Ich bin 32 Jahre alt und seit 2 Jahren mit meinem Freund zusammen. Von Anfang an war der Alkohol in unserer Beziehung ein dominantes Thema. Wir trinken beide gern und am Anfang fand ich das trinken mit ihm auch nicht bedenklich. Irgendwann fiel mir aber auf, dass wir den Alkohol brauchten für die tieferen Gespräche und dass es zwischen uns ohne Alkohol unsicher und verkrampft war. Seit diesem Zeitpunkt versuche ich eig kontinuierlich weniger zu trinken und habe mich auch in meiner Therapie viel damit auseinander gesetzt. Mein Freund sieht das nicht so. Allgemein ist es sehr schwierig ein tieferes Gespräch mit ihm über unsere Beziehung zu führen und danach habe ich meistens das Gefühl, dass ich meine Probleme und Bedürfnisse klargemacht habe und er das abnickt, fühle mich kurzzeitig besser aber dann geht alles wieder von vorne los. Ist er etwas betrunken, funktioniert das Reden besser aber dafür hat er am nächsten Tag die Hälfte vergessen. Als sehr frustrierend und auch verletzend empfinde ich das.
Er trinkt viel und ich habe mich eine zeitlang wahnsinnig co abhängig verhalten, bis ich dann nach vielen Therapiegesprächen versucht habe, mich mehr um mich zu kümmern. Meine Freunde habe ich eh regelmäßig getroffen aber dann auch angefangen Sport zu machen und zu meditationen zu gehen. Das tut mir sehr gut, weil es etwas eigenes ist das mir Spaß macht und das von niemandem abhängig ist. Weil das alles so gut funktioniert hat und ich viel glücklicher und weniger emotional von ihm abhängig war, dachte ich, dass das die Lösung des Problems ist. Ich dachte sogar dass ich mich reingesteigert hab und der Alkohol gar nicht so schlimm war/ist. Es lief auch echt gut in der beziehung. Ich war sehr glücklich und verliebt. Seit ein paar Wochen hat sich mein gefühlszustand wieder verschlechtert. Ich bin oft gekränkt, traurig und es fällt mir wieder verstärkt auf wie viel er trinkt, oft unter der woche mehrere Biere beinahe jeden abend ohne Anlass. Tatsächlich gab es auch wieder Situationen (und ich denke das ist es was mich am stärksten beunruhigt) wo er spät nachts todesbesoffen nachhause kam und durch die Wohnung getorkelt ist. Ich empfinde dabei eine Mischung aus Ekel und Angst. Heute kam er morgens um fünf nachhause und putzte die Wohnung (manchmal nimmt er auch Pepp und kann dann nicht schlafen gehen). Um 9 Uhr bin ich aufgestanden. Ich wollte ihm eig gar nicht begegnen weil ich ihn so nicht ertragen kann aber er war dummerweise noch wach. Ich habe ihm dann gesagt dass ich gerade nicht mit ihm sprechen kann weil ich in diesem Zustand nicht ertrage. Er wurde daraufhin wütend, meinte ich hätte ihm die Stimmung verdorben und hat mir vorgeworfen, ich sei undankbar weil er doch sogar geputzt hätte. Das hat mir dann die Stimmung auch versaut, obwohl sie eig eh schon versaut war.
Ivh bin hin und hergerissen. Einerseits weiß ich dass ich selbst einige emotionale Probleme habe, in Richtung Emotionale Abhängigkeit vom Partner durch frühe Erfahrungen in der Kindheit. Und es ging mir sehr gut als ich mich mehr um mich selbst gekümmert habe. Allerdings glaube ich langsam, dass mir das auch bei der Verdrängung seines Alkohol Problems, was mir eig große Angst in Bezug auf unser zukünftiges Glück macht, geholfen hat. Ich bin furchtbar kraftlos und traurig weil ich immer mehr das Gefühl habe dass unsere Beziehung mich auf Dauer unglücklich machen wird. Und ich habe große Angst dass wir keinen Ausweg finden weil er in Gesprächen über das Thema emotional unerreichbar für mich ist. Zugleich bin ich gefangen in einer Mischung aus dem Gefühl etwas an mir ändern zu müssen, indem ich mich noch mehr auf mich konzentriere u der befürchtung, dass das keine dauerhafte Lösung sein kann sondern eher eine vermeidestratagie, um sein Alkohol Problem zu verdrängen und mir etwas vorzumachen.
Wie soll man mit einem alkoholabhängigen Partner nicht co abhängig sein? Ist das überhaupt möglich? Das beschäftigt mich gerade sehr und die frage, ob ich mich trennen soll. Ich will mich wieder wohlfühlen und nicht unberechenbar diesem schrecklichen verzweifelten Gefühl und der Angst ausgeliefert sein. Selbst an meinem freien Wochenende wo ich die Zeit genießen könnte, kann ich mich hier nicht frei und zufrieden fühlen, weil er da ist in diesem Zustand, der bei mir alle meine gesammelten Ängste triggert. Ich will meine Aktivitäten wieder genießen und nicht lustlos hier rumliegen. Andererseits liebe ich ihn auch sehr und es gibt viele Gemeinsamkeiten und schöne Momente mit ihm. Wir haben unsere zukunft geplant und noch soviel vor, worauf ich mich freue. All das aufzugeben wäre schrecklich.
Ich möchte auf jeden Fall nochmal mit ihm sprechen ob er bereit ist eine Paarberatung zu machen. Vielleicht kann uns das helfen miteinander zu sprechen. Aber um darüber mit ihm zu reden muss ich bis Montag warten weil er, und das macht mich wahnsinnig wütend, heute verkatert ist und morgen voraussichtlich auch. Das ist doch alles zum ausrasten oder?
Ich hoffe hier auf einen Austausch und Leute die vielleicht ähnliche Gefühle haben oder hatten. Auch wenn ich rational weiß dass es nicht so ist, finde ich mich immer wieder in dem Gefühl wieder, dass ich einfach nur etwas an mir ändern muss, damit die Beziehung funktioniert.
Das Schreiben hier hat mich schonmal etwas erleichtert! Wenn ich meinen Text so lese, fühle ich mich furchtbar naiv, dass ich so eine Beziehung führe. Aber da bin ich wahrscheinlich nicht die einzige.