• Hallo @all,

    wie oder woran habt ihr erkannt, daß es nicht reicht weniger zu trinken, sondern eine Suchterkrankung vorliegt und eine Abhängigkeit besteht?

    Ich habe mehrere Jahre Trinkpausen hinter mir (weiß ich erst jetzt), um meine Abhängigkeit überhaupt anzuerkennen. Habe mich immer wieder mit anderen verglichen und so meinen Konsum gerechtfertigt. Irgendjemand hat ja immer mehr getrunken und es war auch immer jemand da, mit mehr Promille, der auffälliger war, als ich.

    Erst als ich begann mich mit der Alkoholkrankheit zu beschäftigen und mich mit der Suchterkrankung auseinander gesetzt habe, konnte ich die Abhängigkeit für mich annehmen.

    Wie war das bei Euch?
    Kam der Impuls von euch selbst oder auf Drängen von außen?
    Was hat Euch veranlasst, vor dem Alkohol zu kapitulieren?

    Lg Mieken

  • Hallo Mieken,

    auch ich habe über Jahrzehnte nie regelmäßig gesoffen, sondern sporadisch. Wenn für mich alles gut war, habe ich kaum getrunken oder auch gar nicht. So waren bei mir abstinente Phasen von zwei Wochen bis drei Jahren möglich. In Krisenzeiten war mein Trinkverhalten so, dass ich zur vermeintlichen Erleichterung soff, auch nicht täglich, aber insgesamt eben häufiger. In meinem letzten Alk-Jahr soff ich so zweimal die Woche Vollrausch, ich konnte dann nicht mehr aufhören, damit war die Woche eigentlich gelaufen, da ich zwischen den Saufabenden mit Regeneration, körperlich wie seelisch zu genug zu tun hatte. Das gefiel mir nicht mehr, das war mir zu häufig und zu heftig. Ich fühlte mich niedergeschlagen und schwach. Das wollte ich nicht mehr. Es war mein eigener Entschluss, dauerhaft abstinent zu leben. Wieder die volle Lebensqualität zurückzugewinnen. Von außen gab es keinen Impuls, ich hatte mir ja auch angewöhnt, mich abends zuhause allein zu benebeln, während ich auf Feiern oder Veranstaltungen oft der einzige Nüchterne war. - Dass ich zu Saufzeiten keine Entzugserscheinungen, keinen Zittern und so kannte, nicht täglich und morgens saufen musste, war mir zum Zeitpunkt meines Entschlusses vollkommen unwichtig, früher war mir dies im Vergleich mit anderen Trinkern vielleicht Alibi, weiß ich aber nicht mehr so genau. - Durch die Arbeit und den Austausch hier im Forum kam ich eigentlich erst so nach und nach zu der Auseinandersetzung mit meinen Suchtstrukturen. - Gut, dass Du so interessante Themen eröffnest.

    -zerfreila-

  • Servus Mieken,

    yo - find ich auch - gute Frage ;o)

    Vor meiner Zeit als tatsächlicher Alkoholiker war ich sicherlich einer der Menschen, die Alkohol teils mißbraucht haben. Ich habe ihn auch regelmäßig getrunken, allerdings war diese Regelmässigkeit eben ca. 2 mal im Monat wenn es um Party machen ging. Am näxten Tag war mir dann meist recht übel und das Thema Alkohol hatte sich wieder erledigt.

    Nie habe ich Alkohol als Genussmittel angesehen (Glas Wein zum Essen oder so), sondern immer als Rauschmittel. Ich wurde lustiger etc... macht ja auch mehr "Spass", wenn ich um die Häuser gezogen bin...

    Okay, ich seh schon, ich kann meinen obigen Satz

    Zitat

    teils mißbraucht

    schon wieder revidieren: ich habe den Alkohol als Rauschmittel eingesetzt - ergo Missbrauch.

    Der Knackpunkt, als ich ihn dann WISSENTLICH mißbraucht habe, war der, als ich aus Frust angefangen hab zu trinken. Ich wollte benebelt durch die Welt gehen, die mir nicht gefallen hat. Als sich meine Welt dann wieder zu der Welt entwickelte, die mir gefallen hat, dachte ich, daß ich den Alkohol nun ja auch wieder sein lassen könnte (nach ca. 1.5 Jahren).

    Aber es ging nicht mehr. Denn mein Körper verlangte bereits danach. Da habe ich dann auch gemerkt, daß ich mir wohl ein neues "Problem" zugelegt hatte. Aber nachdem Verdrängung ja alles war, habe ich weitere 1.5 Jahre damit verbracht, mich zu berauschen. Die Dosis stieg immer höher... Tage ohne Alkohol gab es so gut wie keine.

