Tag 4 nach Entscheidung

  • Kurz zu RS: Der besagte Herr hat nicht aus Versehen zugegriffen. Als das Tablett kam (es war bereits die dritte Runde) konnte er sich nicht mehr zurückhalten, sondern griff zielgerichtet nach dem Bierglas. Es war nicht das letzte an dem Abend.

    Das hat er aufgearbeitet. Und er hat nichts beschönigt und auch nicht den dummen Zufall beschworen. Heute sitzt er nicht mehr in bierseeligen Runden herum (Gefahrenabwehr).

    Auch sein Fehler war: Er hat den Alkohol zu dicht an sich heran gelassen.

    Dies nur zur Klarstellung.

    Gruß Carl Friedrich

  • Liebe Calida, ich werde Dir jetzt was schreiben, was Dir nicht gefallen wird.
    Es ist auch nur meine persönliche Meinung, andere mögen das anders sehen, Du selbst wohl auch.

    Ich halte es für arg verharmlosend, von einem "Vorfall" zu sprechen, wenn man eindeutig eine RÜCKfall gebaut hat.
    Für mich ein Zeichen, seine Krankheit immer noch nicht entsprechend ernst zu nehmen.
    Fakt ist: Du hast wieder gesoffen.
    Dabei ist es völlig unerheblich, ob es ein Glas Wein war oder ne halbe Kiste Bier.

    Aus der Erfahrung hier im Forum weiß ich, das Rückfälle in den allermeissten Fällen nicht von jetzt auf gleich passieren.
    Sondern das sie sich schon Tage bis Wochen vorher ankündigen.
    Es fehlt dann tatsächlich nur noch die passende Gelegenheit, und man hat das Glas wieder in der Hand.
    Ganz einfach, weil man wieder saufen WOLLTE !
    Es gibt auch plötzliche Blackouts, aber der größte Teil der Rückfälle läuft eher wie oben beschrieben ab.

    Ich selbst bin bisher nicht alkoholrückfällig geworden, aber nach Jahren rauchrückfällig.
    Und ich WOLLTE es auch so.
    Wochen vorher gingen schon Gedanken in meinem Kopf rum, das rauchen ja auch irgendwie schön war.
    Das ich es gern mochte. Und das ich auch gern wieder rauchen würde.
    Als ich dann auf einer Abteilungsfeier war und sich mein Sitznachbar eine anzündete, wollte ich auch eine haben.
    Am nächsten Tag habe ich mir wieder ne Schachtel geholt und spätenstens 3 Tage später war ich wieder voll drauf.
    Ich bin nun wieder seit 4 Jahren rauchfrei.
    Aber mich hat das eines gelehrt:
    Nicht die Feier war "schuld", das ich wieder mit rauchen anfing.
    Nööö, das begann schon Wochen vorher... und zwar in MEINEM KOPF.

    Zitat


    dass ich das Recht habe, mich auch ein bisschen selbst zu bedauern, dass ich diese Krankheit habe.


    Hm, ich glaube, ich habe mich noch nie selbst bedauert für meine Alkohol-Krankheit.
    Und später erkannte ich, das meine Krankheit auch eine Chance ist.
    Sie hat mir ermöglicht, mein Leben nochmal völlig zu ändern...
    Sie hat mir ermöglicht, viele Dinge anders zu sehen...
    Sie hat mir ermöglicht, viele neue Leute kennenzulernen...
    Und vieles mehr...
    Gut, aber das konnte ich anfangs auch noch nicht so sehen.
    Aber eines habe ich von Anfang an versucht, als ich trocken werden durfte:
    Das ich gut mit meiner Krankheit leben kann, nicht damit hadere und mir ein möglichst zufriedenes Leben ohne Alkohol aufbauen kann.
    Und das ist mir bisher recht gut gelungen.

    Zitat

    Und bei vielen anderen Krankheiten besteht die Chance auf Heilung - bei dieser nicht!


