Leo. Und noch ein neuer

  • Hallo zusammen,

    ich bin Leo, 40 Jahre alt und Bruder einer augenscheinlich alkoholkranker Schwester. Wir (die Brüder mit Partnerinnen und Eltern) haben über den Umstand der Karnkheit erst seit rund 4 Monaten Kenntnis.

    Zur Kranken selber: 37 Jahre alt, verheiratet, eine Tochter 4 Jahre alt und im 3. Monat schwanger! Sie trinkt leider weiter - trotz der Schwangerschaft.

    Wie wir jetzt erfahren haben, hat das weitere Umfeld schon seit 4 Jahren Kenntnis, dass etwas nicht stimmt, obwohl wir ein sehr enges Verhältnis pflegten. Der Ehemann seit vielleicht 2 Jahren - hat es allerdings nicht nach außen getragen ...CO...

    Uns ist ihr komisches verhalten die vergangenen Jahre immer wieder aufgefallen, aber haben bis vor wenigen Monaten nicht an an die Alkhololkrankheit gedacht. Jetzt wurde sie in verschiedenen Haushalten am Schnapsregal erwischt, woraufhin wir den Ehemann befragten.... Seit Jahren verspräche sie aufzuhören. Letzter Schwur war am vergangenen Wochenende, als sie wieder am Schnapsregal in einem anderen Haushalt erwischt wurde - wenige Minuten/Stunden, nachdem dort die erneute Schwangerschaft verkündet wurde.

    Uns alle treibt zuallererst die Sorge um das ungeborene Kind um. Zwischenzeitlich wissen wir auch, dass während der Stillzeit der ersten Tochter regelmäßig konsumiert wurde.

    Mit den Tatsachen konfrontiert wird entweder geleugnet oder behauptet keine Hilfe zu benötigen.

    Hausarzt und Frauenarzt sind inzwiwschen informiert - leider ohne große Resonanz.

    Hier im Forum erhoffe ich mir Hilfe und Feedback - wie wir die Kranke zur Annahme von Hilfsangeboten und der Eingeständnis des Problems verhelfen können.

    Leo

  • Hallo Leo,

    Deine Situation tut mir sehr leid. Es muss unglaublich schwer sein, seiner Schwester dabei zuzusehen, wie sie in der Sucht drin steckt und dann auch noch schwanger. Ich finde es vollkommen richtig, dass Hausarzt und Frauenarzt informiert sind. Mehr kannst Du vermutlich nicht tun. Ich kann total verstehen, dass es schwer ist, sich abzugrenzen von so einer Situation. Das Problem ist aber, dass Du ohne Krankheitseinsicht nichts machen kannst. Du kannst ihr Deine Hilfe anbieten, mehr leider nicht.

    Was könntest Du tun, damit es DIR besser geht? Es ist ja für Dich auch total belastend.

    LG Cadda

  • Zwangseinweisung ... Wurde vom Ehemann mit dem Hausarzt besprochen: Der Hausarrzt kann wohl einen "Einweiseschein" ausstellen, wenn die Betroffene allerdings nicht kooperiert, sei sie nach 48 Stunden wieder draußen.

    Weiß zum Thema Zwangseinweisung jemand mehr?

  • Hallo Leo,

    herzlich willkommen in unserem Forum.

    Weiß zum Thema Zwangseinweisung jemand mehr?

    Bei einer Zwangseinweisung muß Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegen. Ich glaube nicht, das dafür eine Schwangerschaft "ausreicht", ob das vor einem Richter Bestand haben würde.

    Ihr könnt nicht viel tun, so tragisch es auch ist, denn bei trinken in der Schwangerschaft kann es zu einem Fetalen Alkoholsyndrom beim Kind kommen.

    Leider ist es so, das ihr keine großen Chancen habt sie zu überzeugen, dazu bräuchte es Krankenheitseinsicht, und die hat sie ja nicht.

    Es tut mir leid, das ich dir nichts anderes schreiben kann.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Leo,

    die Situation ist wirklich schwierig und natürlich ebenso traurig.

    Es ist immer schrecklich, wenn der Alkoholkranke nicht nur sich selbst schädigt, sondern auch sein Umfeld.