    Mein Umfeld bemerkte nicht viel, bzw. hat mich auch nicht darauf angesprochen, wenn sie es denn doch bemerkt hatten. Mein damaliger Freund merkte ab und an was....und das auch mit der Zeit eben öfter, das ganze Ausmaß war ihm aber keinstenfalls bewußt, wie er mir später in Gesprächen mitteilte. Er wollte mich nur frühzeitig warnen, daß das, was ich da mache, gefährlich sein könnte.. ich könnte Alkoholikerin werden. Dabei war ich es ja bereits seit ...keine Ahnung... wohl 3 Jahre lang, eben als ich mich das erste Mal wissentlich betäuben wollte. Definitiv sicher war ich mir aber darüber nach diesen 1.5 Jahren.

    Und irgendwie wußte ich von vornherein, daß ich da alleine nicht mehr rauskomme, denn ich war mir gegenüber zu schwach und zu nachgiebig. Nichtsdestotrotz hatte sich aber von einem Tag zum anderen der Wunsch aufgedrängt, daß ich weg vom Alkohol wollte. Also abrupt aufgehört, mich durch´s I-net gelesen, hier gelandet, und mit Hilfe des Forums meinen trockenen Weg bis heute beschritten :wink:


    Liebe Grüße
    ClaudiA

  • hallo

    wo ist eigentlich der unterschied zwischen mißbrauch und süchtigem trinken? vielleicht sollten wir hier mal ein paar punkte zusammen tragen die für euch den unterschied ausmachen, wo seht ihr die schwelle überschritten? es ist ja niemand süchtig weil er sich mal total betrinkt.

    für mich gibt es folgende punkte die mir aber erst nach jahren des saufens klar wurden.
    1. ich wurde unruhig wenn kein alkohol im haus war, mein ganzes denken drehte sich nur darum alkohol zu bekommen.
    2. wenn ich angefangen hatte mußte ich trinken bis zum stillstand der augen.
    3. ich habe meine termine so gelegt das ich abends in ruhe saufen konnte.
    4. ich habe alles hinter den alkohol angestellt, nichts war so wichtig wie das ich alkohol greifbar hatte, dafür bin ich sogar nachts zu fuß kilometerweit zur tankstelle gelatscht.

    das sind erstmal so die sachen die mir spontan eingefallen sind und für mich den unterschied ausmachen.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Ich habe Gründe gesucht und mein Leben so ausgerichtet um entschuldigt trinken zu können. So habe ich mich grundsätzlich überfordert und mit dem Alkohol belohnt.

    - mir ging es ausschließlich um die Wirkung
    - das erste Glas habe ich gierig in einem Zug gelehrt
    - habe mir Zeiten gesetzt, an denen ich anfangen durfte (wurde im Verlauf von der Uhrzeit immer früher)
    - habe Rituale celebriert, um trinken zu dürfen

    Ich sorgte dafür, genug Vörrate zu Hause zu haben, ansonsten wurde ich unruhig.

    Außerhalb (auf Feiern) trank ich eher wenig, aus Angst aufzufallen.

    Ich zog mich mehr zurück, um unbeobachtet trinken zu können.

    Das Trinken selbst verschaffte mir keine Erleichterung mehr.

    Rückblickend erkenne ich, daß der Übergang vom missbräuchlichen Trinken bis hin zur Abhängigkeit schleichend erfolgte.
    Jedoch musste ich immer wieder bis zum totalem Absturz zu trinken, schon bei den ersten Kontakten mit Alkohol in meiner Jugendzeit. Eine Grenze nach dem ersten Glas oder geringeren Mengen aufzuhören, fehlte mir komplett. Ich hatte stets den Drang mehr zu trinken.

    Mieken

  • Hallo Mieken,

    mal schnell aus dem Kur-Internetcafé meine Gedanken dazu. :wink:

    wenn ich freiwillig kontrolliert Alkohol trinke um einen gewissen Zustand zu erreichen betreibe ich einen Missbrauch. Wenn ich jedoch Alkohol trinken muss und es nicht mehr unter Kontrolle habe, um diesen Zustand zu erreichen, bin ich abhängig.

    Da nun der Übergang fliesend ist , wird es schwer zu unterscheiden sein, wann das freiwillige ,in ein Muss übergeht. Mit meinem damaligen ,suchtorientiertes, nassen Denken war es mir nicht möglich, realistisch genug beurteilen zu können ,das ich schon krank war.