    Erzähle das mal Menschen, die an Krebs oder anderen schweren chronischen Krankheiten etc. leiden !
    Die sind mitunter auch unheilbar erkrankt, haben aber nicht mal die Chance, ihre Krankheit zu stoppen !!
    DU aber schon !
    Sieh es mal lieber so, das Du zwar eine unheibare Krankheit hast, aber Du sie am Ausbruch hindern kannst.
    Das halt ICH für außerordentlich privilegiert.

    Es geht nicht um Schuldgefühle haben müssen etc. pp.
    Auch nicht aufgrund des Rückfalls.
    Selbstmitleid halte ich allerdings für ebenso unangebracht.

    Du bist rückfällig geworden, hast es hier geschrieben, das finde ich gut.
    Aber ich denke, damit ist die Sache noch lange nicht erledigt.
    Sondern damit beginnt erst die Aufarbeitung.
    Nämlich nachzusehen, was ist denn WIRKLICH passiert?
    Warum habe ich diesen Rückfall gebaut, was läuft da noch nicht gut?

    Einen Tipp kann ich Dir schonmal geben:
    Offenheit im Kreise der Leute, die wissen sollten, das ich erkrankt bin, kann ein sehr guter Schutz sein, erst gar nicht in so eine Situation zu kommen, in der Du wieder gesoffen hast.
    Aber sowas hören hier bestimmte Leute nicht so gern.
    Weil sie sich für ihre Krankheit schämen, Angst vorm Anderssein haben und all dieser Müll.
    Und dann kommt meist noch (von den gleichen Leuten !!) das Rumgeflenne, das unsere Krankheit stigmatisiert wird.
    Dann könnte ich echt ko*tzen!
    Und man könne ja nicht ehrlich damit umgehen, weil man in der Öffentlichkeit stehe und all dieses blablabla...
    Mir persönlich sind einfach Menschen lieber, die Klartext reden und auch mal nen Hintern in der Hose haben, um zu sich selbst zu stehen als all dieses Gewäsch.
    Sorry, musste grad mal so raus.
    Außerdem verhindern sind (Selbst)-Lügen auch "inneres Wachstum", las ich erst neulich und das glaube ich auch 100%.
    Am allermeisten schadet man sich also selbst damit.
    Geschweige denn, das sich Menschen mit nem Gewissen auch irgendwann nicht mehr in eignen Spiegel ertragen können.

    Liebe Calida, ich denke, auf Deinem weiteren trockenen Weg gibt es noch einiges zu "überarbeiten".
    Damit solltest Du zeitnah beginnen... ansonsten haste bald wieder die Pulle am Hals.

    LG Sunshine

  • Moin Calida,

    du hast getrunken und hast den Mut das ehrlich zu schreiben. Hut ab!
    Etwas möchte ich dir mitgeben. Auch ich stand, stehe in der Öffentlichkeit. Das war mir damals, als ich die Pulle in die Ecke stellte völlig egal, mein Leben war mir wichtiger. Vielleicht geht es dir trinkend noch nicht dreckig genug? Denke mal darüber nach.

    Gruß PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

  • Du musst dich nicht "soziophob" werden, wenn du abstinent leben willst. Die Gesellschaft definiert sich nicht ausschließlich über den Alkoholkonsum. Das tun nur die nassen Alkoholiker. ;)
    Über die trockenen Jahre wird dir das auch nicht entgehen.

    Bei mir ist es übrigens genau umgekehrt. Trocken bin ich viel mehr Gesellschafts- & vor allem Familienmensch als zu meiner Saufzeit.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo Calida,

    Zitat

    Jedenfalls finde ich, dass ich das Recht habe, mich auch ein bisschen selbst zu bedauern, dass ich diese Krankheit habe.

    Was genau bedauerst du denn daran, unsere Krankheit zu haben ?

    Liebe Grüße

    Slowly

  • Moin,

    also ich kann schon verstehen, daß man das Gefühl hat, sich selbst ein bißchen bedauern zu dürfen...der Gedanke, nie mehr zu trinken, ist am Anfang doch schon ein ziemlich einschüchternder...