    Und eine Katastrophe, wenn eine Schwangerschaft dazu kommt, wo das wehrlose Ungeborene geschädigt werden könnte.

    Und diese Gefahr ist ja wirklich real vorhanden.

    Zwangseinweisung...ich denke, das kann man vergessen.

    Erstmal, weil es überhaupt nichts ändert an der Situation. Was hilft es, für kurze Zeit zwangseingewiesen zu sein, das legt ja niemanden trocken.

    Im blödesten Fall gibt man sich danach tagelang die komplette Breitseite, weil man ja was "nachzuholen" hat.

    Dazu noch Uneinsichtigkeit und Bockigkeit gegen diese Maßnahme...neee, also das sehe ich überhaupt nicht als möglichen Weg.

    Desweiteren kenne ich keinen Fall, wo es aufgrund von Alkoholismus als einzigen "Tatbestand" zu einer Zwangseinweisung kam.

    Da müsste schon mehrmalige körperliche Gewalt gegen andere vorliegen...oder man müsste sich sonstwas zuschulden kommen lassen.

    Aber so? Ich glaube, das wird nix. Und ich finde es auch nicht okay, einen suchtKRANKEN Menschen wegzusperren,

    der braucht nicht Ausgrenzung, der braucht HILFE...und zwar von außen.

    Also wäre es wesentlich besser, an einer Krankheitseinsicht zu arbeiten, bzw. da anzusetzen.

    Was würde ich tun, als Angehörige (und natürlich auch mit meinem Wissen als selbst Betroffene)?

    Ich würde den Alkohokranken konkret auf sein süchtiges Verhalten ansprechen, auf die Vorfälle und das man sich nichts mehr vormachen oder schönreden lassen wird.

    Ich würde dem Betroffenen aber auch klar machen, das er nicht an einer Willensschwäche leidet, sondern an einer leider weit verbreiteten KRANKHEIT.

    Jeder, der regelmäßig Alk konsumiert, kann zum Alkoholkranken werden. Das ist auch kein Grund, sich zu schämen.

    Man wird ja nicht vorsätzlich alkoholkrank!

    Und ich würde dem Betroffenen klar machen, das er HILFE braucht, ihr oder ihm vielleicht auch eine erstmalige Begleitung zum Arzt oder in eine SHG anbieten, wenn er Angst hat, da allein hinzugehen.

    Sollte aber nicht zum Dauerzustand werden, denn der Alkoholkranke ist selbst für seine Erkrankung und dem Umgang damit zuständig.

    Aber so als erstmalige Unterstützung würde ich es wohl trotzdem anbieten.

    Das wäre jetzt erstmal die "nette Tour". Die aber leider ohne Krankheitseinsicht nicht sehr erfolgreich sein wird.

    Meist wird alles weiterhin verharmlost, man wird auf taube Ohren stoßen, die nix von alledem hören wollen.

    Das ist aber auch ein typisches Krankheitssymptom. Und die Betroffenen wissen auch zumindest insgeheim, das sie ein Problem haben.

    Würde man das aber zugeben, würde auch eine Handlung von einem erwartet, die will man aber als Betroffener absolut nicht einleiten, denn der Alk hat einem derart fest im Griff, das man tatsächlich denkt, man könne ohne nicht mehr weiter leben.

    Mitunter sind Entzugssymptome so stark, das man um sein Leben bangt, der Kreislauf spielt komplett verrückt, es wird einem schwindelig und schlecht, das Zittern beginnt, und bei mir kamen zuletzt immer wieder Panikanfälle dazu.

    Das will man einfach um jeden Preis vermeiden, also schüttet man wieder nach.

    Ob man will oder nicht! Die Entzugssymptome können wirklich sehr beängstigend sein.

    So, wie wäre nun die "unnette Tour"?

    (Die ich persönlich übrigens für wirkungsvoller als die nette halte ;) )

    Man spricht den Alkoholkranken auf den Alkoholismus an und droht mit Konsequenzen, wenn er sich keine Hilfe holt.

    Drohen allein wird aber nix bringen, denn das ist in den allermeissten Fällen schon mehrmals so praktiziert worden.

    Man muss also die Konsequenzen unbedingt auch durchziehen, nicht nur ankündigen.