    Erst als zusätzliche , erkennbare, körperliche und geistige Folgen dazu kamen war es mir klar. Bis ich es für mich kapieren wollte ,das es keinen Ausweg mehr gab , außer die Abstinenz ,vergingen noch leidvolle Jahre un dTiefpunkte.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Mieken,

    wann genau der Zeitpunkt war wo ich für mich bemerkt habe dass ich abhängig bin?? Gute Frage, weiss ich nicht. Ich habe vor Jahren schon versucht mal ein paar Tage oder Wochen nicht zu trinken habe das damals aber nicht als Sucht angesehen. Später dann habe ich direkt nach der Arbeit getrunken und als ich dann auch schon in der MP getrunken hab war mir das schon klar. Nur tat ich das noch als "Ritual" ab. Dann kamen so Phasen wie Urlaube, wo ich mir einredete ich trinke nichts und bin dann gesund!! Wie gefährlich dies war, daran darf ich gar nicht denken. Dann die Heimlichkeiten. Spätestens jetzt wurde es Zeit. Aber falsch gedacht: Morgen, Morgen, Morgen, Morgen und immer so weiter. Und dann gings ganz schnell (als hätte jemand einen Schalter umgelegt): Bin nach der Arbeit zur Chefin (betrunken!!!!) und habe es ihr erzählt. Dann Arzt. Hätte ich ..... wäre usw. Jahre hätten es sein können wenn ich mir nicht in die Tasche gelogen hätte. Wenn mir aber jemand gesagt hätte ich wäre abhängig, den hätte ich gefre.....

    LG
    Leben

  • Zitat

    Da nun der Übergang fliesend ist , wird es schwer zu unterscheiden sein, wann das freiwillige ,in ein Muss übergeht.

    In meiner trinkenden Zeit hätte ich das auch nicht unterscheiden können. Ich weiß es auch bis heute nicht; ist mir auch nicht ganz so wichtig.
    Auf jeden Fall war es lange Zeit bevor ich mir überhaupt Gedanken drum gemacht habe, daß was mit meinem Konsum in soweit nicht stimmt, daß die alleinige Abstinenz die einzige Möglichkeit ist.

    Falls ich Gedanken in dieser Hinsicht hatte, hab ich sie mir weggetrunken. Habe ich eh mit allen Gedanken oder Gefühlen gemacht, die mich in irgendeiner Form geängstigt haben.

    Zitat

    wo ist eigentlich der unterschied zwischen mißbrauch und süchtigem trinken? vielleicht sollten wir hier mal ein paar punkte zusammen tragen die für euch den unterschied ausmachen, wo seht ihr die schwelle überschritten?

    Jedoch führt regelmäßiger Mißbrauch zur Abhängigkeit.
    Ich war noch nicht körperlich abhängig. Bin aber nun im Zuge Abstinenz immer wieder extrem erstaunt, wie sehr ich psychisch abhängig war. Welche Macht der Alkohol über mich hatte und wie fest verwurzelt das ist.

    In unserem Pfarrheim gab es damals eine Aufklärung über Alkohol und den Folgen des Alkoholmissbrauchs. Unser Jugendleiter kam aus einer größeren Stadt und war entsetzt, wie sorglos wir Jugendliche auf dem Dorf mit Alkohol umgingen.
    Dort wurde auf die ersten Anzeichen aufmerksam gemacht, bei welchen Trinkgründen man hellhörig werden sollte. Ich habe mit 15 Jahren bereits die dringende Empfehlung gehabt meinen Konsum zu überprüfen.

    Zitat

    es ist ja niemand süchtig weil er sich mal total betrinkt.

    Ich weiß nicht. Auch wenn man sich (mal) total betrinkt, heißt es doch, daß keine natürlich Grenze vorhanden ist, die einen warnt. Somit muß doch eine gewisse Anlage da sein, zumindest für den Mißbrauch. Warum sollte ich mich sonst betrinken?

    Zitat

    Wenn mir aber jemand gesagt hätte ich wäre abhängig...

    Ich habe zuletzt drauf gewartet, daß es mir jemand sagt. Ich habe regelrecht provoziert, noch mehr getrunken. Habe mich (weil mich niemand drauf ansprach) noch mehr in mein Selbstmitleid begeben und wieder mehr getrunken.

    Es hat keine Erleichterung mehr gebracht.
    Aber vlt. dadurch die Erkenntnis, entweder weiter Selbstmord auf Raten oder endlich mit Leben beginnen.

    Mieken

  • Weißt Du Mieken,
    ich denke es ist gar nicht so wichtig, wie das passende Wort ist für den Zustand und die Beziehung zum Alk. Eher dürfte entscheidend sein, was durch den Alk mit dem Menschen geschieht. Oder durch das Suchtmittel mit dem Menschen. Denn ich denke Sucht ist Sucht, egal ob stoffgebunden oder nicht.