    Diese Sichtweise verändert sich über Monate und Jahre hinweg natürlich in eine andere Richtung. Man beginnt mit der Zeit die Vorzüge einer trockenen Lebensweise zu schätzen, die ja nicht nur darin besteht, nix mehr zu trinken, sondern die auch so manche andere Veränderung mit sich bringt.

    Nun sollten wir auch nicht so tun, als wäre es ein Segen, Alkoholiker zu sein. Es gibt ja nun nicht wenige, die nach jahrelanger Trockenheit plötzlich wieder rückfällig werden und wieder von vorne anfangen müssen. Eine gewisse Wachsamkeit müssen wir schon mitbringen und das eben ein Leben lang.

    Insgesamt läßt es sich mit unserer Krankheit schon prima leben, das sollte man auch mal betonen.

    Aber mir waren diese Zweifel, wie sie Calida hier beschreibt, zu Beginn meiner Abstinenz nicht unbedingt fremd...:-)

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Guten Morgen allerseits!
    Danke für Eure vielen Beiträge! Uns sunshine: ich lese auch gerne Dinge, die mir vielleicht erstmal nicht gefallen.
    Was genau ich an unserer Krankheit bedauere ist: ich habe sie lebenslang! Und muss immer auf der Hut sein!
    Wenn man sowieso selbstzerstörende Tendenzen hat, dann ist das absolut gefährlich. Ich sehe auch die Vorzüge und fühle ja selbst, wie gut es sich trocken lebt.
    ICh habe eine gewisse Angst vor der Zukunft. Gerade genieße ich die absolute Offenheit meinem Mann gegenüber und fühle mich so verstanden von ihm. Ich habe ja schon mal thematisiert, dass er wesentlich älter ist als ich. Und wenn ich mir heute vorstelle, dass ich irgendwann allein dastehe - ich wüsste nicht, ob ich dieses Leben allein ertragen könnte und möchte. Ich würde heute nicht ausschließen, lange trocken zu sein und dann eben wieder zurückzuverfallen. Daran möchte ich arbeiten, dass ich das irgendwann auch anders sehen kann und Alkohol überhaupt keine Rolle mehr in meinem Leben spielt.
    Mir geht es heute ganz gut - ich bin wieder auf dem guten Weg. Aber meine Zweifel in Bezug auf die Zukunft sind eben da.
    Viele Grüße
    Calida

  • Zwei Dinge will ich noch ergänzen.
    @Sunshine: Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, dass man mit seine rKrankheit besser klarkommt, wenn man dazu steht - auch öffentlich. Allerdings: Ich denke, man muss schon dafür bereit sein. Wenn ich mir das nicht gründlich überlegt habe, könnte ich von den Folgen überrollt werden. Und natürlich wirst Du stigmatisiert - das kannst Du gar nicht verhindern. Die Leute fragen ja nicht Dich und sprechen Dich darauf an, sondern sie reden über Dich. Mir für mich allein könnte das nach einiger Überlegung vielleicht tatsächlich wurscht sein. Aber meine Kinder? "Ach - das ist doch der sohn von der Alkoholikerin....." Ich sag Dir eines: Da wird kein Unterschied gemacht, ob Du trocken bist oder nicht.
    Und @alle:
    Also ich finde es gar nicht so mutig, meinen Rückfall zuzugeben. Denn: Soll ich tagtäglich hier weiterschreiben und so tun, als wäre nix. Dann bräcuhte ich gar nicht mehr schreiben. Wäre außerdem wieder in der Heimlichtuerei drin, die so typisch für Krankheit ist. Und dann wäre der Weg nicht mehr weit, einfach heimlich weiterzusaufen.
    Und außerdem - es kann ja tatsächlich jeden treffen. Jetzt war ich es eben!

  • Hallo Calida,

    ich kann nur für mich schreiben aber denke dass es nicht nur ich so sehe.

    Du hast deinen Rückfall zugegeben, hast ihn nicht verheimlicht oder sogar unser Forum verlassen.

    Das finde ich mutig, denn du hast dich der Tatsache gestellt.

    Das ist meiner Meinung nach auch der einzige Weg vorwärts zu kömmen.