    Man nennt das auch "Hilfe durch Nichthilfe".

    Es wird kein Schönreden mehr akzeptiert.

    Man unterstützt den Alkoholkranken NULL bei seinem Tun.

    Distanziert sich komplett, wenn er wieder besoffen ist. Das können auch Partner tun, irgendwo wird man sich schon hin verdrücken können. Selbst wenn es keine Familie oder Freunde mehr gibt, gibt es da trotzdem immer Möglichkeiten.

    Man muss sich von seiner CO-Abhängigkeit verabschieden, denn die veranlasst einen ja auch dazu, immer wieder helfen zu wollen.

    Viele CO-Abhängige haben ein Helfersyndrom, und das wiederum hält auch den Süchtigen mit in seiner Sucht.

    Also braucht der CO auch Hilfe von Außen.

    Und das ist auch noch ganz wichtig, es braucht bei der Alkoholkrankheit Hilfe von AUSSEN!

    Angehörige können nicht helfen, sie sind persönlich viel zu involviert.

    Selbst die beste psychologische oder sonstige Ausbildung in der Suchtproblematik hilft nicht, wenn ein Angehöriger betroffen ist.

    Ich kenne das leider auch selbst so aus dem erweiterten Familienkreis.

    Angehörige können aber später wirklich gut unterstützen...gar keine Frage.

    Aber das halt erst, wenn sich der Alkoholkranke auch selbst (und auch selbstverantwortlich!) auf den Weg gemacht hat in ein trockenes Leben.

    Vorher muss man dieses Feld einfach anderen überlassen, die über genug innerer Distanz und natürlich auch fachliche Kompetenz verfügen.

    Lieber Leo, das ist nun lang geworden.

    Ob es Dir/Euch helfen kann, weiß ich nicht.

    Könnt ihr Angehörigen Euch vielleicht auch mit dem Mann der Betroffenen kurz schließen und ihn auf Eure Seite der "Hilfe durch Nichthilfe" ziehen? Er müsste dann auch sehr konsequent sein.

    Dem Betroffenen muss unbedingt klar gemacht werden, das man seine Spiele nicht mehr mitspielt und er auch unglaubwürsig geworden ist aufgrund der Vorfälle.

    Und dann kann man nur hoffen, das der Betroffene merkt, was er angerichtet hat...und er darf drüber nachdenken, ob er sein Leben so haben wollte?

    Mehr kann man, glaube ich, leider als Angehöriger nicht tun, tut mir leid.

    Eine Zwangseinweisung kann also echt nicht der Weg sein. Für mich zumindest nicht.

    LG Sunshine

  • Erstmal vielen Dank für die Rückmeldungen!

    Am Thema KRANKENEINSICHT hat das engste Umfeld (Ehemann, Eltern und Geschwister) schon sehr intensiv gearbeitet und in vielen Einzelgesprächen

    1. Versucht die Kranke dazu bewegen, sich prof. Hilfe des Hausarztes oder alternativ/ergänzend der Suchtberatung anzuvertrauen und

    2. jede Hilfe angeboten, die die Betroffene benötigt (egal ob Begleitung zum Arzt oder Suchtberatung oder jede andere Unterstützung ... Kind etc....)

    Wurde alles abgelehnt - "keine Hilfe notwendig, schaff ich alleine, trinke von jetzt an nicht mehr"

    Die "unnette" Art wurde bereits ebenfalls durchgeführt: Ehemann ist mit Tochter einige Tage ausgezogen... Rückkehr unter der Bedingung sich helfen zu lassen, woraufhin ein Gespräch mit Hausarzt eingewilligt wurde. Diesem hat sie das Problem ein Stückweit eingestanden und versprochen es aus eigener Kraft zu schaffen. Der Hausarzt hat dies so zur Kenntnis genommen und eine Famlien- bzw. Mutter-Kind-Kur angeboten. Wird allerdings von der Betroffenen ebenfalls abgelehnt. Der Hausazt kann somit fürs erste auch nichts mehr tun.

    Ehemann hat ihr angedroht, beim nächsten Vorfall endgültig auszuziehen. Dies ist aus meiner Sicht eine Frage der Zeit, bis sie wieder erwischt wird. Der Ehemann hält die Situation nicht mehr lange durch.

