat er die Angst aber befeuert und überhöht! Seitdem ich nüchtern bin, nehme ich die gleichen Ängste als weniger intensiv und bedrohlich wahr... ich fühl mich nicht mehr so gelähmt... lohnt sich auf jeden Fall, es ohne Alk durchzustehen :)

  • Guten Morgen allerseits,

    danke Feldmäuslein für dein Feedback. Ich werde mich umfassend informieren und dann mal schauen wo mein Weg hinführt. Erstmal werde ich eine Klientin meiner Freundin besuchen, die sie als Alltagsbetreuerin unterstützt. Die Frau ist leider sehr depressiv, was mich nicht wundert. Ich werde meine Hündin mit zu ihr nehmen, die für solche Dinge ideal ist. (Die ist da echt genial, was Stimmungen anbelangt.) Ich bin auch sehr gespannt, wie dieses Treffen läuft, in meinem Kopf reift so eine Idee, das dies ja vielleicht ein Ansatz sein könnte für eine berufliche Neuorientierung. Ich glaube das so viele alte Menschen in Heimen etc., besonders wenn sie früher Haustiere hatten, enorm davon profitieren, wenn sie diese Nähe und den Kontakt zu Tieren zumindest zeitweise wieder erleben dürfen. Ich werde berichten wie das Treffen läuft.

    Gestern war das erste Treffen meiner Orientierungsgruppe und ich muss sagen es war sehr gut. Die Treffen werden von einer hauptamtlichen Mitarbeiterin der Suchtberatungsstelle und einem ehrenamtlichen Mitarbeiter der selbst betroffen war, nun LZT ist, geleitet. Das ist wie der Name schon sagt keine SHG sondern eine Gruppe wo man erst mal über die Krankheit erfährt und einem dann auch Therapieansätze aufgezeigt werden. In der ersten Stunde bekamen wir eine Checkliste, wo wir ankreuzen sollten, in welchen Situationen wir Alkohol oder Drogen konsumiert haben. Also ich trank um folgende Wirkung zu erziehlen: z.B. half gegen Angst oder half mir zu vergessen. Da standen 21 Punkte drauf und ich war erstaunt, wie viele ich angekreuzt hab. Sinn ist natürlich raus zu finden, wo die eigenen Baustellen liegen, woran man also arbeiten muss um eine Lösung ohne Alkohol zu finden. Nun... dann bin ich wohl eine Großbaustelle...

    Interessant fand ich den Punkt Eigen / Fremdwahrnehmung. Ein Punkt den ich ankreuzte war: um geselliger zu werden, denn ich habe auf Parties getrunken um Hemmungen abzubauen und leichter Kontakte zu knüpfen, weil ich sonst Probleme hatte, auf Menschen zu zugehen, die ich nicht kenne. Die Gruppenleiterin und auch die anderen Teilnehmer waren davon überrascht, da ich ihnen genau gegenteilig erschien. Das macht mich irgendwie stutzig, bin ich jetzt nach 3 Wochen ohne Alkohol schon offener, selbstbewusster? Also hat der Alkohol im Grunde die gegenteilige Wirkung gehabt, also zumindest in den Phasen der Nüchternheit? Meine Freundin sagte neulich zu mir, das sie in den 3 Wochen auf jeden Fall eine deutliche und zwar sehr positive Veränderung meiner Persönlichkeit festgestellt hätte. Sie sagte ebenfalls, dass ich ihr stärker und selbstbewusster vorkomme. Interessant auf jeden Fall, das genauer zu betrachten.

    Schönen Start in ein alkoholfreies Wochenende euch Allen :)

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