    LG Martin

  • Es ist hier im Forum schon häufig von "Offenheit" im Hinblick auf die Krankheit die Rede gewesen. Dann gesellte sich der Begriff der "Öffentlichkeit" hinzu. Es wird aber nicht herausgearbeitet, was darunter verstanden wird.

    Was die Offenheit anbelangt, war und bin ich denjenigen Personen gegenüber offen, die es etwas angeht, die ich nahe an mich heran lasse bzw. die mich noch als Trinker kennen. Der Personenkreis ist recht überschaubar. Das sind exakt die Personen, die ich auch über andere "intime" Krankheiten in Kenntnis setzen würde. Weshalb ich das Thema Alkohol anders und großzügiger handhaben sollte, erschließt sich mir nicht.

    Nach diesem Grundsatz hätte ich an der Stelle von Calida, die betreffende Verwandte, mit der sie ja bereits in der Vergangenheit gekocht und getrunken hat, bereits bei der Verabredung informiert. Dann wäre das Thema bei ihr in der Zwischenzeit "gesackt".

    Nächster Personenkreis: Arbeitskollegen und Vorgesetzte. Wer dort als Trinker aufgefallen ist oder auf seinen Alkoholkonsum angesprochen worden ist, wäre sicherlich gut beraten klar zustellen, dass er das Thema angeht und sich in Therapie begeben hat.

    Das ist beispielsweise bei mir nicht der Fall. Dort habe ich nie getrunken, auch nicht auf Feiern. Ich wurde dort nie auf meinen übermäßigen Alkoholkonsum angesprochen. Entsprechende Gerüchte wären mir, da ich gut vernetzt bin, sicherlich zu Ohren gekommen. Hinzu kommt, dass ich Pendler bin. Ich wohne ganz woanders und tummel mich privat nicht in der Stadt, in der ich arbeite. Und eine gelegentliche Fahne haben auch andere und die war bei mir sicherlich nicht an der Tagesordnung, da ich in der Woche eher moderat getrunken habe und schon darauf achte, gepflegt in Erscheinung zu treten.

    Daher besteht für mich absolut keine Veranlassung, irgend jemand auf der Arbeit zu informieren, zumal ich mit meinen sog. Kollegen keinen privaten Kontakt pflege (s.o. Pendler)

    Bislang bin ich mit dieser Informationpolitik gut gefahren.

    Begriff der "Öffentlichkeit": Öffentlich bedeutet eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Warum sollte ich das tun? Der Sinn erschließt sich mir nicht.

    Meine Vorgehensweise ist mit meinem Therapeuten abgestimmt.

    Dies hat auch nichts mit einem Stehlen aus der Sucht und Heimlichtuerei zu tun. Aber da mag jeder so verfahren, wie er möchte.

    Gruß Carl Friedrich

  • Um es nochmals klar zu stellen:
    Ich trage kein Schild vor dem Kopf, auf dem "Alkoholikerin" steht.

    Ich halte es aber für wichtig, das es die Leute wissen, die mit mir engen Umgang haben.
    Und das ist nun mal meine Familie und das sind auch enge Freunde.
    Ebenso Menschen, wo sich herauskristallisiert, das man viel miteinander unternimmt, das ergibt sich oft so bei meinem Hobby.
    Ich will einfach nicht bei einem beispielsweise gemeinsamen Restaurantbesuch gefragt werden/erklären müssen, warum ich keinen Alkohol trinke?
    Könnte ja sein, das einer der anderen was alkoholisches bestellt, das weiß ich ja nicht bei Leuten, die ich noch nicht so gut kenne.
    Es geht mir einfach auffen Zeiger, auf solche Fragen evtl. mehrmals antworten zu müssen, ich wiederhole mich außerdem ungern.

    Und ich mag es auch nicht besonders gern, wenn in meiner unmittelbaren Nähe Alk konsumiert wird.
    Es triggert mich nicht, aber der Geruch stößt mich stark ab.
    Ich bin vielleicht etwas geruchsempfindlich und empfinde das dann als sehr störend und ekel mich.