    Das was Du, liebe Mieken, über Dich schreibst finde ich an meinem Expartner in genau diesem Ablauf.

    Aber im Prinzip auch in mir - nur war mein Suchtmittel der Partner.

    "Ich habe Gründe gesucht und mein Leben so ausgerichtet um entschuldigt trinken zu können.", so schreibst Du : diesen Satz kann ich für mich ummünzen: Ich habe Gründe gesucht und mein Leben so ausgerichtet um in der Beziehung zu bleiben und uns beide unglücklich zu machen.

    Eigentlich ist die Bezeichnung einerlei. Wenn etwas schadet - egal was - sollte es aus unserem Leben "eliminiert" werden. Sind wir dazu nicht in der Lage, dann stimmt mit uns etwas nicht. Wir sorgen nicht gut genug für uns selber.

    Nur bei Dir (du hattest darauf gewartet dass Dich jemand ansprach) war eine innere Bereitschaft da etwas zu ändern. Mein Gegenstück hat ebenso wie Du sie benennst (jedes Deine Worte hätte von ihm sein können) Gründe für sein Trinken gefunden und dafür, warum es normal ist - nein, sogar zwangsläufig erforderlich ;)

    Lese ich bei Euch - oder lebe ich mein Leben: der Konsenz ist immer der selbe. Immer erst dann wenn wir selber das Gefühl haben ganz unten zu sein, das Leben so nicht weiter leben zu wollen, beginnen wir etwas zu ändern. Erst dann, wen das Leben fast zerbricht, sind wir bereit es zu schützen. Erst dann, wenn wir drohen alles zu verlieren, oder es bereits haben, kommt in manchen von uns (wenn auch nicht in allen!) ein Überlebenstrieb zum Vorschein.

    In uns selber - nicht durch das Umfeld! Wobei mir meine Freunde sehr, sehr geholfen haben auf meinem Weg zu bleiben, aber einschlagen musste ich ihn ganz alleine....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Hallo Dagmar,

    der Impuls etwas ändern zu wollen muss in uns selber entstehen. Da gebe ich dir Recht, anders geht es nicht.

    Bei mir ist es mit einem kleinen leisen Impuls angefangen, den ich langsam nährte, in dem ich mich anfing zu informieren. Ich hatte so viele AHA-Erlebnissen und konnte dadurch erkennen, daß ich selbst aktiv werden musste. Solange ich auf das Umfeld wartete, verstellte ich mir selbst die Sicht darauf, daß ich selbst für mein Leben verantwortlich bin.

    Ich habe mich über Monate hier im Forum lesend aufgehalten und habe Beiträge über erfolgreiche erste Schritte ins suchtmittelfreie Leben verschlungen. Sie haben mich bestärkt, es ist niemals zu spät. Sofern ich anfange und loslaufe.

    Du schreibst aus einer anderen Sicht heraus, wobei das Erkennen und das Handeln danach, das gleiche ist. Wir sind für unser Leben selbst verantwortlich.

    Danke für dein Post,

    lg Mieken

  • Hallo Mieken,

    als ich einige Zeit im Forum für Angehörige war, wollte ich als gutes Vorbild mit dem Trinken aufhören, schließlich war das damalige "Dreckszeugs" der Auslöser für die Beziehungsprobleme und stellte fest, dass ich merkwürdiges Kribbeln und nervöse Reizungen bekam, wie ich sie vom Nikotinentzug gut kannte. Gleichzeitig ging der Kippenverbrauch enorm nach oben. Da wusste ich, dass da bei mir was nicht stimmte und ich körperlich abhängig war. Da gab es dann auch nichts mehr schön zu reden oder auf etwas oder fast oder Grenzgänger oder zwischen Abhängigkeit und starkem Missbrauch zu unterscheiden.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Mieken,

    ich wusste ziemlich früh, dass mein Umgang mit Alkohohl gefährlich ist. Habe leider nicht rechtzeitig die Kurve bekommen. Mein erster Therapeut sprach von Suchtgefährdung, es wurde nicht wirklich was unternommen, die Zeiten waren damals in Punkto Sucht noch nicht soweit wie Heute (1974).
    Zu der Zeit war mir aber bereits klar, dass Gefährdung untertrieben war. Ich bin über Jahre mit der Gewissheit Alkoholiker zu sein rumgeeiert und habe erst im September 1989 den Absprung geschafft, zugegebenermaßen erst beim 2. Anlauf.


    Gruß

    Weißbär

    Liebe Grüße
    Weißbär

  • Hallo Kaltblut,

    Zitat


    Da gab es dann auch nichts mehr schön zu reden...

