Guten Abend in die Runde.
Ich hab mich heute hier im Forum angemeldet weil ich so etwas wie ein Sicherheitsnetz benötige - ich glaub ich hab Angst.
Ich bin weiblich, mitte 30, Mutter von zwei kleinen Kindern, der Kindsvater ist seit fast 1,5 Jahren trockener Alkoholiker. Wir verbringen jetzt viel Zeit als Familie zusammen, trotzdem haben er und ich seit seiner Suchtaufgabe jeweils eine eigene Wohnung.
Dieser Teil meines Lebens ist in produktiver Arbeit, gerne möchte ich später mehr dazu erzählen und schreiben. Ich lese seit ungefähr 2 Jahren in diesem Forum mit und es hat mich mit den ganzen wertvollen Beiträgen der verschiedenen Mitglieder durch turbulente, wütende, verzweifelte, resignierte und einfach nur traurige Zeiten begleitet.
Ja, vielleicht bin ich eine der wenigen „Glücklichen“ deren Alki-Partner Einsicht hatte, darauf hin trocken wurde und sie lebten wie fast jedes andere Normalo-Paar auf diesem Planeten irgendwie bis an ihr Lebensende…
Das beschissene Los der Co-Abhängigkeit ist knapp an mir vorüber gegangen und dafür bin ich unendlich dankbar! Im Grunde haben meine Kinder mich gerettet: als mir dämmerte, dass der Vater Alkoholiker ist, war mir klar, dass ich mich trennen MUSS. Weil ich das meinen Kindern nicht antue. Das einzige was schlimmer ist als ohne Vater aufzuwachsen ist, mit einem suchtkranken Vater (und einer co-abhängigen Mutter) aufzuwachsen.
Diese damals erstmal rationale Entscheidung (Hirn an, Herz aus) führte überraschenderweise zum Wendepunkt des Papas; er hatte Einsicht und darauf seinen Entschluss gefasst, den er bis heute durchzieht.
Das klingt so einfach - wie ich es hier kurzgefasst runter schreibe. Ich denke ihr ahnt, dass es das ganz und gar nicht war und immer noch nicht ist.
Warum ich mich hier jetzt aber melde ist, weil meine alkoholkranke, depressive Mutter in wenigen Wochen in meine direkte Nähe ziehen wird - von mir und meiner Schwester so auch gewollt und organisiert.
Ich bin durch und durch ein EKA (meine Schwestern natürlich auch) und nun geht mir der A auf Grundeis, um es mal so zu formulieren.
Meine Mutter ist derzeit (noch) abstinent. Im Sommer letzen Jahres sind meine Schwester und ich zu ihr gefahren (350km Entfernung) und haben sie verwahrlost weil schwerst depressiv (hat das Haus kaum mehr verlassen) in die Psychiatrie gebracht. Es war das volle Programm: Vorsorgevollmachten, das Haus kündigen (Mietvertrag), Haus leer räumen, sich mit dem Vermieter rumschlagen, gleichzeitig die Insolvenz nebst Vollstreckungsbescheide abwenden, Krankenversicherungsschutz wieder herstellen, Hartz IV beantragen… das alles mit 2 Kleinkindern und 2 Babies im Schlepptau. Es war ein Riesenberg Mist - und der Grund, warum meine Mutter nun nur einen Kilometer entfernt eine neue Wohnung bezieht.
Ich hab lange abgewogen was und warum ich es tue - es läuft darauf hinaus, dass ich und meine Schwestern immer ihre direkten Angehörigen bleiben und wir deswegen immer (spätestens wenn sie stirbt) uns um ihren Mist kümmern müssen. In diesem Ausmaß wie letzten Sommer will ich das NIE wieder machen müssen, deswegen regeln wir jetzt die Rahmenbedingungen ihres Lebens (Hartz IV, Wohnung, Bankgeschäfte).
Sie hat ungefähr seit 7 Monaten keinen Alkohol mehr getrunken - weil sie zu depressiv war sich welchen zu kaufen. Nun ist sie in psychiatrischer Behandlung gegen die Depression, gegen ihre Alkoholkrankheit hat sie bisher noch nichts aus eigenen Antrieb unternommen.
(Einfach nur nichts trinken klappt halt nicht auf Dauer - wenn man suchtkrank ist. Deswegen ist meine Prognose für die Zukunft eher düster, ich hoffe, ich irre mich.)
Also: Ich bin EKA, hab zwei noch sehr bedürftige, weil kleine Kinder, einen frisch-trockenen Kindsvater und eine alkoholkranke/depressive Mutter… Ich will meine kleine, sichere Welt für die ich so gekämpft habe, behalten. Es fühlt sich wie ein Drahtseilakt an, an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen und dabei trotzdem die nötige Ruhe, Liebe und Wärme zu erhalten, die den Kern meiner Familie (ich und die Kinder) stabilisieren.
Mich vom Kindsvater zu distanzieren und emotional zu trennen, war sehr viel leichter (und das war schon sauschwer), bei meiner Mutter kostet es mich richtig viel Kraft, nicht auf ein Gefühlskarusell zu steigen, sondern schön distanziert und emotional weit weg zu bleiben.
Wie ein Albatros, der sicher und hoch auf dem Wind, weit über dem aufgewühlten, gefährlichen Meer fliegt. So viel zu meiner bildhaften Wunschvorstellung.
Ich hoffe, wenn ich hier schreibe, dann gibt mir das genügend Sortierung und eure Rückmeldungen genügend Rückenstärkung, damit ich zur rechten Zeit tue, was getan werden muss und lasse, was ich nicht ändern kann.
Liebe Grüße - Alba