    Ich finde es einfach selbstverständlich, das meine Freunde über meine Krankheit informiert sind.
    Ich möchte ja auch nicht von meinen Freunden angelogen werden.
    Und Ja, auch rumlavieren ist für mich ne Art Lüge... es ist auf jeden Fall aus meiner Sicht nicht ehrlich.
    Und ich darf das ja so sehen, wie ich das gern möchte :P
    Ich trinke nicht, weil ich irgendeinem Wellness-Trend folge, weiul ich angeblich keinen Alk vertrage...blabla... und es hat auch nix mit meiner Religion zu tun etc.pp. :wink:
    Ich trinke nicht, weil ich trockene Alkoholikerin bin und mich bei einem Rückfall evtl. tot saufe, so einfach ist das !!

    Liebe Calida,
    ich denke, Du hättest das Rückfallrisiko stark minimieren können, wenn zumindest Deine Freundin Bescheid gewußt hätte.
    Dann wäre nämlich gar nicht erst der Alk ins Haus gekommen und die Situation wäre so nie eingetreten.
    Wo ich gerade dabei bin, ansonsten ist Eure Bude aber alkfrei, oder?

    Inwieweit Du selbst wieder saufen wolltest, das steht ja nochmal auf einem anderen Blatt.
    Und wenn dieser Wille da ist, dann wird man sich auch kaum davon abhalten lassen.
    Ich weiß nicht, inwiefern Du selbst auch wieder saufen wolltest?
    Denn Du hättest ja auch Nein sagen können, oder?

    LG Sunshine

  • Zitat von Carl Friedrich

    Dies hat auch nichts mit einem Stehlen aus der Sucht und Heimlichtuerei zu tun. Aber da mag jeder so verfahren, wie er möchte.

    Gruß Carl Friedrich

    Moin Carl Friedrich,

    das muß jeder für sich selbst entscheiden. Und es wird da auch nie eine gemeinsame Richtlinie für trockene Alkoholiker geben können, weil ein jeder in einer anderen Situation ist.

    Natürlich gibt es Vorurteile gegenüber trockenen Alkoholikern...es wäre Blödsinn, das zu leugnen. Insofern verstehe ich durchaus, daß manche Trockene nur das nähere Umfeld informieren. Das hat, neutral betrachtet, sicher nichts mit Stehlen aus der Sucht oder Heimlichtuerei zu tun.

    Mir PERSÖNLICH ist es lieber, überall mit offenen Karten zu spielen. Das fällt mir insofern leicht, weil ich selbstständig bin und somit keinem Arbeitgeber gegenüber Rechenschaft schuldig bin oder Angst haben muß, daß er mich aufgrund meiner Krankheit falsch einschätzt.

    Die Sache hat noch eine andere Komponente. Ich habe früher in meiner nassen Zeit ein Bild nach außen abgeben wollen, daß nicht der Realität entsprach. Nun will ich das einfach nicht mehr. Wer mit mir zu tun hat, soll ruhig wissen, wer ich bin...daß ich eben trockener Alkoholiker bin.

    Außerdem schafft es eine frühzeitige Abgrenzung. Menschen, die nichts mit trockenen Alkoholikern zu tun haben wollen, fallen so frühzeitig durch mein Raster, indem sie sich abgrenzen. Das ist mir durchaus recht, denn ich wiederum möchte nichts mit Menschen zu tun haben, die trockenen Alkoholikern mit Vorurteilen begegnen.

    Es gibt hier kein generelles Richtig oder Falsch, nur eine Entscheidung, die für einen selbst stimmig ist.

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Zitat von Calida78


    Also ich finde es gar nicht so mutig, meinen Rückfall zuzugeben. Denn: Soll ich tagtäglich hier weiterschreiben und so tun, als wäre nix. Dann bräcuhte ich gar nicht mehr schreiben. Wäre außerdem wieder in der Heimlichtuerei drin, die so typisch für Krankheit ist. Und dann wäre der Weg nicht mehr weit, einfach heimlich weiterzusaufen.
    Und außerdem - es kann ja tatsächlich jeden treffen. Jetzt war ich es eben!

    Moin Calida,

    ich sag mal jein.