    Also ging es dir ähnlich wie mir? Erst mit der Auseinandersetzung konntest du für dich erkennen.

    Hast du vorher deinen Konsum mal hinterfragt und evtl. als nicht "normal" eingestuft?

    Mieken

  • Hallo Weißbär,

    du bist schon 20 Jahre trocken? Das ich da neugierig bin... ist ja wohl klar ;)

    Kannst du rückblickend sagen, was es war, daß du verinnerlicht hast, Alkoholiker zu sein? Und wie hälst du dieses für dich präsent?

    Mieken

  • Hallo Mieken, ich denke auch oft: Bist du eigentlich wirklich Alkoholiker?
    Wenn ich aber alle fürs und wirders aufliste komme ich an ein paar entscheidenen Punkten nicht vorbei:
    Seid Jahren versuche ich mein Trinken zu kontrollieren und zu reduzieren, ohne Erfolg.
    Allein die Tatsache, das man sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt, spricht für sich. Ansonsten würde man ja einfach nichts trinken, und sich selber keine Regeln aufstellen müssen.

  • Hallo Claro,

    so habe ich ja dann auch meine eigene Antwort gefunden, weil ich immer wieder an den Punkt kam... bist du es, oder vlt. doch nicht? Als ich von der Frage abwich ja...? oder vlt. doch nein...?, sondern mich fragte, wie oft willst du dich eigentlich noch fragen und zu keiner Antwort kommen?

    Warum habe ich mich nur so unendlich schwer damit getan?

    Was tut an dieser Erkenntnis so weh?

    Sind es die eigenen Vorstellungen darüber, wie ein Alkoholiker auszusehen hat, oder eher die Vorstellung, DAS kann mir doch nicht passieren?

    Ich weiß nun für mich, in dem Moment wo ich meine Abhängigkeit angenommen habe - tut mir nichts mehr weh. Es ist eine Klarheit in mein Leben getreten, die ich mir immer gewünscht habe. Die ich wie verzweifelt versucht habe mit Hilfe von Alkohol zu bekommen. DAS nenne ich eindeutig krank und war meine Antwort.
    Nun bin ich dabei zu gesunden - und das zählt.

    LG Mieken

  • Liebe Mieken,

    Zitat von Mieken

    Was tut an dieser Erkenntnis so weh?


    Ich glaube, dass das, was mich am meisten verzweifeln ließ, der Gedanke war, dass es sich um eine Flüssigkeit handelt. Um eine Flüssigkeit, die ich trinken musste, um überhaupt zu funktionieren, sei es, dass ich mir einbildete, meine Gefühlslage so besser manipulieren zu können, oder aber schlicht und ergreifend das Händeflattern zu beherrschen.

    Eine Flüssigkeit. :shock:
    Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Herz- oder Blutdruckmedikamente, Insulin, Cortison, ja klar, das sind natürlich Dinge, die "normal" sind, das ist doch verständlich, dass manche Menschen die brauchen, um weiterleben zu können. Aber Alkohol? Alles das, was mich ausmacht, meine Gedanken, Gefühle, Handlungen - das kann nur noch mit Alkohol funktionieren? Eine Flüssigkeit, die man trinken kann... oder auch nicht. Und bei mir sollte es tatsächlich so sein, dass ich diese freie Entscheidung nicht mehr habe?

    Ja, da ist es mir angst und bange geworden, da habe ich zum ersten Mal geahnt, was da eigentlich auf mich zukommt. Dann, Anfang 2005, der erste Termin bei der Suchtberatung. Gleich wieder Angst gehabt. Es sollten noch zwei elende Jahre folgen, ehe ich endlich 2007 in die Entgiftung ging. Immer die Angst im Nacken. Einen tödlichen Tumor hätte ich vermutlich "gefasster" weggesteckt. Eine Flüssigkeit! Ein dummes Glas Wein entscheidet über Sein oder Nichtsein! Unfassbar!

    Es war dieser Teufelskreis aus Angst und Gegen-die-Angst-antrinken, den ich bis heute nicht vergessen habe, und den ich auch möglichst nicht vergessen möchte. Erst, als die Angst vor meinem Leben mit Alkohol größer war als die Angst vor einem Leben ohne Alkohol, konnte ich reagieren.

    LG
    espoir

  • was für ein satz: meine angst vor dem leben mit alkohol war größer als meine angst vor einem leben ohne alkohol.
    dem kann ich nichts hinzufügen, das ist eine feststellung, die ich zu 100% teile, jedoch nicht so schnörkellos auf den punkt bringen konnte!
    respekt

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