    Erschwerent kommt hinzu, dass der Problemfall in einem Getränkemarkt arbeitet. Die Arbeit gefalle ihr sehr ... sie fühle sich dort bestätigt und arbeitet immer mehr. Uns ist natürlich klar, dass ihr dort nicht nur die Arbeit gefällt. Nachweisen, dass sie konsumiert hat, konnte man bisher nicht.

    Bei uns allen ist mittlerweile guter Rat teuer - wir wissen nicht wie wir weiter damit umgehen können.

    Sollte es zu einem neuen Vorfall kommen, würde ich/wir folgendermaßen vorgehen:

    - Ehemann wird vermutlich ausziehen. Ob er die Tochter mitnimmt...Fragezeichen

    - Rückzug der restlichen Familie - Gesprächsangebot JA, aber keine Aufnahme des Problemfalls in anderem Haushalt (beim ersten Auszug hat sie einige Nächte bei unseren Eltern übernachtet)

    - evtl. Polizei einschalten -> Kontrolle auf dem Heimweg von der Arbeit (Getränkemarkt)?

    Könnt Ihr mir dazu nochmals Feedback geben?

    Vielen Dank!!!

  • Zitat

    - Ehemann wird vermutlich ausziehen. Ob er die Tochter mitnimmt...Fragezeichen

    Guten Morgen Leo,

    wäre gut, wenn VORHER für das Mädchen Sorge getragen wird. Kann ja nicht sein, daß die alleine im Sumpf zurückbleiben muß, oder? Die kann ja nun mal gar nichts für die Situation der Erwachsenen. Erziehungsberechtigter ist ihr Vater, aber du als Onkel könntest einspringen. Aber sowas wäre evtl. was fürs Jugendamt, sonst heißt es noch Kindesentziehung. Macht euch schlau.

    Tut mir leid, daß deine Schwester nicht den Absprung schafft.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Leo,

    auch in Anbetracht der wirklich schwierigen Situation aller Beteiligten, seid ihr verpflichtet euch dringend ans Jugendamt zu wenden. Der Fötus ist hier akut gefährdet FAS zu entwickeln, was jetzt Priorität hat.

    Das Jugendamt kann vorweg, auch für das andere kleine Mädchen, Vorsorge treffen.

    Mit Zwangseinweisung kommt ihr (auch rechtlich) nicht vorwärts, aber das Jugendamt kann Auflagen UND Unterstützung geben, so dass die Kindesmutter unter Aufsicht der Behörde steht.

    Der Ehemann muss/sollte sich selbst für sich Hilfe holen und vllt. geht es ihm damit auch schon besser, dass er, wenn das Jugendamt Zugriff erhält, nicht mehr die gefühlte Verantwortung für die Situation alleine trägt.

    Viel Glück!

    :)

  • Guten Morgen Leo,

    wäre gut, wenn VORHER für das Mädchen Sorge getragen wird. Kann ja nicht sein, daß die alleine im Sumpf zurückbleiben muß, oder? Die kann ja nun mal gar nichts für die Situation der Erwachsenen. Erziehungsberechtigter ist ihr Vater, aber du als Onkel könntest einspringen. Aber sowas wäre evtl. was fürs Jugendamt, sonst heißt es noch Kindesentziehung. Macht euch schlau.

    Tut mir leid, daß deine Schwester nicht den Absprung schafft.

    Lieber Gruß, Linde

    Nochmals vielen Dank für die Antworten.

    Die Situation der Tochter und des ungeborenen ist oberste Prio für alle Angehörigen. Sollte der Ehemann das sinkende Schiff verlassen und Tochter "im Sumpf" zurück lassen, können wir zwar versuchen die Tochter der Süchtigen weg zu nehmen - aber was tun, wenn die Süchtige dem nicht zustimmt...? ... entführen? Das Jugendamt macht in der derzeitigen Situation nocht nichts.

    Sind natürlich für weiter Anregungen dankbar. Trotzdem Danke!

  • Hartmut 17. September 2021 um 09:39

    Hat den Titel des Themas von „Und noch ein neuer“ zu „Leo. Und noch ein neuer“ geändert.

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!