    Mutig is es durchaus, einen Rückfall zuzugeben und sich hier dann den Antworten zu stellen, die zwar gut gemeint sind, aber durchaus auch mal etwas harsch rüberkommen können.

    Was mir nicht besonders gefällt, ist Deine Aussage "jetzt war ich es eben".

    Da sind wir wieder bei Eigenverantwortung und es hat Dich mit dem Rückfall getroffen, weil Du nicht Nein sagen konntest. Es war also kein göttliches Gericht, das beschlossen hat, Calida muß jetzt rückfällig werden und auch kein Würfelspiel...Du selbst hast die Entscheidung getroffen. Aber darin besteht auch die große Chance für Dich, denn wer sich für was entscheiden kann, der kann auch das Gegenteil tun - Nein sagen.

    Ein Rückfall ist dann kein Beinbruch, wenn man ihn klar analysiert, ergründet, wie es dazu kommen konnte, eigene Verhaltensweisen überdenkt und entsprechend ändert - und damit die Chancen, beim nächsten Mal nein sagen zu können, eklatant erhöht.

    Die Einsicht, daß es jeden hier hätte treffen können, mag richtig sein und Dich zunächst mal beruhigen. Aber sie wird Dir in einer ähnlichen Situation kaum weiterhelfen - im Gegenteil. Ein Rückfall ist auch kein Lapsus.

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Liebe Sunshine,

    Also dass wir verwandt sind ist eher Zufall, wir treffen uns eher selten und sind auch nicht wirklich eng befreundet. Da es mittags war, bin ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass sie Alkohol mitbringt. Abends wäre das was anderes gewesen.
    Ansonsten ist unser Haus alkfrei, ja!
    Und warum ich nicht NEIN gesagt habe? Ich stand nicht einfach da und wollte saufen. Es ist so, dass ich ein Problem mit Nähe habe und mit Menschen zusammen - gerade, wenn ich sie nicht so häufig sehe - unsicher bin. Wäre kein Alk da gewesen, natürlich hätte ich das dann irgendwie gemacht. Aber da war die Verlockung, ein Glas zu trinken und dadurch etwas lockerer zu werden.

    Was ich daraus lerne? Mich erstmal nicht verabreden, wenn es mir nicht geheuer ist. So habe ich jetzt eine Party abgesagt. Zu der bin ich seit einem haöben Jahr eingeladen und nach 5 Monaten Abstinenz dachte ich, ich könnte das machen. Lasse ich jetzt aber bleiben.

    Und dann muss ich sehen, ob ich mein Problem aufarbeiten kann oder nicht.

    LG - Calida

  • Lieber Andreas,
    es geht mir wirklich nicht darum, etwas schön zu reden oder zu verharmlosen. Ich weiß auch, dass mich nicht der heilige Geist diesen Wein hat trinken lassen. Und wenn ich von "Vorfall" gesprochen habe, dann nur deshalb, um mir den Weg nicht zu verbauen. Sicher ist es ein Rückfall. Aber ich möchte nicht, dass das für mich bedeutet: jetzt bist Du rückfällig geworden und wieder mitten in der Sauferei drin und komme auch nicht mehr raus. Vorfall gibt mir persönlich die Chance zu sagen: okay, das ist passiert. Aber Du machst jetzt trotzdem weiter und bleibst auf dem Weg. Und - ich weiß nicht mehr wer's geschrieben hat - aber für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich einen Wein getrunken habe oder einen halben Kasten Bier. Und das hat wieder nichts mit Verharmlosung zu tun. Sondern mit der Tatsache, dass ich nach dem Wein die Kraft hatte, aufzuhören und nicht am nächsten mit einem Kater wach geworden bin, der mich zum weitersaufen animiert, damit's mir besser geht. Ich bin immer noch dabei, daraus zu lernen und meine Schlüsse zu ziehen.
    Viele Grüße
    Calida

  • Hi Calida,

    Du schreibst: "Ich bin immer noch dabei, daraus zu lernen und meine Schlüsse zu ziehen. "

    Das ist die beste, ja die einzig mögliche Haltung. Find ich sehr gut daß du dich nicht entmutigst sondern lernst. Und daß du hier darüber schreibst statt es im stillen Kämmerchen zu versuchen, denn das klappt meist nicht.

    Ich hab hier seit langer Zeit einen Zettel am Kühlschrank mit einer Bemerkung, die Silberkralle mal machte: "LÜGEN-KAUFEN-SAUFEN" steht da...

    Kopf hoch und viel Kraft!

  • Zitat von Calida78

    Lieber Andreas,
    es geht mir wirklich nicht darum, etwas schön zu reden oder zu verharmlosen. Ich weiß auch, dass mich nicht der heilige Geist diesen Wein hat trinken lassen. Und wenn ich von "Vorfall" gesprochen habe, dann nur deshalb, um mir den Weg nicht zu verbauen. Sicher ist es ein Rückfall. Aber ich möchte nicht, dass das für mich bedeutet: jetzt bist Du rückfällig geworden und wieder mitten in der Sauferei drin und komme auch nicht mehr raus. Vorfall gibt mir persönlich die Chance zu sagen: okay, das ist passiert. Aber Du machst jetzt trotzdem weiter und bleibst auf dem Weg. Und - ich weiß nicht mehr wer's geschrieben hat - aber für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich einen Wein getrunken habe oder einen halben Kasten Bier. Und das hat wieder nichts mit Verharmlosung zu tun. Sondern mit der Tatsache, dass ich nach dem Wein die Kraft hatte, aufzuhören und nicht am nächsten mit einem Kater wach geworden bin, der mich zum weitersaufen animiert, damit's mir besser geht. Ich bin immer noch dabei, daraus zu lernen und meine Schlüsse zu ziehen.
    Viele Grüße
    Calida

    Moin Calida,

    wenn Dir persönlich die Begrifflichkeit Vorfall besser passt, dann ist das doch okay. Es sind nur Begrifflichkeiten, mehr nicht. Ich vermute mal, damit soll auch nach Außen ausgedrückt werden, daß Du sofort nach dem Glas Wein wieder abstinent weitermachen konntest und nicht, wie man es sich bei einem Rückfall vorstellt, tagelang weitersäufst.

    Mir ging es nur um das, was Frank auch schon angedeutet hat...eigene Schlüsse daraus ziehen, Dinge verändern, Verhaltensweisen verändern, Risiken weiter minimieren...dann kann ein Rückfall (oder Vorfall) durchaus auch noch ne positive Wirkung haben.

    Vielleicht nochmal kurz zum Verständnis:

    Wenn man sich schon ne Weile hier zumtreibt, versucht man natürlich auch, zwischen den Zeilen zu lesen. Manche Begriffe, manche Formulierungen lassen bei mir ab und zu ein Warnlämpchen aufleuchten. Und dann spreche ich die Dinge eben an.

    Es ist mir wichtig, daß Du das nicht als Kritik auffasst, sondern als Versuch, Dinge anzusprechen, die Dir selbst vielleicht gar nicht auffallen.

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Hallo Garcia und Andreas,
    danke für Eure aufmunternden Worte. Den Spruch am Kühlschrank finde ich super - das werde ich mir merken.
    Denn Lügen - meine nächsten Menschen anlügen - das war für mich schlimmer als dass es mir körperlich und psychisch nicht mehr gut ging.
    Und nein, ich fasse das nicht als negative destruktive Kritik auf. Ich funde Eure Beiträge sehr weiterführend. Wenn ich nur ein Schulterklopfen "Wird schon wieder" haben wollte, dann könnte ich das alles irgendwelchen oberflächlichen Egal-Bekanntschaften erzählen. Aber ich habe mich ja bewusst für dieses Forum entschieden.
    Im Moment bin ich etwas zurückhaltend, in di eThreads anderer zu schreiben. Gerade Neuankömmlingen möchte ich im Augenblick keine Ratschläge oder Tipps geben. Aber ich lerne, werde sicher wieder stabiler und dann kann ich mich auch wieder mehr bei anderen einklinken.
    Viele Grüße
    Calida

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